Groove und Tightness der Band

  • Hi!
    Ich spiele seit 9 Jahren in einer Rolling Stones Tribute Band. Wir sind alle deutlich über 40, haben Berufe und Familien, sprich wir sind weit weg vom Profimusikertum. Dennoch wollen wir ja gut sein und besser werden. Ich spiele live und auch in der Probe ganz gerne zum Tempomat oder nutze ihn zum Einzählen und zwischendurch um das Tempo zu kontrollieren. Eine unserer Baustellen, die ich bei den Proben auch schon mehrfach angesprochen habe: insbesondere live kommt es vor, dass mir der Rest der Band "wegläuft". Dann kickt das Adrenalin oder die Aufregung und jeder spielt in seinem "gefühlten" Tempo, anstatt auf mich zu hören. Ich meine, selbst wenn ich rumeiere: wenn alle auf mich hören und wir gleichzeitig rumeiern, sollte ein Groove entstehen. Ich bekomme die anderen dann kaum mehr eingafangen und versuche ihnen, hinterher zu laufen. Ihr wisst wahrscheinlich, was ich meine. Ich habe das in den Proben schon mehrfach angesprochen, bitte auf meine Hihat, Bassdrum und Snare bzw. auf mein Tempo zu hören, aber live funktioniert es selten. Kommt auch immer auf den Bühnensound und die Location an. Habt ihr noch Tipps, das besser zu machen bzw. mit der ganzen Band zu proben? Aus meiner Sicht müsste jeder zu Hause für sich mal mit Metronom üben. Das machen sie aber nicht.
    Grüße

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  • Das würde ja heißen, dass das Metronom der Taktgeber ist, nicht aber der Drummer. Aus meiner Sicht muss in einer Band der Drummer der Taktgeber sein, der sich wiederum am Metronom bedienen kann. Als Beispiel: die Gitarristen laufen in Pausen, in denen ich nichts oder nur eine getrene Hihat spiele sher gerne mal weg oder ziehen nach dem Intro das Tempo an. Die Stones haben ja auch immer rumgeeiert wie nix zweites, aber da haben zumindest alle rumgeeiert und einigermaßen gleichzeiteig :D Dann groovt es wieder...

  • Live schneller zu spielen ist tendenziell normal. Das musst du nur ausbremsen, wenn es wirklich zu schnell wird und die Wirkung der Songs dadurch flöten geht. Die Stones hatten auch im Studio z.T. starke Temposchwankungen.


    Groove entsteht nicht durch ein Diktat des Schlagzeugers oder des Metronoms. Groove entsteht durch ein gutes Zusammenspiel und gegenseitiges Aufeinanderhören.

    Der Schlagzeuger sollte die Band rhythmisch zusammenhalten und das heißt konkret für dich, dass du auf die anderen hören und sie führen musst. Und nicht, dass du hinten mit Scheuklappen dein Ding durchziehst und die anderen sich dir zu 100% unterordnen müssen.

  • Viel wichtiger als ein Click ist m. E. das a) Bewusstmachen (darüber nachzudenken) und folgend b) das Bewusstsein, wie wichtig es ist, dass JEDER sich IMMER (auch) auf die Time fokussieren muss.


    Zu sagen bzw. denken, das sei nur Sache des Drummers und dass es doch reicht, auf den Drummer zu hören, ist schon schlecht. Wenn dann nicht mal das klappt, umso schlimmer.


    ALLE müssen sich stets auf ihre und die gemeinsame Time fokussieren. Punkt.


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  • Ist schon klar, dass ich nicht mit Scheuklappen da hinten mein Ding durchziehen kann, trotzdem war der Input nochmal wichtig! Aber wenn alle ihre eigene "gefühlte" Time haben, ist auch irgendwie doof. Ich finde schon, dass man was Timing angeht, auf den Drummer hören sollte. Wenn ich 5 einzelnen Times hinterherlaufe, wird es lustig.

  • Das passiert ja gerne, wenn jeder nur auf sich fokussiert ist und die anderen nicht wirklich beachtet.

