Musikmesse 2016 - war es das jetzt?

  • Eins sollte man sich auch klar machen.
    "Echte" Instrumente spielen, Bands und handgemachte Live Musik sind keine Zukunftsfelder mehr.
    Die Zukunft liegt in DJs und Musikproduktion am Computer ohne (lästige) Musiker, die noch so analoge Instrumente wie Drums, Gitarren, Bässe etc bedienen.
    "Live" werden dann nur noch Leute benötigt, die Controler für DAWs und Loopstations bedienen können und das gewünschte Halb bis Vollplayback starten.
    Beim Gesang geht es ja derzeit auch massiv in Richtung Live Autotune und Harmonizer, so dass jeder Honk halbwegs klingt, wobei es sowieso schon genug Musiksternchen als Sänger(innen) gibt, die durch eingängiges Karaoketraining und motiviert durch Castingshow bereit stehen, alles was irgendwie Quote macht, wiederzugeben.
    Das ist halt die Realität und die Folge von YouTube,Streaming und Musik mit immer größerer Austauschbarkeit, die eben nur noch von Producern und DJs generiert wird.
    Und der ganze Bereich, der noch Dinosaurier like daneben bzw am Rande existiert, ist halt nur noch Nische und kein Wachstumsmarkt.
    Schaut euch mal bei den Kids um, wie viele heute noch mit Bands rummachen und wie viele stattdessen nur zu Halbplaybacks und Computerloops musizieren.
    Seh ich ja tagtäglich an der Musikschule...
    Nicht ohne Grund ist der einzige Bereich auf der MuMesse, der nicht gewaltig geschrumpft ist, der Bereich Computer/DJ...

  • Das Abendland geht bereits seit einigen Jahrtausenden unter. Proof?


    Da hast Du mich aber gänzlich missverstanden bzw missinterpretiert.
    Ich habe nicht die Jugend gescholten sondern beschrieben, was sich seit nunmehr einem Jahrzehnt sukzessive entwickelt.
    Du greifst einen Aspekt raus, simplifizierst ihn bzw verdrehst einfach die eigentliche Aussage. Typisch Internet!
    Aber natürlich kann man ja auch die Augen vor Entwicklungen verschließen und mit Platitüden alles beiseite wischen.
    Dass die Schülerzahlen an Musikschulen sinken, ist Fakt.
    Dass in der Musikproduktion bzw im Musikmarkt Instrumentalisten und Bands zunehmend verschwinden, ist Fakt.
    Schau Dir mal die Top 100 Chart Single und Longplay der letzten 15 Jahre unter dem Aspekt an:
    -"Ist eine Band"
    -"Es werden Instrumente von Hand gespielt (und nicht nur als add-on drüber gelegt)"
    -"Der Sänger/Sängerin singt ohne Autotune/Melodyne Correction"
    Da sieht man eine ganz klare Tendenz

  • Es ist einfach so, dass die heutige "Jugend" sich aufgrund des übergroßen Angebots nicht mehr intensiv genug mit der Musik auseinander setzten kann. Die ist allerdings nicht "Schuld" der Jugend oder Kinder. Sie bekommen es so vorgelebt. Ich bin damals mit 2-3 CDs gestartet und hatte die Chance mich intensiv damit zu beschäftigen. In Zeiten von Spotify etc. leider keine Chance mehr... Ich ertappe mich ja selber dabei andauernd die Songs und Interpreten zu wechseln und die Musik teilweise viel zu oberflächlich zu hören.

