Hallo,
es ist übliche Praxis bei Fachmagazinen verschiedenster Branchen, dass den Anzeigenkunden parallel zu den Anzeigen redaktionelle Inhalte mit verkauft werden. Das Verhältnis zwischen bezahlten Anzeigen und Artikel-Dreingaben ist unterschiedlich (1:1 ist nicht unüblich), wird aber bei manchen Blättern so exakt eingehalten, dass es sich vom interessierten Leser problemlos mit dem Lineal nachmessen lässt.
Dass diese Praxis gegen die eine oder andere Rechtsvorschrift verstößt, haben die Beteiligten in der Regel schon so weit verdrängt, dass sie da recht offen drüber sprechen, solange sie nicht vor einem Richter stehen.
Die Verlage haben auch keine große Wahl, weil sie in sehr überschaubaren Marktsegmenten operieren, sowohl was die potenziellen Leser als auch was die Anzeigenkunden angeht. Schon das Wegbrechen eines einzigen großen Anzeigenkunden kann da den Untergang eines solchen Magazins besiegeln. Angesichts solcher Abhängigkeiten wäre es sehr blauäugig, unvoreingenommene Produkttests zu erwarten. Dass das den meisten Lesern ohnehin klar ist, lässt sich am Großteil der hier veröffentlichten Posts ablesen.
Das Problem ist aus meiner Sicht, dass die Redaktionen es nicht lassen können, die offensichtliche Realität zu verleugnen. Sie versuchen durch die Aufmachung der Testberichte den Eindruck von Unabhängigkeit zu erwecken - den der Inhalt dann nicht stützt. Viel ehrlicher wäre es, die Magazine würden das Ganze als das bezeichnen, was es ist, nämlich vom Hersteller gesponserte Kaufempfehlungen. Da kann man als gute Redaktion ja trotzdem differenzieren, indem man zum Beispiel einordnet, für welches Käufersegment (z.B. Einsteiger, ambitionierter Amateur, Profi) das Dingens geeignet ist, und indem man die verschiedenen Features sehr genau und sachlich erklärt, sodass sich der Leser selbst ein Urteil bilden kann - unabhängig vom meist euphorischen Fazit des Autors.
Es gibt übrigens noch einen Grund für die Magazine, bei diesen Tests auf Verrisse zu verzichten, und der liegt kurioserweise beim Leser. Denn die Leserforschung zeigt ganz eindeutig: Gelesen wird der Test eines Produkts in erster Linie von den Menschen, die dieses Produkt bereits besitzen. Und die möchten sich lieber in ihrer Kaufentscheidung positiv bestätigt sehen, als von einem Tester erklärt zu bekommen, was für Idioten sie doch sind, weil sie so einen Schund gekauft haben.
Letzte Rettung für den Test-Autor ist deshalb so oft das "tolle Preis-Leistungsverhältnis". Hier sollte man mal eine Synonymen-Sammlung in den einschlägigen Magazinen machen ...
Viele Grüße, Kai