Steile These: "Musik, die man am Konservatorium studieren kann, ist tot, das Leben ist längst entwichen."

  • Hallo zusammen,


    ich möchte hier eine These zur Diskussion stellen, die man durchaus als steil bezeichnen kann. Bitte fühlt euch provoziert, aber nicht beleidigt, sondern lasst euch dazu hinreißen, hier eine vielleicht engagierte, aber sachliche Debatte zu führen.


    "Musik, die man am Konservatorium studieren kann, ist tot, das Leben ist längst entwichen."


    Als Verlängerung von Zappas Bonmot "Jazz ist nicht tot, er stinkt nur ein bischen" stelle ich hier in den Diskussionsraum, dass Musik, die den akademischen Bereich erreicht hat, als Innvationstreiber nicht mehr taugt. Die Kunst ist längst entwichen und man pflegt nur noch das Brauchtum. Zugegebenermaßen auf hohem Niveau, technisch und instrumental sicher auf sehr viel höherem Niveau, als zu den lebendigen Tagen der jeweiligen Stilrichtung, aber eben ohne echtes Leben drin.


    Dieses Schicksal teilt aus meiner Sicht der Klassikbereich mit allen Nebenarmen - alle kennen Mozart und Beethoven, Wagner ist auch noch bekannt, die 12-Töner wie Stockhausen hat man in der Schule mal gehört, aber wer kennt schon Penderecki und andere zeitgenössische Komponisten, wie die Top 10 der von "bachtrack" ermittelten:

    1 John Williams, 2 Arvo Pärt, 3 James MacMillan, 4 Philip Glass, 5 John Adams, 6 György Kurtág, 7 Eric Whitacre, 8 John Rutter, 9 Thomas Adès, 10 Steve Reich. ? Mit Ausnahme von John Williams, der für Star wars komponiert, kenne ich keinen.

    Ja, es gibt sicher noch Vertreter, die Neues machen, aber es kommt wenig an die Oberfläche der öffentlichen Wahrnehmung, es ist halt nicht mehr populär. Dann ist der Jazz betroffen, der als Tanzmusik begonnen hat und über die Jahre so weit ins Intellektuelle abgedriftet ist, dass er an den Hochschulen ganz gut aufgehoben ist.

    Und so langsam aber sicher, und so weh es tut, geht auch der Rock und der Pop diesen Weg der Verknöcherung. Zuerst konnte man Popularmusik an privaten Einrichtrungen studieren, mittlerweile aber auch an öffentlichen. Droht dieses Schicksal auch dem elektronischen Bereich?


    So, ich bin gespannt auf eure Beiträge.


    Bitte bleibt höflich und sachlich, nicht dass die Mods hier eingreifen müssen.


    My2Cents, Nils

  • Ich würde mal vorsichtig aber bestimmt sagen; nein! ;)


    Warte allerdings auch schon lange darauf, dass ich mich endlich irgendwo einschrieben kann, wo ich dann für sowas hier ausgebildet werde und einen Bachelor oder evtl. sogar ein Master bekomme;


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    Einmal editiert, zuletzt von sonorfan ()

  • nils

    Hat den Titel des Themas von „Steile These zu Musikrichtungen“ zu „Steile These: "Musik, die man am Konservatorium studieren kann, ist tot, das Leben ist längst entwichen."“ geändert.
  • Jazz braucht eigentlich auch eine Prise Anarchie, wenn er lebendig bleiben soll

    Jazz ist heute ähnlich elitär wie dereinst die "Klassiker". Wirklich lebendig scheint mir da wenig. Generell finde ich, Musik büßt einen großen Teil ihrer Innovationskraft in dem Moment ein, in dem sie in eine Schublade gesteckt wird. Wo der Künstler "Jazz" spielt, geht es immer auch um Konventionen, die eine Genre-Einordnung mit sich bringt. Wirklich neue Wege wie vor Jahrzehnten, als sich innerhalb weniger Dekaden vom Ragtime über New-Orleans und Chicago-Jazz über Swing, Bebop, Hot-, Cool- und Freejazz (t.b.c.) die gesamte amerikanische Musikkultur ständig neu erfand, sehe ich im Jazz schon lange nicht mehr.


