Wege zum eigenen Stil? Meinungs-/Erfahrungsaustausch und Tipps

  • Ich hab auch schon Schlagzeug Studenten gesehen, die weder richtig gegroovt haben noch in der Lage dazu waren, eine Band rhythmisch im Griff zu halten.


    Wie einige schon sagten: Es geht um Persönlichkeit. Musik ist Kunst und Kunst ist Transportmittel für Emotionen. Und für den Künstler ist die Kunst sein Persönlichkeitsausdruck.


    Auf der anderen Seite gibts aber auch Berufsmusiker, die am besten darin sind, etwas vorgesetzt zu kriegen und möglichst keine eigene Note hinein zu bringen. Professionelle Orchester Musiker z.B.


    Generell würde ich sagen, dass es beim Covern am aller wenigsten auf derartiges ankommt. Obwohl es paradox erscheint: Eine perfekte Coverband müsste eigentlich aus den besten Musikern bestehen, die alle keine eigene Note hinein bringen und das Zeug perfekt runter spielen. Gibts aber nicht. Ganz schlimm finde ich dabei immer, dass ein Großteil der Coverbands die Songs auf ihr Niveau runterziehen, weil sie sie einfach nicht besser spielen können. Ist das dann auch eine eigene Handschrift? Ja. Aber im negativen Sinn.

  • Na, das sind doch schon mal ein paar erbauliche Beiträge. Weiter so. :)

    Zitat

    Wie einige schon sagten: Es geht um Persönlichkeit. Musik ist Kunst und Kunst ist Transportmittel für Emotionen. Und für den Künstler ist die Kunst sein Persönlichkeitsausdruck.

    Sicher. Dennoch: auch Miro hat erstmal an sich forschen müssen, sich entwickeln müssen, bis sich sein Malstil herauskristallisierte. Ebenso Picasso, Canaletto, Turner. Vivaldi hat nicht von heute auf morgen gesagt: Jetzt mache ich mal Kompositionen mit Schwerpunkt auf Violinensoli. Hemmingway hat etliche Bücher geschrieben, die nicht gedruckt wurden, bevor sich sein Stil herauskrisallisierte und "vermarktungsrelevant" wurde. Wann ist der Moment da, wo es "klick" macht, der Aha-Effekt einsetzt? Wann ist das Bewusstesin dafür da, was und wer man ist? Das ist doch eine nicht ganz unwichtige Frage, gell? Denn das kann maßgeblich dazu beitragen, wie der weitere künstlerische Weg geplant bzw. bestritten wird.

    "You don't have to show off" - Peter Erskine

  • Generell würde ich noch dazu sagen, dass für das Erschaffen eigener Musik zwingend eine eigene Handschrift erforderlich ist. Je einzigartiger und Niveau-voller das Ergebnis dann wird, desto stärker und größer sind die Persönlichkeiten.


    Ich nehme mal eines meiner Lieblings Beispiele. Will den Song bei Gelegenheit mal auch mal richtig covern. Um es wirklich möglichst 100%ig hinzukriegen hatte ich mir diesen Drums-only Track reingezogen:


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    Und egal, wer diesen Groove bzw. den Song spielt. Es kann der beste Drummer sein. Es wird nicht so wie bei Jeff klingen. Mal vom Erschaffen dieses Grooves ganz abgesehen (und er sagte ja immer, dass er den auch nur von Bonham und Purdie geklaut und kombiniert hat :D ). Das ist einfach der eigene "Flow" von Jeff.
    Gut zu erkennen auch an den Live Versionen mit Simon Phillips.

  • Je einzigartiger und Niveau-voller das Ergebnis dann wird, desto stärker und größer sind die Persönlichkeiten.


    Das "niveauvoller" würde ich eher streichen, das ist wohl eher keine "Gesetzmäßigkeit". Modern Talking, DJ Ötzi, DJ Bobo und Mickey Krause würde ich nicht gerade als nivauvoll bezeichnen, dennoch sind es unbestreibar große Persönlichkeiten der Musikbranche (gewesen).


