Beiträge von nils

    das mit seiner Auslenkung (2-dimensional von der Seite betrachtet eben) den "Sinus" malt.

    Das tut es eben nicht. Das Material erlaubt so keine Sinusschwingung, da die Dehnung des Fells keine Federkonstante hat, sondern sich mit der Auslenkung ändert.

    jetzt bin ich verwirrt. Hat der Masshoffsche Tuning-Trick mit lockeren Spannschrauben nicht den genau gegenteiligen Effekt?

    Ja, eine einzelne lockere Schraube verändert durchaus das Obertonverhalten, weil das Fell durch die ungleichmäßige Spannung zwar mehr Obertöne entstehen können, aber diese sind für sich wesentlich leiser.


    Um den Schnittpunkt der Knotenlinien relevant aus der Mitte zu schieben, müsste man schon eine Hälfte der Schrauben ein Stück weit entspannen, und auch dann werden es wohl nur wenige Zentimeter sein.

    Der einzelne Punkt führt dabei eine Bewegung aus, die der Überlagerung der Einzelschwingung entspricht,

    Ja, na klar, das Fell führt eine Bewegung aus, die alle angeregten Obertöne gleichzeitig beinhaltet und damit führen einzelne Punkte sehr komplexe Bewegungen aus. Aber der zitierte Post bezieht sich ja nicht auf die Fellbewegung, sondern auf die Aussage, dass alle Schwingungen ja irgendwie Sinus seien, was sie nicht sind.

    Eine Schwingung ist ja grob gesagt immer ein irgendwie gearteter Sinus,

    Hmmm, nein eigentlich nicht.


    Mathematisch ist der Sinus die Projektion einer rotierenden Radiuslinie des Einheitskreises auf der Vertikalen. Dreht sich die Radiuslinie mit konstanter Winkelgeschwindigkeit, ist die Projektion über der Zeit eine Sinuslinie.


    In diesem GIF von Wikipedia kann man das schön sehen.


    Ein Screenshot davon:


    Eine Sinusschwingung ist eine reine Schwingung einer einzigen Frequenz, wie der 50Hz Sinus des Stromnetzes. Wenn du das durch ein Frequenzfilter jagst und genau 50Hz entfernst, ist Stille, Nulllinie.

    Die meisten Schwingungen sind keine reinen Sinusschwingungen einer einzigen Frequenz, oft sind sie auch nicht linear.

    Aber jede Schwingung kann durch eine Summe von Sinusschwingungen beschrieben werden. Das macht man mit einer Fourier-Analyse: man schiebt ein Signal vorne rein und bekommt hinten eine Spektrumsdarstellung heraus, aus der man erkennen kann, welche Frequenzen mit welcher Amplitude enthalten sind.

    Ein Rechtecksignal beispielsweise, wie es in Synthesizern oft verwendet wird, aber auch in Straßenbahnantrieben mit gepulster Gleichspannung, hat eine unendliche Reihe von Oberschwingungen. Ein Dirac-Impuls, den wir näherungsweise mit einem Schlag des Sticks auf ein Fell vergleichen können, enthält sogar alle Frequenzen gleich stark.

    Das könnte dir nils sehr gut erklären. Vielleicht meldet er sich ja noch zu Wort

    Mich würde einfach mal physikalisch interessieren, warum das so ist und ob man diesen "Randeffekt" durch eine bestimmte Stimmung auch in Fellmitte hin bekommt.

    Den Randeffekt bekommst du in der Mitte nicht so ohne Weiteres. Das liegt an der Klangentstehung auf der schwingenden Kreismembran, wie ein Fell aus physikalischer Sicht genannt wird.


    Ich hole mal etwas aus.


    Schwingende Objekte haben normalerweise eine Grundschwingung (Grundton, Fundamentalnote) und Oberschwingungen (Obertöne), die sog. Schwingungsmoden, die mithilfe der Bessel'schen Zylinderfunktionen berechnet werden können. Die Obertöne sind dabei geometrisch auf der Membran in Form von schwingenden Bereichen (Schwingungsbäuche) und unbeweglichen Bereichen, sog. Knotenlinien, angeordnet.