    Insofern kann ich der These durchaus in Ansätzen was abgewinnen, denn Kreativität und akademisches Wissen sind zwei Komplexe, die höchstens zufällig miteinander eine Verbindung eingehen. Wobei ich denke, dass ein Studium für Orchesterwerke ungleich vorteilhafter ist als für Jazzcombos. Aber es gibt gerade in der populären Musik so viele Autodidakten mit riesengroßen Fußabdrücken, dass ein Studium zumindest als nötige Voraussetzung für kreatives Schaffen so ziemlich komplett rausfällt.

  • "Musik, die man am Konservatorium studieren kann, ist tot, das Leben ist längst entwichen."

    Würde ich so pauschal nicht sagen. Kommt ja immer auf die Hochschule an. Zumal Innovation und Virtuosität ja nicht zwangsweise mit Popularität einhergehen - zumal Künstler*innen ja auch nicht immer zu Lebzeiten mit der Aufmerksamkeit bedacht werden, die ihnen zusteht.


    Dass Pop- und Elektronische Musik mittlerweile an moderneren Unis behandelt werden ist doch cool. Musik im allgemeinen ist ja nichts festgefahrenes, sondern befindet sich stetig im Wandel. Wo genau eine "Verknöcherung" entsteht, nur weil man bestimmte Stile studieren kann, sehe ich irgendwie auch nicht (falls das auch eine deiner Aussagen war, wenn ich das nicht falsch verstanden habe). Würde fast sogar das Gegenteil behaupten und sagen, dass die Möglichkeit, sich intensiv mit Musik auseinanderzusetzen ganz grundsätzlich die Chance für Innovation bietet.

  • Wirklich neue Wege wie vor Jahrzehnten, als sich innerhalb weniger Dekaden vom Ragtime über New-Orleans und Chicago-Jazz über Swing, Bebop, Hot-, Cool- und Freejazz (t.b.c.) die gesamte amerikanische Musikkultur ständig neu erfand, sehe ich im Jazz schon lange nicht mehr.

    Das ist aber auch eine Epoche mit tausenden Neuerungen, die so niemals wiederkommt. 1920-1970 kamen sehr viele Faktoren zusammen - neue, aufregende Sounds (E-Gitarre, Drumcomputer, Effekte,...), auf einmal konnte man Schallplatten aus der Karibik kaufen, Transkriptionen aus Europa bestellen, mit dem Flugzeug nach Indien fliegen und dort lernen... stilistisch und harmonisch wurde so viel kombiniert, dass man heute kaum noch etwas Neues erschaffen kann ohne dass jemand bemerkt, dass diese Modulation schon bei Motown vorkam und jener Groove an XY erinnert. Mehr als die 12 Töne haben wir nicht und davon klingen bestimmte Kombinationen einfach angenehmer. Ein 4/4-Takt wird auch immer funktionieren. Daraus auszubrechen wirkt dann erzwungen und akademisch, also auch nicht mehr lebendig?

    Klassik und Barock wirken von heute aus gesehen vielleicht abwechslungsreich, aber dauerten etliche Jahrzehnte. Vielleicht war damals aber auch die Interpretation und Ausführung wichtiger als ständige Innovation. Ohne Radio haben die Leute noch selber musiziert und hatten dadurch vermutlich einen anderen Zugang. Die großen Stars waren technisch fit und sehr gut ausgebildet - vielleicht nicht an Konservatorien, aber bei Meisterlehrern.

  • Wirklich neue Wege wie vor Jahrzehnten, als sich innerhalb weniger Dekaden vom Ragtime über New-Orleans und Chicago-Jazz über Swing, Bebop, Hot-, Cool- und Freejazz (t.b.c.) die gesamte amerikanische Musikkultur ständig neu erfand, sehe ich im Jazz schon lange nicht mehr.

    Das ist aber auch eine Epoche mit tausenden Neuerungen, die so niemals wiederkommt.

