Professionelle Laufbahn ohne Studium?

  • Ich denke, man kann selbst noch so gut spielen - das Unterrichten ist eine andere Nummer. Das muss man lernen. Du wirst wahrscheinlich sofort erkennen, wo die Probleme beim Schüler liegen. Aber wie gestaltet man die Lösung? Wie führt man ihn dahin, dass es korrekt wird? Welche Methoden gibt es und stehen dir in einem speziellen Fall zur Verfügung? Und wie hältst du den Schüler bei Laune? Und dich selbst?

    "Ambition is a dream with a V8 engine" - Elvis Presley

  • Genau das, was in den letzten beiden Einträgen steht, wollte ich mit meinem umständlichen worten umschreiben.

    Lehren lernen ist sicherlich nicht zu unterschätzen.

    Es gibt so viel gute Musik auf der Welt.. ..da muss ich doch nicht Musik hören, die "gar nicht so schlecht" ist. - Hennes M. aus C


    Ich

  • Dem schließe ich mich an.
    Im Studium hatte ich einen durchaus großen Pädagogikanteil, in dem es darum ging, Lerntypen zu erkennen und jeweils bedienen zu lernen.
    Wir haben Unterrichtseinheiten durchkonzipiert, Lehrpläne erstellt, Schüler:innen-Analysen erstellt (Lernstand, Motivation etc.) und vieles mehr.
    Das hilft mir schon durchaus beim Unterrichten.

    Jede Schülerin und jeder Schüler ist anders. Nicht nur technisch und was das Lernen angeht, sondern auch emotional.
    Hier verschiedene Ansätze in petto zu haben, wenn Schema F nicht greift, ist durchaus wichtig, da du sonst ggf. ins Stocken gerätst. Und das ist frustrierend für beide Seiten.

    Wie gesagt, hier musst du ja nicht zwingend studieren, aber zumindest mal ein paar Stunden bei einem Lehrer zu nehmen, um ggf. wirklich genau darauf mal den Fokus zu legen, wäre sicher nicht verkehrt.

    Ansonsten ist vieles aber auch einfach Trial and Error. Ich habe vor meinem Studium schon unterrichtet und vieles muss man glaube ich einfach mal erleben, um zu lernen damit umzugehen. Von weinenden Schülern über solche, die mich im Unterricht angepupst haben über welche, die meine Notation als "Gekrakel" abekanzelt haben war schon echt einiges dabei.

    Was aber auf alle Fälle essentiell ist, ist eine gute Gehörbildung und die Fähigkeit, fließend mit Notation umzugehen. Es wird oft passieren, dass jemand mal seinen Lieblingssong spielen will und den müsstest du dann ja z.B. rausschreiben.

  • Ich hole den Thread mal wieder hoch und melde mich gleich mit einer konkreten Frage. Der Input hier hat mir schon geholfen und ich werde mir auch noch Notizen zu ein paar Sachen machen.


    In den letzten Monaten hatte ich schon deutlich mehr Rechnungen geschrieben - für Gigs, Unterricht und Produktion. Was Gigs angeht komme ich mittlerweile auch an lukrativere und für mich besser funktionierende Jobs. Langfristig habe ich so 50-100 Gigs im Jahr (1-2 feste Bands + Aushilfen) vor Augen. Finanziell nur zum Aufstocken.

    Mittlerweile hatte ich ein paar Schüler (unterschiedlichen Alters und Geschlecht) und meine ersten Gehversuche als Lehrer gemacht. Drei weitere Schüler habe ich vage in Aussicht. Einer "pausiert" derzeit. Die bisherige Erfahrung hat mir gezeigt, dass es recht schwierig hier in Gotha ist, mit so einem Kaltstart an Schüler zu kommen. Zumal ich mir dann auch neue Räumlichkeiten suchen müsste, wenn es deutlich mehr werden. Klar ist mir jedenfalls, dass das hauptsächlich an privaten Musikschulen für mich laufen müsste - egal wo.

    Kürzlich hatte ich mich an der einzigen privaten Musikschule hier, die auch Leute einstellen, beworben. Ich bekam allerdings eine Absage, weil die sich mittlerweile (bundesweit) auf musikalische Früherziehung spezialisieren und Leute brauchen, die mit eigenem Auto mobil sind. Meine derzeitige Führerschein/Auto-Situation ist nebenher sowieso ein weiteres Thema. Und musikalische Früherziehung fällt für mich derzeit definitiv raus.


