Zitat
Original von Jürgen K
Vielleicht spiele ich das mal auf dem Schlagzeug. Aber da muss ich noch viel üben. Die ganze Pausenzählerei ist echt übel, nicht, dass die Nummer am Ende noch 4' 34" dauert oder gar nach 4' 32" schon fertig ist.
Ich glaube nicht, dass das Stück so leicht ist, wie man denkt. Ich habe mal "One^4" von Cage gespielt (auch mit relativ viel Pausen drin). Habt ihr schonmal probiert 40 Sekunden eine Spannung aufrecht zu erhalten? Das ist um einiges schwieriger, als man denkt. Man kann ja nicht dran stehen, wie an der Bushaltestelle. *g* (@ Jürgen: Ich weiß schon, dass der Beitrag ironisch gemeint war).
Vielleicht ein wenig Background zum Stück:
Cage hat ja nicht immer so "abgefahren" komponiert. Aus seiner früheren Phase gibt es sehr viele "ganz normale" Stücke mit Noten und so *g* wie zum Beispiel die 3 Constructions, Trio, My Imaginary Landscape (soviel ich weiß das erste Stück, bei dem ein Tonbandgerät eingesetzt wurde) und und und.
Ein entscheidendes Erlebnis für Cage war der Besuch eines 100% geräuschisolierten Raums, also ein Raum in den von außen keine Geräusche eindringen können und in dessen Inneren eigentlich "totale" Stille herrscht. Dieser Meinung war wohl auch Cage. Er erwartete also totale Stille in diesem Raum vorzufinden. Umso überraschter musste er sein, als er alles andere als totale Stille vorfand. In diesem "stillen" Raum hörte er nach eigener Aussage plötzlich Dinge wie seinen Herzschlag oder das Pulsieren des eigenen Blutes (Anmerkung: Das wir Schlagzeuger das nicht hören ist klar - wir sind ja auch alle taub *g*). Was daraus folgt? Laut Cage kann es nie wirkliche Stille geben. Also eigentlich auch nie wirkliche Pausen (Pause definiert als Stille wo nichts gespielt wird).
Ein weitere wichtige Erkenntnis Cages. die glaube ich zum Verständnis von 4'33 beiträgt, ist das einbringen von Permutation und Zufall in die Musik. Cage begann in seine Stücke Zufallselemente einzubauen, so dass die Stücke bei jeder Aufführung verschieden klingen. Ein gutes Beispiel wäre hier sein Stück für 12 (?) Radios, bei dem er sehr genau vorschreibt wann bei welchem Radio welche Lautstärke und welche Frequenz eigestellt werden muss. Natürlich kann Cage nicht wissen, was zum Zeitpunkt der Aufführung gerade auf der entsprechende Frequenz läuft. Deshalb klingt das Stück jedesmal anders.
Was folgt aus dem ganzen:
Wenn man davon ausgeht, dass es in einem Stück keine wirklichen Pausen geben kann, man den Zufall als ein musikalisches Element zulässt und davon ausgeht, dass die entstehenden Geräusche im Konzertsaal und außerhalb zum Stück gehören (auch eine Art Zufall, die das Stück jedesmal verändert), dann macht das Stück, gesehen als Kunst, serwohl Sinn.
Bei jeder Aufführung klingt das Stück anders durch die entstehenden Geräusche, die laut Cage ebenso zur Musik gehören, wie die Musik selbst.
Ich kann mich dunkel an ein gutes Beispiel erinnern. Es gibt eine sehr berühmte Percussion Gruppe, die Amadinda Percussiongroup, die sich auf Cage spezialisiert hat.
Die haben einmal eine CD-Aufnahme in einem Park durchgeführt (ich weiß nur nicht mehr, ob das so vorgeschrieben war oder eigener Einfall). Auf jeden Fall war in den notierten Pausen des Stückes später auf der CD-Aufnahme das Vogelgezwitscher und die Geräusche aus dem Park zu hören. Zwischend den einzelnen Sätze aber ganz "normale" Pausen/ Ruhe. Man könnte sozusagen das Stück als eine Version von unendlich vielen auslegen und diese Auslegung/ Aufführungspraxis kommt wohl Cage am nächsten.
So. Ich hoffe ich konnte etwas zum Verständnis beitragen.
Gruß,
Simon