    Aber die letzten Jahrzehnte sind doch noch viel innovativer! In Sachen Elektronik, Metal, Pop etc. sind ja wirklich alle Grenzen ausgelotet worden, die vorstellbar sind. Dass das kein „Jazz“ mehr ist, liegt m.E. an der mehr oder weniger willkürlichen Definition des Genres: irgendwann war es halt so innovativ, dass es neue Namen bekommen musste.


    Zur Frage: ich denke, dass eine gewisse Konstanz die Voraussetzung dafür ist, eine Vorlesung darüber zu halten. Wenn das Wissen im nächsten Jahr schon wieder überholt ist, wird Lehre ja ineffektiv. Also ja: es kann wohl sein, dass wenn ein Genre soweit ist, gelehrt zu werden, die Innovationstreiber bereits weitergezogen sind.

    Nix da.

  • Ich habe Anfang (?) der 80er Jahre eine Aufführung der Musikhochschule in Lübeck besucht. Dort gab es den relativ jungen Studiengang „Popmusik“. Eine Band hatte sich formiert und spielte u.a. „Friday On My Mind“. Auftrittsort war ein altes Kino. Das ist mir heute noch im Gedächtnis als ein wildes und mitreißendes Konzert. Habe nie wieder eine so spannende und leidenschaftliche Version des Titels gehört.


    So viel zur (sehr persönlichen) Ehrenrettung der akademischen Ausbildungsmöglichkeiten. -)


    Lübeck hatte durch die Hochschule eine großartige Musikerzene. Wie es dort heute ist, weiß ich nicht. Ich hätte schon gerne dort mehr über Musik erfahren.

  • ich sehe vor allem die Gegensätze nicht.


    Musik ist zum aller größten Teil Handwerk.

    Konservatorium, Hochschule, etc. ist einer der Wege das Handwerk zu erlernen.


    Was jeder dann daraus macht, muß nicht unbedingt im direkten Zusammenhang stehen.

    Da ist der "Brot-Job" wahrscheinlich prägender.

    ..."meine" Musik: Jazz (Big Band bis Free), brasil. Musik, Avantgarde, hin+wieder Klassik ->am Drumset, an den Percussions, am Schlagwerk

  • Moin Nils,



    ahnend, was du meinst, ist deine These nur dann zutreffend, wenn du „das Konservatorium“ als dafür zuständig wähnst, Kreativität zu lehren.


    Das sehe ich nämlich nicht als seine vornehmliche Aufgabe. Das Konservatorium soll die Fähigkeiten am Instrument bzw. an der Stimme vermitteln (und das, wie du selber bemerkst, auf hohem Niveau). Es liefert das technische Rüstzeug für die Weiterentwicklung. Das kann man durchaus traditionell nennen, ist aber Voraussetzung für höhere Weihen…


    Den kreativen Prozess musst du (als Studierender) dann selbst in Gang setzen. Oder mit anderen Worten: Musik ist, was du daraus machst und ist ein individueller Prozess.


    So gesehen, bleibt die Weiterentwicklung von Musik spannend, man muss nur bereit sein, sie zu entdecken.


    Das ist jetzt natürlich (m)eine sehr einfache Sichtweise (im Übrigen gar nicht mal abweichend von den bisherigen Antworten), die sich aber auf viele andere Lebensbereiche anwenden lässt.


    Zwei Beispiele:

    Eine Fahrschule soll aus dir keinen Rennfahrer machen, sondern einen sicheren Verkehrsteilnehmer.

    Ein Fußballverein vermittelt Mannschaftssport, Tore schießt der kreative Individualist.



    .

    Schöne Grüße - Rainer K. aus B. an der W.

  • Vielen Dank für eure interessanten Beiträge! Ich finde, dass die Diskussion hier sich gut entwickelt.