    Selber Unterricht nehmen will ich sowieso. Damit hatte ich ja auch schon begonnen und es ging da auch schon eher darum, wie ich meinen Unterricht gestalten kann. Ganz unabhängig von meinen Chancen als Berufseinsteiger will ich das wirklich, um im Unterrichten sicherer zu werden und auch, weil man natürlich nie auslernt. Ich kenne meine Baustellen als Schlagzeuger bzgl. Gigs z.B. ganz gut, aber das sind eher Feinheiten.

    Ich war mit drei weiteren Schlagzeugern in Kontakt, die entsprechend erfahren im Unterrichten sind. Bisher ist da aber nichts draus geworden und mich machte ein befreundeter, älterer Basser kürzlich mal darauf aufmerksam, dass "Unterrichten Lehren" eben schon auch noch mal was anderes ist als "nur" zu Unterrichten.


    Meine Konkrete Frage ist nun:

    Gibt es Angebote und Möglichkeiten außerhalb von Berufsfachschulen für Musik, die entsprechende Lehrgänge anbieten? Also wirklich konkret bzgl. Pädagogik und Unterrichten. Es geht da schon auch um den finanziellen und organisatorischen Aspekt für mich und da fallen Berufsfachschulen für Musik eher raus.

  • Kennst Du keinen angehenden Lehrer, Lehramtstudenten, Referendar, etc. (Fachgebiet ist egal), vielleicht lassen die Dich mal an ihrem Material, oder gar ihren Erfahrungen partizipieren, da gibts spezielle Fächer, u.a. "Lehrersprache", Didaktik, Psychologieansätze für den Unterricht, etc.


    Oder wenn Du Beziehungen hast, vielleicht darfst Du mal an einer "normalen" Schule hospitieren, möglichst bei guten Lehrern, die arbeiten mit manipulativen Tricks (in sehr positiven Sinne!!) um Aufmerksamkeit für den Stoff zu erwecken und interessant zu halten.

    ..."meine" Musik: Jazz (Big Band bis Free), brasil. Musik, Avantgarde, hin+wieder Klassik ->am Drumset, an den Percussions, am Schlagwerk

  • Marius, Du bist schon jetzt so ein toller Drummer und eine beeindruckende Persönlichkeit und ich sehe noch viel Potential. Ich habe Deine Frage in Post #44 durchaus verstanden, erlaube mir jedoch trotzdem die mir typische ;) "um die Ecke Antwort", weil jene manchmal "Teile der Realität" treffender abbilden können, als Einzeiler oder Weblinks.


    Was im Leben generell (insbesondere aber beim Unterrichten) wichtig ist, Menschen zu lesen und im Unterricht individualisiert abzuholen!

    Also z.B. bei der Wissensvermittlung die jeweils passende Analogie aus ihrem Alters- und Erfahrungs/Erlebnishorizont des jeweiligen Schülers zu finden und anzuwenden. Dazu braucht es sehr viel Lebenserfahrung oftmals auch Studiengänge etc. Es ist meiner festen Überzeugung nach nicht in Instant-Workshops erlernbar.


    Daran scheitert die überwiegende Mehrzahl der Lehrer (Instrumentallehrer sind da keine Ausnahme). Das mag hart klingen, ist aber so.


    Meine Erfahrung ist, dass die eigene! Persönlichkeitsentwicklung Kernbestandteil toller Lehrkräfte (von denen es nicht viele gibt) ist.

    Ja, man muß gut oder sehr gut trommeln können, sollte auch gewisse Vorbildfunktion (der Begriff ist ein bisschen Altbacken ;) und mundet nicht jedem, ändert aber nix am Sachverhalt) haben, authentisch sein, aber im harten Wettbewerb kommt noch so viel mehr! dazu.


    Du bist da soweit wir das von außen verfolgen können auf einem sensationellen Weg und ich lese hier Selbstzweifel zwischen Deinen Zeilen die in Deinen Falle völlig unbegründet sind.


    Die Musikschule die Dich abgelehnt hat, wirst Du schülertechnisch bald plattmachen. Denke an meine Worte und finde Deine tollen Stärken und spiele diese aus!


