Beiträge von nils

    Das glaube ich dir schon. Mich würde auch interessieren, wie das so abläuft.

    In der Regel läuft es so ab, dass ich eine Anfrage bekomme, ob ich an einem bestimmten Datum/Uhrzeit ins Studio kommen kann. Manchmal steht auch drin, welche Band dort aufnehmen wird, ganz selten bekomme ich sogar Kontaktdaten des Schlagzeugers.


    In dem Fall nehme ich Kontakt auf und wir besprechen Stil, was für ein Schlagzeug eingesetzt wird, Fellauswahl und Beschaffung. Wenn ich nichts weiß, nehme ich einen Stapel Felle mit (man weiß ja nie) und fahre zum vereinbarten Zeitpunkt hin. Vor Ort klären wir dann die Fragen zu Stil und Soundgeschmack, ob Felle getauscht werden sollen oder nicht und ich stimme das Schlagzeug unter Berücksichtigung von Raum und musikalischem Einsatz.

    Das kann auch bedeuten, Dämpfung anzubringen, Wattebällchen ins Floortom zu legen, oder die Masse der Bassdrum zu erhöhen. Wenn ich halbwegs soweit bin, lasse ich den Trommler einzelne Trommeln anspielen, oder auch mal das ganze Set, und gehe dabei durch den Raum, um das Ergebnis zu beurteilen. Insbesondere die Bassdrum stimme ich dann nochmals genauer auf den Raum.

    Meistens stimme ich zu dem Set auch noch 2-3 zusätzliche Snares, die ggf. in der Produktion verwendet werden sollen.


    Anschließend wird das Schlagzeug mikrofoniert und der Trommler spielt eine ausführliche Runde, die der Tonmensch nutzt, um alles zu pegeln, während die DAW alles aufnimmt. Zusammen mit dem Recording Engineer und der Band beurteilen wir dann den Schlagzeugsound und ggf. stimme ich einzelne Trommeln nach. Zu Abschluss ermittele ich die Grundfrequenzen aller Trommeln und gebe diese Info an die Beteiligten, damit unter der Aufnahme ggf. nachgestimmt werden kann.


    Nach max. 2 Stunden ist mein Job dann erledigt und der Schlagzeugsound der Produktion steht.

    Aber auch bei Studio-Aufnahmen ist im Mix am Ende - auch bei sehr vielen Mikrofonen am Schlagzeug - vor allem das von den Trommeln zu hören, was jeweils am lautesten / dominantesten ist. Und das ist neben den Grundtönen eben auch das gesamte Spektrum darüber (inkl. Transienten / Attack).

    In einem Bandmix (Studio) gibts dann sowieso sehr viele Frequenzverdeckungen und es ist gar nicht so einfach, ein Akustikschlagzeug durchsetzungsfähig und trotzdem natürlich zu mixen.

    Zum Studiobetrieb: ich bin öfter als Trommelstimmer für unterschiedliche Produktionen im Einsatz. Ein Studiomann bucht mich sogar auf eigene Kosten, wenn die Band mich nicht bezahlen will, weil er beim Mix so viel Zeit spart. Nach seiner Aussage macht er im Mix mit von mir gestimmten Schlagzeugen kaum mehr als Phasenkorrektur und Pegelangleichung. Irgendwas muss also dran sein, an den Dingen, die ich tue.


    Zum Livebetrieb: wie ich spiele weißt du ja, und so weißt du auch, dass ich spieltechnisch nicht so versiert bin. Mir hilft es daher auch im Livebetrieb, die Physik der Trommeln und des Raumes zu nutzen, um mein Spiel zu transportieren. Wie ich meinen Workshops immer sage: "Wer gut klingt, kann sich erlauben, weniger zu können".

    Und eine Bassdrum auf einer Raummode ist sicher auch nicht immer passend. Z.B. dann nicht, wenn die Bassdrum kurz und knackig klingen soll und Raummikrofone für den Schlagzeugsound sowieso eine untergeordnete Rolle spielen.

    Ich mache das natürlich nur dann, wenn das Schlagzeug nicht abgenommen wird. Sobald ein Mikro an die Bassdrum kommt, ist das kontraproduktiv, schließlich will ich ja keine Resonanzkatastrophe verursachen. Terzen und Quinten stimme ich aber immer in die Toms.

    die Tiefen Töne und Bassreichen sind die Energie reicheren, ich glaub da ist man sich einig.

    Nein, ist man nicht. Die Amplitude der Hüllkurve ist die Lautstärke und die wird durch den Attack definiert. Im Frequenzspektrum haben tiefe Töne bei gleicher Lautstärke mehr Energie als hohe, das ja. Aber bei jedem Ton bzw. Geräusch vom Schlagzeug wird die Lautstärke durch den Transienten definiert, also den Attack.

    Ansonsten halte ich Vergleiche mit z.B. Powerchords auf der Gitarre auch immer für etwas fragwürdig, weil Schlagzeug halt kein Tonsystem-bezogenes Melodie-Instrument ist, sondern einfach nur ein Schlaginstrument bzw. "Geräusch-Instrument" und damit ein Spezialfall.

