Schlappe Beine, ungewohntes Spielgefühl - mentale Blockade?

  • Hi,
    ich kenne ähnliche Probleme, die dann entstehen, wenn ich bin einer gewissen Erwartung an die Sache herangehe, daher habe ich live und bei Aufnahmen immer wieder Schwierigkeiten, während die General Probe oft mich und meine Kollegen überrascht, mit welcher Präzision und Raffinesse ich den Groove spielen kann.


    Mir hilft dabei einen Gang zurück zu schalten, und dabei zu wissen "Selbst wenn ich den Groove nur in einer vereinfachten Version spiele reicht es für das Feeling des Songs völlig aus".


    Oft sogar ein ganz interessanter Effekt - wenn ich nicht das Gefühl hatte, dass alles flüssig läuft und ich im Flow bin, ist das was ich spiele präziser und 'genau richtig', während bei den Sessions wo ich mich gut im Flow fühle, die Parts manchmal über das Ziel hinaus schießen und vielleicht sogar anstrengend werden können.


    Aber vielleicht würde auch mal helfen, musikalisch etwas anderes, technisch nicht zu forderndes zu machen. Da löst man sich von seinen persönlichen Ansprüchen an sich und die Musik, die wie du selbst sagst, sehr hoch sind. Auf einmal steht man vor koordinatorisch anderen Herausforderungen. Mir reichten ein paar Sessions mit Besen und ich bin wieder heilfroh mich wieder in mein vertrautes Trommeltorium zu bewegen. Oder eine paar Übungseinheiten mit links rechts vertauscht.

  • Ich hatte sowas ähnliches mal früher beim Sport:
    War zu Jugendzeiten ziemlich athletisch und einer der besten Sprinter an der Schule. Bei einem späteren Wettbewerb habe ich dann, auf den ersten Metern plötzlich, gefühlt nen Schlag drauf bekommen und konnte einfach nicht mehr weiter anziehen. Ich habe mir das im Nachhinein aus psychischer und physischer Sicht erklärt: einerseits war es familiärer Stress zuhause, wodurch mein Kopf nicht frei war - andererseits habe ich nie wirklich kontinuierlich trainiert. Also keine Leichtathletik oder so gemacht. Hat beides dazu geführt, dass ich in dem Moment nicht voll da sein konnte. Hab's dann ganz sein gelassen und meine sportliche Stärke und Leidenschaft später im Fußball gefunden. Wie auch immer...


    Ich glaube beim Trommeln ist es wichtig sich dem Instrument gänzlich zu verschreiben (commitment und so...), regelmäßig zu spielen und sich Fehler und zu anspruchsvolles Sticking etc. einzugestehen. Die Sticks sofort in die Tonne zu hauen, weil was nicht klappt bringt ja nix - es sei denn es wäre nicht dein Instrument. Ich sage mir zumindest mittlerweile automatisch "Stets sicher spielen!" und "Gegenwärtig sein!" . Auch lasse ich zu anspruchsvolle Fills/Grooves etc. einfach weg bzw. breche sie auf einfachere runter (sowohl beim Covern als auch bei eigens kreiertem Kram).
    Was mir auch mega hilft: eine feste Band über längere Zeit zu haben + weitere, lose Konstellationen (um Abstand zu gewinnen - Stichwort: Betriebsblindheit).


    Ich lasse mich zum Beispiel schnell verunsichern, wenn es heißt "zu schnell", "zu laut". Meistens ist dann die restliche Probe für'n Arsch. Aber ich gehe dann im Nachhinein für mich die Stellen nochmal durch und überlege, ob ich's beim nächsten Mal nicht doch anders mache bzw. frage meine Band nach deren Meinung. Live geht das eigentlich immer, weil ich dann mein Ding einfach mache und mir sowieso keiner reinschnacken kann^^
    Ich denke, dass du im Proberaum schneller dazu neigst nachzudenken, weil du eben die Möglichkeit dazu hast - live geht das ja nicht, weil du abliefern und nahezu perfekt sein musst/sein willst. Aber Fehler zu machen ist ja normal und besser im Proberaum als live.



    Sonstige Ratschläge I: dich mal selbst auf etwaige mentale Störfaktoren (privat/beruflich) checken + dir eingestehen, ob die Technik nicht zu anspruchsvoll ist und du sie verstärkt üben oder runterbrechen solltest.


    Sonstige Ratschläge II: Sorg' für Abwechslung - ich hab mal nur und in einer Folk-Band gespielt...ein 3/4 Jahr hab ich's da ausgehalten, dann war mir das alles zu dröge. Folge war: viele Fehler, auch live!


    Sonstige Ratschläge III (nicht so ernst gemeint): Saufen - nicht täglich aber 1-mal im Monat auf jeden Fall

  • Krass... ich habe gerade einen Thread mit nem ähnlichen Problem eröffnet... Ich fühle mit Dir und kann es mir selbst nicht wirklich erklären. Aber ich hab einige Ansätze in dem Thread hier gefunden.


