Zitat
Sire Thomas Ashs Profil
4,99 Beiträge pro Tag
So jedenfalls nicht.
Ich finde diesen Thread extrem spannend und es finden sich zwischen vielen schwachsinnigen auch viele sehr gute Posts, die einen als Drummer wirklich weiterbringen können.
Ich möchte hier meine Sicht der Dinge darlegen. Sie ist bestimmt nicht vollständig oder gar perfekt aber sie fundiert auf relativ viel Erfahrung da ich in einer sehr musikalischen Familie lebe.
Da wären wir auch schon bei der Erfahrung. Woran liegt es, dass die meisten der "Schlagzeug-Helden" schon ziemlich betagt sind? Wahrscheinlich daran, dass sie sich seit einigen Jahrzehnten mit Musik im Allgemeinen und dem Schlagzeug im Speziellen beschäftigen.
Es gibt allerdings auch Menschen die seit Jahren spielen und immer und immer wieder den gleichen Mist abliefern. Wie sagte ein Lehrer von mir so schön: akkustische Umweltverschmutzung.
Manche dieser Leute spielen jahrelang in einer Band und schreiben z.T. sogar selbst Musik aber sie klingen einfach furchtbar. Völlig gefühlloses Geklopfe was sie von sich geben. Es kann also nicht nur um Erfahrung gehen.
Da wären wir beim Gefühl. Und hier wirds wirklich interessant.
Männer sind ja bekanntlich nicht so gut darin, Gefühle auszudrücken. Das kann man/Mann aber lernen. Und zwar muss man lernen, womit man welches Gefühl ausdrückt.
Zum Bleistift sagen wir Deutschen "Aua" oder "Autsch" um Schmerzen auszudrücken. In anderen Kulturen werden dafür völlig andere Wörter/Laute benutzt.
Viele Drummer wissen jedoch nicht wie sie was ausdrücken und spielen deshalb irgendwas. Das ist wie wenn ich Schmerzen hab aber "Aua" nicht kenne. Dann mache ich halt irgendeinen Laut. Irgendein Gefühl wird der schon ausdrücken.
Es ist aber wahrscheinlich, dass das Gegenüber diesen Laut falsch versteht.
Das beobachte ich bei einem Großteil der Drummer, denen ich zuhöre (aus Hobby-Bands, nicht von Platte) aber auch bei mir selbst immer wieder. Derjenige fängt einen Fill an und hat keine Ahnung wie dieser klingen wird. Er haut einfach ein bisschen auf den Trommeln rum und hofft, auf die "1" das Crash zu erwischen.
So leid es mir tut, aber ich muss jetzt mal einen Melodie-Instrumentalisten heranziehen: Keith Jarrett.
Wer ihn nicht kennt: Keith ist ein wahnsinns Pianist. Er setzt sich einfach auf eine Bühne und improvisiert ein komplettes Konzert (er war meist als Solo-Künstler unterwegs). Er spielt jedoch nicht irgendwas, sondern er weiß genau, was er spielt und wie es klingen wird, bevor er die Tasten drückt. Jeder Ton ist gewollt. Das merkt man daran, dass er sich praktisch nie verspielt (auf all den Platten die ich von ihm gehört habe, meine ich einen Verspieler gehört zu haben). Zudem "singt" er manchmal dazu. Das ist nur möglich wenn er exakt weiß, was er spielt.
Bei Musik geht es für mich persönlich um Gefühle. Das ist auch der Grund warum ich elektronischer Musik nichts abgewinnen kann. Computer haben keine Gefühle.
Viele Bands die ich sehe machen Musik, sie drücken aber nichts damit aus. Da können sie sonstewas singen, das kauf ich ihnen nicht ab.
Ich singe auch sehr gerne und kann deshalb sagen, dass es viel einfacher ist, "Soul" zu haben, wenn man mit dem Text etwas aussagen will. Im Idealfall verbindet man sogar eine bestimmte Lebenssituation oder einen Lebensabschnitt mit dem Inhalt des Textes.
Bei heutiger Popmusik wird versucht Gefühl vorzutäuschen. Da immer der gleiche Schmarrn von "Ich liebe dich so sehr, wir bleiben ewig zusammen!" oder "Ich hasse dich so sehr, du hast mich hintergangen!" gesungen wird (welcher in der Regel nichts mit dem wirklichen Empfinden der Sängerin/des Sängers zu tun hat), kann da auch nicht viel "Soul" entstehen. Dann wird halt sehr "hauchig" gesungen, was auch mehr oder weniger gefühlvoll klingt.
Auch als Drummer kann man Gefühl vortäuschen. Beispielsweise kann man die Augen schließen und mit dem Körper mitgehen. Man kann auch die Snare laid-back spielen, was viel in Balladen verwendet wird weil es irgendwie emotional klingt (klingen soll?).
Das Problem ist, dass das geübte Ohr schnell heraushört wenn jemand das Gefühl vortäuscht.
Guter Sound hat also auch mit Ehrlichkeit zu tun. Spiel nur das was du ausdrücken willst. Und wenn du mit einem Song nicht mehr als "Bumm-Tschack" ausdrücken kannst/willst, dann spiel halt nur "Bumm-Tschack"!
Zusammenfassung:
1. Guter Sound hat mit Erfahrung zu tun.
Je länger du dein Instrument kennst, und je mehr du dich mit dessen Klangvielfalt auseinandergesetzt hast, desto besser kannst du klingen.
Schau dir dein Schlagzeug an, bau es auseinander, stimm daran herum, finde heraus, wie viele Sounds du herausholen kannst! Und: ÜBE!
2. Guter Sound hat mit Gefühl/Ehrlichkeit zu tun.
Täusch kein Gefühl vor! Wenn du einen Song überhaupt nicht fühlst, dann spiel ihn nicht.
3. Guter Sound hat mit bewusstem Spiel zu tun.
Dies halte ich für den wichtigsten Punkt überhaupt. Du musst wissen, was du warum spielst. Wie soll es klingen? Unterstützt es den Song oder nur dein Ego?
Ziemlich spät jetzt. Hoffentlich war alles halbwegs verständlich und vielleicht sogar für jemanden hilfreich.
Ich geh schlafen.