    Jetzt mal kurz zu meiner Selbstreflexion. (wem es zu langweilig ist, einfach skippen :P ).


    Ich glaube, dass bei mir wie bei Vielen ein stetiger Veränderungsprozess stattgefunden hat. Dieser geht auch weiter, aber gewisse Muster haben sich bei mir im Laufe der Zeit am Schlagzeug herauskristallisiert (diese EInschätzung teilen auch Freunde von mir). Ich denke, ich habe einen gewissen Stil inzwischen herausgearbeitet, das war aber ein langer (vor allem Denk/Reife-)Prozess und es ist mir selbst wohl erst vor gut zwei Jahren so richtig bewusst geworden, als ich mich gefrate hatte "Was machst du da eigentlich und warum?".


    Ich wollte, wie so viele, als Jugendlicher einmal wie Bonham, Moon, Barlow und Paice spielen können. Als ich merkte, dass ich alleine schon auf der Snare nie so schnell und sauber sein würde, wie Paice, gab ich es auf, wie Paice als Drummer sein zu wollen. Ich scheiterte kläglich an Bonhams "Fool in the rain" (Wen wundert es?), ich bekam Moons irre schnell und präzise gespielten Tom-snare-Kombos nie ordentlich hin. Und bei nem 7/8 von Barrymore Barlow winkte ich gleich ab. :thumbdown: Also spielte ich erstmal so in den Schulbands, wie ich es konnte und arbeitete daran, schneller und besser mit einfachen Fills zu werden.


    Dann kam studienbedingt die große Schaffenspause und der Fokus wanderte vom selbst spielen zum zuhören. Was zog ich mir alles zu Gemüte, von der Musik der Renaissance zu Opern, von Swing bis Metal von Blues bis zu Drum'n'Bass und Breakbeats. EIne ordentliche Bandbreite des musikalischen Schaffens war mit dabei - vieles davon beruflich bedingt. Und ich sog viel, viel auf, verinnerlichte, was Musiker wie Brubeck, Elvis, Blakey, Chat Baker, Hancock, Brassens, Brel, Ravel, Caruso, Puccini, Lionel Ritchie, Tim Fischer und so weiter so besonders machte. Mein musikalischer Horizont erweiterte sich enorm in den kommenden Jahren, weit über den klassischen Pop/Rock-Bereich der Teenie-Zeit hinaus. Und das ließ mich vieles sehr viel anders als früher sehen. Insbesondere wurde das Schlagzeug für mich weniger zum "Hauptinstrument" der jugendlichen Wahrnehmung und mehr zum geschmackvoll eingesetzten Musikinstrument, das im Hintergrund das Fundament für alle anderen bereitet. Mein Verständnis von Musik und Musikinstrumenten wurde, sagen wir, "harmonischer".


    Zudem fand ein - nicht unüblicher - Reifeprozess bei mir selbst statt. Als Teenager möchte man ja gerne mal im Mittelpunkt stehen. Davon bin ich - zum Glück - heutzutage weit weit entfernt. Ich bin, wie mir oft attestiert wird, ein ruhiger aber bestimmter Charakter, der aus dem Hintergrund heraus erst genau analysiert, was um ihn herum geschieht, bevor er reagiert. Das färbt auch auf das Schlagzeugspiel ab. Ich analysiere, was die anderen Musiker um mich herum machen und reagiere dann darauf, immer mit dem Fokus, den Gesamtklang des Liedes aufzuwerten, ein harmonisches Ganzes zu befördern.


