Hallo Miteinander,
ich habe mich hier im Forum schon länger nicht mehr geäußert, fand den Thread aber interessant und kann vielleicht aus meiner persönlichen Situation heraus etwas dazu erzählen.
Also ich hatte immer den Traum "Profimusiker" zu werden, hatte aber auch frühzeitig die Möglichkeit, bei verschiedenen Leuten im Bekanntenkreis zu sehen, wie die Realität als "Profimusiker" aussieht. Ich kenne bis auf vereinzelte Ausnahmen keine echten "Stars", aber durchaus ein paar überregional bekannte Leute, aber auch "Durchschnittsprofis". Die meisten dieser Durchschnittsprofis sind wirklich, wie hier schon angeklungen, letztlich selbstständige Unternehmer und ich denke, so muss man das heutzutage auch sehen. Sie sind alle Dienstleister im Bereich Musik, spielen Gigs mit unterschiedlichen Bands, spielen auch mal was im Studio ein (was sehr, sehr selten geworden ist und noch viel seltener bezahlt wird) und unterrichten alle auch an Musikschulen. Sie werden in der Regel für diese Dienstleistungen bezahlt, aber mit einem "normalen" Selbstständigen, also einem Informatiker z.B. oder einem Elektriker kann man das nicht vergleichen. Die gesamte Branche ist deutlich weniger reglementiert, was (und das ist meine persönliche Empfindung) für die Musiker die davon leben wollen/sollen/müssen eher ein Nachteil ist.
Ich selbst wollte diesen Weg auch sehr lange gehen, habe unterschiedliche Musikgenres gespielt, bin mit Bands getourt und wurde für eine Studium der Musikpädagogik in Dresden zugelassen. Nach nunmehr 4,5 Jahren studieren bin ich aber an dem Punkt an dem ich definitiv nach Beendigung des Studiums einen anderen Weg einschlagen werden bzw. mir ein anderes, finanzielles Hauptstandbein suchen werden. Das hat bei mir auch mit persönlichen Entwicklungen in den letzten Jahren zu tun aber sehr stark auch mit den Entwicklungen für Musikschaffende in Deutschland im allgemeinen bzw. meiner subjektiven Wahrnehmung dazu.
Wie gesagt, ich selbst war durchaus einige Jahre "Profimusiker", da ich durch das spielen von Gigs (im Jahr 2006 ca. 120 davon) und das Unterrichten an einer Musikschule hauptsächliche meinen Lebensunterhalt verdient habe - schon damals hab ich übrigens nebenher noch in einem Getränkegroßhandel die Europaletten mit dem Gabelstapler schauffiert, drei Tage die Woche immer zwischen 4 Uhr und 8 Uhr morgens. Allerdings muss ich aus meinen persönlichen Erfahrungen heraus sagen: den Profimusiker, der nahezu ausschließlich von Gigs leben kann und das über 30, 40 Jahre, den gibt es schlichtweg nicht mehr. Dies hat unterschiedliche Gründe, aber die gesamte Szene wird sich aus meiner Sicht in den nächsten Jahren noch deutlich verkleinern und es werden noch deutlich mehr Leute durch das Raster fallen. Selbst wenn ich sehe, zu welchen Dumpingpreisen teilweise Leute mit zweifelhaftem Hintergrund an Musikschulen unterrichten und damit durchkommen...nun, da kam bei mir nicht nur einmal die Frage auf: "warum genau hast du das eigentlich studiert?". Denn letztlich tragen auch diese Entwicklungen dazu bei, das z.T. hochqualifizierte Fachkräfte (und ich rede hier nicht nur von den spielerischen Fähigkeiten; letztlich wird in so einem fünfjährigen Studium deutlich mehr vermittelt als "nur" Schlagzeug zu spielen), welche für den Steuerzahler extrem teure Ausbildungen genossen haben am Ende Hartz IV kassieren oder Taxi fahren.
Das jeder seines eigenen Glückes schmied ist, bleibt hierbei unbestritten. Allerdings sollte sich jeder, der sich mit der Idee trägt Profimusiker werden zu wollen, damit auseinandersetzen. Es geht mir bewusst auch gar nicht darum, dass der Profi nicht unbedingt immer das Genre spielt, was er bevorzugt oder am Samstag auch mal die Sportschau verpasst, weil er da gerade auf der A10 hängt und zum Soundcheck fährt. Dies sind Selbstverständlichkeiten über die man in dem Beruf nicht diskutieren muss. Was am Ende aber dafür "rum kommt" hat nach meinem ganz persönlichen dafürhalten mittlerweile eine Grenze ins negative überschritten, die ich persönlich weder mitgehen noch durch mein weiteres daran teilhaben unterstützen möchte. Denn das Ende der berühmten Fahnenstange ist da noch längst nicht erreicht.
Wie gesagt, nur meine persönliche Sicht der Dinge. Es gibt ganz sicher Leute, die das ggf. ganz anders sehen und auch ganz andere Erfahrungen gemacht haben. Allerdings muss man auch klar sagen: es gibt auch genug Architekten, Juristen und Malermeister, die von ihrem gelernten nicht leben können bzw. letztlich in einem ganz anderen Job arbeiten. Eine Bekannte von mir ist diplomierte Landschaftsgestalterin und sitzt mittlerweile bei einem großen Internetauktionshaus in der Telefonseelsorge.
Mit besten Grüßen,
Beat*L*