Also ich meine, dass OPH gewichtige Vorteile, aber auch nicht zu leugnende Nachteile hat, so dass ich diese im übrigen am Anfang eines Drummerlebens ja sehr einschneidende Entscheidung im Sinne des OPH tatsächlich nur dem Drum-Schüler angedeihen lassen würde, der tatsächlich ein Natürliches Faible dafür hat.
I. Ob dass der Fall ist, kann man eigentlich nur rausbekommen, indem man den Schülern anfänglich Aufgaben so stellt, dass sie diese sowohl klassisch als auch mit open hand lösen beziehungsweise bearbeiten muss und man dann beobachten kann, wie die Schüler reagieren.
(Das ist meines Erachtens viel wichtiger, als die Frage, ob er klassisch Linkshänder oder Rechtshänder ist, was ja ohnehin bei vielen oft auch nur eine kurzfristig antrainierte Eigenschaft ist, die - weil die stärkere Hand tatsächlich auch physisch stärker wird durch ständige Benutzung – im übrigen oftmals nur eine sich selbst erfüllende Prophezeiung ist.)
Dann Wird man zusammen mit dem Schüler ja sehen, ob er instinktiv in die eine Richtung neigt oder in die andere oder ob es eventuell tatsächlich nur eine anfängliche Gestimmtheit aus Gewohnheit ist.
In jedem Fall aber würde ich mich, bevor ich als Lehrer open Handed unterrichte, mich intensiv mit OPH beschäftigen und mich insbesondere bei anderen Lehrern umhören, die selber Open Handed Player sind. Denn eins ist ganz klar: das OPH-Play ist anfänglich in Sachen Koordination die deutlich schwierigere uns anspruchsvollere Herangehensweise und so richtig profunde Aussagen Können schließlich nur diejenigen geben, die tatsächlich auch selber jahrzehntelang OPH spielen und sich mit allen vor- und Nachteilen auskennen.
II. Klarmachen sollte man sich vielleicht auch dabei, dass die Über-Kreuz-Spielweise letztlich auch ein historisches Produkt der zu spielenden Musikstile ist und Anfänglich auch gar nicht so sehr über-kreuz war:
Bis weit in die Fünfzigerjahre des letzten Jahrhunderts hinein war vorherrschend schließlich der Jazz beziehungsweise Swing, dessen Hauptinstrument das Ride-Becken war . Es lag natürlich extrem nahe, dieses Instrument dann auch mit der Hand zu spielen, die physisch im Regel-Fall bei den meisten Menschen die stärkere ist, nämlich die rechte. Mit der Hand dann beim Spielen der HH ab und an auf die linke Seite zu wechseln, war dann auch mehr eine Notlösung, weil der rechte Fuß bereits mit dem BassDrumPedal belegt war.
Und dass der rechte Fuß die Bass bediente, hatte wieder seine eigene Logik: schließlich war sie wichtiger als die Hihat, setzte sie doch die massigen Betonungen, da brauchte man den kräftigen rechten Fuss. Ausserdem ist es selbstverständlich einfacher, rechte Hand und rechten Fuß zu koordinieren, als rechte Hand und linken Fuß.
Die HH war im übrigen anfänglich ja auch noch nicht einmal eine "High"-Hat sondern eine LowHat und wurde überhaupt nicht mit der Hand/Stick gespielt, Sodass sich eine über-kreuz-Problematik anfänglich ja sogar nie stellte.
Über großartige Koordination brauchte man sich sodenn auch keine großartigen Gedanken zu machen: Der Rhythmus wurde vorwiegend komplett von der rechten Körperhälfte gestaltet, die linke Körperhälfte war mehr oder weniger untergeordnetes Beiwerk, da selbst die linke Hand keine lauten Back-Beats spielte, sondern nur die Zwischenräume füllte.
Als Beat und Rock auf kam, wurde diese Körperhaltung dann einfach zunächst adaptiert und übernommen, die ersten Beat- und Rock-Schlagzeuger waren sogar Schlagzeuger, die in ihrer früheren Zeit in Jazzbands gespielt haben.
Auch stilistisch fand sich das swingende Ridebecken selbst bei den neuerlichen Schlagzeuger-Generationen wieder:ein Ringo Starr konnte sich über weite Teile seines Spiels bei den Beatles nicht zwischen Swing-Ternär oder Binär-Beat entscheiden, auch Mitch Michell bei Jimi Hendrix swingte. Erst Ginger Baker verlagerte dann das Haupt Augenmerk auf die Toms, aberselbst bei einem John Bonham
Meint man selbst bei seinen schwersten Beats irgendwo das swingende zu empfinden.
Erst mit Veränderung des Musikstils generell verschoben sich dann auch die Schwerpunkte des Schlagzeugspiels. Nicht mehr das Swingende Ridebecken stand im Vordergrund, nun auf einmal wars der Backbeat von Bass und Snare. Zudem musste der Backbeat heavy sein. Das Ride trat hingegen in die zweite Reihe, stattdessen wurde das dezentere HH nun zum TimeGeber und damit war überhaupt erstmalig das über-kreuz-Problem so richtig gegeben.
Wir sehen also, dass das Ride-Spiel mit der rechten Hand zwar eine alte Tradition ist, dass über-Kreuz-spielen auf der HH jedoch eigentlich eine relativ junge Erfindung beziehungsweise Notlösung ist, die in dieser Form sich eigentlich erst seit den späten sechziger Jahren als Ergebnis von verschiedenen Entwicklungen darstellt.
Es war insofern eigentlich auch nur eine Frage der Zeit, bis man auf den Gedanken kam, bewusst oder durch Zufall einfach mal die Dinge zu ändern.
III. Lange Rede, kurzer Sinn: was uns heute als traditionelle und maßgebliche Regel und Norm vorkommt, ist selber nur eine mehr oder weniger zufällige und eben auch relativ junge Entwicklung und stellt wieder eine Gesetzmäßigkeit dar noch eine sonstige Norm, die irgendwie den Anspruch auf Richtigkeit naturgemäss in sich trägt.
Ich würde daher tatsächlich den Schüler entscheiden lassen, wie er spielen möchte, diese Entscheidung aber fachlich beobachten und begleiten. Mach den Schülern das Angebot, dass sie die Auswahl kennen lernen und sich mit den Alternativen vertraut machen und leite dann den Schüler dorthin, wo er sich offensichtlich am wohlsten fühlt.
(aber noch mal gesagt: dies würde ich nur dann machen, wenn ich dann auch exakt weiß, was dann weiter geschehen soll, beispielsweise, ob der Schüler trotz OPH die Fills mit rechts führen will oder eben mit links, wie dementsprechend der Aufbau des Sers ist etc. PP. All das muss natürlich wohl überlegt sein.)