    Da ich als Instrumentalist mich nicht in den Vordergrund drängen will und meine vielfältigen technischen Unzulänglichkeiten :rolleyes: mich davon abhalten, ein Doppelbassdrumgewitter abzuliefern oder ein Snaresolo à la Steve Smith hinzulegen, habe ich mein Spiel teils bewusst, teils unbewusst dem angepasst oder anpassen müssen, was sich als meine Stärke herauskristallisiert hat. Groove und Feel, Dynamik, Ghostnotes. Es gibt bei mir bestimmte (vermutlich von Jazz- und Motown-inspirierte) Fills, die ich immer wieder mal einbaue - das würde ich dann schon als Eigenheit von mir bezeichnen. Und meine Fills sind - auch wieder Motown-verwandt- kurz. Vermutlich auch ein Markenzeichen von mir. Mein eher perkussiver Umgang mit Becken ist von Leuten wie Katché beeinflusst worden und definiert meinen "Sound" zudem. Bei meinem Bassdrumspiel sind, so schätze ich, Einflüsse von Bonham und diversen Funk/Soul-Nummern wiederzufinden. Ich bin in der Quintessenz also die Summe meiner prägenden musikalischen Einflüsse und meiner technischen Limitationen. (Habe ich das nicht schön formuliert? :) )


    Aber auch die intensive Beschäftigung mit Instrumenten, ihren Bauarten, Eigenschaften, Klangwirkungen und Setaufbauten hat dazu beigetragen, dass mein Stil und mein Sound sich allmählich herauskristallisiert haben. Ich bin z.B. nie mit einer Bassdrum zurecht gekommen, die mehr als 22" hatte, bei 20" fühle ich mich seit einigen Jahren persönlich am wohlsten. 1 up, 1 down, da fühle ich mich wohl. Große ausladende Drumsets brauche ich für mein Spiel einfach nicht. Tiefe Snares und ulltraflache sind nicht meins, ebenso dicke Kessel - das ist ganz und gar nicht meins. Ich mag perkussive, warm klingende Toms und befelle und stimme sie entsprechend. Ich mag generell "warme Klänge", auch bei Becken. Aggressive, dominante Töne sind nicht meins. Vielleicht bin ich total "old-School", hinsichtlich meiner Klangvorstellungen,... aber immerhin, ich weiß inzwischen welchen Sound ich will und wie ich ihn in die Musik einbringen kann. Das sehe ich als Gewinn an. Hat 'ne Weile gedauert, dahin zu kommen, aber besser spät als nie. ^^



    Und nun zu anderem als mir.


    Bzgl. Konservatorien und Stil aberziehen: Ich denke, dass es durchaus passieren kann, dass einem der eigene Stil wegerzogen wird. Ein guter Lehrer sollte m.E. aber die Eigenheiten des individuellen Musikers erkennen und fördern, nicht zerstören. Und ich schätze und hoffe, dass die Mehrzahl der Lehrer auch so agieren. 8) Es gibt aber bestimmt auch Situationen, wo es nicht verkehrt ist, jemand seinen Stil wegzuerziehen, wenn dieser einem nämlich Steine in den Weg für die weitere Entwicklung legt. Stell dir vor, du bist Trompetenspieler und dein Klang ist gut, könnte aber noch viel viel besser und vielfältiger werden, wenn erstmal die richtige Atemtechnik gelernt wird. Da ist es dann vielleicht sinnvoll, einen Schritt zurück zu machen, um dann zwei vorwärts zu kommen. So denke ich jedenfalls.


    Und Porcaro finde ich eine schwierige Kiste. Wenn nach dem Procaro-Stil gefragt wird, wird immer der Rosanna-Shuffle erwähnt. Den gab es aber nur in diesem einen Lied in dieser Art und nicht nochmal irgendwo. Beat it ist genauso Porcaro, aber da ist nix shuffelig-frickelig. Der "Rosannaschaffel" ist für mich ein Rhythmusmuster, das Porcaro zusammengezimmert hat, aber kein Stil an sich. Der Porcaro-Stil ist eher, das WIE Porcaro diesen und andere Rhythmen gespielt hat, nicht DASS er ihn erschaffen und gespielt hat. Meine 2 Cent dazu. :)

    "You don't have to show off" - Peter Erskine


  • Das "niveauvoller" würde ich eher streichen, das ist wohl eher keine "Gesetzmäßigkeit". Modern Talking, DJ Ötzi, DJ Bobo und Mickey Krause würde ich nicht gerade als nivauvoll bezeichnen, dennoch sind es unbestreibar große Persönlichkeiten der Musikbranche (gewesen).


    Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel. Bei den - wohlgemerkt subjektiv betrachtet - niveauloseren Sachen darf man nicht vergessen, dass die Personen zumindest mit vielen Profis (Technikern, Produzenten) zusammenarbeiteten, um solche Verkaufszahlen erzeugen zu können. Insgesamt ist da also überall ein gewisses Niveau am Start. Es ist nur unterschiedlich gelagert.
    Aber ich weiß schon, worauf du hinaus willst und ich schreibe den genannten Künstlern jetzt auch nicht gerade die größten Fähigkeiten zu. :P


    Zitat

    Und Porcaro finde ich eine schwierige Kiste. Wenn nach dem Procaro-Stil gefragt wird, wird immer der Rosanna-Shuffle erwähnt. Den gab es aber nur in diesem einen Lied in dieser Art und nicht nochmal irgendwo. Beat it ist genauso Porcaro, aber da ist nix shuffelig-frickelig. Der "Rosannaschaffel" ist für mich ein Rhythmusmuster, das Porcaro zusammengezimmert hat, aber kein Stil an sich. Der Porcaro-Stil ist eher, das WIE Porcaro diesen und andere Rhythmen gespielt hat, nicht DASS er ihn erschaffen und gespielt hat. Meine 2 Cent dazu. :)


    Wurde Beat It auch von Porcaro eingespielt? Meines Wissens auf jeden Fall Billy Jean.
    Ja, der Rosanna Shuffle ist das Aushängeschild von Porcaro. Aber auch andere Sachen wie Hold The Line, Africa etc. (um mal nur bei Toto zu bleiben) - das sind alles markante Porcaro Grooves. Und ja, das Wie ist entscheidend. Die Übergänge zum Was sind aber fließend. Man könnte auch fragen: Wie hat Porcaro seine Drums zu den jeweiligen Songs gestaltet? Oder, was hat er dazu gespielt? Bei Rosanna ist es auch nicht nur der Groove an sich, sondern auch wie Fills gespielt werden, wie Feinheiten über den Songverlauf verändert werden und die anders gestalteten Grooves zum Ende des Songs. Das hätte kein anderer Drummer der Welt damals so kreirt und gespielt.
    Bei Eigenkreationen spielt immer beides mit ein (je nach dem, wie viel Freiheit die einzelnen Musiker haben). Man sollte es als Gesamtkunstwerk betrachten. Schaut man sich z.B. Bonham bzw. Led Zeppelin an ... es geht immer um beides. Sowohl was als auch wie es gespielt wurde.


    Dinge, an denen ich mir übrigens immer noch die Zähne ausbeiße, sind sehr schnelle Bassdrum Double Strokes in bestimmtem Kontext. Z.B. - wo wir gerade mal bei Porcaro und Bonham sind - am Ende von Hold The Line oder das Bassdrum Zwischenspiel in Good Times Bad Times. Ich kriege das zwar mittlerweile halbwegs hin, aber eben nicht so locker und flüssig wie ich will.

  • Wurde Beat It auch von Porcaro eingespielt? Meines Wissens auf jeden Fall Billy Jean.


    Porcaro hat Beat it sowie Girl is Mine, Human Nature und The Lady in my Life eingespielt. Billie Jean und alles weitere hat Ndugu Chancler auf der Thrller-Scheibe eingespielt. ;)


    Was mir zu Porcaro am ehesten einfällt ist, dass er eigentlich gar nicht auffällt, sondern sich geschmackvoll in den Dienst der Songs stellt. Da ist er J.Jr. Robinson nicht unähnlich.

