Tap-Geschwindigkeit: Genetisches Speed-Limit?

  • Hey Leute,



    ich muss mal eine Frage loswerden bzw. möchte eure
    Erfahrungen zu dem Thema wissen. Es geht mal wieder um die bereits vielfach
    diskutierte (oft alberne) Frage der Handgeschwindigkeit. Nur dieses Mal möchte
    ich gerne eure Ansichten zum Thema genetische Komponente dazu wissen.





    Kurze Historie: Ich spiele seit 15 Jahren Schlagzeug, davon
    die ersten 8 mit Unterricht. Die Rudiments und verschiedenste Arten technischer
    Übungen kenne ich und sie waren stets integraler Bestandteil meiner Übungszeit.
    Techniken wie Free-Stroke, Rebound, Gladstone, Moeller, Finger-Control, , etc.
    übe ich ebenfalls seit 12 Jahren. Ich hatte Masterclasses bei Benny Greb, Jojo
    Mayer und anderen Drummern. Die Lehrer und Drummer, mit welchen ich über die
    Jahre zusammen gearbeitet habe, habe mir alle eine gute Technik attestiert. Ich
    spiele locker und effizient, so dass ich auch nach mehreren Stunden Spielen keine
    Schmerzen, Verspannungen oder ähnliches habe. Ich spiele Schlagzeug als Hobby
    und für mehrere Bands.





    Folgendes war Auslöser bei mir: Ich habe schon immer das
    Gefühl gehabt, dass meine Handgeschwindigkeit sehr schnell am Limit ist. Gerade
    bei Hihat-Grooves komme ich regelmäßig an meine Grenze (circa ab 160bpm 8tel fängts
    an, absolutes Maximum ist dann 175bpm). Durch Moeller-Technik und
    Pumping-Motion fällt es leichter, das Tempo zu halten, aber schneller wird es
    dabei trotzdem nicht. Auch mit Finger-Control kann ich das Tempo halten, aber
    auch hier kommt die Geschwindigkeit an die gleiche Grenze. Oft „kompensiere“
    ich das, indem ich meist Hand-to-Hand auf der Hihat spiele oder ähnliches, aber
    das klingt halt auch nicht gleich. Schnelle 32tel Fill-Ins über Toms spiele ich
    einfach nicht und nutze dafür immer Hand-Fuß-Kombinationen oder ähnliches.





    Aus Spaß habe ich dann meiner Freundin mal Sticks in die
    Hände gedrückt und meinte, sie sollte mal so schnell wie möglich mit einer Hand
    Einzelschläge spiegeln. Ich war ziemlich verwundert, denn sie hat ohne Übung
    (natürlich nicht ganz gleichmäßig) locker über 50% mehr Geschwindigkeit gehabt. Auch
    andere Freunde habe ich das machen lassen und siehe da: Wirklich alle (!!!)
    Freunde können schneller mit einer Hand Einzelschläge spielen als ich. Ziemlich
    deprimierend. Gemeint ist damit die reine „Tap-Geschwindigkeit“.





    Klar, das hat nicht zwingend etwas mit einer guten Technik
    zu tun. Saubere, gleichmäßige und entspannte Technik ist ja unabhängig davon.
    Ich würde von mir behaupten verschiedene Stile musikalisch und gut bedienen zu
    können. Auch Double-Stroke, Paradiddles, etc. kann ich technisch gut umsetzen. Nur
    halt nicht schnell. Trotz dessen ärgert mich, dass ich bei bestimmten Stilen
    wie sehr schnellen Bossa-Nova oder Jazz-Passagen passen muss.





    Daher meine Frage: Was meint ihr? Ist die reine „Tap-Geschwindigkeit“
    genetisch unterschiedlich zwischen den Menschen? Ist sie irgendwann am
    genetischen Limit angelangt? Was ihr damit für Erfahrungen gemacht? Vor allem,
    die die Unterricht geben: Merkt ihr da signifikante Unterschiede zwischen den
    Schülern?