    Das sehe ich nämlich nicht als seine vornehmliche Aufgabe. Das Konservatorium soll die Fähigkeiten am Instrument bzw. an der Stimme vermitteln (und das, wie du selber bemerkst, auf hohem Niveau). Es liefert das technische Rüstzeug für die Weiterentwicklung. Das kann man durchaus traditionell nennen, ist aber Voraussetzung für höhere Weihen…

    Es mag durchaus sein, dass der akademische Bereich in der Musik sich so sieht und seine Aufgabe so interpretiert. Ich komme selbst aus einem MINT-Fach und dort ist der Anspruch ein ganz anderer, nämlich an der Spitze der Entwicklung zu stehen, Innovationstreiber zu sein. Deswegen irritiert mich dieser Ansatz, einen feststehenden Bildungskanon zu vermitteln, anstatt selbst innovativ zu sein und dabei die Studierenden mitzunehmen.


    Darüber hinaus nehme ich aber die angesprochenen Bereiche Klassik und Jazz als innovationsarm, ja, geradezu erstarrt wahr. Ich weiß nicht, ob das eine Folge der Akademisierung ist, oder die Akademisierung erst dann erfolgt, wenn die Erstarrung bereits eingetreten ist.

    Jazz braucht eigentlich auch eine Prise Anarchie, wenn er lebendig bleiben soll. Ein Graus für europäische Musiklehrende.

    Warum ist das so? Ist das in den bildenden Künsten ebenfalls so?

    Kreativität und akademisches Wissen sind zwei Komplexe, die höchstens zufällig miteinander eine Verbindung eingehen

    Warum nur? Wie ich schon schrieb, ist das in den MINT-Fächern ganz anders. Im Bachelor wird viel Grundwissen eingebimst, aber spätestens ab dem Master muss wissenschaftliche Arbeit geleistet werden, die zwangsläufig eine Form von Kreativität erfordert.

    Dass Pop- und Elektronische Musik mittlerweile an moderneren Unis behandelt werden ist doch cool. Musik im allgemeinen ist ja nichts festgefahrenes, sondern befindet sich stetig im Wandel. Wo genau eine "Verknöcherung" entsteht, nur weil man bestimmte Stile studieren kann, sehe ich irgendwie auch nicht (falls das auch eine deiner Aussagen war, wenn ich das nicht falsch verstanden habe).

    Ich sehe die Gefahr, dass POP und Elektro die selbe Verknöcherung droht, wie in den vorher angesprochenen Bereichen. Ich weiß auch nicht, was zuerst da ist: die Verknöcherung oder die Akademisierung.

    Zur Frage: ich denke, dass eine gewisse Konstanz die Voraussetzung dafür ist, eine Vorlesung darüber zu halten. Wenn das Wissen im nächsten Jahr schon wieder überholt ist, wird Lehre ja ineffektiv. Also ja: es kann wohl sein, dass wenn ein Genre soweit ist, gelehrt zu werden, die Innovationstreiber bereits weitergezogen sind.

    Einen Kanon an Grundwissen braucht jedes Fach. Im späteren Verlauf betritt man in naturwissenschaftlichen Studiengängen, und vermutlich auch in Geisteswissenschaften, allerdings Neuland.

    Musik ist zum aller größten Teil Handwerk.

    Konservatorium, Hochschule, etc. ist einer der Wege das Handwerk zu erlernen.

    Da unterschiedet sich Musik offenbar von anderen Fachrichtungen, wie ich oben schon schrieb.

    Zwei Beispiele:

    Eine Fahrschule soll aus dir keinen Rennfahrer machen, sondern einen sicheren Verkehrsteilnehmer.

    Ein Fußballverein vermittelt Mannschaftssport, Tore schießt der kreative Individualist.

    Stimmt, allerdings sind die genannten Bildungsträger für ich eher mit Schulen zu vergleichen, weniger mit Unis oder Hochschulen.

  • Vor einiger Zeit habe ich das Buch "R & B, Die Geschichte der schwarzen Musik" von Nelson George gelesen. Ich mag nicht gerne von "weißen" oder "farbigen" Musikern lesen oder reden. Das taugt doch nicht zur Erfassung von Qualität und Musikalität. Der Autor, der sich als "Farbiger" besonders herausstellt (sein Verlag wirbt damit), reitet darauf herum und führt das Sterben der Entwicklung auf die "weißen" Jazz-Sammler, Musik-Analytiker und den "weißen" Kulturbetrieb zurück.


