Interessant an diesem Thread ist die Entwicklung der Diskussion, wie auch in der Realität zu beobachten:
Erst wird Diskriminierung behauptet.
Wenn das widerlegt wurde, wird gesagt, es gäbe unsichtbare gläsern Decken, versteckte Strukturen der Diskriminierung.
Wenn das auch widerlegt wurde, wird auf die paritätische Verteilung abgehoben.
Wenn gebeten wird, zu erklären, warum das in jedem Einzelgebiet so sein muss, wird gesagt "darum".
Auch in dieser Diskussion sind zwei Kernfragen immer noch nicht beantwortet, ohne die aber jedwede Diskussion keinen Sinn macht:
Warum müssen Frauen im Jazz paritätisch vertreten sein ?
Und warum sollen Frauen in den Jazz, wenn doch alle wissen, dass man dort seinen Lebensunterhalt nicht verdienen kann ?
Zusammengefasst: Was ist die sogenannte "Verbesserung" einer solchen Gleichstellung ?
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Naja,
man könnte der berechtigten Ansicht sein, es wäre der Vorbildcharakter, wenn vermehrt Frauen etwa Jazzdrums spielten, oder aber Professuren als Jazz-Drummerin inne hätten. Um auf diese Weise jungen Frauen Mut zu machen, in diese Richtung zu gehen.
Seien wir mal ehrlich, ich glaube, die meisten Jazz-Dozenten an Musikhochschulen sind (für Jazz-Begriffe) durchschnittlich sehr gute Musiker, aber nicht unbedingt diejenigen, die als stilprägend in die Annalen des Jazz eingehen würden. Das macht auch nichts. Um sehr gute Lehre zu betreiben, muss diejenige den breiten Überblick haben und das Talent, die verschiedensten Stile und solide fortgeschrittene Grundtechniken didaktisch klug vermitteln zu können.
Von daher halte ich es durchaus für sinnvoll, wenn Frauen etwas als Jazz-Drum-Dozenten nicht besser als alle Männer sein sollen oder müssen, sondern nur so gut wie die Männer, die den Ruf bekommen.
Also, platt gesagt, statt mittelmäßige Männer zu berufen, eben auch mittelmäßige Frauen zu berufen, bis in etwa Parität hergestellt ist.
Andererseits, frage ich mich, warum eine solche Unterscheidung zwischen zu fördernden Menschen und eher durch Quotenregelungen zu diskriminierenden Menschen am Geschlecht festgemacht werden sollte.
Man könnte auch den Charakter heranziehen: Ich glaube, Karriere in Hochschul-Strukturen machen "Alpha-Männchen", also Menschen, die Netzwerke aufbauen, Beziehungen knüpfen, sich ins Gespräch bringen und sich auch mit Ellenbogen durchsetzen. Damit fördern diese Menschen auch genau solche Strukturen und festigen sie.
Warum also sollte man nicht eine Quotenregelung zwischen "Alpha-Menschen" und Introvertierten oder "Team-Playern" einführen?
Oder aber, um das ganze ins Absurde zu führen, nicht zwischen Normalsichtigen und Brillenträgern? Zwischen Bartträgern oder LanghaarigenInnen?
Warum soll denn unbedingt das Geschlecht dasjenige Merkmal sein, an dem echte oder vermeintliche Chancengleichheit oder Diskriminierung festgemacht wird?
Wie man leicht erkennt, habe ich keine abgeschlossene Meinung zu dem Thema.
Ich frage mich auch, weshalb das Thema "Frauen" denn nun gerade im Jazz-Bereich, der ja nun wirklich nur eine Randerscheinung des gesellschaftlichen Lebens ist, unbedint eine Rolle spielen sollte.
Wichtiger wären für mich die Bereiche MINT, Manager, Aufsichtsräte. Weil in diesen Bereichen sehr viel Menschen davon abhängen, welche Sichtweisen zu Familie und Kindern in Geschäftsführung und Management herrschen.
Üblicherweise sind Studien- und Promotionsjahre die Lebensjahre von 19 bis Mitte/Ende 20. Habilitation, oder Festigung der Karriere in Unternehmen, sind dann die Jahre von Ende 20 bis Ende 30.
Also, die besten Jahre, um Partner zu finden und Familie zu gründen. In diesen Jahren müssten also Frauen wegen Babyjahr aussetzen, oder aber lange Jahre lang kinderlos bleiben, wenn sie Karriere nach den Regeln der Männer machen wollten.
Es ist meines Erachtens selten blöd, dass Frauen auf diese Weise von Karriere und wichtigen Positionen de facto ausgeschlossen werden, wenn sie sich mit ihrem Partner entschließen, Kinder zu haben. Und zwar, nicht wegen der Frauen, die dann keine Karriere machen, sondern für die Allgemeinheit, weil auf diese Weise letztlich in den Top-Positionen der Wirtschaft und Industrie, bloß noch Männer übrigbleiben.
Damit entgeht uns allen die weibliche Sichtweise auf Konflikte, Wirtschaftsstrategien.
Diese Argumentation ist letztlich "sexistisch", weil sie implizit darauf beruht, dass Frauen aufgrund ihres Geschlechts andere Entscheidungen, andere Strategien in Unternehmen treffen würden.
Zum anderen ist es aber selten dumm, das Potenzial von gut ausgebildeten Frauen, oder von Frauen, die das Potenzial haben, sich gut auszubilden, allein wegen Nachwuchs und damit verbundener Babypause zu vernachlässigen.
Unser Land, und insgesamt Europa hat keine Rohstoffe. Unser Pfund sind stabile politische Verhältnisse, und ein noch gutes Ausbildungs- und Universitäts-System. Das müssen wir stärken, und deshalb dürfen wir es uns nicht erlauben, intelligente Frauen, die studieren, MINT-Fächer belegen, wegen Kindern und Baby-Pause auszubremsen.
Die Jungs alleine schaffen das nicht: Wir haben dann vielleicht 5% kluge Köpfe, und 10% mittelmäßige. Wenn wir das Potenzial der Frauen gleichsam nutzen, haben wir ca. 10% kluge Köpfe, und etwa 20% mittelmäßige, die kreativ erfinderisch, forschend, wirtschaftslenkend tätig wären.
Es ist einfach dumm, dieses Potenzial der knappen Mehrheit der Bevölkerung (der Frauen) nicht zu nutzen. Und dafür müssen wir Strukturen schaffen, die es ermöglichen, Kinder und Karriere unter einen Hut zu bringen.
Gruß