    "You don't have to show off" - Peter Erskine

  • Vielleicht wäre spätestens jetzt eine Definition hilfreich, was Stil sein soll?


    Das meint Tante Google:


    Stil
    /ʃtiːl,stiːl/
    Substantiv, maskulin [der]


    1. [durch Besonderheiten geprägte] Art und Weise, etwas mündlich oder schriftlich auszudrücken, zu formulieren
    "ihr Stil ist elegant, geschraubt"


    2. (von Baukunst, bildender Kunst, Musik, Literatur o. Ä.) das, was im Hinblick auf Ausdrucksform, Gestaltungsweise, formale und inhaltliche Tendenz o. Ä. wesentlich, charakteristisch, typisch ist
    "der romanische, gotische Stil"


    3. [ohne Plural] Art und Weise des Sichverhaltens, des Vorgehens
    "das ist schlechter politischer Stil"

    4. Art und Weise, wie eine Sportart ausgeübt wird; bestimmte Technik in der Ausübung einer Sportart
    "die verschiedenen Stile des Schwimmens"


    Wiki Pedia-Stil ist da noch ausschweifender. Überrascht war ich über das Bild dazu. Ich kannte es nicht, aber ein bischen davon habe ich in diesem Beitrag illustriert:


    "Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie." (Wird Kurt Lewin zugeschrieben) // Was schlechte Theorien unbrauchbar macht ... //

  • Schönes Thema hier, über das ich mir nie viele Gedanken gemacht habe. Gestern in der Bahn gelesen und heute morgen aufgewacht, mit dem Antrieb etwas zu schreiben.


    Ich bin so an die Sache heran gegangen:
    Seit 25 Jahren spiele ich meinen Bands auf Rock-Konzerten. Häufig mit anderen Bands zusammen. Beim Anschauen dieser Bands achte ich zumindest eine Zeit auf den Schlagzeuger und mache mir ein Bild von ihm. Meine Gedanken könnten dann sein: "Der holt aber weit aus.", "Geil, wie der nach vorne spielt.", "Echt interessante Fills.", "Bei den langsamen Parts wackelts ganz schön.".... Und jetzt fällt mir auf, dass die Drummer, die ich da gesehen habe, alle, wirklich alle, ihren eigenen Stil haben. Ihre Art und Weise die Musik zu spielen, ist deutlich erkennbar.


    Ich mag den Drumeo-Kanal auf YouTube. Dort gibt es rund einstündige Video-Lektionen mit vielen Drumstars verschiedener Genre. Zu Beginn steht ein Solo, dann wirds interviewähnlich, dann wird ein Thema von dem Star gelehrt. Ich erkenne da deutliche Unterschiede zwischen diesen Meistern des Schlagzeugspiels, die ich als Stil bezeichnen würde.


    Ich würde nun sagen, wir können gar nicht anders, als unseren eigenen Stil zu entwickeln. Das passiert automatisch, da Schlagzegspielen so komplex ist.

  • Ich würde nun sagen, wir können gar nicht anders, als unseren eigenen Stil zu entwickeln. Das passiert automatisch, da Schlagzegspielen so komplex ist.


    Dem stimme ich vollkommen zu und möchte ergänzen, dass sich die Möglichkeiten ja mit der Komplexität einer Persönlichkeit ins Unendliche multiplizieren. Ich bin ein recht schlechter Schlagzeuger, aber ich habe mit Sicherheit einen eigenen Stil. Nicht bewußt entwickelt, eher auch durch Unzulänglichkeiten bedingt, aber z.B. für meinen ehemaligen Lehrer erkennbar. Das macht sich für mich auch daran fest, wenn mir andere vorschlagen zu einem (eigenen) Song etwas zu spielen das zwar technisch passt, aber für mich nicht klingt. Das ist dann für mich eine musikalische Stilfrage. Passt es für mich nicht, spiele ich es nicht.

