Ich möchte mich den Ausführungen von XIan zu 99% anschliessen!
Das eine fehlende Prozent ist für mich schon eine kritische Position zum Thema Ausbildungsangebote, wo ich durchaus der Meinung bin, das es mittlerweile zu viele gibt und das es wenig hilfreich ist, das man durch Zahlung von Geld eine Berufsausbildung machen und sich vermeintlich damit eine Berechtigung zum Musikerdasein erwerben kann.
Ich hatte da letztes Jahr auch eine längere Diskussion mit dem Studiengangleiter Jazz der Folkwanghochschule, das es meiner Meinung nach mittlerweile zu viele Studienangebote und Absolventen gibt.
Ich zitierte da u.a. die Statements diverser Lehrkräfte an Hochschulen,mit denen ich gesprochen habe, die immer öfters beklagen, das das Durchschnittsniveau an den Hochschulen sinkt, da es immer mehr Studienangebote gibt und die Hochschulen mittlerweile Leute aufnehmen müssen, um ihre Studienplätze zu füllen, die sie vor 15 Jahren nicht aufgenommen hätten...
Warum ich das so kritisch sehe, ist vor allem deshalb, weil der Erwerb einer Ausbildung, der Erhalt eines Scheins (sei es Diplom oder Zertifikat oder was auch immer), überhaupt nichts damit zu tun hat, ob man als Musiker existieren kann oder nicht.
Und ich meine damit absolut nicht die Verengung des Begriffs Musikers auf konzertierender Musiker. Das Berufsbild des Profi-Musikers ist viel breiter als nur der auf den Bühnen der Welt spielende Instrumentalist. Dazu gehört gleichwertig der lehrende, der komponierende, der produzierende Musiker, was i.d.R. heue die meisten professionell tätigen Musiker in einer Person vereinigen. Es gibt wegen der Marktsituation kaum noch Musiker, die nur eine Sparte der möglichen Tätigkeitsfelder als Musiker bedienen.
Im Übrigen ist dieser Mix im Leben eines Musikers ständiger Verschiebung unterwofen. Ich hatte Zeiten, da hab ich viel mehr gespielt und wenig unterrichtet, dann hab ich viel produziert, viel unterrichtet und wenig gespielt usw. Das ist ständig im Fluß, wobei die Lehrtätigkeit mit fortschreitenden Alter eher zunimmt, u.a. aus Erfahrungen, die sich mit Dingen deckt, die Xian zum Thema Touren und Beziehung geschrieben hat. Aus dem Nähkästchen kann ich jedenfalls sagen, das rege Tourtätigkeit und Beziehung in meinem Leben absolut nicht gut funktioniert hat...
Heute musst du jedenfalls alles bedienen können, wenn du nachhaltig über das gesamte Berufsleben existieren können willst.
Die Zeit der Rockstars bzw. der Leute, die von einem Plattendeal und Charterfolgen leben können, ist eigentlich vorbei. Heutzutage verdienst du nicht mehr viel mit einer Chartplatzierung in den Top 100, höchstens noch wenn du lange ganz oben stehst und zu der kleinen Gruppe der von den Kinderkanälen MTV & Co und geneigten Majors gepuschten elitären Oberschicht gehörst.
Eine Existenz auf Grundlage einer Bandmusikerkarriere mit DEM Erfolgsact, die über 40 Jahre Berufstätigkeit trägt, kann man getrost vergessen.
Dafür ist das Musikbusiness heute viel zu schnelllebig und im Zeitalter des Downloads auch viel zu unergiebig für den Künstler geworden.
Und wenn ich mal zu mir persönlich was zum Thema "übertragen auf die kommende Generation" sagen darf:
Ich gebe schon seeehr lange Unterricht, aber aus meinem Unterricht sind bislang nur 2 Leute hervorgegangen, die beruflich etwas mit Musik zu tun haben.
Einer ist Musikpädagoge geworden, der andere Profimusiker.