  • Also ich hab mich das länger schon gefragt ob die Schülerzahlen am Musikschulen wirklich sinken.
    Deswegen hab ich mal ein bisschen gegoogelt:
    Anzahl der Schüler aller Schulen des VdM von 2000-2014: http://www.miz.org/downloads/statistik/6/statistik6.pdf
    Gesamtetat der Schulen des VdM von 2000-2014: http://www.miz.org/downloads/statistik/125/statistik125.pdf
    Anzahl der Mitgliedsschulen des VdM 1952-2014: http://www.musikschulen.de/mus…m-musikschulen/index.html


    Was ich da sehe ist höchstens schleppender Wachstum, aber nicht wirklich ein Rückgang. Was die Schüler angeht boomt es tatsächlich regelrecht, allerdings wird auch in der Statistik darauf hingewiesen dass das an der Erweiterung der Grundfach-Angebote für Kinder unter 4 Jahren liegt. Heißt der Boom ist eher für die Pädagogen.


    Dass "traditionelle" Instrumente des Rock,Pop und Jazz auf dem Rückgang sind ist eine wie ich finde völlig natürliche Entwicklung. Technologischer Fortschritt betrifft auch die Welt der Musikinstrumente, und dass sich neue Arten der Klangerzeugung langfristig durchsetzen war so wie ich das sehe auch noch nie wirklich anders.

    (19:45:39) _kaotical_: ich wollte schon immermal in irgendwessen signatur
    (01:13:44) seppel: unglücklich sein hat eine ganz besondere qualität. hält länger an als glücklich sein. das muss man auch mal positiv sehen.
    (21:32:33) Drummingguitaris: gube, hast du brüste? wenn ja, hoffe ich dass du ein mann bist

  • Die ist allerdings nicht "Schuld" der Jugend oder Kinder.


    Hat eigentlich niemand gesagt sondern hat nur Hajo K einfach draus gemacht.
    In eine Schulddiskussion sollte man gar nicht einsteigen.
    Ich habe lediglich Entwicklungen beschrieben.
    Deine Ausführungen zu gänzlich verändertem Musikkonsum durch Spotify und YouTube sind aber sicherlich richtig.
    Ich habe letzte Woche eine kleine Drumvorführung vor einer 8. Klasse eines Gymnasiums gemacht.
    Auf die Frage, welche Musik sie denn gerne hören, konnte nur eine einzige Schülerin was nennen.
    Die anderen sagten nur, dass sie Spotify und YouTube hören.
    Die Musikrezeption ändert sich gerade fundamental und da geht es dann nicht um Schuld sondern um simple Erfassung von Fakten.


    Übrigens finde ich es auch nur noch bedingt lustig, wenn man von Leuten aus dem Publikum gefragt wird, ob man denn nicht spontan mal den Titel xyz spielen könnte und auf die Verneinung die Reaktion erhält, dass der DJ damit kein Problem hätte und nur Musiker sich so anstellen würden...
    Da reden wir nicht von Jugendlichen sondern von jungen bis mittelalten Erwachsenen...
    Viele Leute realisieren bereits heute schon nicht mehr den Unterwchied zwischen Konserve und mit einer Band live gespielter Musik...


  • 1. der VdM sind nur die städtischen und kommunalen Musikschulen. Die sind aufgrund ihrer günstigeren Unterrichtsgebühren immer gut frequentiert.
    Spricht man mit dem Verband der privaten Musikschulen, sieht es schon anders aus. Insofern sind die Zahlen des MIZ eben nur die halbe Wahrheit.
    2. in diese Zahlen fließt auch Jeki bzw Jekids ein, was die Zahlen nach oben treibt. Ich kenne diese Statistiken aus dem MIZ, die sich aber irgendwie nicht mit dem decken, was Kollegen allerorten schildern. Ich würde gerne mal sehen, wie die ganze Sache bereinigt aussähe, wenn man nur die Unterrichtsangebote betrachtete, die es über die vielen Jahre auch durchgängig gab bzw die klassischen Instrumentalunterricht und nicht Jeki & Co beinhalten
    3. Wenn man sich mit den Musikschullehrerkollegen unterhält, schildern durch die Bank ALLE, dass der absolute Großteil der Schüler nicht mit anderen zusammen musizieren (wollen).


