hi,
was die versammelte mannschaft hier meint ist folgendes: dir fehlt noch ein wichtiger schritt, bevor du soweit bist, dich als berufsmusiker zu verdingen. und der hat nichts mit deinen spielerischen fähigkeiten zu tun, sondern ist vielmehr eine frage der einstellung.
zunächst sollte für dich schon beinahe ein zwang sein, musiker werden zu wollen. ohne diese entschlossenheit und ohne dich auf das wesentliche zu besinnen, wirst du kaum in der lage sein, den ersten schritt zu tun. der besteht darin, zunächst einmal das handwerkszeug ordentlich zu lernen. die auswahl der privaten oder staatlichen schule ist dabei von untergeordneter rolle, denn guten unterricht bekommt mam heute in vielen einrichtungen. es liegt ganz alleine daran, was du aus dieser zeit machst. die qualität des unterrichts, ob du ihn nun in dinkelsbühl, hamburg, arnheim, düsseldorf, an der FMW, der FMS oder der MMS erhältst, ist nur eine vorgabe, denn ab dem zeitpunkt deiner entscheidung bist du : S E L B S T Ä N D I G ! ! !
und das ist der zweite wesentliche punkt: du musst dir im klaren darüber sein, dass du nach oder bereits während deiner "ausbildung" (ich betrachte mich, obwohl ich seit 14 jahren von der musik lebe als noch immer in ausbildung - zum glück - und ich hoffe, das wird nie aufhören) für alle belange deines beruflichen werdegangs allein verantwortlich bist. du wirst auf der einen seite sehr viel freiheiten haben, auf der anderen seite bist du aber auch einer menge wirtschaftlicher und gesellschaftlicher zwänge ausgeliefert, mit denen es sich zu arrangieren gilt. und die haben beileibe nichts mit musik zu tun. ich kenne eine menge hervorragender musiker, die in schönheit untergegangen sind, weil es nicht geschafft haben, ihre kunst mit den erfordernissen des lebens in deutschland zu verbinden. und das sind dann wirklich dramen.
du wirst nicht nur musiker sein, sondern dein eigener booker und promoter, du wirst dein eigener sekretär, buchhalter, webmaster, roadie sein, dazu noch lehrer, du wirst dir ein netzwerk aufbauen müssen aus steuerberater, anwalt, agenturen, studiobetreibern, gigs spielen, auf die du keinen bock hast, mit musikern spielen, bei denen du dich fragst: warum muss ich das machen? und du wirst nach gigs gespräche erleben wie: "hey, das wirklich sehr geil. und was machst du sonst so, beruflich z.B?"
die musikszene ist weiß gott kein mädchenpensionat, doch wenn du in der lage bistund dir selber die nötige zeit dafür gibst, die nische zu finden in der du dich mit deinen qualifikationen wohl fühlst, einen guten job machen kannst und zudem noch davon leben kannst - super. doch all das braucht eine menge zeit, leidenschaft und willenskraft und damit wären wir wieder beim anfang: wenn du nicht den unbedingten willen hast, musiker zu werden, dann ist die wahrscheinlichkeit, an all diesen ansprüchen zu scheitern relativ hoch.
so, nach all dem negativen - nenn mich ruhig den desillusionator - noch was prositives: du bist noch jung und du hast nichts zu verlieren, wenn du eine "ausbildung" oder besser eine karriere als musiker anstrebst. du wirst kaum spüren können, ob dieser berufsweg für dich der richtige ist, wenn du es nicht probierst. wenn du also tatsächlich diesen übermächtigen drang verspürst, dann mach einen deal mit deinen eltern oder wer immer dich dann finanziert. gib dir ein jahr, in dem du eine wie auch immer geartete "ausbildung" beginnst und klemm dich zu 110% dahinter - dann wirst du sehr bald fühlen, ob es der richtige weg ist oder eben nicht. tust du das nicht, dann fragst du dich möglicherweise in 10 oder 20 jahren, warum nur bin ich bänker geworden. und dann hast du ein problem.
trotz dieser aufzählung von negativen aspekten unseres jobs: ich liebe ihn und mag mit niemandem auf der welt tauschen. das liegt schlicht und ergreifend daran, dass ich, je nach standpunkt des betrachters - naiv oder verbissen genug war, mir meine nische zu suchen. meine schule und mein unterricht bieten mir den sicheren monatlichen scheck, der mein leben sichert und mir zugleich die möglichkeit eröffnet, die musik zu spielen auf die ich wirklich bock habe. so muss ich zum glück keine künstlerbegleitung für herzbubis, nickis oder sonstwen mehr spielen, um die miete zu zahlen.
zum schluss, ist das wieder lang geworden, möchte ich noch mit einem vorurteil unter berufsanfängern aufräumen: mr_nice schreibt, mit einer guten ausbildung steigen die" ...chancen in relativ erfolgreichen bands aufgenommen zu werden..." N E I E N !!!!, das ist der ganz falsche ansatz. bands sind deswegen erfolgreich, weil sie bands sind und ihr ding durchziehen. dazu gehört erst in zweiter linie das musikalische können, viel, viel wichtiger sind jedoch die menschlichen kompetenzen und der unbedingte willen einer gruppe, es zu schaffen. wer spekuliert, seine lebensgrundlage so aufzubauen, der muss in meinen augen scheitern. die beispiele hierfür allein aus meinem umfeld sind so vielfältig, dass es mir bei solchen vorstellungen den magen umdreht und ich mich frage, was manche lehrer ihren schülern im unterricht weiß machen. tststs ...
gruß, sebastian.