    Hängt manchmal auch damit zusammen, dass man sich nicht vorbereitet hat oder in seinen Parts einfach unsicher ist.

    Denn wenn ich sicher bin, habe ich auch die Möglichkeit, die Welt um mich herum wahrzunehmen.

    Ein Metronom für alle ist in dieser Konstellation nicht sinnvoll, denke ich.


    Eine Rolling Stones-Band (habe ich auch) ist ja eigentlich ein dankbares Territorium, da sie selbst live ganz schön herumgeeiert haben.

    Ich mochte mir nie Live-Aufnahmen gerne anhören.


    Wichtig ist es, dass alle miteinander spielen und nicht nur für sich.

    Wie oft sieht man junge (oder auch alte) Bands, wo jeder an seinem Platz steht und nur sich, seine Trommeln, sein Griffbrett u.ä. betrachtet.

  • Ich wollte damit nur ausdrücken, dass du da nicht nur den Fehler bei den anderen suchen solltest. Wobei ich dir schon glaube, dass dir das Problem klarer bewusst ist als den anderen.


    Was wirklich helfen kann ist gemeinsam zu einem Metronom zu spielen - wenn auch nur zum Üben im Proberaum (Stones sollte man sowieso eher ohne Metronom spielen). Das wäre zumindest ein Versuch, deine Bandkollegen ein bisschen zu "erziehen", was Timing betrifft. Bleibt aber fraglich, ob alle bereit dazu wären, wie ihr das technisch organisiert und auch, ob dann überhaupt alle was draus lernen.

  • Das würde ja heißen, dass das Metronom der Taktgeber ist, nicht aber der Drummer.

    Das heißt zunächst, dass das Metronom allen Beteiligten aufzeigt, wo sie schlampig mit der Time umgehen. Ich habe regelmäßig die Erfahrung gemacht, dass Mitmusiker sich überhaupt nicht bewusst sind, dass sie Probleme haben, ein vereinbartes Tempo zu halten. Wenn die Band zu rennen anfängt, dann schauen alle vielsagend den Drummer an und behaupten (implizit oder explizit), dieser sei schneller geworden. Dass aber tatsächlich beispielsweise der Gitarrist Gas gegeben hat und der Drummer ständig am gegensteuern war, wird übersehen. Es gilt die simple Gleichung Tempo = Drummer.


    Gemeinsam zum Click zu spielen, offenbart einerseits, bei wem die Schwierigkeiten liegen, das Tempo zu halten, und das ist eher selten der Drummer. Andererseits macht es der Band im Idealfall auch deutlich, dass alle gemeinsam dafür zuständig sind, das Tempo zu halten, und nicht nur der Drummer. Drittens bietet es die vergleichsweise größte Chance, dass die Mitmusiker überhaupt zum Click üben, wie du ja selbst bemerkt hast.


    Ich habe das schon bei Bands regelrecht eingefordert, frag nicht, wie die am Anfang gekämpft haben. Letztendlich entwickelte sich aber gerade dadurch ein Gefühl für gemeinsame Time, und die Band hat mit der Zeit auch ohne Click besser gegrooved.


    Edit: zu langsam, schon alles gesagt...

  • enn die Band zu rennen anfängt, dann schauen alle vielsagend den Drummer an und behaupten (implizit oder explizit), dieser sei schneller geworden. Dass aber tatsächlich beispielsweise der Gitarrist Gas gegeben hat und der Drummer ständig am gegensteuern war, wird übersehen. Es gilt die simple Gleichung Tempo = Drummer.

    Exakt das meinte ich :thumbup:

  • Die rechte Hand von vielen Gitarristen ist meist schlimm, die müssen mal ne Jahr Schlagitarre oder Funk mit nem durchgehenden Time/16er Unterteilung schraddeln, macht kaum jemand, meist son Ziegenvibrato/Gezitte mit ganz viel "Soul"....oder einfach mal tight Djenten.....je mehr Blues/Classic Rock und Deltareinheitsgebot, umso schlechter....die Indie Leute sind da auch oft sehr mies...kann man mit Drummern vergleichen, die so statisch/steif ohne Moeller die Hi-Hat spielen, klingt auch meist schrottig/wackelig und steif.

