Alles macht einen Sinn, alles was jemals geschrieben wurde – so bizarr es für andere zunächst auch wirken mag - macht wahrscheinlich Sinn, wenn! man die jeweilige Biographie oder die Lebensumstände des Schreibers berücksichtigt. So macht womöglich auch die Threadüberschrift irgendeinen Sinn
Wem der pseudo-medizinische Teil zu langatmig ist, der springt besser jetzt vom blauen Text-Teil zum schwarzen weiter unten.
Ein paar Jahre zurück in der Zeitrechnung...
Eines Tages war (m)ein Finger dick. Ein paar Tage darauf wieder. Ich maß dem zunächst keine besondere Bedeutung zu. Manchmal war er auch deutlich röter als üblich. Manchmal meinte ich fast leichte Blautöne auszumachen. Nichts genaues weiß man nicht. Die Farblehre ist zuweilen stimmungsabhängig - vielleicht irrte ich mich auch. Irgendwann fand ich aber, dass (m)ein Finger früher wirklich! objektiv kleiner war bzw. von den Proportionen ehemals wirklich! anders aussah. Weitere Tage vergingen. Ich ertappte mich nun dabei manchmal scherzhaft zu sagen „mein Finger ist bald Pornofilm-tauglich“ und ähnliches. Nur ich konnte mir abseits des bizarren Humors das Anschwellen nicht erklären. Erste Vermutungen waren Temperatureffekte. Wenn es kälter wird, ändern Finger häufig die Farbe. Aber die Schwellung? Schmerzen hatte ich keine! Das "Feel" des Fingers schien etwas anders...
Dann kam mir der vorsichtige Verdacht ob es etwas mit den vielen Drumaufbauten, den unzähligen Schraubvorgängen zu tun hat, die ich fast täglich vollführe. Ich teste so unendlich viele Drumsets seit vielen Jahren, baue zig Zeug für Kollegen und Schüler auf, bastel` auch gerne mit kuriosen Setaufbauten herum. Da können Stunden Tags- oder Nachts wie im Fluge vergehen. „Das Drumset ist der Baukasten des Erwachsenen“, hat mal ein weiser Mann gesagt. Bei mir ist genau dies der Fall. Es macht mir Freude. Aber natürlich wird dadurch der Körper, insbesondere die Finger massiv (über)beansprucht. Die unzähligen Schraubvorgänge, Flügelschrauben anziehen, Stimmschrauben anziehen etc. etc. all das bewerkestelligte ich alles mit rechts. Immer! Und ich trommel zeitlich dazwischen ja auch noch. Zwar sehr entspannt, aber natürlich werden da Finger auch eingesetzt bzw. beansprucht.
Konnte das Dickerwerden des Fingers mit einer Überbeanspruchung zu tun haben? Oder doch eher ein kälterelevantes, rheuma-artiges Symptom/Syndrom? oder konnten etwaige sonstige von mir noch nicht bedachte Ursachen vorliegen? Fragen über Fragen.
Viele wissen es nicht: ich bin brutaler Pessimist, wenn mir jemand sagt: “unsere friedliche Wertegemeinschaft wird im Chaos versinken“ sage ich: „noch viel früher als Du glaubst!“
Vom Hausarzt war dann recht klar formuliert: einen Spezialisten aufsuchen. Dieser Termin beim Facharzt dauerte leider etwas. Ich wollte bis dahin mein bestens tun, und begann nun rechts Schrauben nur noch sehr soft anzuziehen und teilweise auch die linke Hand im Wechsel (ebenso soft) zum Einsatz zu bringen – um eine (weitere) Überbeanspruchung auszuschließen. Bereits viele Jahre zuvor war ich auf etwas softeres Anziehen gegenüber meiner Jugend übergegangen. Dazu unten nochmal mehr.
Nie vergessen werde ich den Satz just einen Tag vor dem Facharztbesuch (nochmals: ich bin eigentlich Pessimist) den ich grinsend zu meiner Partnerin sagte:
„Naja, amputieren werden sie mir den Finger nicht!“
Es war (zumindest in meinem selbstverliebten Ohr) eine Killerpointe und ich mußte noch mehrfach darüber lachen.