    Das Geräusch-vs-Ton-Problem hat auf die physikalischen Gegebenheiten beim Zweiklang keine Auswirkungen. Und die Sache mit den Quinten ist keine Theorie, wenn ich das vorführe hören es immer alle. Genau wie die Stimmung der Bassdrum auf eine Raummode, um sie größer zu machen.

    sondern auch, wenn bei einem Tom der Oberton des Schlagfells eine Quinte (x1,5) über dem Grundton ist.

    Der erste Oberton einer schwingenden Membran ist immer etwas mehr als eine Quinte über dem Grundton (1,59x Grundfrequenz). Das ergibt sich aus den Bessel'schen Gleichungen, die den mathematischen Hintergrund der Chladni'schen Figuren beschreiben.


    Das ist ja auch nicht ausschließlich bei Quintabständen so, oder?

    Nein, genau das habe ich ja oben beschrieben: Differenztöne gibt es bei jedem beliebigen Zweiklang, ebenso Summentöne. Der erste Differenzton ist bei einer Quinte nur besonders günstig gelegen, genau eine Oktave unter dem tieferen der beteiligten Töne. Auf der Gitarre nennt man das Powerchord, man greift so, dass möglichst viele Quinten im Akkord vorkommen und klingt so besonders fett.

    Spielen kann ich den Kram zwar nicht -

    den anderen Kram ja auch nicht - aber

    die Becken hätt ich schon mal.

    Deswegen: Nie verkaufen! Immer nur

    kaufen

    !!! Ich hatte mal ein paar wirklich außergewöhnlich klingende UFIP HiHats, die ich nicht benutzt habe und wegen Geldbedarf irgendwann verkauft habe (für viel zu wenig Geld). Heute ärgere ich mich über meine eigene Dummeheit.

    Es ist kein zusätzlicher Ton aufgetaucht - das Phänomen ist also psychoakustisch oder muss zumindest durch bewegte Luft erzeugt werden.

    Du kennst die Schwebung, wenn man eine Gitarre oder einen Bass stimmt und die beiden Töne eng beieinanderliegen, oder? Durch die permanente Änderung der Phasenbeziehung zwischen den Tönen schwankt die Lautstärke genau in der Differenz der beiden beteiligten Grundfrequenzen. Das nennt man Hüllkurvenmodulation. Dieser Effekt tritt immer auf, wenn zwei Töne sich überlagern, also auch wenn der Frequenzunterschied größer ist als nur 1-2 Hz.

    Das regelmäßige An- und Abschwellen der Gesamtlautstärke wird psychoakustisch als zusätzlicher Ton wahrgenommen, der ja tatsächlich nicht im eigentlichen Sinne ertönt. Aber genau dieser Effekt wird auch benutzt, um z.B. über Handylautsprecher Bassfrequenzen übertragen zu können, die so kleine Lautsprecher physikalisch betrachtet nicht liefern können. Warum du das nicht hörst, kann ich nicht sagen. In meinem Tuning Workshops ist das regelmäßig ein Aha-Moment.

    Bei zwei Toms mit vier Zoll Differenz bieten sich z.B. Quinten an, weil Quinten am harmonischsten klingen.

    Wie schon des öfteren, weise ich hier nochmal auf die Vorteile einer Tomreihe hin, in der man Quinten findet. Bei einer Reihe mit 2 Zoll Inkrement von Tom zu Tom, führen die quasi natürlichen Intervalle von abwechselnd einer kleinen und einer großen Terz zu Quinten von einem Tom zum übernächsten.


    Die Quinte ist insofern ein besonderes Intervall, weil der erste Differenzton, der durch Überlagerung (Interferenz) entsteht, genau eine Oktave unter dem tieferen der beiden Töne im Zweiklang liegt. Das klingt schön harmonisch, wie m_tree schrieb, aber auch besonders fett.


    Die Entstehung dieses zusätzlichen Tons ist durch die Hüllkurvenmodulation der Überlagerung bedingt. Das ist dasselbe Prinzip wie bei der Schwebung, die man vom Stimmen eines Saiteninstruments kennt, wenn die Töne knapp nebeneinander liegen.

    Bei der E-Gitarre ist die Klangerzeugung immer noch akustisch

    Hmmm, akustisch würde mir nicht dazu einfallen, da kein Resonanzkörper vorhanden ist, eher elektromechanisch, vergleichbar mit einem Rhodes oder einem CP-70 im Tastenbereich. Übertragen aufs Schlagzeug müsste man einen Stahlniet ins Fell nieten und dessen Bewegung mit einem magnetischen Pickup abnehmen.

    Dagegen ist die Klangerzeugung eines E-Schlagzeugs im Prinzip ein Synthesizer mit hinterlegten Samples, angesteuert über Trigger unter Fellen oder in Gummiplatten.