All we hear is Radio Gaga...
Da kommen so viele Faktoren zusammen, die einer Messe die Attraktivität rauben. Im Akustiksektor ist es sicher so, dass ne Trommel ne Trommel ist. Die ist rund, hat nen Reifen oben und unten, wenn man sie nicht stimmen kann, klingt sie Scheisse. Die nächsten zwei Jahre ist Retro und diese Cocktail Sets angesagt, danach kommen wahrscheinlich wieder die quadratischen Toms und Bombast-Sound, aber die Trommel ist immer noch rund (s.o.). Und dass man ein Becken auf zig verschiedene Weisen abdrehen, veredeln usw. kann und dass jedes Jahr jemand neues vom Bosporus angelaufen kommt, der das AUCH kann, aber keinen gescheiten Vertrieb, keine gescheite Qualitätskontrolle und kein Alleinstellungsmerkmal hat, motiviert auch nicht zum Messebesuch. Wirklich bahnbrechendes hat sich da in den letzten Jahren nicht ereignet. Zur Stagnation bei den E-Drums könnte uns trommeltotti ja was sagen (zeitgemäße VSTi-Simulationen :D) , aber der ist ja weg (gewollt oder ungewollt?). Ach so, und nix gegen Claus Hessler, Dirk Brand, und die üblichen Messebespaßer, aber jedes Jahr muss man die nicht sehen.
Ich bin ja ein Kind der 80er, und da hat man halt auch seine musikalischen Heroes noch am Sound erkannt, der sehr häufig mit richtigen Instrumenten produziert und selbst gespielt und vor allem komponiert wurde. Es gab Musikrichtungen, über die man sich auch definiert hat. Die Rockbands konnte man sowieso alle auseinanderhalten, die sind halt auch nicht irgendwo am PC entstanden, sondern mussten sich einen eigenen Sound erarbeiten und sich dann mühsam durch Kneipen nach obern spielen und sich eine Fanbase erarbeiten. Wer die Gitarre hatte und sie halbwegs bedienen konnte, war irgendwie cool. Wenn das neue Album von xy rauskam, war das irgendwie ein Feiertag. Und im Fachblatt hat der Instrumentenbediener gelesen, dass Sonor seine neue Trommellinie rausbringt, die wollte man dann unbedingt mal in Augenschein nehmen. Also ins Geschäft, oder eben einmal auf die Messe gehen und sich vor das Gerät stellen, davon träumen und vielleicht auch mal kurz drauf hauen.
Und heute? R'n'B war früher Rhythm and Blues, davon ist heute nix mehr übrig, vor allem kein Blues. Das ist heute eine Vermischung verschiedenster Genres, die von Speerspitzen wie Rihanna, Beyonce usw. getragen wird (nix gegen die Mädels, die können m.E. beide was). Musik verbreitet sich heute über das Internet, nicht mehr über Clubs. Sie ist jedem schnell und günstig zugänglich, das heißt dann auch, dass man Wege finden muss, sie schnell zu produzieren. Vor gefühlten 30 Jahren hat Run DMC mit Aerosmith Walk This Way neu aufgenommen, was damals legendärer Crossover war, ist heute ja gang und gäbe. Dieses Vermischen von Musikstilen macht man heute an Rechner, das ist billiger, geht schneller und klingt gleich sauber. Die Zeit, die man braucht, um EIN Instrument gescheit zu lernen, nutzen viele, um Musiksoftware so zu verinnerlichen, dass sie VIELE Instrumente abbilden können. Was natürlich zur Folge hat, dass in vielen Genres die Musik und auch deren Interpreten komplett austauschbar sind. Dann werden von den Herren Meister-DJs auch noch Samples von alten Hits genommen, UffZack drüber, und fertig ist der Hit, und die stimmlich eher unauffällige Jasmine Thompson gilt aufgrund von guter Studiotechnik als die Meisterinterpretin von "Ain't Nobody". Chaka Khan lebt ja noch, im Grab rotieren kann sie also nicht, aber... . Klar gibt es gerade in der Popmusik auch Ausnahmen, die auch mal mehr als ein Album lang Erfolg haben, einfach weil sie auch Wiedererkennungswert haben, ein Instrument beherrschen und einen eigenen Stil haben (Ed Sheeran, Taylor Swift), aber wenn ich mal zwei Stunden diese Jugendsender höre, da kann ich die Interpreten kaum auseinanderhalten (ein One Hit Wonder jagt das nächste), und vor allem höre ich seltenst mal ein Stück, das sich so anhört, als wäre es von einer Horde Musiker im Studio eingespielt worden. Wenn ein Jugendlicher heute meinen Lieblings Kollaborateur Pitbull (immer feat. XYZ 0815 123, selber kann er ja nix) geil findet, und er will auch so Musik machen, dann muss er sich dafür nicht mehr jahrelang ein Instrument draufschaffen, da kauft er sich das entsprechende technische Equipment und nach ner Woche kann er die krassen Beats (UffZack UffZack UffZack UffZack...) selber machen.
Scheiß drauf, ich trommle trotzdem weiter, handgemacht macht einfach mehr Spaß!