Liebe Kinder,
es gab eine Zeit, lange bevor ihr geboren wurdet,
da sah die Welt noch ganz anders aus.
Kinder hatten Urzeitkrebse aus dem YPS-Heft als Haustiere,
es gab kein Internet, eine der wichtigsten Informationsquellen war die BRAVO,
auf der Fahrt in den Urlaub durften sie ohne Sicherheitsgurt auf der Rückbank schlafen,
sie haben ihre Lieblingsmärchen als Europa-Schalplatte gehört,
bei Oma gab es immer Eierlikör und im Winter zum Aufwärmen Tee mit Rum,
ihre kleinen Fotokameras machten ritsch-ratsch,
die Fernbedienung am Fernseher war ein Besenstiel
und wenn sie vormittags den Fernseher eingeschaltet haben, dann gab es das Testbild zu sehen,
sie durften zu ihrer Freundin oder ihrem Freund fünf Kilometer weiter mit dem Fahrrad (ohne Helm) fahren,
haben kurz gesagt, dass sie irgendwann am Abend wieder kommen und Mama hat sich keine Sorgen gemacht.
Also wie gesagt, alles war ganz anders.
Auch Schlagzeuge.
Schlagzeuge waren groß.
Also richtig groß.
Die Tomkessel waren so hoch wie breit.
Ausnahme waren Basstrommeln. Die waren dafür meist nur 14" also 35cm tief
(aber das war egal, BOM haben die auch so gemacht), dafür hatten viele Profis aber halt auch noch zwei Basstrommeln.
Die Crashbecken hiengen so hoch, dass man kleine Leitern brauchte um sie aufzuhängen.
Und groß waren Schlagzeuge nicht nur in Bezug auf die Maße der Einzelnen Komponenten,
nein auch die Anzahl der Teile war groß.
Ein Wald aus Becken und Toms in allen Größen.
Dass dahinter ein Schlagzeuger saß, hat man oft gar nicht gesehen.
Und in dieser wunderbar unbeschwerten Zeit habe ich angefangen Schlagzeug zu spielen.
Mein Schlagzeug war nicht besonders gut, auch nicht besonders schlecht für einen Anfänger wie mich, es war ein Maxwin.
Allerdings hatte der Verkäufer des kleinen Ladens in Fürth (den es schon lange, lange, lange nicht mehr gibt) die Snare schon anderweitig verkauft.
Dafür hat er uns einfach eine andere aus dem Regal mitgegeben.
Das war eine Royal Star King Beat - mit Parallelabhebung.
Wie mir erst später mein Schlagzeuglehrer erklärt hat ein richtig gutes Teil.
Sehr viele wirklich guten und teuren Snares hatten damals eine Parallelabhebung.
Heute verwendet man die nicht mehr, die sind zu kompliziert, man braucht lange um sie einzustellen,
man muss da mit einem Schraubenzieher Schrauben lösen und wieder festziehe - das ist nichts für die heutige Zeit.
Snare stimmen muss heute schnell gehen. Drehen und fertig.
Die Vorteile von so einer (guten - es gab auch schlechte - die meine ich nicht) Parallelabhebung ... aber das schreibe ich vielleicht in einem anderen Thema - das führt hier jetzt viel zu weit.
Meine Becken waren von Meinl.
Romen Mark 70.
Klanglich waren die so schlecht, dass selbst ein absoluter Anfänger wie ich sofort gemerkt hat, der Tritt gegen den Kotflügel von Papas VW K70 kling besser.
So - jetzt zurück zum eigentlich Thema ... wo war ich? Was wollte ich eigentlich schreiben?
Ach ja.
Also.
Es gab ja noch kein Internet.
Ja, liebe Kinder. Ja!
Eure Eltern (oder je nachdem wie alt ihr seit, vielleicht auch nur Eure Großeltern) sind ohne Internet aufgewachsen.
Informationen musste man sich mit Papierbriefen schreiben oder auch auf Papier in Prospekten und Büchern lesen oder
man musste sich die Sachen vor Ort persönlich ansehen.
Und jeder kleine Schlagzeuger merkt ja irgendwann, es gibt etwas Besseres, das das Teil, das daheim im Keller steht
und träumt ja dann von dem einen oder anderen Traum-Schlagzeug.
Bei mir waren es drei.
Wie gesagt, es gab nicht die Möglichkeit, ein Schlagzeug mal schnell zu googeln.
Man fuhr mit Bus und Straßenbahn zu dem lokalen Händler.
Das war in Nürnberg für mich "Helmut Kestlers Musicstore" und der "Musikladen".
Den "Klier" gab es auch schon, aber der war mir damals zu groß und unpersönlich, hatte aber auch Vorteile wie sich noch zeigen wird.
So - was wollte ich sagen?
Ach ja - die Sets, von denen ich Anfang der 80er so geträumt habe.
Da war zum einen die Signature Serie von Sonor.
Soweit ich weiß, gilt das Sonor Signature Jet Set „Limited Edition“ noch heute als das teuerste Schlagzeug aus einer Serienproduktion (OK - die Limited Edition war nur eine seeehr kleine Serie glaube ich).
Die Kessel waren gigantisch hoch.
Aber das Schlagzeug war traumhaft schön und geldlich unerreichbar.
Im Musikladen stand eins, ich weiß nicht, wie oft ich da hingefahren bin um ein bisschen darauf spielen zu können.
Die Jungs vom Musikladen haben mir schon immer mit einem Lächeln ein paar Sticks in die Hand gedrückt, wenn ich reingekommen bin.
Und nicht nur im Laden, auch mit dem Anschauen der Prospekte habe ich viel zu viel Zeit verbracht...
Das zweite Traumset war das Tama Superstar.
Insbesondere weil ich damals Billy Cobham im "Reichelsdorfer Keller" drei Konzerte darauf habe spielen sehen.
Das Superstar war vom Design sicher nicht so ausgefallen exklusiv wie das Signature aber der Sound und insbesondere (komischerweise) die schöne Kesselmaserung hatten es mir angetan
... und natürlich Billy Cobham fand ich damals unglaublich cool... das war also die Nummer zwei.
Und jetzt zum eigentlichen Thema - was wollte ich denn schreiben...?
Jetzt weiß ich es wieder - mein neues altes Traumset!
... wisst ihr was?
Mir gehen gerade die Buchstaben aus, ich brauche Kaffee und was arbeiten muss ich ja auch noch.
Also - von meinem neuen Alten erzähle ich euch dann morgen.