wir nennen ihn mal "Olaf"....mein Schüler 11 Jahre. Spielen tut er wie der Teufel....er groovt solide ohne scheu etwas neues zu probieren, er fill int abwechslungsreich ohne in die 4-16tel pro snare und 3 Tom-Cliches zu verfallen, er hat sichtbar Spaß am spielen und ist wissbegierig. Er kann für sein Alter und seinen Leistungsstand (2Jahre Unterricht) gut Improvisieren und weiß auch, dass ein DrumSet neben Hihat noch ein Ride hat auf dem man dann und wann 8tel dängeln kann. ABER:
Das alles nur wenn ich für ihn das Zählen übernehme.....
Nun gebe ich seit 10 Jahren Schlagzeug- und Klavierunterricht und habe meine Erfahrungen mit rhythmisch schwer erziehbaren Kindern gemacht. Aber mit diesem Knabe habe ich den Boden meiner pädagogischen Munitionskiste erreicht. Es folgte nun erstmal die Selbstreflexion, denn auch ich war wie so viele im jungen Alter eher peinlich berührt und/oder empfand es als hochgradig unnötig, wenn mein Lehrer mich zum LAUTEN Mitzählen aufforderte. Wie immer hab ich den Sinn und Zweck erst Jahre später erkannt. Meine Übungen zum Thema Timing und mein Empfinden und Automatisieren der Dauer unterschiedlicher Taktarten und musikalischen Strukturen kam durch Musik. Ich habe mit ca 12 Jahren begonnen, üben auf Spielen zu beschränken. Das lief so:
Kopfhörer volles Rohr aufdrehen, selbsterstelltes MixTAPE (jaja analog, nix iPod) in den Kassettenrecorder und los gings.....
Anm d. Verf: Mit 16 hab ich dann Spielen wieder durch Üben ersetzt, weil ich logischerweise irgendwann null Weiterentwicklung hatte was Links, Rudiments, etc anging.
Zu eben diesem "Zur Musik Spielen" ist "Olaf" aber so garnicht anzutreiben....ich versuche es nun seit Monaten.
Klar könnte ich mich hinter ihn setzen und mit ihm Lieder durchspielen, aber ich will ihm die Musik nicht aufzwingen, sondern er soll's für sich selbst entdecken.
Denn die Popgrütze die er sich anhört eignet sich perfekt um sie einfach mal als musikalisches Metronom einzusetzen....
Ist das ein zu utopischer Wunsch? Gerade in seinem Alter ist doch die "virtuelle" Band in Form von MP3 oder was auch immer eine gute (wenn nicht einzige) Möglichkeit, am DrumSet Musik im Kontext zu machen. Ich möchte dass er diese Erfahrung macht, um nicht in 2-3 Jahren die Lust zu verlieren, weil sich seine Karriere auf "Geklöppelt im Zimmer" beschränkt hat.
Also Liebe Lehrer im DF:
Durch was/wen/welchen Trick hat sich bei euren Schülern der (im wahrsten Sinne des Wortes) CLICK-Moment ergeben?
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Ich beziehe bei solchen Fragen immer den Charakter des Schülers mit ein und überlege, was "am Ende" herauskommen soll. Idealerweise kommt ein flexibler, groovender, weltoffener und intelligenter Trommler und Mensch heraus, der ähnliche Ansichten hat wie man selbst (der Lehrer) und seine Ziele auf ähnliche Weise erreicht.
Allerdings ist mir irgendwann aufgefallen, dass das oft Wunschdenken ist. Und ja, es gibt Schüler, die einfach niemals einen guten Groove hinlegen werden und die niemals verstehen werden, worauf es beim Musizieren ankommt. Die wollen ein Instrument spielen und nehmen eben Schlagzeug.
Und dann gibt es eine weitere Erkenntnis: 30-45 Minuten pro Woche sind nicht viel Zeit. Wenn ein Schüler in bestimmten Bereichen große Schwierigkeiten hat, dann hüte ich mich, einen Großteil der Zeit auf diese Schwächen zu verwenden, sondern versuche, die Stärken zu fördern. Groovt dieser 11-jährige also und geht mit dem Instrument auf, dann ist das toll und ich würde versuchen, mit ihm zusammen zu trommeln. Dann entwickelt sich nämlich automatisch ein inneres Timing, denn jemand, der "groovt" hat ein Gefühl dafür und wird sich dem Getrommel eines Lehrers irgendwann anpassen.
Ich finde das absolut ok und gut, denn es entlastet mich als Lehrer von bestimmten Erwartungen. Wenn ein 10-jähriger großen Spaß am Kit hat, aber noch nicht im Kontext spielen kann, dann ist das ok. Wobei ich sagen muss, dass ich alle Schüler im Kontext spielen lasse. Entweder im Duet mit mir, mit dem Click oder mit Musik. Manche mögen das, manche nicht so gerne. Bei denen, die es nicht mögen, sage ich, dass an den paar Minuten kein Weg vorbei führt und es danach ja auch erstmal vorbei ist. Bei Erwachsenen gilt das natürlich nicht, denn bei denen verstehe ich mich viel mehr als Dienstleister, d.h. ich nötige keinem 25-jährigen etwas auf, was er nicht will. Es geht da um Spaß und Motivation.
Laut mitgezählt habe ich selbst quasi nie, ich singe oder summe eher beim Spielen. Ich mache die Zählerei aber mit den Schülern, denen das hilft. Und dort finde ich es prima. Ich selbst bin übrigens Freund nahezu digitaler Präzision am Kit. Es regt mich bei mir selber extrem auf, wenn minimale Unsauberkeiten auftauchen. Das liegt auch daran, dass ich seit 20 Jahren auch viel elektronische Musik höre und spiele und es dort einfach nicht geht, im Timing zu wackeln. Aussagen, dass das Zählen die Basis von Groove und Musik ist, sind Unsinn, wenn sie den Anspruch auf allgemeine Gültigkeit erheben.
Fazit: bleibt ein Schüler irgendwo stecken, empfiehlt es sich, viele Wege zu gehen, um ihm/ihr dort heraus zu helfen. Funktioniert ein Weg partout nicht, gehe ich einen anderen, bzw. stelle das Thema erstmal zurück. Man muss sich als Instrumentallehrer immer klar machen, dass man in 99% der Fälle nur ein (manchmal sehr kleiner) Teil der Freizeitgestaltung des Schülers ist. Ganztagsschulen, AGs, weitere Hobbys, Sportveranstaltungen am Wochenende, Freunde/Partner usw. lassen heutzutage ja selbst sehr motivierten Schülern kaum Raum, sich wirklich am Instrument zu entwickeln, so schade das auch ist.
Also entspannen und sehen, wie es für Lehrer und Schüler am angenehmsten funktioniert. Das ist zwar sicherlich nicht die CLICK-Antwort, ich bin aber auch davon überzeugt, dass es solche Antworten in so einem Zusammenhang meistens nicht gibt.
...die gibt es nur auf die Frage, welches das beste 17" Crash für Metal ist!
lg
max