Nachdem ich die Woche krank im Bett lag und ein bisschen Zeit hatte, mir zB nochmal das Parteiprogramm der Piraten durchzulesen und diverse Artikel und Videos, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass das alles vielleicht gar nicht so tragisch ist, im Gegenteil.
Ohne die PP hätte es diese Diskussion um Urheberrechte, Acta usw. gar nicht gegeben. Man stelle sich vor, eine große Regierungspartei wäre auf die Idee gekommen, jetzt das Urheberrecht zu reformieren. Die Betroffenen hätten gar keine Zeit mehr gehabt, sich zu organisieren. Ob das jetzt passiert, wage ich zwar zu bezweifeln, wenn ich die Zersplitterung und auch den Neid innerhalb der Szene betrachte, aber zumindest platzt einem Sven Regener der Kragen, was wiederum Reaktion hervorruft.
Tatsache ist, dass die PP noch sehr lange brauchen wird, um richtig zu funktionieren. In dieser Zeit werden die Positionen - wie bei anderen Parteien auch - an die machbaren Realitäten angepasst. Die Geschichte der Grünen zeigt das ja: 1980 gegründet und erst 18 Jahre später an der Regierung.
Wird die Piratenpartei jemals in der Bundesregierung sitzen und dann das Urheberrecht ändern, dann wird das niemanden mehr unvorbereitet treffen und es wird garantiert auch nicht so passieren, wie es denen gerade vorschwebt. Aber seien wir mal ehrlich: dieses Parteiprogramm liest sich wie eine nette und naive Zusammenstellung meist guter, manchmal etwas liberaler Ideen, die so vollkommen vage gehalten sind, dass sie mir vorkommen, wie eine Arbeit im Politikunterricht: denkt euch doch mal ein Parteiprogramm aus. Männer und Frauen sind gleich, freier Zugang zu Allem, Selbstbestimmung, Freude, Solidarität, Freiheit und natürlich: Demokratie! Wenn man sich dann die Kommentare auf deren Facebookseite ansieht, dann weiß man schon bescheid.
Was ich denen aber zugute halte, ist, dass sie nicht den Eindruck von festgefahrener Verbohrtheit machen. Ich würde ja mal gerne mit so jemandem reden und mir wirklich erklären lassen, wie denn genau diese alternativen Modelle funktionieren sollen. Und den mal fragen, ob er denn wisse, dass schon seit Jahren Künstler dabei sind, sich ausschließlich mithilfe des Netzes selbst zu vermarkten. Dass die wenigsten jungen Musiker von einem "Deal" träumen, sondern von Millionen youtube-clicks. Dass man irgendeine Art von "Verwertungsindustrie" braucht, weil der Trend dahin geht, dass Künstler immer weniger Kunst machen können, sondern sich stattdessen überlegen, wie man Websites baut und pflegt, wie man bei facebook aktuell bleibt, wie man Touren organisiert, Fotos bearbeitet, Verträge liest usw. Und deswegen immer weniger Zeit für Kunst bleibt. Und die Qualität derselben immer schlechter wird.
Und wo genau der gesellschaftliche Druck denn herkommt, der nach diesen Modellen verlangt. Und wer wird in diesen Modellen die Rolle des Verwerters übernehmen.
Darauf werden dann - wie in allen Talkshows usw - vage, ausweichende Antworten kommen, die zeigen, dass gerade dieser Pirat in dem Thema nicht so fit ist. Aber auch nicht so fit sein muss, das sei ja das Konzept...zwinker!
Und solange es so bleibt, muss man sich als Kulturschaffender um viele Dinge Sorgen machen, aber nicht um die Piraten.
lg
max