Tinnitus und ANC- bzw. Bluetooth-Köpfhörer/InEars

  • Hallo zusammen,


    der Keyboarder einer meiner Bands hatte am Wochenende beim Auftritt mit einer anderen Band eine ziemlich heftige Tinnitus-Attacke. Beim ihm geht das mit nicht auszuhaltenden Schmerzen einher, was weitere Auftritte in nächster Zeit natürlich eher unrealistisch macht. Er benutzt teilweise InEar-Monitoring mit ganz normalen günstigen InEars "von der Stange", hat aber auch so Otoplastiken zum Aufstecken auf die Stöpsel. Diese Lösungen sind anscheinend aufgrund der neuerlichen Problematik nicht ausreichend.


    Ich habe schon die Suchfunktion benutzt und ein bisschen rumgelesen und bin aber zusätzlich auf mögliche Varianten gestoßen, über die ich hier im Forum noch nichts gefunden habe.


    Dem Kollegen wäre wichtig, dass möglichst wenig Lautstärke von außen durchkommt (womit ich relativ schnell bei custom made InEars gelandet bin. Benutze selbst UE-5 PRO ambient und bin damit sehr zufrieden. Auch wenn es laut wird).

    Gleichzeitig braucht er aber zusätzlich eine Reduzierung bestimmter Frequenzen, die über die InEars reinkommen würden und das an vielen verschiedenen Locations sowohl für Probe, als auch für Auftritte.

    Insgesamt sollte die Lösung so mobil wie möglich sein und aus so wenig Komponenten wie möglich bestehen (also eben kein extra Equalizer/Mischpult oder sonstiges Gerät, was er dann an die ganzen verschiedenen Orte immer mitschleppen muss).


    Hat jemand in diesem Zusammenhang schon Erfahrungen mit Active Noise Cancellation Kopfhörern gemacht?

    https://www.kopfhoerer.de/test/nura-nuraphone/ Vielleicht mit sowas in der Art?

    Bei denen man dann zusätzlich über eine App die Frequenzen regeln kann?


    Bekommt man solche Frequenzprobleme beim custom-Bau von InEars vielleicht bei bestimmten Herstellern gleich baulich geregelt?


    Danke schon mal für eure Antworten!

  • Klingt echt besch...


    Ich kenn mich mit der Thematik nicht aus, aber wenn ich lese, dass die Reduzierung bestimmter Frequenzen wichtig wäre, denke ich auch gleich an Custom In Ears und da gleich an die Live Ears von Martin hier im Forum. Der baut selbst In Ear Hörer mit verschiedenen Frequenzgängen. Vielleicht den mal kontaktieren, ob sowas für ihn möglich ist zu machen.

  • Maximale Dämpfung von Außengeräuschen geht gut mit inears und MickeyMouse drüber. Diese ANC Geschichten funktionieren mit Abstrichen im Bassbereich ganz gut, erreichen die Dämpfung o.g. Lösung eher nicht.

  • Der Umgang mit InEar ist nicht ungefährlich, es sind nicht nur die Geräusche von außen die es zu kontrollieren bzw dämpfen gilt !


    Viele bekommen den Tinitus "wegen dem falschen Einsatz von InEar"

    Es ist unbedingt darauf zu achten, das in dem Monitorweg ein Limiter integriert ist, dieser schützt das Ohr vor zu lauten Pegeln

  • Hört sich echt mies an.


    Ich hab selber seit zig Jahren Tinnitus in Stereo und mehrstimmig, immerhin nicht durch Musik verursacht sondern durch eine Erkrankung.


    Mit ANC hab ich mal experimentiert, aber taugt für mich zum Musizieren nicht, weil für mich da die höheren Frequenzen nicht gut genug ausgelöscht werden, insbesondere bei harten impulsartigen Tönen (a.k.a. Schlagzeug)


    Würde wie oben geschrieben entweder In Ears mit Mickey Mouse drüber oder einen geschlossenen Kopfhörer mit guter Außendämpfung nehmen und dann punktuell mit EQ noch Frequenzen rausnehmen.


    Ich trommle derzeit mit einem bayerdnamic DT 770 M und bin sehr zufrieden. Konnte meine Monitor Lautstärke damit fast auf Zimmerniveau runter drehen. Dann zieh ich mir noch ein paar Frequenzen per EQ aus meinen Backing Tracks weg, und damit komme ich dann sehr gut zurecht trotz Tinnitus.


    Hoffe Deinem Keyboard Kollegen geht's schnell wieder besser!