    Man muß im harten Wettbewerb knallhart herumwirbeln (nicht spieltechnisch ;-)) sondern in Sachen Engagement und selbstmotivationstechnisch!

    Jeden Tag! (ich übertreibe nicht) jeden! Tag eine Marketingaktion nicht nur ausdenken, sondern durchführen! Jeden! Tag eine Aktion real durchführen. Montag Uni-Aushang "Biete Drumunterricht an", Dienstag: Anruf bei Babsi deren Mama auf Party xy sagte, sie mag Drumming hat aber Angst schon zu alt zu sein", Mittwoch Einwurf von Infoflyer am Haus an dem Du mal zufällig vorbeikamst, an dem Du jemand trommeln hörtest etc. etc. etc.


    Jeden Tag! und dies über Monate, im Worstcase 1-2 Jahre Nonstop. Nie zweifeln, jeden Tag weiter. Keine Depri-Stimmung darf Alibi sein, an einem Tag mal nichts umzusetzen, kein schlechtes Wetter darf gar Ausrede sein, keinen Zettel aufzuhängen. Jeden Tag eine reale umgesetzte Aktion, selbst wenn der Vesuv ausbricht, keine Unterbrechung.


    Die Musikschule wird sich bald in den Arsch beißen, Dich abgelehnt zu haben.


    P.S: hier ist kein Buchstabe Ironie. Ich meine jede Silbe ernst.

  • Ich stimme Gerald absolut zu. Es braucht einen langen Atem, gute Ideen und das nötige Engagement; dann klappt das.


    Gegen Fort- oder Weiterbildung hat natürlich trotzdem keiner was.

    Viele freiberufliche Kollegen haben positiv von berufsbegleitenden Lehrgängen in Trossingen berichtet:

    Details
    www.bundesakademie-trossingen.de


    Das ist nur ein Kurs von vielen…

  • Vielen Dank erstmal für die weiteren Antworten (auch für die Blumen!), besonders an Gerald / Drumstudio1. Das leuchtet ein.


    Meine Idee ist für die nahe Zukunft, Alleingänge (zumindest teilweise und vorübergehend) hinter mir zu lassen. Das begründet sich auch aus meiner Geschichte und was ich in im Startpost angesprochener Therapie u.a. gelernt hatte.

    Ich werde mich also noch an anderen privaten Musikschulen bewerben. Zunächst in Erfurt (und wenn was klappt - erstmal Pendeln), dann Leipzig. Denn aus Gotha will ich sowieso wieder weg. Sollte es für mich langfristig also auch komplett Selbständig laufen, dann eher nicht hier. Diese derzeit (mir selbst) unklare Situation ist, neben anderen Dingen, so ein bisschen das Glatteis, auf dem ich mich bewege bzw. das, was meine Grundeinstellung noch etwas wackelig gestaltet. Oder anders gesagt: ich bin innerlich eigentlich nicht davon überzeugt, mir hier in Gotha mit entsprechendem Aufwand und Durchhaltevermögen eine Selbständigkeit als Schlagzeuglehrer aufzubauen. Daher betrachte ich die Absage der Musikschule hier auch eher positiv - zumal mir auch einige davon abgeraten hatten (Betriebsklima).


    Ich werde weiterhin berichten. Wichtigste Info war auch noch mal für mich: Studiengänge, Workshops, Fortbildungen usw. sind zwar eine gute Sache, aber nicht Grundvoraussetzung und auch kein Garant für die Qualität der eigenen Arbeit. Wenn ich das richtig verstanden habe ...

  • Ich bin ebenfalls der Auffassung, dass man Unterrichten lernen kann und sollte, vor allem im Hinblick auf die drei Säulen Didaktik, Methodik und Pädagogik. Erfahrungen spielen hier ebenso eine große Rolle.


    Es gab mal die Fortbildung von Percussion Creativ in Trossingen, ich hoffe, dass wir diese wieder zukünftig anbieten können.


    Ich unterrichte u.a. an der Berufsfachschule RPJam in Gießen, an der man auch einen pädagogischen Abschluss als Instrumentallehrer*in machen kann.


    Ich zertifiziere auch für den Bundesverband der freien Musikschulen Schlagzeuglehrerinnen und Lehrer. Da habe ich schon viel Licht und leider auch viel Schatten gesehen.


    Wir können uns gerne mal austauschen.

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