  • Hi,


    ich habe auch dieses Gen :)


    Nein, im Ernst, sehr interessante Frage, die mich als mehr- oder weniger-Anfänger auch interessiert ....


    Gruß,
    b.

  • Ich glaube nicht, dass Genetik einen wesentlichen Einfluss hat. Sicher sagen kann ich das nat. nicht. Ich kann mir aber vorstellen, dass der Charakter in gewissen Maßen was damit zu tun hat. Dass Phlegmatiker oder Melancholiker schon vom inneren Antrieb her "im Speednachteil" sind gegenüber Cholerikern (plump formuliert).
    Jojo sagte auf seiner Handtechnik-DVD, dass die erreichbare Geschwindigkeit s. E. auch davon abhänge, wie schnell man DENKEN kann. Als Beispiel bzw. Übung hat er dann meine ich vorgeschlagen zu schauen, wie schnell man die Offbeats (eines Singlestrokerolls) DENKEN bzw. sprechen kann. Wäre quasi eine ähnliche Schiene.


    Ich glaube allerdings, wenn man extreme Einzelfälle / Talente mal aus der Statistik streicht (ich kenne auch einen Saitenquäler, der sich mal ans Set setzte und einfach so tierisch schnelle BD-Doubles hämmern konnte und auch sonst schon beachtlich gegroovt hat, tsss ... Glückskind), dass es ganz überwiegend darauf ankommt, in welchem Alter man anfängt zu üben und WIE man übt. Tempo für Singles / Doubles zu üben ist glaube ich außerdem was anderes bzw. verlangt eine andere Überoutine als Technik oder Schlagfolgen (Paradiddle, Flams etc.) zu üben.


    Ich hab mit Tempo auch immer meinen Schaff gehabt (und bin bis heute absolut kein Tempohexer). Am Rande etwas, das mich (glaube ich) etwas weitergebracht hat: die Amplitude des Sticks / Schlags verkleinern und mehr "auf Ausdauer" üben, soll heißen nicht immer nur 5 oder 10 Sekunden Highspeed versuchen (und dann krampfen), sondern öfter mal für mehrere Minuten bei vielleicht 80-90% des persönlichen Limits spielen (am Pad oder auch gut: Ride). Und: mal ein Ride auf die schwache Seite (für Rechtshänder links) hängen und das langfristig beackern. Ist auch noch mal was ganz anderes, als auf dem Pad (mit links) zu spielen.

  • Haha, willst du mir damit sagen, dass ich ein langsam
    denkender Phlegmatiker bin?! :D





    Ja die Jojo Mayer DVD habe ich auch gesehen und viele der
    Übungen umgesetzt.



    Naja, technisch gesehen hat ja auch die Genetik
    entscheidenden Einfluss auf Denkgeschwindigkeit und Persönlichkeit, womit wir
    letzten Endes auch wieder beim genetischen Einfluss landen…





    Ich meinte aber wirklich ganz konkret die maximale Tap-Geschwindigkeit.
    Die ist ja erstmal unabhängig von Technik, Drum-Erfahrung, Groove, Instrument,
    etc.

  • Ich meinte aber wirklich ganz konkret die maximale Tap-Geschwindigkeit.
    Die ist ja erstmal unabhängig von Technik,


    Dein Post hat sich mit einem Nachtrag meinerseits im obigen Post überschnitten. Den zitierten Satz halte ich für falsch (wahrscheinlich meinst du den auch nicht so, oder?). Ich halte Technik für ganz entscheidend in der Frage. OK, sagen wir mal: sie ist insofern unabhängig von Technik, dass sie durch die Lichtgeschwindigkeit limitiert ist oder so. ;)

  • Da hast du recht, schneller spielen als knapp 300 000 000 m/s ist praktisch unmöglich. Selbst erfahrene Drummer schaffen nur ein paar Meter pro Sekunde: https://www.youtube.com/watch?v=K4dx42YzQCE