  • Passt vielleicht noch gan zgut in den Kontext dieses Zitat von Dennis Chambers:


    Zitat

    There is nothing new about playing this instrument or any instrument, with a few exceptions. The only thing that is new to it is how you present it, how you present, what you feel. That's what makes it new.

    "You don't have to show off" - Peter Erskine

  • Das Thema ist so interessant, dass ich auch gerne was dazu schreiben möchte.


    Mit dem eigenen Stil... eigentlich seiner Werdung, den ich im laufe der Zeit über die Jahre hinweg erfahren habe, wo ich mit unterschiedlichsten Musikstilen konfrontiert war, habe ich an diese Erungenschaft einen eigenen Spielstil zu entwickeln, nie gedacht. Ich habe aber das Gefühl immer mein Schlagzeug spiel mit meiner Tonalen Umgebung vereint zu bekommen.


    Natürlich habe ich von verschiedenen Drummern von Platten oder Live mir gerne Fills oder Spieltechnik angeeignet wie z.B. sehr früh die Position des Fußes auf der Bass drum Pedalbrett abgeguckt, die den vollsten Wumms hergibt, oder die 1/16tel Bass drum Betonung vor dem Snare Schlag, die den Rhythmus dann zum Swingen bringt, worauf dann auch die Becken arbeit sich allmählich veränderte.


    Ich denke dass sich dadurch auch die Umsetzung der Rhythmus Ideen erweitern ließ und genau dass auch das Potential ist, was ich mit meiner heutigen Spielweise in die Musik mit meinen Bands einzugeben vermag.


    Beim Covern lege ich Persönlich nicht sehr viel Wert auf exaktes wiedergeben der Vorlagen, :P sondern ich mache gerne mein eigenes Ding daraus. Natürlich bleib ich bei der Vorlage soweit sie einfach nicht wegzuspielen ist, z.B. bei "White Room" die Pauken im 5/4 Takt. In frühen Zeiten war ich sehr von der Doppel Bass drum überzeugt und konnte sie auch für meine Begriffe gut einsetzen, aber ich kam auch schnell wieder davon ab als ich nicht mehr Bock hatte die vorhandene Messlatte zu erreichen. Ausschlaggebend war Bonzo bei "Good Time Bad Time" als ich hörte was man auch mit nur einer Buffe alles spielen konnte, da wusste ich noch nicht dass Bonham auch zwei Bass Drums benutzt. :whistling:


    Macht nichts, denn dadurch habe ich es mit nur einer Bass drum versucht zu spielen, aber nie erreicht. Diese Übung war dann aber für viele andere Betonungsvarianten hilfreich. Ich glaube dass jetzt alles was ich am Schlagzeug produziere mein eigenes ist, aber ich kann nicht beurteilen ob ich unter tausenden von Drummern herauszuhören bin. Aber dass ist mir auch nicht so wichtig.


    Mich wundert es ein bisschen dass zu diesem Thema nicht mehrere schreiben 8o


    Schöne Zeit Euch. 8)


    -

  • Gefällt mir, dass du den vorgeblich eigenen Stil nicht so rauskehrst. Ich glaube nämlich auch nicht, dass jeder namhafte Drummer sich hingesetzt hat mit der Maßgabe, einen eigenen Stil zu entwickeln. Wer länger auf einem gewissen Niveau mit anderen musiziert, entwickelt vermutlich mit der Zeit von ganz alleine eine persönliche Note, auch ohne sich darüber Gedanken zu machen. Egal, ob nun Profi, Semiprofi oder Amateur.
    Ich habe z.B. vor ner Weile einen Drummer aus meiner Jugendzeit wieder gehört, der immer noch wie vor 30 Jahren klang, mittlerweile natürlich etwas gereift. Aber der Grundcharakter, quasi der eigene Stil, scheint primär nicht erarbeitet, sondern aus dem Gefühl entstanden zu sein, und das schon vor langer Zeit.