    Ich saug mir das ja auch nicht aus den Fingern, sondern stehe in Kontakt mit Dutzenden von Lehrerkollegn und das bundesweit und alle sagen das gleiche...
    Ich kenne mindestens ein Dutzend privater Musikschulen, die Berichten, dass sich das her Schülerzahlen in den letzten 5 Jahren zwischen 10-25% reduziert haben...

    2 Mal editiert, zuletzt von drumdidi ()

  • Hi Drumdidi,


    mag sein, dass ich Dich falsch verstanden habe. Mir war und ist klar, dass Du vom Fach bist und Dich aus Deiner Lehrtätigkeit natürlich auf Fakten stützt. Was mich erheblich an Deinem Post gestört hat, war …

    Ich habe lediglich Entwicklungen beschrieben.

    … dass Du eben nicht Entwicklungen nüchtern beschrieben, sondern sie - zumindest in meiner Lesart - beklagt hast. Ich bin selbst ein Kinder der 80er und es freut mich, dass die MuMe mal ihre große Zeit hatte, aber das Gejammer geht mir auf den Keks. Wir erleben halt die ganz normalen Umbrüche und Jahrzehntmoden. (Zum Beispiel die Mode der Eltern, ihre Kindern zu mehreren ganz unterschiedlichen Freizeitaktivitäten zu motivieren, sodass den Kids kaum Zeit für Fokus bleibt.)


    Es liegt auf der Hand, dass mit dem Einzug von E-Drums in die Wohnzimmer und von Computern in die Studios weniger in unserer Welt der akustischen Instrumente los ist. Und dass dann am Ende Hersteller ihre Konsequenzen ziehen. Mein Lehrer hat mir auch davon berichtet, dass sich Produzenten freuen, wenn sie mal das Geld haben, einen "richtigen" Drummer zu buchen. Das alles muss sich letztlich auf den Instrumentenmarkt auswirken.


    Auch wenn mich selbst einige Entwicklungen schmerzen (zum Beispiel, dass es aktuell wohl den von Dir beschriebenen Trend weg von der Band gibt), bin ich letztlich Optimist: Auch in Jahrzehnten werden sich Kids zu Bands (oder was auch immer dann eine Gruppierung von Menschen sein wird, die zusammen Musik machen (womit auch immer)) zusammenfinden. Werden Menschen den Spaß an handgemachter Musik (ob mit akustischen oder elektronischen Instrumenten) entdecken und schätzen. Und es wird Menschen geben, die sich statt plastikhafter Darbietung genau dies live geben wollen.


    Es kann sein, dass dies mit der gesellschaftlichen Ausdifferenzierung eben kleinere Zahlen von Menschen sind. Sei's drum …


    meint und grüßt
    Hajo K

  • Also ich kann nicht bestätigen, das an Musikschulen weniger Schüler gibt,
    es gibt nach wie vor einen großen Ansturm auf Gitarre, Klavier und bischen Schlagzeug.


    Wenn die Zahlen zurück gehen ligt das außschließlich an Ganztagsschulen :(


    Aber es gibt ja immernoch junge Musikverückte wie mich, die eine Jazz Platte aufm IPhone 50 mal hören.


    Spotify ist ein Scheiss :huh:


    LG
    Konstantin

  • Nicht ohne Grund ist der einzige Bereich auf der MuMesse, der nicht gewaltig geschrumpft ist, der Bereich Computer/DJ...


    Das könnte aber auch vor allem daran liegen, dass in dem Bereich noch echte Fortschritte gemacht werden, oder? Was Innovationen angeht, tut sich halt bei den "traditionellen" Instrumenten eher wenig, was soll sich auch bei einem Schlagzeug oder einer Gitarre noch großartig verändern? Selbst bei E-Drums passiert ja recht wenig momentan. Klar, es werden die neuesten Modelle vorgestellt, aber letztendlich bleibt alles beim Alten.
    Im Bereich Computer/DJ bin ich zwar gar nicht informiert, aber ich könnte mir vorstellen, dass es dort halt voran geht. Programme werden immer einfacher zu bedienen und liefern immer realistischere und bessere Klänge; Mischpulte u.ä. werden immer kleiner, leistungsstärker usw.


