Kaum einer weiß noch einzelne Musikalben als Gesamtkunstwerke zu schätzen, kaum einer konsumiert noch ein Album so, wie es im Mastering angedacht wurde. Da geht's dann auch nicht nur um die Reihenfolge, sondern auch um die Lautstärkeverhältnisse der Titel untereinander - Stichwort Normalisierung der Lautheit von Streaming-Diensten.
Die Kids, die's nicht anders kennen, wissen es sowieso nicht besser. Und viele Leute, die sonst nichts mit Musik zu tun haben, nehmen es eben einfach so hin.
Bei den teuren Konzerten von Weltstars geht's für viele, die sonst keinen Bezug zu Musik haben, sicher auch um's Prestige. Wenn man dann sowieso gut verdient und hohe Lebenshaltungskosten hat, fällt es wohl nicht weiter ins Gewicht, 100€ mehr für den lang ersehnten Konzertbesuch des Idols auszugeben.
Die ein oder anderen Künstler/innen sorgen mit ihrem Tun aber auch dafür, dass es nicht mehr besser wird. Ob man ihnen das übel nehmen kann, ist die große Frage. Die müssen auch sehen, wo sie bleiben:
1. Die Titel eines Albums werden Woche für Woche vor dem Album-Release Stück für Stück als digitale Single veröffentlicht. Die Vorfreude auf das Gesamtkunstwerk ist dahin, die Motivation, dann endlich das ganze Album zu hören, geht fast gegen Null.
2. Aus 1. folgt, dass es quasi keine Interludes (kurze Tracks als Überleitung) mehr zu geben braucht, da eh niemand das Album durchhört.
3. Künstler spielen ihre eigene Musik nicht mehr bzw. aufgrund ihres wachsenden Song-Kataloges verständlicherweise nur noch die Hits - eben für die 80% der Besucher, die 6 Musiker auf der Bühne "lauter" finden als 3. Dass Künstler ihre eigene Musik nicht spielen, sehe ich bei der ein oder anderen ehemals (und letztendlich wieder) Top40 Band, die mit der eigenen Musik schon ordentlichen Erfolg hatte, aber irgendwann nur noch Möchtegern-Ballermann-Hits schreiben (lassen) und ihre guten Sachen seit Jahren nicht mehr spielen, anstatt die eigene Musik im Festzelt zu promoten.
4. Die Booklets von CDs, sofern es sie noch gibt, werden teilweise auch immer spärlicher. Wer zumindest Lyrics haben will, muss die doppelt so teure Limited Special Edition kaufen.
Was Taylor Swift angeht, muss ich beim Thema "ganze Alben" und CDs/Vinyl eine Lanze für sie brechen. Wenn man ihr auch eine riesige Marketing-Masche unterstellt und die Musik nicht toll findet, hat sie ihre "Swifties" im Griff und die kaufen und hören die Alben bis zum Erbrechen. Leider kann sie die Gesamtsituation auch nicht ändern und auch ihre Ticketpreise sind stolz - wobei es den Innenraum-Stehplatz in München noch immer für 120€ gab (nicht FOS). Bei Bruce zahlt man etwa 96€.
2019 war ich bei Bon Jovi in München und habe für "Front of Stage 2" Stehplatz 150€ gezahlt. Ein paar Tage später bin ich spontan nach Zürich gefahren, weil ich meinen Augen nicht glauben konnte und es die Innenraum Stehplatz Karte für 49CHF gab, auf derselben Tour! Es war letztendlich dieselbe Position vor der Bühne. Nur hieß es anders. In Zürich gab es nur ein "Front of Stage 1" und der "Innenraum" schloss das mit ein, was in München noch "Front of Stage 2" hieß. Der Unterschied war (vielleicht) Eventim Deutschland vs. Ticketcorner Schweiz.
Lustlose, abgerockte „Stars“, die sich 1-1,5 Stunden die Vergangenheit zurück wünschen…
Aber es geht auch im Kleinen: Letzte Woche war ich 2 Abende auf dem ZMF Freiburg. Clueso 2 Stunden abwechslungsreich mit vielen Soli der verschiedenen Musiker, 60€. Mando Diao 1:35h für 52€. Nun war ich nie der Mando Diao Hörer und kannte nur die größten 3 Songs, die haben auch Gas gegeben und 95 Minuten Rock'n'Roll, aber so richtig hats mich nicht gepackt und es fühlte sich nach 30 Minuten schon so an, dass die keine 2 Stunden spielen. Da ist es ganz was anderes, Larkin Poe mit ähnlich großem Katalog für 50€ 1:50h durchzocken zu sehen!