    Vielleicht kann man das mit Kindern vergleichen. Auch wenn wir davon ausgehen, dass ihre Entwicklung primär ab der Geburt einsetzt, haben sie nach meiner Erfahrung schon von Anfang an einen Charakter, der prägend bleibt. Oder hat sich jemand beim Eintritt in die Kita gefragt "Was für ein Typ Mensch will ich werden?"



    Aber:

    da wusste ich noch nicht dass Bonham auch zwei Bass Drums benutzt.


    Wie? Wann? Wo? Weshalb?
    Ich glaube, da irrst du dich gewaltig. John Bonham hat meines Wissens nach nie nennenswert versucht, mit 2 Bass Drums zu spielen, der konnte das wirklich mit nur einer. Und er wird regelmäßig als Referenz genannt, wenn man beschreiben will, was man alles mit nur einer Bass Drum machen kann.

  • John Bonham hat meines Wissens nach nie nennenswert versucht, mit 2 Bass Drums zu spielen, der konnte das wirklich mit nur einer.


    Nenene, der hatte schon kurzfristig zwei Bassdrums am Start, aber Jimmy Page fand das kacke und hat ihn aufgefordert, den Quatsch sein zu lassen. :D

    "You don't have to show off" - Peter Erskine

  • Gefällt mir, dass du den vorgeblich eigenen Stil nicht so rauskehrst. Ich glaube nämlich auch nicht, dass jeder namhafte Drummer sich hingesetzt hat mit der Maßgabe, einen eigenen Stil zu entwickeln. Wer länger auf einem gewissen Niveau mit anderen musiziert, entwickelt vermutlich mit der Zeit von ganz alleine eine persönliche Note, auch ohne sich darüber Gedanken zu machen. Egal, ob nun Profi, Semiprofi oder Amateur.
    Ich habe z.B. vor ner Weile einen Drummer aus meiner Jugendzeit wieder gehört, der immer noch wie vor 30 Jahren klang, mittlerweile natürlich etwas gereift. Aber der Grundcharakter, quasi der eigene Stil, scheint primär nicht erarbeitet, sondern aus dem Gefühl entstanden zu sein, und das schon vor langer Zeit.


    Vielleicht kann man das mit Kindern vergleichen. Auch wenn wir davon ausgehen, dass ihre Entwicklung primär ab der Geburt einsetzt, haben sie nach meiner Erfahrung schon von Anfang an einen Charakter, der prägend bleibt. Oder hat sich jemand beim Eintritt in die Kita gefragt "Was für ein Typ Mensch will ich werden?"


    Schön gesagt. :)


    Ich denke auch, dass das vor allem mit Veranlagung zu tun hat. Und natürlich damit, diese intuitiv mit der Zeit zu entfalten bzw. auszuarbeiten.


    So eine Entwicklung kann aber auch durch einen zu strikt gesetzten Rahmen und zu viel (oder gar ausschließlich) Covern bzw. Nachspielen beeinträchtigt werden, denke ich. Inspiration und neue Dinge lernen ist das eine, aber die eigene Stilfindung das andere.


    Leute, die sich bewusst und krampfhaft damit beschäftigen, wie sie ihren eigenen Stil definieren können, haben einfach keinen eigenen Stil. So seh ich das zumindest.

  • Leute, die sich bewusst und krampfhaft damit beschäftigen, wie sie ihren eigenen Stil definieren können, haben einfach keinen eigenen Stil. So seh ich das zumindest.


    Das könnte hinkommen. Erinnert mich ein wenig an diverse Bands, die ihren Stil bei Bandinseraten z.B. als Blacktrashmetalpopunkcore oder ähnliches bezeichnen. :D

    "You don't have to show off" - Peter Erskine

  • Moin,
    da ich viele Musikrichtungen gespielt habe
    Tanzmusik mit Walzer, Tango, Rumba und Marsch und Polka
    Traditionellen Jazz- und Dixieland
    Rockmusik als Cover
    Rockmusik mir eigen Stücken
    und da ich insgesamt mehrere 100 Auftritte hatte,
    hat sich mein Stil nicht in 1ne Richtung ausgelebt.


