Hallo, da bin ich wieder...
Ziemlich genau zwei Jahre ist es seit meinem letzten Schlagzeug-Bastel-Projekt her und es juckte mich seit einiger Zeit wieder gehörig in den Fingern. Auch wenn ich kein wirklich aktiver Forenschreiberling bin, schau ich doch immer wieder gern hier rein - und als ich vor einiger Zeit Bruzzis Fassbaukessel hier sah, hab ich mich mit steigendem Interesse in die Materie eingelesen - und irgendwann stand der Entschluss fest, "das mach ich auch...".
Da ich in der Zwischenzeit wieder aus der Mietswohnung in ein altes kleines Bauernhaus umzog, zu dem auch ein kleiner etwas baufälliger Stall gehört, den ich zu einer Werkstatt umfunktionierte - passten jetzt auch endlich die Voraussetzungen.
Einziges Manko: Eigentlich brauch ich gar kein zweites Schlagzeug - und die finanziellen Mittel sind im Moment auch nicht so, dass ich mal so eben ein paar hundert Euro für meinen Splin ausgeben könnte. Also stand der Entschluss fest, das ganze darf, abgesehen von ein paar Euros, absolut gar nichts kosten - upcycling in Reinform war angesagt...
Geplant sind also Kessel aus Fassbauweise, wobei das Holz von alten Schränken oder Tischen herhalten sollte.
Vor einiger Zeit hatte ich als Techniker einen Schlagzeuger, dessen Set komplett in Freefloating gebaut war (wie Sleishman Drums). Das Set klang absolut fett und rund - außerdem spart man sich auf diese Weise die Böckchen. Die Hardware wird also auch komplett selbst hergestellt. Das wären also Woodhoops, Freefloatingreifen und Distanzbolzen sowie Tomhalter.
Als erstes schaute ich mich nach dem richtigen Holz um. Durch Bruzzis Beiträge hier motiviert, fand ich im Nachbardorf über eBay Kleinanzeigen eine nette Schrankwand mit massiven Eichentüren zu verschenken - kein Gelsenkirchener Barock sondern neunziger Jahre Chic...
Ich also hin, das Monster begutachtet, über beide Backen gestrahlt, das Ding zerlegt und im Hänger nach Hause gefahren. Wer jetzt über die schöne Schrankwand heult - also ich find sie grässlich, außerdem war sie in miserablem Zustand. Die Verbinder teilweise ausgebrochen und die Dekoroberflächen total abgewetzt und zerkratzt. Allerdings sind die Türen in Eiche mit 19mm Stärke echt schön und brauchbar, ohne Äste und in gutem Zustand - aber etwas dünn. Für Toms und Snares in Fassbauweise gerade noch OK, aber ne Bassdrum... ???
Also hab ich weitergesucht und das hier gefunden:
Ein alter massiver Eichentisch, fast 4 cm stark - einziger Nachteil, die Riegel waren alle unterschiedlich Dick und zudem nicht einmal parallel... Also wurde die Platte mit Tauchsäge und Führungsschiene sorgfältig zerlegt - und dann wurde gepuzzelt und geleimt, bis ich 14 etwa gleichbreite Dauben hatte.
Dann wurde gerechnet und gerechnet, denn irgendwie mussten die Maße der Türen ja zu den gewünschten Kesseln passen... Nach ein paar Stunden und einigen zerrissenen Blättern hab ich dann eine Exceltabelle zum berechnen der Dauben erstellt - wer will darf sie auf eigene Verantwortung gerne benutzen, ihr findet sie hier. Einfach Durchmesser in Zoll, Anzahl der Dauben und Optimierung (ein Kessel ist in der Regel ein paar mm kleiner als das genaue Maß in Zoll) eingeben und die Tabelle spuckt die breite der Dauben und den Winkel aus.
Nachdem ich glücklich alles berechnet hatte, wurden die Dauben mit etwas Zugabe zugesägt, das Ergebnis sah dann so aus:
Ach so, geplant ist eine 22"x18" Bassdrum, 12"x8" und 13"x9" Toms sowie 14"x14" und 16"x16" Standtoms.
Dann wurde auf einer Seite der Bretter mit der Abrichte der Winkel gehobelt. Um das ganze hundertprozentig auf Maß zu bringen wurde für die andere Seite eine Vorrichtung für die Oberfräse gebaut:
Das Ergebnis passt!
Dann wurden die Dauben sortiert und angeordnet und an den Außenseiten mit Klebeband sorgfältig zusammengefügt...
... dann umgedreht und verleimt. Von diesem Arbeitsschritt gibt es leider keine Bilder, da der Leimvorgang dann doch etwas schneller vonstatten gehen sollte.
Der Leim meiner Wahl war Soudal pro 40 - ein PU Leim. Vorteil: Der Leim quillt in Spalten etwas auf. Selbst wenn ein Winkel nicht 100% sein sollte und daher ein kleiner Spalt entsteht, sollte die Verbindung stabil sein. Außerdem ist der Leim absolut wasserfest und die Leimstelle bombenfest.
Bei PU Leim sollte man nur unbedingt darauf achten Schutzhandschuhe zu tragen und evtl sogar eine Atemschutzmaske wie beim Lackieren. Der Kleb löst sich nur mitsamt der Haut von den Händen. Außerdem haben viele Sorten nur eine sehr kurze Verarbeitungszeit von 5 Minuten, was für mich zu kurz wäre. (Soudal pro 40 hat z.B. 15Minuten Verarbeitungszeit, Soudal pro 45 nur 5 Minuten)
Die Dauben wurden dann mit Raschgurten zu Kesseln gepresst:
Das Ergebnis:
Nun sollen die Kessel natürlich noch rund werden. Aus ein paar Resten MDF hab ich mir dazu eine Fräsvorrichtung gebaut, die, wenn man den Kessel über die unter dem Tisch montierte Fräse dreht, diese auch automatisch pro Umdrehung ein paar mm weiter schiebt. Dazu werden die Kessel zwischen zwei dem Durchmesser entsprechenden Holzscheiben geklemmt und über eine M10 Gewindestangenachse gezogen. Die Vorrichtung wurde direkt für jede Kesselgröße in einem konzipiert. Der Gewindestab läuft in Alubuchsen.
Gestern war dann die Vorrichtung zum Ausfräsen der Innenseite dran, hier zieht mein kleiner Akkuschrauber die Oberfräse über ein M8 Gewindestab nach vorne, während der Kessel von Hand über die Bockrollen gedreht wird. Die Konstruktion ist noch etwas wackelig und das Ergebnis OK aber nicht perfekt - ich Überlege im Moment, wie ich das Ganze verbessern könnte...
So, das wars vorerst von mir, Updates folgen sobald sich was getan hat, Kommentare und Verbesserungsvorschläge sind natürlich gern gesehen.
CU, Martin