Seit dem sehr viel softeren Anziehen der Schrauben und dem öfteren abwechseln mit der linken Hand, fand ich, dass es bis es zum Arzttermin kam, der Finger nur noch etwas dicker war als früher im Normalzustand. Ich erkannte den Unterschied zum ehemaligen Normalfinger durchaus noch und war sicher ein Spezialist wird das auch erkennen, glaubte aber mit dem Schonen der Hand den richtigen Weg eingeschlagen zu haben. Er war nicht mehr so deutlich verändert.
Ich kürze nun etwas ab. Es kam in der Klinik zunächst zu diversen Vor-Untersuchungen mit einer bildungsfernen medizinisch-technischen Verschwörungstheorie-geschwängerten paranoiker-nahen Angestellten mit tief verinnerlichtem Benachteiligungsskript, wo auch mein geduldigstes und zigfaches Gegenargumentieren nicht half, aber dann untersuchte endlich der wirklich nette Facharzt meine Hand (der sicher von der unheilvollen „Glaubenslehre“ seiner Mitarbeiterin und ihrer politischen Gesinnung die ein menschenverachtender Mix aus RAF- und NSDAP-Doktrin war, nix wußte).
Ohne allzuviel meiner Vorgeschichte (auch nicht! meinen Humor zu kennen) sagte er nach einigen Minuten des (u.a. Ultraschall)-Untersuchens:
„Also die Gute Nachricht: wir müssen nicht amputieren.“
Jetzt dachte ich, nach den bizarren Thesen der medizinisch-technischen Angestellten im vorherigen Untersuchungszimmer und nun dem anderen Setting mit dem netten Arzt aber diesem heftigen Satz: jetzt fehlt eigentlich nur noch ein Pfleger der in den Raum tritt und mir eine Zwangsjacke anlegt. Es wurde nun wirklich etwas surreal für mein Empfinden. Ich denke seither manchmal: für Arztbesuche muß man kerngesund sein, sonst wird man krank.
Denn alleine die Option einer „Amputation“ war so fernab jenseits meiner schlimmsten Vorstellungsszenarien, dass ich dachte „wieso kommt denn nun so ein absurder Satz angeflogen?“.
Der Arzt erklärte aber sehr freundlich und genau, was er alles systematisch (und zeitlich für mein Empfinden sehr geduldig) überprüft hat. Blutversorgung der Finger etc. etc.
Er sagte, wenn ein Finger nicht mehr ausreichend mit Blut bzw. Sauerstoff versorgt wird ("Hin- und Rücktransport" etc.), kann er sich verfärben, dicker werden etc. Dies sei bei manchen Berufsgruppen (er nannte Dachdecker, insbesondere wenn zu viele schwere Ziegel wieder und wieder zugeworfen werden und die Finger wieder und wieder viel zu heftig-massiv zupacken etc.. ) durchaus manchmal der Fall. Es muß dann schnell gehandelt werden, sonst ist im worst Case die Amputierung fällig. Bei meinem sei die Blutzirkulation aber völlig und nachweisbar in Ordnung etc. etc.
Seit diesem Besuch ziehe ich alle Schrauben noch! softer an als vorher. Der Finger ist seit Jahren wieder normal. Wird nicht mehr dicker und verfärbt sich auch nicht mehr.
Nun zum Drummaterial denn es soll ja laut Überschrift nicht nur um meine überdrehten Assoziationen sondern auch um überdrehte Schrauben bzw. defekte Gewinde und Drummaterial gehen:
Als junger Mann (so wie vermutlich viele von uns sozialisiert wurden) habe ich nahezu alle Schrauben der Drumhardware fest bis sehr fest angezogen. Es kam dann wenn ich es recht entsinne Anfang der Neunziger zu einem Schlüsselerlebnis. Ein Markenhersteller-Galgenarm „zerbröselte“ teilweise vor meinen Augen beim Zu fest!-Drehen der Flügelschraube. Da war mir klar: diese Kraftmeierei ist Bullshit.
