So, ehrenwerte Kollegen und Kolleginnen,
seit einen halben Jahr bin ich nun hier in Los Angeles und studiere am Musicians Institute oder besser gesagt am PIT (Percussion Institute of Technology). Da ich nun gerade 2 Wochen Ferien habe, hab ich mir gedacht es wird mal Zeit für einen kleinen Bericht.
Anfangen möchte ich mal damit, euch den Aufbau des Studiums vorzustellen.
Der Studiengang, den ich absolviere nennt sich Associate of Arts in Performance (Drums) und er dauert 6 Quarters (ein Quarter hat 10 Wochen + eine Woche für Prüfungen). Also im Prinzip sind das 6 Semester nur ohne die elend langen Semesterferien, die es bei uns in Deutschland gibt. Der ganze Spaß ist dann nach etwa 1,5 Jahren vorbei. In diesem Studiengang dreht es sich weitestgehend nur ums Drumming, zuzüglich ein paar Zusatzfächer (eine Auflistung der verschiedenen Kurse erfolgt gleich). Im Ranking der international anerkannten Abschlüsse ist dieser Studiengang noch unter dem Bachelor anzusehen. Rein schlagzeugtechnisch gibt es aber keinen höheren Abschluss an diesem College, das heißt nach 6 Semestern hat man das komplette Curriculum des College durchlaufen. Möchte man einen Bachelor-Abschluss hier erwerben kommen noch weitere Studienbereiche hinzu (z.B. Recording und Musik-Business).
Beginnen tut dann alles mit einem Einstufungstest, damit man sicher gehen kann auch angemessen gefordert zu werden. Ich habe z.B. direkt im 3. Semester angefangen. Eine höhere Einstufung als in das 3. Semester ist nicht möglich. Es ist aber möglich nur in bestimmten Kursen höher eingestuft zu werden (z.B. Technik) und in anderen Kursen bei „Null“ anzufangen (z.B. Noten lesen).
Das Curriculum der Schule gliedert sich demnach wie folgt:
(die Zahl in den Klammern bedeutet, wie viele Semester und in welchen Semestern dieser Kurs in der Regel besucht wird.
Beispiel: (1-4) bedeutet, dass dieser Kurs vom 1. bis zum 4. Semester stattfindet und aufeinander aufbaut. (5-6) bedeutet, dass dieser Kurs zwei Semester lang stattfindet und normalerweise im 5. und 6. Semester absolviert wird. So, hier nun die verschiedenen Kurse:
Private Lesson (1-6): Wie der Name schon sagt, handelt es sich hierbei um die wöchentliche private Unterrichtsstunde. Der Lehrer kann frei gewählt und wenn gewünscht jedes Semester gewechselt werden. Die Dauer der Unterrichtsstunde beträgt 50 Minuten.
Playing Techniques (1-6): Hier dreht sich alles um Handtechniken und Rudiments. Dieser Kurs findet zweimal pro Woche statt und dauert je 50 Minuten.
Reading (1-6): Hier geht es um das Notenlesen und in späteren Semestern auch um Blattspiel, sowie das richtige Vorbereiten von Ensemble- und Sectionfigures. Dieser Kurs findet zweimal pro Woche statt und dauert je 50 Minuten.
Rhythm Section Workshop (1-4): In diesem Kurs werden verschiedene Songs zusammen mit Bass und E-Gitarre gespielt. Dieser Kurs findet zweimal pro Woche statt. In der ersten Stunde wird der Song vorgestellt und verschiedene Stil- und Technikaspekte diskutiert und in der darauf folgenden Stunde wird der Song zusammen mit der Band vorgespielt. Danach wird die eigene Leistung reflektiert
Developing Your Groove (1-2): Diesen Kurs habe ich nicht besucht, da ich im 3. Semester angefangen habe. Es dreht sich aber darum das Gefühl für Feeling und Timing, sowie die Koordination bei simplen Rhythmen zu verbessern. Dazu spielen etwa 15 Drummer gleichzeitig in einem Raum zu einem Klick. Sicherlich nicht gerade sinnvoll, aber üben soll man ja auch in seinem Übungsraum und nicht in der Klasse. Der Kurs findet einmal in der Woche statt.