    Es ist einfach so, dass die heutige "Jugend" sich aufgrund des übergroßen Angebots nicht mehr intensiv genug mit der Musik auseinander setzten kann. Die ist allerdings nicht "Schuld" der Jugend oder Kinder. Sie bekommen es so vorgelebt. Ich bin damals mit 2-3 CDs gestartet und hatte die Chance mich intensiv damit zu beschäftigen. In Zeiten von Spotify etc. leider keine Chance mehr... Ich ertappe mich ja selber dabei andauernd die Songs und Interpreten zu wechseln und die Musik teilweise viel zu oberflächlich zu hören.

    Klar, die Problematik ist da, aber mir persönlich ging es auch so, dass erst so in den letzten 3-4 Jahren (bin momentan 18 ) angefangen habe, mich wirklich näher mit gewisser Musik und Bands zu beschäftigen. Das kann zum einen daran liegen, dass ich zu dieser Zeit selbst angefangen habe zu musizieren, zum großen Teil wie ich denke aber auch daran, dass man sich vorher auch auf musikalischer Ebene in einer Orientierungsphase befindet, in der man eher oberflächlich so viel wie möglich mal durchhört. Natürlich ist das nicht bei allen so, aber ich kenne einige Leute, bei denen das ähnlich war oder ist.
    Die Verlockung, Musik oberflächlich zu hören ist natürlich manchmal sehr groß, ich habe mittlerweile durch einige Freunde so viel Material an Musik auf meinem Rechner, dass ich gar nicht weiß, wo ich wirklich anfangen soll und deshalb bei einer Band oft nach dem allerersten Eindruck gehe und dann natürlich eher die Bands für mich entdecke, die ähnlich wie die klingen, die ich regelmäßig höre. Also auch eine große Auswahl kann einschränken.


    Schaut euch mal bei den Kids um, wie viele heute noch mit Bands rummachen und wie viele stattdessen nur zu Halbplaybacks und Computerloops musizieren.

    Ein großes Problem ist glaube ich aber auch der allgegenwärtige Leistungsdruck unserer Gesellschaft. Viele trauen sich gar nicht, in einer Band zu spielen, weil sie der Meinung sind, irgendwelchen Ansprüchen nicht gerecht zu werden. Das Traurigste daran ist ja, dass sie nicht nur eine ganze Menge Spaß, sondern auch eben Fortschritt verpassen. Als ich einmal im Musikunterricht mit Mitschülern etwas gespielt habe, die vorher noch nie mit anderen zusammen gespielt haben, war ich fast schon entsetzt wie wenig sie aufeinander eingegangen sind. Jeder zog so sein Ding durch, ohne in irgendeiner Weise auf den anderen zu achten. Und ich als Schlagzeuger hatte dann natürlich Spaß das irgendwie zusammen zu halten. Einfach "nur" Takt vorgeben war nicht, sobald die gespielt haben waren die in ihrer eigenen Welt :wacko:

    Spiel doch mal dynamisch! - Wie, dynamisch? Lauter kann ich nicht...

  • Zitat

    Das könnte aber auch vor allem daran liegen, dass in dem Bereich noch echte Fortschritte gemacht werden, oder? Was Innovationen angeht, tut sich halt bei den "traditionellen" Instrumenten eher wenig, was soll sich auch bei einem Schlagzeug oder einer Gitarre noch großartig verändern?


    Das wird wohl auch ein Grund sein.
    Das Thema hatten wir ja schonmal. Den Herstellern fällt nix mehr ein.
    Jedes Jahr wird auf Teufel komm raus eine neue Innovation angeboten, die eigentlich keine ist.
    Die kleinen Drumhersteller schießen aus dem Boden wie Pilze. Genauso schnell sind sie aber auch wieder weg.
    Bei den Becken meint auch jeder Yusuf Ahmet Murat was neues auf den Markt schmeißen zu müssen. Eintagsfliegen.
    Der Markt ist einfach übersättigt.


