„Genie ist 99 Prozent Transpiration und ein Prozent Inspiration“
Dieses Thomas Alva Edison zugeschriebene Zitat stammt aus einer Zeit lange bevor an künstliche Intelligenz überhaupt nur zu denken war.
Vermutlich können wir uns relativ schnell darauf einigen, dass das eine Prozent Genius nur schwer zu substituieren ist. Ich unterstelle, dass von den verbleibenden 99% ein großer Teil problemlos durch KI zu ersetzen ist, aber nicht alles.
Neben dem 1% künstlerischem Schöpfungsakt ist nicht nur die Fleißarbeit, das Ausarbeiten, Notieren, Produzieren entscheidend dafür, ob am Ende ein eigenständiges Kunstwerk steht oder nette Dekoration, sondern auch das Probieren, das Scheitern, die Sackgassen und die individuellen Strategien des Kunstschaffenden, da wieder herauszufinden, egal ob in der bildenden oder darstellenden Kunst oder in der Musik.
Natürlich kann auch ein künstliches System so etwas ähnliches darstellen, kann den Zufall spielen lassen und dann sortieren, eine Art musikalische Mutationszüchtung durchführen. Eins ist das Ergebnis jedoch nicht: Auratisch.
Und etwas anderes stimmt mich skeptisch: Hat man viel mit Künstlern zu tun, stellt man gewisse Häufungen fest an Verhalten, das man eigentlich nicht gerne hinnimmt von seinem Gegenüber. Unter denen, die große Kunst machen, haben überdurchschnittlich viele auch einen großen Knall. Ja, es gibt auch die sozialkompetenten, umgänglichen großen Künstler. Die Regel ist das aber nicht. Der Star des Abends schaut jedem Rock hinterher? Geschenkt. Der Künstler behandelt seine Entourage und alle anderen herablassend? Das kann er sich leisten. Der große Meister rastet je nach Tagesform krass aus, feuert Mitarbeiter im Minutentakt und schreit herum? Das gehört halt dazu.
Müsste man der KI also erst einmal angewöhnen, ein Arschloch zu sein? Oder sollten wir genau das sein lassen?
Möglicherweise gibt es auch ein ganz grundsätzliches Problem: KI - Modelle funktionieren, weil sie das Wahrscheinliche, das Erwartbare, das Sinnvolle tun. Künstler funktionieren, weil sie das Unwahrscheinliche, das Unerwartete, das Sinnlose tun.