Das ist wirklich ein ganz heikles Thema - vor allem in dem Alter.
Bei mir war es so, dass ich nicht Schlagzeug spielen durfte und meine Eltern mit aller Macht torpediert haben, dass ich irgendwie die Möglichkeit dazu bekommen konnte.
Entsprechend groß wurde mein Wunsch, es eines Tages irgendwie hin zu bekommen und es mir zu ermöglichen. Das hat nur verdammt lange gedauert.
Mein Sohn dagegen hatte mit 8 Jahren den wirklich sehr großen Wunsch, unbedingt Schlagzeug spielen zu wollen, was wir ihm gerne ermöglichst haben - gerade auch auf dem Hintergrund meiner eigenen Geschichte.
Sein Lehrer war der Meinung, er sei ausgesprochen talentiert - und mir war das natürlich auch aufgefallen. Er lernte in sehr großen Schritten, bekam aber nur kurze Zeit später Kontakt zu einer Breakdance-Gruppe, wo ihn die überwiegend älteren Jugendlichen mit Anerkennung aufnahmen und er in diesem für ihn dann sehr wichtigen sozialen Umfeld spürbare Erfolge erleben konnte, die NICHT in der Beurteilung von Erwachsenen begründet waren.
Umgekehrt fanden zwar andere Kinder cool, dass er Schlagzeug spielen konnte, aber niemand anders spielte an seiner Schule oder in seinem Freundeskreis ein Instrument (von Blockflöte und Geige abgesehen). Er musste also alleine vor sich hin wurschteln und konnte eben nicht mit Gleichaltrigen zusammen Spaß haben.
Genau das führte dazu, dass er letztlich mit dem Schlagzeugspielen aufgehört hat, weil die positive Bestätigung eben beim Tanzen/Breakdance passierte - und je mehr er in die Pubertät kam, um so weniger zählte UNSERE Begeisterung, sondern eben die Begeisterung und Anerkennung der Gleichaltrigen. Das ist ja aber nun in der Jugend das Normalste der Welt: Das Bezugssystem geht weg vom Elternhaus, hin zur Gruppe der Gleichaltrigen. Nicht umsonst findet Bandenbildung - im positiven wie negativen Sinne - insbesondere in dem Alter statt.
Für Deinen Sohn heisst das natürlich, dass er in dem was er tut eine Bestätigung/Bekräftigung finden und erleben möchte, die nicht aus der Elterngeneration kommt. Entsprechend habt Ihr als Eltern kaum eine Bedeutung und auch der Lehrer nur wenig.
Würde er in seinem Umfeld Gleichaltrige finden, die sich mit ihm gegenseitig für z.B. die Idee einer Band begeistern wollen ("Komm, wir werden berühmt und rollen zusammen die Welt auf!"), dann würde der Kick von alleine kommen, unbedingt Zeit am Drumset zu verbringen und mit den anderen gemeinsam immer besser und besser werden zu wollen.
Allein zu üben ist in dem Alter so ungefähr das Langweiligste, was man sich vorstellen kann.
Ich kenne aber viele Jugendliche, die eine Weile lustlos ihr Schlagzeug (oder Gitarre, Bass etc.) quälten oder ganz aufgehört haben, um dann kurze Zeit (oder auch ein paar Jährchen später) wieder voller Begeisterung neu anzufangen, weil dann eben Veränderungen im Bezugs-Umfeld stattgefunden haben und z.B. ein Kumpel eine Gitarre bekommen hat und man endlich nicht mehr alleine üben muss, sondern zusammen die schönste Zwölfton-Musik zur gegenseitigen Begeisterung zelebrieren kann.
In diesem Sinne halte ich von Leistungskontrolle und Druck - speziell in diesem Alter - überhaupt nichts! Das führt - wie hier schon von einigen gepostet - zum absoluten Gegenteil: über das Instrument werden Machtkämpfe ausgetragen - und darüber geht jegliche Motivation und Spaß komplett verloren.
Mein Vorschlag: Lass ihm die Freiheit, sein Set behalten zu dürfen. Erkläre ihm gerne, dass Du keine Lust hast, Unterricht zu bezahlen, wenn er da eigentlich nicht hin will. Wenn er aber deutlich zum Ausdruck bringt, dass ihm der Unterricht wichtig ist und es ihm Spaß macht, dann reicht das absolut. Hier sollte kein Leistungsmaßstab zu Anwendung kommen, der darüber entscheidet, ob er Spaß haben darf oder nicht.
Sollte es bei Euch finanziell sehr knapp sein, kannst Du ihm sicher auch DAS erklären und vermitteln, dass ihm der Unterricht schon sehr wichtig sein sollte, dass Ihr das Geld dafür aufzubringen bereit seid.
Es sollte aber reichen, ihn zu fragen und von ihm eine ehrliche Antwort auch zu akzeptieren.
Schade wäre, wenn das Schlagzeug verkauft werden würde, es sich aber mittelfristig herausstellen sollte, dass er vielleicht nur ein zwischenzeitliches Tief hatte, wo schlicht mal der Bezug zum Spielen gefehlt hat, weil einfach die Hormone so in der Gegend herumgedüst sind und zur allgemeinen Verwirrung geführt haben. Soll auch typisch in dieser Phase sein
@ Moritz: Danke! Das hast Du sehr schön plastisch geschildert und genau beschrieben, was ich vermitteln wollte