    Selbst der PC Markt stagniert.
    Seit Jahren werden immer kleinere Leistungssprünge für das gleiche Geld verkauft, wo man früher von einer Generation zur nächsten die doppelte Leistung bekommen hat.


    Zitat

    Die Verlockung, Musik oberflächlich zu hören ist natürlich manchmal sehr groß, ich habe mittlerweile durch einige Freunde so viel Material an Musik auf meinem Rechner, dass ich gar nicht weiß, wo ich wirklich anfangen soll


    Musik wird immer mehr zum Massenprodukt und vor allem als "Hintergrundgeräuschsapparat" missbraucht.
    Wer setzt sich denn heute noch bewusst hin und hört eine Platte von vorne bis hinten, nur um einfach mal genüsslich Musik zu hören?
    Die meisten lassen das Radio im Hintergrund dudeln. Und was läuft da? Drumloops, 3 Akkorde drübergeschrabbelt und irgendne Jammertante mit Pitchcorrect die drüberweint.
    Das muss natürlich möglichst wenig kosten in der Produktion. Gott sei Dank gibt es zur Zeit auch noch genügend Gegenbeispiele.
    Aber die Generation "Ich bastele 3 Loops, filme Cubase mit dem Handy ab und stelle es auf Facebook" kommt immer mehr hab ich das Gefühl.

  • Wow, hier wimmelt es ja regelrecht von Kulturpessimisten ;)


    Auch wenn ich selbst wohl inzwischen in der "alten" Generation angekommen bin, die die Jugend kulturell nicht mehr durchgehend versteht (das gehört wohl irgendwie dazu), habe ich Hoffnung, dass wir die archaische Kultur des gemeinsam Musik Schaffens erst zu Grabe tragen werden, wenn die Menschheit selbst am Ende ist.


    Als freigeistig sozialisiertes Individuum, geprägt vom musikalischen Schaffen der 70er und 80er, sehe ich bei der heutigen Jugend manchmal das Bild aus "The Wall" vor mir, wie Kinder im Gleichschritt entpersonalisiert über ein Fließband in den Fleischwolf marschieren. Nur dass nicht Eltern und Lehrer, sondern Medien und Unterhaltungsindustrie die Verantwortlichen sind.


    Selbst wenn wir tatsächlich am Beginn einer kuturell finsteren Epoche stehen, wie es sie in der Menschheitsgeschichte vermutlich schon unzählige Male gab, wird das vorüber gehen und irgendwann wieder ein Licht am Horizont zu sehen sein.


    Wahrscheinlicher ist es aber, dass Kultur sich von Generation zu Generation verändert. Wir Älteren versuchen zu retten, was in unseren Augen zu retten ist, die Jungen sch... sich nen Dreck um uns Ältere und suchen neue Ausdrucksmöglichkeiten, mit denen sie sich von uns abheben können. Welche Impulse vergänglich und welche kulturell prägend sein werden, können wir im Moment möglicherweise noch gar nicht abschätzen bzw. bestenfalls vermuten.


    Dass diese Dynamik, die so alt ist wie die Menschheit, auch die Märkte bestimmt, werden wir hinnehmen müssen, ob wir jetzt Konsument, Hersteller oder Musiklehrer sind. :)

  • All we hear is Radio Gaga...