  • Der Umgang mit InEar ist nicht ungefährlich, es sind nicht nur die Geräusche von außen die es zu kontrollieren bzw dämpfen gilt !

    Das ist aber bei jedem anderen Kopfhörer genauso der Fall. Glücklicherweise können die meisten Kopfhörer nicht genügend Leistung wiedergeben, um unmittelbaren Schaden anzurichten. Langfristig ist das natürlich anders.

    Nix da.

  • Der Umgang mit InEar ist nicht ungefährlich, es sind nicht nur die Geräusche von außen die es zu kontrollieren bzw dämpfen gilt !

    Das ist aber bei jedem anderen Kopfhörer genauso der Fall. Glücklicherweise können die meisten Kopfhörer nicht genügend Leistung wiedergeben, um unmittelbaren Schaden anzurichten. Langfristig ist das natürlich anders.

    Natürlich auch bei normalen Kopfhörern. Bringt uns das hier weiter ?

    Es geht doch hier speziell um InEar und die damit verbundenen Gefahren

    Ich wollte damit nur klarmachen, das viele da nicht dran denken und sich so unnötig in Gefahr bringen.

    Mir ist es wichtig das ich den Limiter für meinen Monitorweg unter Kontrolle habe.

  • Natürlich auch bei normalen Kopfhörern. Bringt uns das hier weiter ?

    Wollte nur vorbeugen, weil ja so manch einer meint, InEars wären besonders gefährlich und mit einem anderen Kopfhörer wäre man da besser dran ;) . Gut, dass wir uns da schon mal einig sind <3 .

  • Hallo

    Ich bin jetzt kein Experte für angepassten Gehörschutz oder angepasstes Monitoring.

    Ich hoffe deinem Keyboarder geht es schnell wieder gut.

    Geräusche egal wie laut sie sind, sind Arbeit für die Ohren und manchmal richtiger Stress. Ich bin auf der Arbeit manchmal auf Gehörschutz angewiesen . Ohrstöpsel und zusätzlich Mickys sind keine Seltenheit.

    Was nach so einem Tag wichtig ist, trotz getragenen Gehörschutz, ist die Ruhe.

    Den Ohren eine Pause gönnen.

    Wie ein erholsamer Schlaf dem Körper gut tut, tut die Ruhe den eigenen Ohren gut.

    Ärzte empfehlen 8-10 Stunden.

    Gerade nach einem Auftriit, Probe oder Ähnliches sollte man Pause machen. Auch wenn man alles richtig mit dem Schutz der Ohren gemacht hat.

    Kein Fernseher oder leise Musik, einfach nur die Stille genießen.

    Es geht dabei hauptsächlich, wohl um die Regeneration der Hörsinneszellen

  • Hallo,

    mal ein paar Inputs von meiner Seite. :)


    Eins / zwei Infos zu meinen Erfahrungen vorab:

    Meinen ersten Gehörsturz hatte ich 1999.

    Den zweiten dann Anfang 2000.

    Diese beiden Ereignisse als junger Mensch haben mich zum Glück motiviert, seit der Zeit meine Ohren immer möglichst gut zu schützen.

    Mit Ende 30 hab ich noch das große Glück bis 16kHz hören zu können und auch jeder Hörtest war bislang noch sehr gut.

    Ein gesundes Gehör ist neben der Trommelei und Live Ears auch in meiner hauptberuflichen Tätigkeit sehr wichtig.


    Elementar wichtig zum Schutz des Gehörs ist das Vermeiden von hohem Pegel auf die Ohren über eine längere Zeit.

    Nur weil jemand mit In-Ears oder mit Kopfhörern Musik macht, bedeutet das noch nicht den Schutz des Gehörs.

    Ich muss immer wieder feststellen, dass Musiker ihre In-Ears viel zu laut fahren und ihre Ohren stärker schädigen, als beim musizieren komplett ohne Gehörschutz.

    Neben der Außendämpfung der In-Ears ist also auch der Mix und die resultierende Lautstärke wirklich kriegsentscheidend!

    Ob nun angepasste Hörer oder welche mit Aufsatz, macht in Sache Abdichtung (bei gutem Sitz) erstmal keinen großen Unterschied.

    Bei einer Hochtondämpfung jenseits der 25dB gibt es auch auf einer Bühne mit lautem Trommler keine Probleme.

    Der Mix muss aber ausgewogen und leise sein!

    Die besten Hörer mit dem besten Sitz und der maximalen Abdichtung helfen leider keinen Stratz, wenn man sich die Trommelfelle dann im Ohr durch einen zu lauten und schlechten Mix malträtiert!