    Wähernd "weiße" Musik-Wissenschaftler und - schlimmer noch - Musiker mit ihren Sinnen versuchen "schwarze" Musik zu verstehen versuchen, zögen die Farbigen einfach weiter und seien schon lange wieder mit etwas Neuem beschäftigt.


    Ich habe mich oft beim Lesen geärgert ; aber dennoch ist das Buch lesenswert und bietet eine (!) Erklärung an.

  • Vor einiger Zeit habe ich das Buch "R & B, Die Geschichte der schwarzen Musik" von Nelson George gelesen. Ich mag nicht gerne von "weißen" oder "farbigen" Musikern lesen oder reden. Das taugt doch nicht zur Erfassung von Qualität und Musikalität. Der Autor, der sich als "Farbiger" besonders herausstellt (sein Verlag wirbt damit), reitet darauf herum und führt das Sterben der Entwicklung auf die "weißen" Jazz-Sammler, Musik-Analytiker und den "weißen" Kulturbetrieb zurück.


    Wähernd "weiße" Musik-Wissenschaftler und - schlimmer noch - Musiker mit ihren Sinnen versuchen "schwarze" Musik zu verstehen versuchen, zögen die Farbigen einfach weiter und seien schon lange wieder mit etwas Neuem beschäftigt.


    Ich habe mich oft beim Lesen geärgert ; aber dennoch ist das Buch lesenswert und bietet eine (!) Erklärung an.

    Ich kenne das Buch nicht, aber es gibt durchaus valide Erkenntnisse zu dem Thema - und das geht auch so ein wenig in die Richtung wie ich die Frage beantworten würde - ich finde der Canon der gelehrt wird gehört schon - erneuerert - ergänzt. Es soll nicht darum gehen Dinge zu streichen, aber eben sinnvoll zu ergänzen.


    Das ein Musikstudium wenn man es an einer westlich geprägten Hochschule studiert, natürlich auch so geprägt ist, ist ja klar. Und auch im Fach europäische Musikgeschichte ist der Fokus klar.


    Aber es mangelt oft an ergänzenden oder alternativen Seminaren und Vorlesungen. Eigeninitiative gehört natürlich immer dazu.



    Ein sehr aufschlussreicher Video Beitrag zu dem Thema:

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  • Wähernd "weiße" Musik-Wissenschaftler und - schlimmer noch - Musiker mit ihren Sinnen versuchen "schwarze" Musik zu verstehen versuchen, zögen die Farbigen einfach weiter und seien schon lange wieder mit etwas Neuem beschäftigt.

    Interessante These, die der Autor vertritt. Klingt ein wenig nach Identitätspolitik für mich - "schwarze Musik nur schwarzen Musikern". So wie bei der unseligen Diskussion, ob eine weiße Übersetzerin die Gedichte einer schwarzen Dichterin übersetzen kann/darf. Für mich ist Musik als universelle Sprache zwar in ihrer individuellen Ausprägung stark kulturell geprägt, aber insgesamt egalitär. Denk- und Spielverbote gehören nicht zu meinem Wertekanon, das Konzept der kulturellen Aneignung trennt für mich mehr, als dass es verbindet und ist aus meiner Sicht im Kern rassistisch.


    Was mich noch interessiert: wohin meint der Autor, sind die Farbigen denn weitergezogen, womit sind sie jetzt beschäftigt?

    ich finde der Canon der gelehrt wird gehört schon - erneuerert - ergänzt.

    Da stimme ich durchaus zu, meine Hauptkritik ist aber, dass es Inhalte geben sollte, die über einen Bildungskanon hinausgehen.

  • Sobald Noten in Schallwellen umgewandelt werden, seien sie noch so alt, erwachen sie zum Leben.
    Daher finde ich den Kernsatz des Titels absurd.