    Da kommen so viele Faktoren zusammen, die einer Messe die Attraktivität rauben. Im Akustiksektor ist es sicher so, dass ne Trommel ne Trommel ist. Die ist rund, hat nen Reifen oben und unten, wenn man sie nicht stimmen kann, klingt sie Scheisse. Die nächsten zwei Jahre ist Retro und diese Cocktail Sets angesagt, danach kommen wahrscheinlich wieder die quadratischen Toms und Bombast-Sound, aber die Trommel ist immer noch rund (s.o.). Und dass man ein Becken auf zig verschiedene Weisen abdrehen, veredeln usw. kann und dass jedes Jahr jemand neues vom Bosporus angelaufen kommt, der das AUCH kann, aber keinen gescheiten Vertrieb, keine gescheite Qualitätskontrolle und kein Alleinstellungsmerkmal hat, motiviert auch nicht zum Messebesuch. Wirklich bahnbrechendes hat sich da in den letzten Jahren nicht ereignet. Zur Stagnation bei den E-Drums könnte uns trommeltotti ja was sagen (zeitgemäße VSTi-Simulationen :D) , aber der ist ja weg (gewollt oder ungewollt?). Ach so, und nix gegen Claus Hessler, Dirk Brand, und die üblichen Messebespaßer, aber jedes Jahr muss man die nicht sehen.


    Ich bin ja ein Kind der 80er, und da hat man halt auch seine musikalischen Heroes noch am Sound erkannt, der sehr häufig mit richtigen Instrumenten produziert und selbst gespielt und vor allem komponiert wurde. Es gab Musikrichtungen, über die man sich auch definiert hat. Die Rockbands konnte man sowieso alle auseinanderhalten, die sind halt auch nicht irgendwo am PC entstanden, sondern mussten sich einen eigenen Sound erarbeiten und sich dann mühsam durch Kneipen nach obern spielen und sich eine Fanbase erarbeiten. Wer die Gitarre hatte und sie halbwegs bedienen konnte, war irgendwie cool. Wenn das neue Album von xy rauskam, war das irgendwie ein Feiertag. Und im Fachblatt hat der Instrumentenbediener gelesen, dass Sonor seine neue Trommellinie rausbringt, die wollte man dann unbedingt mal in Augenschein nehmen. Also ins Geschäft, oder eben einmal auf die Messe gehen und sich vor das Gerät stellen, davon träumen und vielleicht auch mal kurz drauf hauen.


    Und heute? R'n'B war früher Rhythm and Blues, davon ist heute nix mehr übrig, vor allem kein Blues. Das ist heute eine Vermischung verschiedenster Genres, die von Speerspitzen wie Rihanna, Beyonce usw. getragen wird (nix gegen die Mädels, die können m.E. beide was). Musik verbreitet sich heute über das Internet, nicht mehr über Clubs. Sie ist jedem schnell und günstig zugänglich, das heißt dann auch, dass man Wege finden muss, sie schnell zu produzieren. Vor gefühlten 30 Jahren hat Run DMC mit Aerosmith Walk This Way neu aufgenommen, was damals legendärer Crossover war, ist heute ja gang und gäbe. Dieses Vermischen von Musikstilen macht man heute an Rechner, das ist billiger, geht schneller und klingt gleich sauber. Die Zeit, die man braucht, um EIN Instrument gescheit zu lernen, nutzen viele, um Musiksoftware so zu verinnerlichen, dass sie VIELE Instrumente abbilden können. Was natürlich zur Folge hat, dass in vielen Genres die Musik und auch deren Interpreten komplett austauschbar sind. Dann werden von den Herren Meister-DJs auch noch Samples von alten Hits genommen, UffZack drüber, und fertig ist der Hit, und die stimmlich eher unauffällige Jasmine Thompson gilt aufgrund von guter Studiotechnik als die Meisterinterpretin von "Ain't Nobody". Chaka Khan lebt ja noch, im Grab rotieren kann sie also nicht, aber... . Klar gibt es gerade in der Popmusik auch Ausnahmen, die auch mal mehr als ein Album lang Erfolg haben, einfach weil sie auch Wiedererkennungswert haben, ein Instrument beherrschen und einen eigenen Stil haben (Ed Sheeran, Taylor Swift), aber wenn ich mal zwei Stunden diese Jugendsender höre, da kann ich die Interpreten kaum auseinanderhalten (ein One Hit Wonder jagt das nächste), und vor allem höre ich seltenst mal ein Stück, das sich so anhört, als wäre es von einer Horde Musiker im Studio eingespielt worden. Wenn ein Jugendlicher heute meinen Lieblings Kollaborateur Pitbull (immer feat. XYZ 0815 123, selber kann er ja nix) geil findet, und er will auch so Musik machen, dann muss er sich dafür nicht mehr jahrelang ein Instrument draufschaffen, da kauft er sich das entsprechende technische Equipment und nach ner Woche kann er die krassen Beats (UffZack UffZack UffZack UffZack...) selber machen.