    Für Monitoring auf der Bühne (egal ob Wedges, Kopfhörer oder In-Ear) gilt die Regel: „so leise wie möglich / nur so laut wie nötig“.


    Die Kombination von In-Ears + Mickey Mouse halte ich für absolut nicht nötig und auch eher kontraproduktiv.

    Wenn sich unter der Mickey Mouse tieffrequente Resonanzen ausprägen, hat man noch mehr „Gewummer“ auf den Ohren.


    Nach meinen Gehörstürzen konnte ich Wochen lange keine Musik ertragen.

    Erst muss die Psyche wieder mit Musik klar kommen und die Angst vorm nächsten „Knall“ muss weichen.

    Dann sollte man langsam wieder damit anfangen.

    Die Pegelabsenkung verschiedener Frequenzen ist in der heutigen Zeit mit einem beherzten Griff zum EQ kein Problem mehr.

    Allerdings sollte man sich den Mix nicht „Badewannig“ machen und dann den Pegel wieder hochziehen!

    Einige meiner Hörer haben einen kräftigen Hochton-Boost ähnlich eines angehobenen Shelf Filters.

    Dies ist eine bewusste Entscheidung und kommt dem oft dumpfen und matten Sound auf der Bühne entgegen.

    Man kann durch die hohe Auflösung einen deutlich leiseren Mix fahren.

    Ich rate auch in der heute Zeit definitiv zum Stereo In-Ear Mix!

    Was in den vergangenen Jahren noch als Luxus galt, ist mittlerweile durch die vielen Digitalpulte kein Thema mehr.

    Durch das Panorama lässt sich auch bei geringen Lautstärken noch deutlich mehr hören.

    Auch ein EQ auf dem Monitor Weg ist kein Problem und kann nochmal deutlich helfen den fertigen Mix auf dem Ohr aufzuräumen.

    Bei Interesse gebe ich bei technisch versierten Kunden auch EQ Empfehlungen je nach Hörer Typ mit, da elektronisch mit kleinen Eingriffen sich immer noch ein bisschen was optimieren lässt. :)


    Ob nun ohrangepasst oder universelle Gehäuse, wichtig ist ein guter und stabiler Sitz.

    Ich habe viele verschiedene Gehäuseformen und Größen zur Auswahl, dass für jedes Ohr etwas zu finden ist.

    Die meisten universellen Hörer werden auf Masse produziert und sollen möglichst viele Menschen IN das Ohr rein passen.

    Rein paasen bedeutet aber definitiv keinen stabilen Sitz.

    Hier gibt es sehr große Unterschiede und ich empfehle Interessenten das ausgiebige Testen der verschiedenen Gehäuseformen.

    Unabhängig davon gibt es verschiedene Treiberkombinationen mit unterschiedlichen akustischen Abstimmungen zu Auswahl.


    Auch unabhängig der Lautstärke gibt es für Gehörstürze noch weitere Ursachen die geprüft werden sollten.

    Stress und muskuläre Verspannungen sind in den allermeisten Fällen parallele Ursachen für diese Probleme!

    Man sollte dies auch prüfen lassen und ggf. an solchen Problemen arbeiten.


    Sollte es Fragen geben die ich evt. beantworten kann, stehe ich auch gerne für ein Telefonat zur Verfügung. :)


    Einfach melden…


    Sorry für den langen Dialog! :)

  • p.s. Bluetooth fällt aufgrund der hohen Latenz für die Bühne raus. Auch ANC ist für die Bühne eher ungeeignet. Die Hochtondämpfung muss trotzdem „passiv“ erfolgen und im tieffrequenten Wirkungsbereich von ANC sind die starken und schnellen Peaks der Drums meist zu hoch…

  • Herzlichen Dank... ich werde das so weiterleiten und im Auge behalten, dass da was Konstruktives passiert, möglichst bald.

    Dann bist du der Martin, der weiter oben erwähnt wurde?

    Ich versuche mal, den Kollegen zum Kontakt zu dir zu überreden. Leider ist das so ein Vollblut-Berufs-Musiker, chronisch knapp bei Kasse... und im Moment sehr sehr geknickt... aber vielleicht bekommen wir das Finanzielle irgendwie über die Band geregelt. Und vielleicht hilft ihm das Gespräch mit einem Leidensgenossen "vom Fach". Das wäre halt echt sinnvoll.
    Jetzt nach der Corona-Pause ist er nämlich außerdem auf das Geld von Auftritten angewiesen

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