    Eventuell kann man es auch auf die extreme Hitze schieben die hier in den letzten paar Wochen am Start war. Die Gitarristen meiner Band haben auch nicht so performed wie sonst üblich...
    Oh man, am Samstag haben wir nen Gig, das wird bestimmt sehr heiter 8|

  • Krass... ich habe gerade einen Thread mit nem ähnlichen Problem eröffnet... Ich fühle mit Dir und kann es mir selbst nicht wirklich erklären. Aber ich hab einige Ansätze in dem Thread hier gefunden.

    Habe mich direkt mal eingemischt. Auch, wenn das jetzt parallel läuft - vielleicht hilft uns das ja weiter.

    Oh man, am Samstag haben wir nen Gig, das wird bestimmt sehr heiter


    Und dann bin ich ganz besonders gespannt auf deine Berichterstattung nach dem Gig. Wenn es dir so ergeht, wie mir, dass alles rund läuft - Bingo ;)


    Bleib locker. Beim Gig ist eh immer alles anders.

  • Good Afternoon,


    Eventuell lockern ja auch 2-3 kalte Pils vor dem Gig die Blockade


    Alkohol löst so Einiges, jedenfalls hebt es die Stimmung beim Spieler.
    Problem: wenn das Publikum nicht mindestens genauso viel getrunken hat, könnte der Anklang dort anders ausfallen.


    literweise Kaffee


    ist sicher auch ein guter Garant dafür, ruhig auf dem Sitz bleiben zu können, aber es gibt ja Blasenkatheder.


    Bei der Tour de France haben die früher auch mal einen Rotwein gezwitschert.


    Grüße
    Jürgen


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  • Lass das Biertrinken. Wenn du es nicht gewohnt bist, angesäuselt zu spielen, lass es.
    Meine Gitarreros trinken vor dem Gig ordentliche Mengen an Hopfenkaltschorle um locker zu werden. Aber die sind daran gewöhnt.


    Beim Schlagzeug spielen ist Alkohol - auch in den kleinsten Mengen - immer hinderlich, wenn es um hohe Tempi geht.
    Die Coverband von ACDC jetzt mal außen vor gelassen. Da kannst du auch ein Fass trinken.

  • Update:
    Ich fange gerade wieder an, wie ein blutiger Anfänger mich von Tempo 120 an mit stumpfen 16teln auf der Doublebass hochzuarbeiten.
    Dabei versuche ich, den Frust auszublenden, dass meine Füße schon mal problemlos jenseits der 190 geflogen sind...


    Neue Erkenntnisse hierbei: Körperhaltung


    Durch meinen Sport habe ich in den letzten Monaten eine unglaublich gerade Sitzhaltung eingenommen. Durchgestreckter Rücken, Schultern gerade, Becken gestreckt.
    Dabei verkrampfe ich nach 2 Takten Doublebass sofort. Deswegen habe ich versucht, die alte "Schluffi"-Haltung einzunehmen: Schultern hängen lassen, Rücken krumm, Becken nach vorne.
    Und siehe da: sofort eine Verbesserung der Beinarbeit, weniger Krämpfe und sogar ein Hauch vom alten Spielgefühl.


    Ich habe mich jetzt so langsam wieder bis Tempo 165 vorgearbeitet, aber es scheint tatsächlich an der Veränderung meines Körpers zu liegen, dass das Drumming etwas leiden muss.
    Die Gelegenheit werde ich direkt mal nutzen, meine Technik zu hinterfragen, da ich ja ohnehin wieder quasi von vorne anfangen muss.

  • Vielleicht auch mal die Aufgabenstellung von "wieviel bpm schaffe ich" verlagern zu "was ich sonst noch verbessern möchte". Bei moderaten bis langsamen Tempi auf extreme Dynamik zu achten, kann z.B. den Kopf frei blasen und neue Erfolgserlebnisse generieren. Wobei die Art der Übung nur exemplarisch ist.

  • Durch meinen Sport habe ich in den letzten Monaten eine unglaublich gerade Sitzhaltung eingenommen. Durchgestreckter Rücken, Schultern gerade, Becken gestreckt.
    Dabei verkrampfe ich nach 2 Takten Doublebass sofort. Deswegen habe ich versucht, die alte "Schluffi"-Haltung einzunehmen: Schultern hängen lassen, Rücken krumm, Becken nach vorne.
    Und siehe da: sofort eine Verbesserung der Beinarbeit, weniger Krämpfe und sogar ein Hauch vom alten Spielgefühl.

    Krass, oder?


    Ich hab es testweise genau andersrum versucht - dachte immer, dass meine "Schluffi"-Haltung (um mich Deiner Wortwahl zu bedienen) mich hindert und habe versucht gerader zu sitzen - mit demselben Ergebnis wie Du berichtest. Dabei hab ich mich schon immer gefragt wie Drummer wie z.B. Krimh (einfach mal bei YouTube rein schauen, wer ihn nicht kennt) ihr Tempo halten/ erreichen, denn auch er sitzt oft gefühlt die komplette Beinlänge vom Set entfernt und dadurch stark nach vorn gebeugt ...

  • Hallo,


    der Kandidat war offenbar noch nicht im Optimalzustand.
    Vom Schluffi zum Soldat ist halt nur der halbe Weg, es geht danach weiter:
    und dann ist es gerade und sieht auch noch locker aus dabei.


    Alle, die krumm sitzen, sind noch jung oder inzwischen verstorben.


    Grüße
    Jürgen

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