Und ich kann mit grosser Sicherheit sagen, das es deshalb nur 2 sind, weil ich meinen Schülern, die den Gedanken äussern, Musik zum Beruf zu machen ganz klar vor Augen führe, was das
a) bedeutet und
b) was sie dafür leisten müssen und
c) welche Opfer sie dafür bringen müssen.
Das hat in den meisten Fällen dazu geführt, das es beim Hobby Musik machen geblieben ist!
Meine Schüler hören von mir ständig, das Musik machen das tollste ist, was ich kenne, aber das Musik zum Beruf machen nochmals was völlig anderes ist und von einem Menschen, der dies machen will, ganz andere Sachen verlangt als "nur" Musik machen toll zu finden.
Deshalb bin ich persönlich gar nicht gegen harte Aufnahmeprüfungen und tendenziell eher gegen Schulen, wo man gegen Zahlung von Geld eine "Ausbildung" erlangen kann.
In der Hinsicht bin ich ein wenig bei Seppel, wobei das meiner Meinung nach aber wieder absolut nichts mit der Situation des gemeinen Instrumentallehrers an Musikschulen oder privat zu tun hat.
Ich kann da Xians Ausführunge absolut bestätigen, das in dieser Klientel nur allerhöchstens 1-2% der Schüler in Betracht ziehen, Musik zum Beruf zu machen.
Der Löwenanteil der Schüler will nur eine gute Zeit haben und macht Musik aus Spass an der Freude und betrachtet es als pures Hobby ohne Ambitionen.
Da ist die Aufgabe des Instrumentallehrer eine ganz andere als die des Oberschlagzeug-Gurus, der aus jedem Schüler versucht einen neuen Vinnie Colaiuta zu formen.
Viele Schüler wollen gar nicht die 26 Rudiments lernen oder auschecken, wie ein 5er Verschieber über 16tel Triolen klingt.
Denen reicht absolut das hier so oft geschmähte Erlernen von ein paar Rhythmen und die wollen eine schöne Stunde mit nem netten Lehrer haben, dem sie vielleicht sogar auch mal ihr Herz ausschütten oder nur über ihrer Lieblingsplatten reden...
Übrigens bin ich auch ziemlich deutlich zu Leuten, die vor einer Aufnahmeprüfung zu mir kommen und ein Feedback wollen, ob sie die Aufnahmeprüfung packen können.
Ich frag die Leute immerim Vorgespräch, was sie schon gemacht haben und was für Vorstellungen sie von dem Job haben und meist weiß ich schon dann, was für einen Rat ich ihnen geben werde.
Selbst da hören eher 9 von 10 von mir, das sie besser was anders machen sollen, wofür sich im Nachhinein auch so mancher schon bedankt hat.
Ich weiß aus Gesprächen mit Kollegen, die mit beiden Beinen im musikerjob stehen, das die das sher ähnlich handhaben und deshalb bin ich der festen Überzeugung, das nicht "wir" nicht die kommende Generation heranziehen. Ich für meinen Teil kann das jedenfalls nachdrücklich verneinen
Desweiteren möchte ich mich sehr den Ausführungen Xians zum Thema "seinen Platz finden" anschliessen.
Nicht jeder will ein gefeierter Rockstar werden und trotzdem in diesem Bereich arbeiten.
Ich habe im Laufe meines Musikerdaseins meine Ziele auch umdefiniert und aus Erfahrungen Dinge für mich als Option ausgeschlossen und andere Sachen mehr in den Mittelpunkt meiner Tätigkeit gerückt. Dadurch ergebibt sich dann zwangsläufig eine Einstufung in das "System", in welcher "Etage" man sich bewegt.
Ich für meinen Teil hab z.b. ein sehr gutes Lebensgefühl mit dem was ich tue, u.a. weil ich bestimmte Dinge für mich ausgeschlossen habe, weil mir der Preis dafür in anderen Lebensbereichen zu hoch war.
Folglich werde ich jetzt kein Star und auch nicht reich, aber das war mir dann doch nicht wichtig genug
Am Ende des Tages ist mir nämlich wichtig, das es meiner Seele gut geht