Hallo allerseits,
mich beschäftigt gerade die Frage, ob andere ebenso starke musikalische Veränderungen in ihrem Leben mitgemacht haben, wie ich und damit auch die Frage, wie der Einzelne damit umgeht, auch wenn's ums Schlagzeugspiel geht. Klingt erst mal recht undeutlich/wirr - ich weiß - , daher hier mal (hoffentlich) genauer, wieso mir das gerade durch den Kopf schwirrt.
Es gab Zeiten, da war bei mir lauter, härter, schneller angesagt. Nach den ersten Pop-Erfahrungen der 70er/80er ging es über Rockmusik und Independent zu Hardrock, zu Metal/Industrial Metal, Hardcore und Hip Hop. Dann kam aber auch wieder ein Sprung zurück zu Rockmusik, Stoner-Rock und dann kam plötzlich parallel Funk und Fusion dazu, und (mit 19) war ich dank dieser beständigen Hin und Hers zügig im Jazz gelandet. Von dort habe ich aber immer wieder Sprünge zurück zu Rockmusik (hauptsächlich 60er/70er) gemacht, zu Country (Johnny Cash), Soul, zu einigen Pop-Sachen und Bossanova, Rock'n'Roll, Blues, die Klassik mit Verdi, Beethoven, Händel & Co. ist auch schon laaaange im CD-Regal. Also ein wildes Sammelsurium an Stilen, die ich musikalisch im Laufe meines Lebens beackert habe. Meine CD-Sammlung ist jedenfalls umfangreich, mein Musikgeschmack recht breit gefächert.
Was ich dabei aber ganz kurios finde ist, dass ich einige Sachen, die ich einst "ganz ganz schlimm" fand, nun doch ganz gerne hören mag. Wenn im Radio z.B: REM mit "Losing my Religion" läuft, Phil Collins' "Easy Lover" oder Simply Red mit "Stars", dann Summe ich mit. Vor zwanzig Jahren, als ich Sepultura und sowas hörte, undenkbar für mich. Und mir bringt es inzwischen auch Spaß, zu solchen Liedern zu drummen, weil sie einen guten Groove haben. Das bedeutet aber auch im Umkehrschluss bei mir, dass bestimmte Stile, zu denen ich früher gerne musiziert habe, eigentlich nicht mehr spielen mag (Metal z.B. oder diverse Hardrock-Sachen).
Nun FRAGE (1) ich mich: Haben andere ähnliche Erfahrungen gemacht und wie geht ihr damit um (vielleicht auch in der Band)?
Insbesondere bei Berufsmusikern (aber auch sonst) stellt sich mir da die FRAGE (2), ob die Musiker in solch einem Fall ihr "Stilmetier" dann freudig oder frustriert wechseln - was wieder bedeutet, neue Kontakte aufbauen, Renomée etc - oder in den ganz ganz sauren Apfel beißen und bis auf ihre alten Tage dann z.B. Metal spielen, weil sie da einen Namen haben und halt gebucht werden, oder aber ob sie zweigleisig fahren (können): Das eine als "Grundnahrung", das stilistisch neue als "Seitenprojekt", bis es Geld abwirft.
Und damit komme ich zum nächsten Punkt, der mir dabei aufgefallen ist. Zu den Zeiten als ich ohne Ende Rockmusik und Metal hörte, war ich bei Schlagzeugspielen sehr auf Fills, Tempo, achtarmiges Krakenspiel fixiert. Viele Toms und viele Becken waren super, Doppelbassdrum sowieso. Trommelgewitter à la Igor Cavalera (Sepultura), ja, das hatte was. Und nun?
Nun stelle ich zunehmend fest, dass mich dieses ganze Gefrickel immer weniger interessiert. Ich will lieber einfach aber gut grooven. Wenn wenige, aber dafür kreative, gute Fills da sind, fühle ich mich recht wohl. Ich habe mich spielphilosophisch - vielleicht etwas übertrieben ausgedrückt - so langsam in Richtung Ringo Starr entwickelt diesbezüglich. Hauptsache der Rhythmus (und eine gute Bassdrum) schieben das Lied voran. Anstatt wie früher sechs Toms als ideal oder gar zwingend notwendig zu empfinden, bin ich heute mir zweien völlig glücklich, drei Toms ist bei mir schon pompöser Luxus. Ein Ride, zwei Crashes, 'ne Hihat, ein Splash. Damit kann ich eigentlich alles machen, was ich brauche für meine - im Vergleich zu früher - gemächliche (vielleicht besser: weniger getriebene, posermäßige) Spielweise. Liegt das am Alter , an Einsicht , an Faulheit , am "ankommen beim eigenen Stil?" ? Ich weiß es nicht einzuschätzen.
Daher die FRAGE (3): Sind eure Drumsets im Laufe der Zeit eher größer oder kleiner geworden, gemäß eurer "Spielentwicklung" und Spielphilosophie"? Gab es bestimmte Momente, wo ihr einen Wechsel in eurem "Drummingverständnis" bei euch feststellen konntet?
Viele Fragen, aber vielleicht kommt ja was interessantes beim Meinungsaustausch für alle dabei raus.
Hmm...ich hätte heute im Probenraum vielleicht mehr spielen und weniger denken sollen...