  • Moin,wichtig ist das jeder einzelne versteht an welcher Stelle er der Speed Faktor ist.

    Helfen kann da als Band einzelne Parts im Loop zu spielen und ein Metronom ūber die PA laufen zu lassen. Erweiternd kann man dann in der Runde jeden mal vier Takte alleine spielen lassen.

    Das hilft ungemein.Alerdings ist die anfångliche Gegenwehr sehr groß,da es ja ziemlich entlarvend ist.

    lg und viel Glück

    Ps: sehe gerade,dass mein Tip auch anderen bekannt ist.haha

    formerly know as Dideldidel

    Einmal editiert, zuletzt von Diddle 2 ()

  • Moin, ja das mit dem "einfangen" ist manchmal ein Problem und ab und zu geht auch mit mir mal "der Gaul durch" (aber natürlich alles in Rahmen).

    Mein Vorschlag.....werde doch einfach mal in der Probe (oder beim Gig) bewusst und vielleicht "übertrieben" langsamer oder schneller. Wenn es keiner merkt....dann hören sie ja auf dich. Ansonsten melden sie sich schon und fangen hoffentlich an auf dich zu hören. Also quasi "Feuer" mit "Gegenfeuer" bekämpfen, aber natürlich nur ab und zu machen und nicht bei jedem Song (und auch nicht immer an den gleichen Stellen sonst gewöhnen sie sich dran) :)


    Gruß

    Ralf

    Bier und die Pfalz, Gott erhalt's ;)

  • Macht öfter mal eine Aufnahme, das geht auch mit einem einfachen Gerät, zB Zoom H1 etc. Dann sollte schnell klar sein, was Du meinst. Für das Tempo sind alle Musiker mit verantwortlich, ansonsten musst Du als Schlagzeuge ständig jemanden einfangen. und das groovt nicht. Wenn dann klar ist, dass es suboptimal ist, dann so üben, dass Du stur das Tempo hältst, gerne auch mit Metronom. Und sobald es auseinandergeht: stoppen und nochmals anfangen. Ist mühsam, lohnt sich aber. Mit der Zeit, Wunder kann man nicht erwarten.

  • Btw. plädiere ich eher für Click über PA, als dass alle den Click aufm IEM haben. In Ear schottet dich tendenziell ja von der Umwelt ab, während euer Problem das "Nicht-miteinander-agieren" ist. Zudem erfordert der Click über PA größere Konzessionen bezüglich der Gesamtlautstärke. Da muss einfach jeder leise spielen, weil der Click sonst schnell im Getöse verloren geht.


    Leise spielen fördert meiner Erfahrung nach ebenfalls die Tightness. Nicht selten drehen sich Saitenquäler ja laut, weil sie sich leise unsicher fühlen. Bei leiser Spielweise Sicherheit zu gewinnen, fördert nebenbei häufig den gemeinsamen Groove. Ist eh ein häufiges Missverständnis unter Gitarristen. Viele erwarten live einen ebenso differenzierten, nuancenreichen Sound wie daheim auf dem Sofa. Dass aber die Erwartung im Proberaum und erst recht auf der Bühne nicht funktioniert, sondern man häufig gerade so viel hören wird, wie es die Orientierung im Song erfordert, ist ein Lernprozess. Ähnlich auch das Thema Gitarrensound an sich. Ein Sound, der dir zuhause nen Orgasmus beschert, muss im Zusammenspiel mit der Band noch lange nicht funktionieren. Da darf man ruhig mal ein paar Frequenzen abschneiden, die sich mit dem Rest stören.

  • Ihr könnt auch separate Spuren mit ner DAW aufnehmen und euch die Transienten im Vergleich zum Raster/Metronom angucken, einfach auch mal dann verschieben und gucken, wann es passt......Stones ist jetzt aber auch nicht alles auf das Raster geklatsch, die haben schon ein spezielles Feel....