    Ob jemand "alte" Musik mag, oder mit ihr nichts anfangen kann, ist eine ganz andere, persönliche Geschichte.

  • @ Nils, evtl. mal folgender Denkanstoß deiner MINT-Analogie; viele Ergebnisse der Forschung aus dem MINT-Bereich - vernachlässigen wir mal die Frage, ob Ausbildung und Forschung da immer Hand in Hand gehen wie du es hier implizierst - entfalten doch erst durch deren kommerzielle Nutzung außerhalb des akademischen Umfelds gesellschaftliche Relevanz (siehe z.B. die Geschichte des MP3-Formats). Wenn Du aber jetzt Kreativität mit dieser gesellschaftlichen Resonanz gleich setzt, wie ich es vermute, dann machst Du aber meines Erachtens einen Fehler.


    Was genau meinst Du also jetzt mit Kreativität und Innovation in Bezug zur Musik und was ist für dich denn Musik die man Studieren kann und welche die man nicht studieren kann? Ohne hier mal genauer ins Detail zu gehen wird's wirklich nicht einfach dem Thread überhaupt einen Sinn abzugewinnen. Jedenfalls für mich.

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    Ich habe Interesse an; Zildjian K-Istanbul und Avedis Rides und Hihats (bis ende 60er) sowie Sonor Drumsets bis 1990! :thumbup:

  • Fände ich auch interessant, welche Musik innovativ war oder ist. Früher gabs einfach mehr neues. #9-Akkorde, Bluestonleitern, wah wah... vor Hendrix haben das viele Hörer nicht gekannt, aber erfunden hat er nichts davon. War das jetzt eine innovative Kombination altbekannter Elemente?

    Schwierig finde ich auch die Genreabgrenzungen: sind Avishai Cohen oder Snarky Puppy z.B. Jazz? Klingt nicht wie das, was man beim Wort Jazz erwartet, aber die Musiker kennen trotzdem die Jazz-Sprache und improvisieren.

  • sind Avishai Cohen oder Snarky Puppy z.B. Jazz?

    Für meine Ohren ist Snarky Puppy auf jeden Fall Jazz - für meinen Geschmack zu viel davon. Virtuos ja - aber mein Hintern bewegt sich nicht, zu verkopft für mich.

    entfalten doch erst durch deren kommerzielle Nutzung außerhalb des akademischen Umfelds gesellschaftliche Relevanz (siehe z.B. die Geschichte des MP3-Formats). Wenn Du aber jetzt Kreativität mit dieser gesellschaftlichen Resonanz gleich setzt, wie ich es vermute, dann machst Du aber meines Erachtens einen Fehler.

    Es gibt so viel Forschung, die nicht kommerziell genutzt wird und trotzdem Relevanz entwickelt, z.B. zum Klimawandel, aber auch zu politischen und gesellschaftlichen Fragen, um ein emotional aufgeladenes Beispiel zu nennen: Gendertheorie.


    Die Annahme meines Ausgangsposts ist: es gibt Musikrichtungen, in denen nicht viel oder keine Bewegung mehr ist. Allen voran wäre das die Klassik, da gilt ja als jung und zeitgenössisch, was nach 1900 komponiert wurde. Vielleicht kennt hier jemand ja enorm viele junge (=noch lebende) Komponisten, die in diesem Musiksegment aktiv sind, dann wäre ja Leben drin, egal, ob ein großes Publikum erreicht wird oder nicht. Davon ist mir aber nichts bekannt. Die Bluesszene kommt mir auch so vor. Da wird mit großem Tamtam das immergleiche gefeiert. Den Jazz hatten wir ja schon.


    Meine persönliche Befürchtung ist, dass wir im Bereich Rock/Pop allmählich auch auf so eine Erstarrung mit etabliertem Betrieb und wenig Neuem zusteuern, auch erkennbar an Einrichtungen wie der Pop-Akademie. Machen wir uns nix vor: selbst Techno ist schon über 30. Wo findet man heute neue spannende Bands, innovative Musik, Subkultur mit Potenzial, das nächste große Ding zu werden.

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