Aber: der dick geschwollene Finger (wie vorab erwähnt: biographisch viel später) vor einigen Jahren machte mir deutlich: man kann noch wesentlich schonender mit Körper und Drummaterial umgehen.
Dazu kam vor ca. einer Dekade die Pearl Vision-Serie mit der ersten Version der 900´ Hardware. Die Serie mit den berühmt-berüchtigten zerbrechlichen Kunststoff-Inlays. Fast jeder Drummer der diese Hardware hatte, hat damit “Dinge erlebt“.
Spätestens in Summe dieser Erfahrungen ist gegenüber Drumschülern und Kollegen in den letzten Jahren ein von mir inflationär angewendeter Satz:
„Nur leicht anziehen, das reicht völlig!“
Nur noch getoppt durch den Satz „oft üben“... in Bezug auf wichtige Unterrichtsinhalte... hihihi
Diese Woche haben völlig unabhängig voneinander 2 super-nette Drumschüler diesen Satz überhört. Also den erstgenannten
Der erste überdrehte am Montag das Gewinde zur Fixierung des Hihat-Mittelrohrs. Der zweite Heute! das Gewinde der Memoryclamp der Hihat. Beide im wohlgemeinten Bemühen die Höhe der Hihatbecken zu verändern. In beiden Fällen hoffte ich, dass „nur“ die Schrauben (ruiniert) überdreht sind. In beiden Fällen sind diesmal die Schrauben intakt geblieben, aber die Gewinde leider zerstört.
Es ist ein langwieriger Lernprozeß. Im individuellen Leben wie auch in der Wissensvermitttlung in der Drumcommunity. Deswegen dieser Thread. Es erscheint so banal, als würde einer in die Selbsthilfegruppe für Übergewichtige rufen „Zu viel Zucker und Bewegungsarmut machen dick“ … und doch schauen mich massig Kollegen immer so an, als hörten sie die Botschaft das erste Mal, oder als sei ihnen die Message wohl bewußt, aber sie gehörten definitiv nicht zu denen, die zu fest andrehen. Also als können sie! mit diesem mahnenden Hinweis nicht gemeint sein
Nochmals (sonst wäre der Thread trivial):
Die Mehrzahl von mir angesprochener zieht höllisch fest an, verneint aber, wenn ich darauf aufmerksam mache, das dies spätestens on the long run Folgen haben wird, vehement, zu jenen die zu fest anziehen zu gehören.
Ich sehe allerdings sofort am „Drehimpuls“ und an dem Grad der Umdrehung(en), dass soeben!wahrscheinlich überdreht wurde. Das sind simple Erfahrungswerte. Manchmal kommt noch ein akustisch hörbares "Knirschen" dazu Dann kann man schon fast eine Wette abschließen, was passiert ist.
Mal dem Skeptiker noch ein weiterer Denkansatz:
Was wäre das schlimmste, was passieren kann wenn man künftig gegenteilig handelt? Also im Zweifel einen Hauch zu soft anzieht?
Im Worst Case rutscht irgendwann beim Spiel die Snare, oder der Beckenarm oder die Hihat etwas nach unten. So what. Dann justiert man es nochmal und zieht minimal! fester.
Die Ausfälle/Schäden des Zu fest-Anziehens (siehe Threadtitel) sind numerisch und nachweislich wesentlich größer (etwaige körperliche Effekte mal ganz weggelassen, da sicher nur wenige Drummer so viel herumschrauben wie in meiner Biographie). Ausgefranste Gewinde, zerbröselte Hardware, aufgeplatzte Kunststoff- oder Nylon- Inlays bzw. der rohrschonenden Elemente, massive Entwertung der Hardware (ein Wiederverkaufswert geht massiv nach untenl) etc. etc.
edits: Rechtschreibung, Bilder, Satzumbruch und wieder massig Rechtschreibung in vielen Einzelschritten da oftmals im Keller und dann wieder hoch zum PC etc.