Music Minus One (1-2): Auch nicht besucht. Hier wird zu Playalongs gespielt und danach die eigene Performance reflektiert. Der Kurs findet einmal in der Woche statt.
Digital Drumming (1-2): Dieser Kurs muss für einen Abschluss absolviert werden. Ich belege ihn in den kommenden beiden Semestern (für also 5. und 6. Semester). Der Kurs findet zweimal in der Woche statt. In der ersten Stunde geht es um das Programmieren von Loops und Beats mit Ableton und ProTools. In der zweiten Stunde wird dann zu den Loops live gespielt. Dozent ist hier Donny Gruendler.
Contemporary Drum Concepts (3-4): Der Kurs findet einmal in der Woche statt, hat aber eine Länge von zweimal 50 Minuten. Es geht um verschiedene Groove- und Fill-Konzepte. In der ersten Stunde werden diese vorgestellt und in der zweiten wird zusammen mit einer Band (Bass und Gitarre) der Unterrichtsstoff der vorhergehenden Woche gespielt.
Advanced Drumming Jazz (3-4): Der Kurs findet einmal in der Woche statt, hat aber eine Länge von zweimal 50 Minuten. Hier geht es ausschließlich um Jazz, vom einfachen Timekeeping über Comping zum Besenspiel und Solo. Die erste Stunde dient der Stoffvermittlung und in der zweiten wird zusammen mit einer Band (Bass und Gitarre) der Unterrichtsstoff der vorhergehenden Woche gespielt.
Advanced Drumming Latin (5-6): Eigentlich das gleich wie bei Advanced Drumming Jazz, nur das es sich hier ausschließlich um Latin dreht. Dozent ist hier Chuck Silverman.
Ensemble Techniques (5-6): Hier geht es um das Spielen in kleinen bis großen (Big Band) Besetzungen. Dazu müssen Charts in verschiedenen Styles gelesen und gespielt werden. Section- und Ensemble-Figures sollen stilistisch korrekt vorbereitet und gespielt werden. Der Kurs findet einmal in der Woche statt, hat aber eine Länge von zweimal 50 Minuten. Die erste Stunde dient der Stoffvermittlung und in der zweiten wird zusammen mit einer Band gespielt.
Odd Meter (5-6): Hier geht es um alles was ungerade Taktarten und Gruppierungen betrifft. Der Kurs findet einmal in der Woche statt, hat aber eine Länge von zweimal 50 Minuten. Die erste Stunde dient der Stoffvermittlung und in der zweiten wird zusammen mit einer Band (Bass und Gitarre) der Unterrichtsstoff der vorhergehenden Woche gespielt. Dozent ist Ed Roscetti.
Studio Drumming (5-6): Alles Rund ums Drumming im Studio. In wie weit auch Mikrofonierung und Soundentwicklung/-realisation behandelt wird weiß ich noch nicht. Jedenfalls wird jede Woche ein Song vorbereitet und dann im Studio aufgenommen. Der Kurs dauert zweimal 50 Minuten und findet am Stück statt.
Live Performance Workshop (1-6): Dies ist kein richtiger Kurs. Man muss jede Woche mindestens einen Song vorbereiten und diesen dann zusammen mit Studenten anderer Bereiche (Bass, Gitarre, Keyboard, Gesang) vorspielen. Das Genre kann dabei frei gewählt werden und die Termine verteilen sich über die ganze Woche. Witzig dabei ist, dass es keine Probe gibt. Man schafft sich den Song anhand eines Chart und einer Aufnahme drauf und hat dann einen Versuch, diesen mit einer völlig unbekannten Band zu meistern.
Keyboard (1-2): Dieser Kurs muss für einen Abschluss absolviert werden, sofern man nicht durchgetestet wurde. Wie es sich für ein Musikstudium gehört ist Klavier Pflichtfach. Ist aber alles halb so wild und die Anforderungen sind nicht all zu hoch. Der Kurs findet einmal wöchentlich statt und dauert 50 Minuten.
Harmony & Theory (3-4): Dieser Kurs muss für einen Abschluss absolviert werden, sofern man nicht durchgetestet wurde. Hier geht es um Musiktheorie. Der Kurs findet zweimal wöchentlich statt und dauert je 50 Minuten.
