Hallo A- und E-Drummer.
Es gab ja schon einige Diskussionen zur Latenz, wie viel es sein darf, ab wann man etwas hören kann, etc. So gab es Aussagen, dass so manch ein Drummer Latenzen von 2ms wahr nehmen würde. Hm.
Bei all diesen Diskussionen habe ich nämlich vermisst, dass jemand mal die Latenz eines A-Drum Sets angibt - dazu unten einige Gedanken.
Zunächst mal eine Betrachtung des E-Drums.
Beim Schlag auf das Fell (egal mal, welche Sorte), wird ein Impuls auf einen Abnehmer bewirkt. Dieser Impuls wird im Modul als Signalverlauf verarbeitet und das benötigt Zeit (ich denke mal, je straffer das Fell ist, desto weniger Zeit ist nötig, weil dann die Frequenz auf dem Fell größer ist und somit schneller eine volle Welle gemessen werden kann).
Daraufhin wird dieser Impuls zu entweder einem Sound berechnet (egal welche Technik, ob als Funktion oder als vorliegendes Wave) oder als Note und dann
a) auf die Verstärkeranlage als analoges Signal gegeben, oder
b) als Midi Information über das serielle Kabel mit einer bestimmten Datenübertragungsrate an einen Klangerzeuger weiter gegeben, welcher dann (je nach eigener Geschwindigkeit) nach einer gewissen Verzögerung einen Ton an den Verstärker ausgibt.
Es wurde häufiger davon geredet, dass alleine schon 4 ms nötig seien, um einen genauen Impuls zu ermitteln. Diese Angaben wurden durch einen anderen Beitrag ad absurdum geführt, wo jemand die Latenz eines Roland-Moduls gemessen hat, dass bis zum Out lediglich teilweise nur 2,5 ms benötigte. (wieder eine Sache der Frequenz: hat das Fell eine Frequenz von 400 Hz, werden tatsächlich 2,5 ms benötigt für eine volle Schwingung - wenn ich aber die Technik richtig einschätze, wird nur eine halbe Schwingung benötigt, also nur 1,25 ms - das weiß ich jedoch nicht wirklich, ich rate einfach mal).
Midi wird aus alters Zeit mit ungefähr 38000 Baud seriell betrieben (Bits pro Sekunde). Wenn ich mich nicht irre, werden für ein Signal (ein Schlag) 3 Bytes benötigt. Ich bin mal großzügig und sage 30 Bit. Dann haben wir eine Übertragungszeit von 0,7 ms ca.
Es ist zu erwarten, dass ein gut eingestellter Computer nicht mehr als 3 ms Verzögerung hat - vom Empfang des Midi-Signals bis zur Verarbeitung und Ausgabe auf den Verstärker. Ein DA-Wandler braucht keine Zeit (also jede Soundkarte kann das Signal unverzögert ausgeben). DSPs sollten nicht mit rein pfuschen, weil diese natürlich auf Frequenzen arbeiten, und diese müssen erst erkannt werden, um darauf dann Berechnungen/Veränderungen anzuwenden - die also mal außen vorgelassen werden (aber auch nur dann, wenn DSP beim Analog-Signal ansetzen, und nicht schon beim digitalen, welches im Computer ja zunächst schneller verarbeitet werden kann).
Wir haben also idealerweise eine Gesamtlatenz von 3 ms Modul, 0,7 ms Midi-Übertragung und 3 ms Verarbeitung im Rechner - ergo 6,7 ms, bis man vom Schlag den Sound in den Kopfhörern hört. Bei einem richtig gut abgestimmten Computer (von Midi zu Sound) sogar eher noch weniger.
Das Soundsignal selbst wird vom Verstärker zum Kopfhörer mit (annähernd) Lichtgeschwindigkeit übertragen. Also gibt es da keine Verzögerung.
Hat eine A-Drum auch Verzögerungen? Ja!
Der Schall wird mit 343 m/s übertragen. Damit der Schall einen Meter überwinden kann, benötigt dieser also 1/343 sec., mithin 3 ms!
Wenn man also den normalen Drummer betrachtet, dann sitzt dieser ca. 1 bis 1,5 Meter vom Schallausgang seiner Base entfernt. Somit benötigt der Schall vom Tritt bis zum Ohr 3 bis 4,5 ms.
Interessanter weise hat dieser schon einen Latenzunterschied zwischen Base und Snare, weil ein Drummer dichter an der Snare sitzt, nämlich teilweise nur 0,75 Meter. Damit ergibt sich schon zwischen der Base und der Snare eine Latenz-Differenz von ca. 2 ms.
Der Weltrekord beim Schlagen einer Drum liegt bei 1200 Schlägen in der Minute, wobei nach einer halben Minute bereits 650 Schläge getätigt wurden. Also haben wir alle 46 ms einen Schlag. Einzelne Schläge sind nicht mehr wirklich auszumachen (naja, und mit Schlagzeugspielen hat das ja auch nichts mehr zu tun). Wenn also schon bei 21 Schlägen in der Sekunde kein einziger Schlag mehr auszumachen ist, mithin bei einer Auflösung von 46ms, dann ist eine Verzögerung von ca. 3 ms überhaupt nicht fühl- oder wahrnehmbar (6,7 ms (E-Set) - 3,7 ms (A-Set) == 3 ms Differenz). Eine ähnliche Latenz hat man ja bei einem A-Set ja auch schon zwischen Base und Snare ...
Vielmehr glaube ich, dass die maximale Genauigkeit beim Spielen bereits oberhalb von 10 ms liegt, will heißen, dass zwischen jedem Schlag eine Varianz von +-5 ms selbst für gute Spieler absolut normal ist. Dann wird man eine Latenz von wenigen ms bestimmt nicht wahrnehmen können - auch die besten Spieler nicht. (ich möchte gerne mal die guten Spieler hier im Forum bitten, deren Spiel bei sagen wir mal 16stel bei 120Bpm aufzunehmen und deren Varianz im Takt zu messen).
Btw.: 32stel Noten bei 180 BPM sind bereits 24 Schläge pro Sekunde - so schnell kann ja nicht einmal der Weltrekordhalter das Pad schlagen.
Zusammengefasst: ich denke, das Thema Latenz kann man bei der heutigen Technik im Falle eines normalen Systems vernachlässigen und die Argumente der A-Drum Spieler bezüglich der Latenz relativieren. Sicher ist es immer ein Thema, im Computer selbst die Latenzen zu beseitigen - aber Latenzen um 10 ms wird man einfach nicht merken können (meiner Meinung nach).
Liebe Grüße,
Ralf