My 5 cent an den Threadstarter:
I. Es gibt insgesamt nur 4 Schlagarten, aus denen Schlagzeug-spielen besteht: Single Strokes, Double-Strokes, Flams und Presswirbel. Jegliche Spielkombination besteht aus einem dieser vier Elemente.
II. Die häufigsten Kombinationen bestehen dabei aus Singles und Doubles.
Der Grund dafür ist ein praktischer:
Theoretisch könnte man auch Kombinationen aus Dreier-Schlägen und Viererschlägen machen, dies macht allerdings wenig Sinn: bei 120 BPM 16tel als Singles oder Doubles spielen, ist kein Problem. Wenn man das aber mit 3er oder gar 4 Schlägen bewerkstelligen will, kommt man hier rein faktisch und körperlich schnell an seine Grenzen.
(Im übrigen ergeben vier Noten auf einer Trommel gespielt, meist ein so großes Zeitintervall, dass ich Zeit genug habe, meine Arme und Hände und Sticks dorthin zu bewegen. Ich habe überhaupt kein Bedürfnis,vier Schläge mit einer Hand aus Zeitgründen ausfüllen zu müssen.)
P. sind daher eine gute Lösung, um interessante Dinge auf dem gesamten Schlagzeug Orchestrieren und schnell spielen zu können.
III. Paradiddles sind dabei eine bestimmte Unterform von Kombinationen aus Singles und Doubles:
Kennzeichen von Paradiddles sind meist spiegelbildliche Kombinationen, in denen Singles und Doubles meist recht kurz innerhalb einer 8er-Reihe gleichmäßig abwechselnd auf die Hände verteilt werden.
Daneben gibt es aber halt auch andere Single-/double-Kombinationen: ein Drag zum Beispiel besteht aus zwei Vorschlägen (mit einer Hand) und einem akzentuierten Hauptschlag (mit der anderen Hand ), mehr nicht. Es ist eine Kombination aus Double und Single, aber eben kein Paradiddle.
Auch die von dir im Ausgangsthread angegebene Kombination ist kein echter Paradiddle. Es sind einfach zwei Doubles gefolgt von vier Singles mit der Maßgabe, dass man mit zwei Singles anfängt, es findet allerdings kein schneller Wechsel zwischen Singles und Doubles statt.
Klassische Form des Pa-ra- diddle sind zwei Singles, gefolgt von einem Double. Üblicherweise wird er dann ergänzt durch sein Spiegelbild, welches dann mit der jeweils anderen Hand beginnt.
Würde man bei dem P. einfach wieder von vorne beginnen, erhielte man nur die Kombination rlrr rlrr und so weiter. Hier würde man aber keine richtige Kombination von Singles und Dubbels bekommen, sondern würde im Prinzip einfach nur drei Schläge mit rechts machen, unterbrochen von einem Schlag mit links.
Deswegen ist der klassische P. eigentlich zu gleich ein Doppelter P. , weil er um die Figur lrll ergänzt wird (der offizielle "Double P." ist allerdings wieder eine andere Kombination.)
Die Grundkombination lässt sich beliebig verschieben, so dass man am Ende insgesamt 8 verschiedene Parallelkonfigurationen bzw. Modifikationen erhält, beispielsweise rllr lrrl. (wenn man die andere Hand führen lässt, gibt's noch mal 8 Variation drauf, also insgesamt 16).
Man kann auch die Grund-Idee des Paradiddles von acht Noten auf sechs Noten verkürzen und erhält dann die entsprechenden 6-Stroke-Rolls Kombinationen, von den beispielsweise eine sinnigerweise auch Paradiddle-Diddle heißt
(Rl rr ll)
IV. In jedem Fall beinhaltet das Üben dieser Schlagkombinationen immer mehrere Elemente:
1. Einerseits die Unabhängigkeit beziehungsweise Koordination der beiden Sticks beziehungsweise Hände.
Hier liegt der Teufel meist im Detail: ein Paradiddle sn sich zu lernen, ist nicht weiter schwer. Allerdings dann noch weitere Modulationen bzw Varianten zu lernen, ist dann schon wieder schwierig: Denn Schwierig ist ja nicht, Neues zu erlernen; Schwieriger ist immer, etwas Neues zu lernen, was ähnlich, aber eben nicht genau so ist, wie das alte. Hier spielt das Muskel- Gedächtnis und -Gewohnheiten oft einen Streich und erweist sich zuweilen als hartnäckiger Gegner.
2. genauso wichtig ist allerdings, es wurde ja hier auch schon benannt, diese Kombination dann in entsprechenden Tempi spielen zu können.
Hierzu wiederum ist natürlich zunächst eine vernünftige Technik erforderlich. Wenn ich in einer bestimmten Geschwindigkeit keine Singles oder keine Doubles spielen kann, werde ich entsprechend auch keine P. spielen können.
Weiterhin gewährleistet allerdings das spielen von Singles und Doubles in Sachen Technik umgekehrt nicht automatisch das spielen von P.: der Bewegungsablauf von Singles und Doubles ist unterschiedlich, so dass man bei P. beide Bewegungsabläufe "unter einen Hut bekommen muss". Auch dazu bedarf es nicht unerheblicher Zeit.
V. Was uns zur Frage führt, ob man Paradiddles eigentlich braucht, beziehungsweise die entscheidende Frage stellt "warum mache ich eigentlich diesen ganzen Scheiß".
Die Beantwortung hängt stark davon ab, was ich überhaupt am Schlagzeug lernen will, wie tief ich in die Materie einsteigen und insbesondere unter anderem auch, welche Stilistik ich bedienen will.
Man kann durchaus ein recht anspruchsvolles, zweistündiges Konzert Programm hinter sich bringen und hat nicht ein einziges Mal einen echten einfachen Paradiddle gespielt.
Klar ist jedenfalls, dass einParadiddle, gespielt nur auf einem einzigen Klangkörper, wenig Sinn macht. Der Witz des P. ergibt sich daraus, dass ich die verschiedenen P-Hand-Sätze auf verschiedene Trommeln verteile, so dass ich Kombinationen erhalte, die ich insbesondere nur mit Singles schlichtweg aus Schnelligkeitsgründen so nicht hinbekommen würde.
Zudem eignen sich P. Figuren insbesondere verteilt auf HH und Snare hervorragend dazu, Groove zu erzeugen, die das gewisse etwas haben.
Zudem kann man bei sämtlichen P.-Figuren die Akzente verschieben, so dass man bei gleichbleibendem Handsatz, ohne etwas Neues dazuzugeben, akustische Taktverschiebungen hinbekommt, ohne überhaupt den Ansatz zu ändern.
Desweiteren sind die meisten Gospel-Chops zumeist mehr oder weniger verrückte P.-Figuren, in die zusätzlich noch Bassdrum,-Singles oder -Doubles eingebaut werden.
Sodenn: sage "ja" zu Paradiddles. 😀