Eartraining (3-4): Dieser Kurs muss für einen Abschluss absolviert werden, sofern man nicht durchgetestet wurde. Hier geht es um Gehörbildung, das erkennen von Intervallen, Akkord-Progressionen und das Transkribieren von Melodien. Der Kurs findet zweimal wöchentlich statt und dauert je 50 Minuten.
Des Weiteren gibt es noch zusätzliche Wahlpflichtkurse, die man besuchen muss. Dazu gibt es jedes Semester eine Vielzahl von Angeboten zu verschiedenen Schwerpunkten. Dort kann man sich je nach Interesse einwählen. In den ersten vier Semestern belegt man jeweils einen Wahlpflichtkurs. Im 5. Semester zwei Kurse und im 6. Semester drei Kurse. Man kann auch noch mehr belegen, diese müssen dann allerdings extra bezahlt werden.
Wie ihr vielleicht schon bemerkt habt, wird hier wirklich Wert auf das Spielen zusammen mit anderen Musikern gelegt. Man muss sich also darauf einstellen mindestens einmal am Tag mit einer Band zu spielen. Ich finde das sehr gut und da man in der Regel immer nur eine Chance hat, lernt man die Ohren weit auf zu machen und auf seine Bandkollegen zu hören bzw. sich auf sie einzustellen.
Zu den ganzen Unterrichtsveranstaltungen kommt dann natürlich noch die persönliche Übungszeit. In der Regel teilt man sich mit 2-3 anderen Drummern einen Übungsraum. Man arrangiert sich und arbeitet einen Zeitplan aus. Erst dachte ich es wäre ein bisschen doof, aber man bekommt genug Übungszeit. Es gibt zusätzlich noch ein paar Rentout-Labs, das sind Übungsräume für die man sich kurzfristig anmelden und so auch mal 2 Stunden extra üben kann, wenn der eigene Raum besetzt ist. Zudem spielt sich eine nicht unerhebliche Zeit des täglichen Übens am Practice-Pad ab und dafür braucht man keinen Übungsraum. Für das Üben im eigenen Übungsraum nutzt man übrigens seine eigenen Becken und das eigene Fußpedal. Man bekommt einen Spind, wo man sein Zeug aufbewahren kann.
Jeder Dozent des College hat eine einstündige „Sprechstunde“ pro Woche. Dort kann man hingehen und sich Tipps geben lassen, Probleme diskutieren oder auch einfach nur abhängen und zuschauen. Nebenbei wird einmal pro Woche eine Drum-Clinic mit Drummern der LA-Szene angeboten und zweimal im Semester gibt es Drum-Clinics mit den Top-Drummern dieser Welt. In den letzten zwei Semestern waren das Virgil Donati, Jason McGerr, Ray Luzier und Chris Coleman.
Ansonsten geht es hier am College viel darum ein Netzwerk aufzubauen und Kontakte mit anderen Musikern, Produzenten und Labels zu knüpfen. Hierfür bieten sich viele Möglichkeiten und das College unterstützt dies durch ein eigenes Artist and Career Center, welches zum Beispiel auch Auditions ermöglicht.
Und jetzt fällt mir irgendwie nichts mehr ein, obwohl es noch so viel zu erzählen und erwähnen gäbe...
Ach ja, die Kosten vielleicht noch. Die sind schon sehr happig. Ein Semester bzw. Quartal kostet hier nun 7.875 $. Ein komplettes Jahr also 31.500 $. Das ist schon verdammt viel Geld, aber hier in den USA ist das so üblich. Eine College-Ausbildung kostet hier einen Haufen Geld. Man macht es, oder man lässt es eben bleiben.
Ich kann nur für mich sprechen und mir macht es einen riesen Spaß. Klar gibt es auch hier und da Sachen, die einem weniger gut oder gar nicht gefallen, aber im Ganzen gesehen sind das schon echt traumhafte Bedingungen für einen Musiker, wenn auch zu einem sehr hohen Preis. Allerdings hab ich auch schon verdammt viel für mich mitgenommen.
Falls irgendjemand von euch Fragen hat, ich beantworte sie gerne.
Grüße
RRLL