  • I

    Das wichtigste ist: an der Wahrnehmung jedes einzelnen in der Band zu arbeiten.

    Dies kann man (fast nur) mittels gemeinsamer Analyse von den Probe-Aufnahmen bewirken. Es ist ein längerer, dynamischer Prozeß, der aber immer! lohnt (wenn sich jeder darauf einläßt, manche reagieren je nach Ego leider mit REAKTANZ).


    Meiner Meinung nach hilft insbesondere die Identifizierung zunächst einzelner Stellen (wenn sie alle Teilen, bzw. sich in Sachen Warhnemung alle einig sind) der Bewußtmachung von Untightness. Mit dem lokalisieren der Schwankungen an dramatischen Stellen kann eine Verbesserung jener Stellen stattfinden. Sind diese gemeistert setzt meist ein schleichender Prozeß ein, so das auch kleine Schwankungen plötzlich besser identifiziert werden. Es kann so ein dynamischer Prozeß mit immer besserer Tightness werden. Im worstcase wird es zwanghaft und nimmt den Spaß ;) Man sollte sich auf dem Weg nicht verbeißen.


    Im Idealfall passiert dies (hier im Zeitraffer, stark naiv-vereinfacht):


    Alfons: "Hörst Du hier? Da lag die Kick deutlich vor dem Basston!"

    Kunibert: "Ich höre nix, ist doch alles Ok!"

    Alfons: "Ich loope den Part mal und wir hören uns die kritische Stelle in der Schleife wiederholt an."

    Alfons: "JETZT!"

    Kunibert: "Ach das meinst Du? Stimmt, da war ich etwas spät! Die Kick stimmt, mein Basston hinkt da etwas. Da muß ich kurz zuvor umgreifen und komme dadurch wirklich etwas zu spät. Hätte nicht gedacht, dass man das hört. Das übe ich Zuhause nochmal damit ich besser in Time bin."


    II

    Häufig ist eine 2. Ebene mitbeteiligt. Manche kämpfen je nach Songpart so mit ihrem eigenen Spiel (Instrument), dass sie weder noch Wahrnehmungsrecourssen für die Qualitätsicherung des eigenen Timings haben, geschweige denn Wahrnehmungsrecourssen für die anderen der Band (wo jene gerade in ihrem Spiel sind) haben. Ich glaube diese Ebene habe ich 2 - 3 stellig bei Bands gesehen. Dies schließt erstgenannten Weg nicht aus, aber es ist wichtig, dann auch die eigenen Parts so zu beherrschen (sie mehr zu üben als bislang als nötig erachtet ;-)), dass mehr mentale Recourrsen für die Wahrnehmung des eigenen Timings und der Band-Tightness zur Verfügung stehen.

    Auch hier ist oft die Gefahr der REAKTANZ, da die meisten Menschen (Musiker) sich höchst ungerne ihre spieltechnischen Mängel (bzw. zu wenig Hausaufgaben gemacht) eingestehen wollen - und erstrecht nicht gegenüber dritten eingestehen wollen!


    Beide Ansätze führen aber faktisch mittel- bis langfristig zu massiven Verbesserungen und sind es nicht nur wert sondern unerläßlich um besser in Sachen Tightness zu werden.


    Bei Untightness von Bass und Drums ist (schon mehrfach von mir im Forum gebetsmühlenartig geschrieben) ist neben I und II als Punkt III absolut wichtig: Eine räumliche Nähe zwischen Drummer und Bassisten im Proberaum herzustellen. Je dichter, "intimer" umso besser. Die Kick muß schon im Ansatz vom Bassisten erahnt werden, quasi prophetisch vorhergesehen werden was der andere rhythmisch macht oder machen wird!. Dies wird durch räumliche Nähe immens verbessert!


    Ungelogen: es gibt untighte Demos bei den man hört, dass der Drummer (gefühlt) in der Garage sitzt und der Bassist im Wohnzimmer auf dem Sofa. Nicht gut!

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