    Die Schwingungsmoden

    0,1. Die eingespannte Kreismembran hat auch für die Grundschwingung eine unbewegliche Knotenlinie genau auf der Gratung.

    1,1. Der erste Oberton hat eine diagonale Knotenlinie durch den Mittelpunkt und zwei Halbkreisflächen, die gegenphasig schwingen.

    2,1. Der zweite Oberton hat zwei diagonale Knotenlinien und Kreisviertel, die jeweils abwechselnd gegenphasig schwingen.

    0,2. Der dritte Oberton hat eine konzentrische Knotenlinie, die auf halbem Weg zwischen Gratung und Mittelpunkt parallel zur Gratung verläuft

    3,1. Der vierte Oberton hat drei diagonale Knotenlinien

    usw., siehe Bild unten.


    Dort sind auch die Multiplikationsfaktoren der jeweiligen Oberschwingungen zur Grundschwingung angegeben.

    Man kann erkennen, dass die Obertonreihe nicht harmonisch ist. Bei einer Gitarrensaite sind alle Oberschwingungen ganzzahlige Vielfache der Grundschwingung, bei der Kreismembran ist das offensichtlich anders.


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    Nun zu deiner Eingangsfrage, ob man den Randeffekt auch in der Mitte bekommt:

    In der Mitte treffen sich alle diagonalen Knotenlinien. Das bedeutet, dass die Mitte für alle Obertöne mit diesen Knotenlinien unbewegt ist. Im Umkehrschluss kann man durch einen Schlag auf die Mitte diese Obertöne nicht anregen (erzeugen), da man den Kreuzungspunkt all dieser Knotenlinien trifft. Man bekommt statt dessen lediglich Obertöne mit ausschließlich konzentrischen Knotenlinien, daher der trockene Klang, weil im Obertonspektrum wenig los ist.

    Je weiter zum Rand das Fell angeschlagen wird, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, eine oder mehrere Knotenlinien zu treffen, entsprechend bekommt man mehr Obertöne, der Klang ist offener und komplexer.


    Die einzige Chance auf mehr Obertöne in der Mitte ist eine stark asymmetrische Fellspannung. Diese wiederum birgt aber auf Dauer das Risiko, den Kessel zu beschädigen, weil er durch ungleichmäßige Seitenkräfte krumm werden kann.

    Viele (teure) Module haben bereits Round Robins an Board. Entscheidend ist aber eben die Programmierung.

    Im Grunde ist die Strategie, zufällig verschiedene Samples anzufeuern noch keine gute Annäherung an das tatsächliche Geschehen an einer akustischen Trommel.


    Es geht bei dem Problem primär um den "zweiten" Schlag, der auf ein bereits bewegtes Fell trifft. Im Vergleich zur Bewegung des Sticks ist die Bewegung des Fells sehr schnell. Vereinfachend kann man annehmen, dass der Bewegungszustand des Fells im Moment des Auftreffens des Sticks zufallsverteilt zwischen oberer und unterer Amplitude ist.


    Dabei müssen zwei Dinge berücksichtigt werden, um eine realistische Abbildung des Geschehens implementieren zu können:

    - die Amplitude verringert sich mit dem Delta t zwischen dem ersten und zweiten Schlag (=> Hüllkurve, Sustain/Decay)

    - die Bewegung des Fells hat eine Richtung, mal kommt es dem Stick entgegen, mal bewegt es sich in dieselbe Richtung. Daher wird sogar manchmal beim zweiten Schlag mehr Energie vom Fell zurück an den Stick übertragen, als vom Stick aufs Fell. Sehr gut zu sehen ist das in diesem Video


    Der Bewegungsvektor sollte also Teil des Algorithmus sein, der das passende Sample auswählt. Noch besser als Samples zu verwenden, wäre die von mir erwähnte und durchdachte Modellierung.


    mit Hilfe von simplen Algorithmen aus mehreren Round Robins auswählen und dadurch auch schon wesentlich natürlicher klingen. Ich programmiere auch grad ein Kontakt Instrument, dass die Round Robins "sinnvoll" auswählt.

