Lieber Konzertveranstalter,
wir haben am Wochenende auf deinem Festival gespielt. Es war eigentlich wie meist bei solchen Veranstaltungen – aber da bestimmte Dinge auch durch Wiederholungen nicht besser werden und bei deinem Event nun aber wirklich Alles zusammenkam, was an Dreistigkeit und Gedankenlosigkeit irgendwie denkbar ist, hier ein paar Verbesserungsvorschläge.
Verpflegung
Normalerweise ist der Deal folgender: Wenn eine Band spielt, ohne Gage zu bekommen, sollten wenigstens Kost und Logis selbstverständlich sein. Der Zeltplatz auf der Wiese war in dem Zusammenhang okay – und auch der Umstand, dass die Dusche nicht abtrennbar in einem Raum mit dem einzigen Waschbecken für ca. 200 Besucher lag, kann man meinetwegen noch unter Rock’n’ Roll verbuchen. Nicht mehr okay ist es, wenn die einzige Verpflegung des gesamten Tages aus einer wässrigen sog. Gulaschsuppe besteht, die erst um ca. 23:00 zusammengepanscht und erwärmt wird.
Immerhin: das Frühstück am nächsten Tag war lecker und reichhaltig – was vermutlich daran lag, dass wir es uns selbst aus dem nächsten Ort besorgt haben, da du, lieber Veranstalter bis 12:30 nichts ausser Kaffee auf die Reihe bekommen hast. Wo wir gerade beim Thema sind: ich weiss, es ist schwer zu glauben, aber auch Musiker tränken manchmal gern etwas anderes als Bier. Wasser zum Beispiel. Das gab es leider während der gesamten drei Tage nicht bei dir. Genau genommen gab es nichts – ausser Cola und Bier. Lustig waren auch die Versuche, uns dann auch noch für die Getränke bezahlen zu lassen. Wie weit kann man den Arsch eigentlich offen haben?
Instrumente
Wir haben eigene Instrumente/Mics./Verstärker etc. und bringen diese auch gerne mit, falls vor Ort etwas fehlt. Wir müssen es nur vorher wissen. Leider entpuppte sich dein vollmundig angepriesener Bassamp als schwachbrüstiges Mistding, dass sich zudem ca. ein Dutzend mal pro Auftritt komplett verabschiedete. Von den zusätzlichen Komplettausfällen der Stromversorgung will ich gar nicht erst anfangen. Ein paar Worte noch zum Schlagzeug: es gibt durchaus einen Unterschied zwischen “Nagelneu” – und “ich habe mir gerade ein altes, verrostetes Kinderschlagzeug mit verdellten Fellen gekauft”. Glücklicherweise hatte ich so meine Vorahnungen – und die wichtigsten Komponenten selbst mitgebracht.
Bühnentechnik
Um es kurz zu machen: Ein Schlagzeug wird normalerweise nicht mit 3 Gesangsmikros der Weltfirma “Golden Sound” abgenommen.
Ein eigener Monitor für den Drummer mag dir als überkandiedelter Luxus erscheinen, hat aber durchaus einen Sinn – genau so wie ein Soundcheck vor dem Auftritt eine tolle Idee gewesen wäre.
Die persönlichen Probleme des Mixers sind sicher bedauerlich – wenn sie jedoch dazu führen, dass er sich während des Konzertes verpisst und auch bei ernsthaften technischen Ausfällen nicht wieder hinter seiner Konsole auftaucht, sollte er sich vielleicht nach einem anderen Hobby umsehen.
Du selbst warst da etwas euphorischer – zumindest als du mit dem Mikrokabel Lasso gespielt hast – du konntest ja nicht ahnen, dass sich das blöde Mikro irgendwann vom Kabel löst und, haarscharf an meinem Kopf vorbei, in den Bühnenhintergrund donnerte. Besser hast du am nächsten Morgen getroffen, als du mit dem rohen Ei zwar nicht das anvisierte Auto, aber immerhin mich erwischtest.
Zum Schluss
Man kann das nun alles fürchterlich spiessig und bürgerlich finden, aber wenn wir uns als Band schon in einen Golf zwängen und stundenlang zu dir in die Wallachei gondeln um ein Wochenende lang kostenlos bei dir zu spielen, wäre es ein netter Zug von dir, wenn du dich das nächste Mal wenigstens ansatzweise darum bemühst, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen. Dazu gehört z.B. auch, dass man um 02:30 Uhr morgens , nach dem sich das Programm um 3,5 Stunden nach hinten verschoben hat, nicht von dir mit einem überraschten “Ach, ihr wollt auch noch spielen” auf der Bühne begrüsst wird.
Um es auf den Punkt zu bringen: nichts gegen gelebte Punklockerheit – aber muss man sich deswegen gleich wie ein verpeiltes, desinteressiertes Arschloch aufführen?
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Disclaimer:
Alles selbst am vergangenen Wochenende erlebt. Vielleicht passt die Rubrik nicht so ganz, obwohl … doch, man kann es unter "Galgenhumor" verbuchen, anders kann man mit so einem Mist eh nicht umgehen.