    Meiner Meinung ist die Vielfalt, die das Schlagzeug spielen
    ausmacht.
    (Ich war nie der Jazzer....wurde in Jazzbands in Lübeck nachgefragt.....
    Ich war nie der Rocker.....wurde in Rockbands nachgefragt.......


    Es geht meiner Meinung nicht um den Stil, sondern um
    Persönlichkeit!

  • Da hake ich mal nach: Ist Stil für dich nicht der Ausdruck deiner Persönlichkeit und andersherum deine Persönlichkeit nicht maßgebend für deinen Spielstil?


    Ginge es gar nicht nicht um Stil, würde es doch wenig plausibel erscheinen, dass bestimmte Drummer im Musikbusiness genau wegen ihres Stils gebucht werden, oder? Einer wie Gadd wird z.B. wegen seines schnörkellosen, fehlerfreien Spiels gebucht, Jordan wegen seiner besonderen Groove-Fähigkeiten und Purdie für seinen Shuffle, um mal ein paar Beispiele ins Feld zu werfen. Oder werden solche Drummer nur gebucht, weil sie freundlich sind und artig abliefern?

    "You don't have to show off" - Peter Erskine

  • Sehr interessanter Thread, danke dem TS! Stilistisch hat mir mein Lehrer ganz klar ins Lastenheft geschrieben, dass er gerne mein Funkdrumming ausgeprägter sehen möchte. Mir war das vorher nicht so klar, weil ich eher aus der Bluesrock-Ecke komme. Deshalb hier zum vermutlich x-ten Mal im Forum: Unterricht nehmen lohnt sich! Zum Großthema Stil hätte ich ohne Unterricht vermutlich auf lange Sicht immer nur herumgestochert (was bei Schlagzeugern besonders blöd aussieht); seit einiger Zeit übe ich ganz bewusst Funk und stelle fest, dass sich das enorm förderlich auch auf die anderen von mir abgeforderten Musikstile auswirkt. Oder anderes Beispiel: AfroCuban brauche ich bandbezogen derzeit zwar nicht, übe es aber trotzdem wie besessen, weil es die eigene Reichweite ungemein erweitert und meinen Vorlieben sehr entspricht.


    Weil ich nie so spielen können werde wie z.B. die Drummer bei oder mit Vulfpeck, nehme ich deren Stil einfach als Orientierung. Und schon ergibt sich daraus wieder eine Herausforderung meinetwegen für Fußtechnik. Als Schlagzeuger einen Stil zu haben bzw. anzustreben, ist doch das Beste überhaupt.

  • Da hake ich mal nach: Ist Stil für dich nicht der Ausdruck deiner Persönlichkeit und andersherum deine Persönlichkeit nicht maßgebend für deinen Spielstil?


    Ginge es gar nicht nicht um Stil, würde es doch wenig plausibel erscheinen, dass bestimmte Drummer im Musikbusiness genau wegen ihres Stils gebucht werden, oder? Einer wie Gadd wird z.B. wegen seines schnörkellosen, fehlerfreien Spiels gebucht, Jordan wegen seiner besonderen Groove-Fähigkeiten und Purdie für seinen Shuffle, um mal ein paar Beispiele ins Feld zu werfen. Oder werden solche Drummer nur gebucht, weil sie freundlich sind und artig abliefern?


    Wenn schon wieder die ganzen großen Namen erwähnt werden: diese Drummer haben alle etwas gemeinsam, was viele andere nicht haben. ;)


    Und genau das ist auch die Grundlage: Die Persönlichkeit. Wie die sich genau entfaltet ist die nächste Sache, aber so eine Persönlichkeit hat halt nicht jeder.


    Oder, um's auf den Punkt zu bringen: Ist man ein echter Musiker oder nicht?

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