    Genau, entscheidend sind die vereinfachenden Annahmen, die man nutzt, um die Komplexität der Berechnungen zu reduzieren, ohne die Funktion zu opfern.

    Manche Module hatten gute Sounds aber trotzdem gab es bei allen den Machinengewehreffekt (das gleiche Sample wird kurz hintereinander abgefeuert),

    Ich habe mal die Struktur und den algorithmischen Ansatz eines Modelings für Schlagzeug entworfen und mit einem Hersteller diskutiert. Die wollten das letztlich aber nicht umsetzen. Ich vermute, weil man mit homööpathischen Verbesserungen über lange Zeit gestreckt viel mehr Geld verdienen kann, als wenn man gleich was ordentliches macht.

    Die Marching Bands nutzen die Trommel doch auch.

    Das stimmt zwar, aber Marching Bands verwenden eine sehr viel höhere Stimmung, keine Dämpfung und andere Felle, daher ist das für den Bandeinsatz wenig aussagekräftig. Ich hatte mal eine Drumline als Workshopkunden und hab mich im Vorfeld intensiv mit dem Marchingmaterial beschäftigt.

    Ich hab eine alte Marching Bassdrum, die gelegentlich als Sidebassdrum zum Einsatz kommt. Allerdings sind Naturfelle drauf, was sie sehr wetterfühlig macht. Insgesamt ist viel tiefes Gerumpel da, wenig Kick und wenig Präsenz. Taugt aus meiner Erfahrung nur für sehr spezielle Einsatzgebiete, wie traditioneller 1930er Jahre Swing oder Meditationsmusik, wo man eine so weiche Bassdrum haben will.

    Einspruch: Nirvana war nicht rumpelig.

    Ich finde selbst die Studioaufnahmen insbesondere bei der Gitarrenarbeit recht schlampig gespielt. Ja, das ist sicher auch Teil des Konzepts, aber live kommt das noch mehr raus. Es geht halt mehr um Attitude als um Genauigkeit.

    Ich hab mal irgendwo einen Kommentar zum Stimmen von Schlagzeugen gelesen, der ernsthaft meinte, es käme bei Rock nicht so drauf an, dass das Schlagzeug gut gestimmt sei, schließlich sei es ja nur Rock. Für mich spricht aus so einer Aussage eine gewisse Arroganz.

    Gehört nicht das Rumgeeier, das rummpellige Gedrumme im Stil junger unausgebildeter Drummer nicht authentisch zum Rock?

    Diese Arroganz unterstelle ich deiner Frage natürlich nicht. Aus meiner Sicht gehört das rumpelige zur Anfangszeit des Rock durchaus dazu, aber dann hat eine Professionalisierung eingesetzt. In frühen Rockproduktionen hört man manchmal einen Drummer, der swingt, während die anderen gerade 8tel spielen.

    Bereits Mitte der 1960er kamen Bands wie Pink Floyd oder Deep Purple hoch und haben deutlich weniger rumpelig gespielt, Led Zeppelin finde ich auf den Studioplatten auch nicht so rumpelig. Mir scheint das eine typische Entwicklung zu sein, die auch in anderen Genres beobachtet werden kann. Etwa im Grunge kam erst Nirvana mit einer eher rumpeligen, fast schlampigen Art daher, aber dann folgten andere mit exakterer Spielweise, wie etwa Soundgarden.


    Da führt mich zurück zur ursprünglichen Frage: was ist authentisch?

    Ich finde es besonders authentisch, wenn man vermitteln kann, dass man die Musik, die man spielt, selbst wirklich mag.

    Bei dieser Aussage gehe ich mit. Wenn du die Musik magst und fühlst, die du spielst, dann ist es authentisch.


