Guten Morgen,
ich schreibe heute noch Zettel, vielleicht mehr denn je, teilweise auch komplett ausnotiert,
wenn es mal "original" werden soll.
Andererseits weiß ich auch, dass Papier geduldig ist.
Im Zweifel ist weniger mehr, das habe ich früher seltenst befolgt, es ist aber so und ändert
sich auch nicht.
Was man am Anfang denkt, "perfekt" zu können, ist meist alles andere als perfekt. Das ein
oder andere Lied aus der Aufzählung hatte ich auch mal privat auf dem Notenpult und das
könnte ich jetzt nicht perfekt herunterspielen, noch nicht mal "Nothing Else Matters".
Von daher: vereinfachen muss man immer oder zumindest individuell anpassen.
Das ist auch nötig, weil man im Proberaum oder auf der Bühne grundsätzlich anders klingt
als eine Plattenproduktion. Vieles funktioniert nämlich nicht auf beiden Universen.
Deshalb spielen auch die Originale nicht immer dasselbe, wobei es da solche und solche
Kapellen gibt, also welche, die fast wie auf Platte klingen und solche, die ganz anders
klingen, am Ende sogar ihr eigenes Lied neu interpretieren.
Es gibt sogar Bands, wo auf der Platte ein ganz anderer gespielt hat, allzu oft wird das
auch geheim gehalten oder man erfährt es erst Jahre später.
Das Problem hier ist aber die neue Band-Situation.
Früher hatten wir es tatsächlich leichter, da gab es keine Elektrotrommeln (jedenfalls
nicht praktisch verfügbar) und es gab diesen ganzen Perfektionswahn nicht, man gründete
erst die Band und verteilte dann die Instrumente.
Na gut, ganz so war es auch nicht, aber man war toleranter und flexibler. Das hat anfangs
sehr geholfen, später hat man sich dann meist doch auseinander entwickelt.
Direkt bei meiner ersten Bandvorstellung bin ich übrigens hochkant hinausgeflogen, erst
Jahre später ist mir klar geworden, wie groß die Unterschiede waren.
Ich meine ohnehin, dass der Trend zur Zweitkapelle geht.
Anders gesprochen: man sollte sich nicht auf ein Projekt fest und steif fixieren, die Welt
ist groß und die Zeit läuft, alles ist im Fluss, das kann optimalerweise so laufen wie bei
Kapellen, die große Jubiläen feiern, es kann aber auch in hire and fire ausarten, irgendwo
dazwischen finden sich die Meisten ein.
Wenn man mit Leuten zu tun hat, die deutlich besser sind als man selbst, wird es nur funktionieren,
wenn das Niveau entsprechend angepasst wird, nämlich nach unten.
Wenn ich selbst in Kapellen (vor-) spiele, die schlechter sind als ich, dann spiele ich auch schlechter,
ist die Kapelle besser, kann ich mehr bieten, spielt die Kapelle dagegen viel zu gut für mich, gerate
ich in Stress und werde wieder schlecht oder es sind richtige Profis, die passen sich dann so an,
dass es funktioniert (aber die sind selten und mit denen spielt man dann meist nur einmal).
Ansonsten kann man alles üben, auch Einzählen, Zählen und Abläufe.
Ich selbst übe in letzter Zeit sogar Takte zählen, das hilft ungemein und ist in manchen Formationen
notwendig. Auch Anfänge mit Einzählen habe ich schon geübt, manchmal funktioniert genau das nicht
und es ist nun mal die Eingangstür zum Musizieren, in der Mitte kann man ja schlecht anfangen.
Noch wichtiger sind übrigens Schlüsse, aber die kommen ja später.
Eineinhalb Jahre ist keine lange Zeit, zumal man Schlagzeug auch kennenlernen muss und wenn man
vorher E-Drums benutzt hatte, wird Vieles komplettes Neuland sein. Als Liebhaber des Instrumentariums
kann ich aber sagen, dass das Ziel der Weg ist, denn die Reise hört nie auf und man lernt das Instrument
immer besser kennen, indem man auch neue Facetten findet, welche die Musik bereichern (können).
Ich würde mir professionelle Hilfe zukommen lassen, man nennt es Unterricht.
Das ist parallel einfach der schnellste Weg, um effektiv vorwärts zu kommen.
Ansonsten würde ich den Buben klaren Wein einschenken: entweder sie gehen den Weg mit oder eben nicht.
Leistungsdruck bringt das Gegenteil, von daher müssen die an sich arbeiten, nämlich zurück stecken und
nicht umgekehrt. Ein Meister kann sich dumm stellen, ein Lehrling kann nicht den Meister mimen.
Und es gibt immer eine Kapelle nach der Kapelle.
Grüße
Jürgen