    Scheiß drauf, ich trommle trotzdem weiter, handgemacht macht einfach mehr Spaß!

    667 - The Neighbour Of The Beast!!

    Einmal editiert, zuletzt von Druffnix ()

  • Und dann kommt da so ein Jacob Collier, der diverse Instrumente spielt, singt und auch noch editieren und das ganze per Internet vermarkten kann, und schon ist die Musikwelt nicht mehr ganz so trist.


    Danke für den Tipp. Was ein Typ...

    (19:45:39) _kaotical_: ich wollte schon immermal in irgendwessen signatur
    (01:13:44) seppel: unglücklich sein hat eine ganz besondere qualität. hält länger an als glücklich sein. das muss man auch mal positiv sehen.
    (21:32:33) Drummingguitaris: gube, hast du brüste? wenn ja, hoffe ich dass du ein mann bist

  • Die meisten lassen das Radio im Hintergrund dudeln. Und was läuft da? Drumloops, 3 Akkorde drübergeschrabbelt und irgendne Jammertante mit Pitchcorrect die drüberweint.

    Musik ohne Ecken und Kanten eben, mit der man sich nicht beschäftigen muss um sie zu "verstehen" und die so simpel gestrickt ist, dass sie nach dem allerersten Hören direkt im Kopf bleibt.

    Auch wenn ich selbst wohl inzwischen in der "alten" Generation angekommen bin, die die Jugend kulturell nicht mehr durchgehend versteht (das gehört wohl irgendwie dazu), habe ich Hoffnung, dass wir die archaische Kultur des gemeinsam Musik Schaffens erst zu Grabe tragen werden, wenn die Menschheit selbst am Ende ist.

    Das sehe ich genau so, Aussterben wird es wohl nie. Grundsätzlich muss man sich natürlich auch fragen: Ist nur am PC gemachte Musik etwas schlechtes? Wie so ziemlich allen hier fehlt mir natürlich dort auch die gewisse Lebendigkeit, die echte Musiker eben erst erschaffen, aber eigentlich ist ja erlaubt, was gefällt. Und wenn es eben vielen gefällt, finde ich es zwar auch schade, aber das muss man dann eben akzeptieren. Das Radio ist ja auch keine Propaganda-Maschine, das uns vorschreibt, was wir hören sollen, es wird eben das gespielt, was gefragt ist.

    Spiel doch mal dynamisch! - Wie, dynamisch? Lauter kann ich nicht...


  • Danke für diesen Beitrag!


    Da mich dieser Kulturpessimismus auch umschleicht, habe ich mit Freude deine Sicht gelesen und lasse mich gerne mit solchen Meinungen "aufhellen".

  • Ist nur am PC gemachte Musik etwas schlechtes? Wie so ziemlich allen hier fehlt mir natürlich dort auch die gewisse Lebendigkeit, die echte Musiker eben erst erschaffen


    Gleichzeitig drückt Musik aber auch das Lebensgefühl ihrer Generation aus, und im Moment haben halt impulsive Lebendigkeit, die auch mal Umwege nimmt, weniger Konjunktur als angepasstes, leistungsorientiertes, "effizientes" Vorankommen. Daher ist die heute dominierende Musik doch auch wieder ziemlich authentisch ;)

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