    Mein Vater hat etwa mit Mitte 50 (so alt bin ich jetzt) angefangen, Schlagzeug zu spielen, als ich mal eins meiner Sets nicht unterbringen konnte und es bei meinen Eltern im Keller abgestellt hatte. Er hatte weder Spieltechnik noch irgendwelche anderen Kenntnisse, aber sein Swing klang, wie er muss. Das war die Musik seiner Jugend, Lionel Hampton und Dizzie Gillespie waren seine Helden, und so spielte er einen glaubwürdigen Swing, den ich nie erreicht habe, weil das nun mal nicht meine Musik ist.

    Mich würde Eure Meinung zu dem Thema interessieren: Habt Ihr ähnliche Erfahrungen gemacht ?

    Meine Kenntnisse in diesem Bereich sind eher selektiv, man könnte sagen lückenhaft. Ich kenne eher die physiknahen Dinge, wie diatonische Terzschichtung.


    Beschäftigt Ihr Euch mit diesem Thema überhaupt ?

    Ja, wo es mir vor die Füße fällt.


    Wo seht ihr Vor- vielleicht auch Nachteile sich als Schlagzeuger damit zu beschäftigen ?

    Nachteile von mehr Wissen? Ich sehe nur Vorteile darin, erweiterte Kenntnisse zu haben.


    Hat die Entwicklung in diesem Aspekt Euer Spiel erkennbar beeinflusst ?

    Ich weiß es nicht. Aber da es letztendlich um Wissen geht, dass mit dem Gehör verknüpft wird, denke ich schon, dass mein Wissen mein Spiel beeinflusst.

    Ein Nachteil hat der Apfel: Du bekommst Musik nur per iTunes aufs Handy und Du kannst keine MP3s mit dem iPhone verschicken !

    Die eigentlichen Musikfunktionen des IPhone sind schon etwas beschränkt, aber man kann MP3s durchaus verschicken. Ich verwende für's Dateihandling die App WebDAVNav, um auf meine Cloud zuzugreifen, wo die ganzen Bandaufnahmen liegen. Diese Files kann man auch mit Whatsapp, E-Mail oder anderen Tools verschicken.

    ...ABER (und das sage ich als EX-Wissenschaftler): Ein Werker kann seine Leistung effizient und reproduzierbar komplett ohne Wissenschaft auf hohem Niveau erstellen, oder wissenschaftlich : Man muss keine Schrödinger Gleichung bemühen, um einen Dreisatz zu lösen ;-).

    Ja klar, ich muss auch kein Java können, um eine Cloud-Anwendung zu bedienen.


    Mein Ansatz zum Stimmen kondensiert in diesen drei Prinzipien

    1. Benutze dein Gehör, es ist das wichtigste Werkzeug beim Stimmen

    2. Bring das Fell in Stimmung mit sich selbst (ich habe hier schon häufiger erläutert, warum ich Stimmkonzepte mit ungleichmäßiger mechanischer Spannung kritisch sehe)

    3. Der Klangcharakter der Trommel kann über die tonale Differenz zwischen den beiden Fellen verändert/eingestellt werden.


    Diese drei Prinzipien kann sicher man ohne Kenntnis der zugrundeliegenden Physik anwenden.


    Aber

    ich finde es enorm hilfreich, etwas Systemtheorie schwingender, dynamischer Systeme zu kennen, zu verstehen, was Kopplung ist und wie die Raumakustik den Klang der Trommeln beeinflusst und auf die Schwingungen einer großen Membran zurückkoppelt, um gezielt die passenden stimmtechnischen Maßnahmen zu treffen. Wenn ich verstanden habe, wie die tonale Differenz zwischen den zwei Fellen auf die Obertonreihe und das Ausschwingverhalten (Sustain) der Trommel wirkt, kann ich viel besser gezielt stimmen, weil ich verstanden habe, was da vor sich geht. Ebenso kann ich viel gezielter die passenden Dämpfungsmaßnahmen ergreifen, wenn Stimmen alleine nicht ausreicht.