Liebe Kollegen,
ich glaube was wir alle oftmals völlig falsch bewerten bzw. sträflich vernachlässigen ist die Abhängigkeit des Drumsets von der Raumakustik! Kein anderes Instrument ist klangtechnisch davon dermaßen abhängig. Das hat nicht wenig mit der schlagzeugtypischen Lautstärke bzw. Projektion, den Unmengen an bewegter Luft und der Klangreflektion durch die Umgebung zu tun.
Kai (aus der Kiste) hat prinzipiell schon recht, dass die alternativen Tomaufhängungen in Bezug auf die Soundverbesserung eher ein Detail sind. Aber noch viel entscheidender als z.B. die Kesseldicke oder das von uns immer wieder heftig diskutierte Kesselmaterial (Maple, Linde, Birke, Walnuß) ist meiner Meinung nach die Raumumgebung!!! Deswegen reden wahrscheinlich viele von uns (mich eingeschlossen) beim Fachsimplen ob das Tama-Set von 1978 mit dem Prägelstempel "Hoshino" in der Bass-Drum wirklich besser klingt als die Premier Resonator bass von 1984 nach Entfernen des inneren Kessels aneinander vorbei.
Ein Urteil kann man sich meiner Meinung nach nur bilden, wenn man Sets verschiedener Serien
a.) entweder an der exakt gleichen Stelle im Raum aufbaut (dürfte physikalisch ohne Hinzuziehung des Parallel-Universums Normalsterblichen unmöglich sein)
b.) zumindest sein eigenes Drumset an sehr, sehr vielen verschieden Orten unter verschiedenen Akustikbedingungen gehört hat und so zumindest ansatzweise aufgrund der Erfahrung herleiten kann, wie ein Drumset in Kellergewölbe-Umgebung, holzvertafeltem Wohnzimmer oder dem Musik-Shop um die Ecke klingen KÖNNTE und inwiefern es meinem Drumset in den Klangeigenschaften ähnelt.
Ich möchte dies an folgenden recht banalen Beispielen belegen:
Purer Zufall in Zusammenhang mit angespannter Finanzsituation bewirkte, dass ich Anfang der Neunziger eine Tama Artstar 1 bassdrum 22" inch mit einem Pinstripe Schlagfell und einem Remo Ambassador Reso-Fell ausstattete. Parallel dazu stattete ich meine zweite Artstar 1 Bassdrum mit einem Remo Ambassador als Schlagfell!!! und einem Pinstripe als Reso-Fell!!! von dem ich aber eine Folien-Lage per Skalpell bis zum schwarzen Kreis komplett entfernt hatte, aus. Beide Bass-drums hatten identische Kissen als Dämpfung (vom Sofa entliehen). Jahre zuvor hatte ich in unendlichen Bemühungen immer wieder versucht diese beiden Bassdrums auf den gleichen Sound und die gleiche Tonhöhe zu stimmen. Wohlgemerkt damals mit absolut identischer Tama-Werk Fellbestückung. NO CHANCE. Die Bass-Drums blieben sehr!!! unterschiedlich im Sound.
Die absolut verrückte zufalls-Fellzusammenstellung (siehe oben) und ein aus "Lust und Laune-Stimmung" heraus resultierteres Neu-aufbauen des Drumsets im selben Raum! aber 3 Meter entfernt von der alten Stelle lies die Bass-Drums plötzlich total identisch klingen. Das war damals so extrem, dass mich Drummer über den grünen Klee lobten, "ich sei der Stimm-Profi" und man nätte noch nie so exakt justierte, fette Bass-drum-Sounds gehört. Tja, nur leider habe ich keinen Plan welchen Zufällen das zu verdanken war. Kaum war dieses Drumset verkauft, rief mich der Käufer frustriert an und sagte, dass bei ihm Zuhause nun die Bassdrums total unterschiedlich klingen würden. Was ich gemacht hätte, denn bei der Vorführung seien sie doch noch absolut gleich im Sound gewesen... das war ganz schön heikel und für mich auch peinlich.
Anderes Beispiel (sicher konträr zu vielen bisher geäußerten Glaubenssätzen im Drummerforum): ich hörte vor wenigen Wochen ein Musik Produktiv Drumset (jene mit Lackoberfläche, Bowmounts und basswood kesseln für 699.- Euro). Der Besitzer hatte lediglich die Billigfelle durch Pinstripe (auweiah) Schlagfelle und Diplomat-Resofelle (schon besser!) ausgetauscht. Ok, die Bassdrum war kein Killer, trotzdem recht gut (besonders für die Preisklasse). Aber der Tomsound war der wuchtigste, fetteste sound plus viel Kesselresonanz und Sustain den ich je gehört hatte. So eine ideale Kombination von "Fett" und "Feinheit" war mir bislang noch nicht unter die Lauscher gekommen. Und das ausgerechnet von ´nem absoluten Billig-Set! Ich habe seine ausgebaute Dachwohnung seit jener Zeit in schwerem Verdacht, für dieses Drumset das ideale (Sound)Biotop zu sein. Dieser Drummer hatte Wochen vorher meinen Tama Starclassic Tomsound verrissen. Also genau jenen Sound, den so viele Drummer bei mir Zuhause bislang als Referenz lobten. Nun mußte ich tatsächlich kapitulieren und ihm recht geben, ausgerechnet bei einem Billig-Set. SAGENHAFT.
Ich könnte noch einige Beispiele von super klingenden Pearl-Export Sets und auch grottenüblen Pearl-Sets gleicher Serie sprechen. Oder klasse-resonanten Ludwig sets und super-muffigen der gleichen Serie und Fellausstattung. Oder einer Sonor international Billig-Snare, die in der Wohnung einer Freundin super-klang, mit perfekter Teppichansprache und "Bauch", bei mir Zuhause aber grottenübel, so dass wir sie immer von A nach B schafften und irgendwann kapitulierten weil wir diesen massiven Klangunterschied damals rational nicht erklären konnten. Ihr wißt schon was ich meine: Es ist oftmals die Raumakustik mit ihren spezifischen Betonungen oder Auslöschungen spezieller Frequenzbereiche, die nicht selten ein Set göttlich oder eben "mau" klingen lassen.
Insofern ist es auch müßig jemandem zu widersprechen, der ein Rockstar, Artstar, Beverly oder sonstwas Drumset gehört hat und uns sagt es sei sein Traumsound gewesen. Man kann schwer alle Parameter reproduzieren, die zu dem möglicherweise tatsächlich guten Sound vor Ort beigetragen haben.