    Über genetische Grenzen will ich mich nicht auslassen, da keine Ahnung davon.
    Was ich denke ist, dass das Thema Geschwindigkeit auch ganz viel mit den Hörgewohnheiten zu tun hat. Ganz besonders auch in der Jugend, wenn man da auch aktiv am drummen ist. Wenn man da die ganze Zeit schnelles Zeugs hört (fetzigen Rock, Metal oder was weiß ich) und das dann logischerweise auch ständig spielt entwickelt man einfach Geschwindigkeit.
    So glaube ich zumindest.
    Charakter und Emotionen spielen da glaub ich auch eine große Rolle.
    Bzgl. Emotionen: Ich kenne das so (und ich geh mal davon aus, dass das anderen auch so geht), dass man wenn man voll in Fahrt ist und die Band sich grade gegenseitig pusht auch mal für kurze Zeit deutlich schneller spielen kann, als auf seinem Übungspad zum Klick.

  • Aber wie kann denn dann meine Freundin (nicht
    Schlagzeugerin) und zum Bespiel beide ihrer Eltern doppelt so schnell „tapen“
    wie ich? (Drum-)Technik kann bei denen ja schlecht ein Rolle spielen.
    Ist halt die Frage wie man "Technik" definiert. Ich meinte ganz konkret zum Beispiel das Nutzen des Rebounds (Bouncen), Stickhaltung, etc. Die kann ja eher schlecht bei meinen Freunden besser sein.






    Laut der Studie http://www.ceelbas.ac.uk/medic…AndHandTappingAbility.pdf
    scheint es keine Finger-Tap-Geschwindigkeiten Unterschiede zwischen Pianisten
    und zum Beispiel ungeübten Menschen zu geben. Das müsste dann bedeuten, dass
    die Tap-Geschwindigkeit durch Übung nicht schneller wird.





    Nichtsdestotrotz gebe ich dir insofern Recht, dass man Geschwindigkeit
    eher durch Ausdauer-Übungen trainieren kann.

  • Zitat

    Das müsste dann bedeuten, dass
    die Tap-Geschwindigkeit durch Übung nicht schneller wird.


    Aber vermutlich besser klingt, weil kontrollierter... DU kannst das so spielen, wie Du magst, gleichlaut, mit Dynamik... der Ungeübte kriegts schon hin (wäre auch interessant, wie lange), aber des klingt nach nix, weil dem/derjenigen die Kontrolle fehlt...

    Wer beim Üben gut klingt, wird nicht besser. - Sinngemäß nach Jojo Mayer



    Meine Spielsachen

  • Na klar, da gebe ich dir Recht! Das was du beschreibst ist ja zum Glück etwas was man sehr direkt verbessern und üben kann. :)


    Mein Hypothese lautet eher: Jemand der von Natur aus eine hohe Tap-Geschwindigkeit hat, wird bei exakt gleichem Training wie jemand mit von Natur aus langsamer Tap-Geschwindingkeit,
    höhere Tempi erreichen können. Ergo muss ich mit viel Technik üben meine langsame Veranlagung ausgleichen bzw. kompensieren.

  • Von Seite 222:

    Zitat

    Die biomechanische Leistungsfähigkeit wird durch zwei Faktoren bestimmt: die aktive Bewegungsgrenze (dies ist der mit größter Muskelanspannung erreichbare Gelenkwinkel) und die passive Bewegungsgrenze (dies ist derjenige Gelenkwinkel, welcher durch eine festgelegte äußere Kraft erreicht werden kann). Unterhalb der aktiven Bewegungsgrenze liegt der so genannte »günstige Arbeitsbereich« eines Gelenks. Bewegungsabläufe sollten im Idealfall immer unterhalb der Grenzen des Arbeitsbereichs bleiben, um Überbeanspruchungen des Gelenks zu vermeiden und im optimalen Leistungsbereich zu bleiben. Der aktive Bewegungsbereich kann zwar durch Muskeltraining vergrößert werden, doch der passive ist durch Training weitgehend unbeeinflussbar. Eine genetische Disposition wird für die passive Bewegungsgrenze der Fingergelenke angenommen.


    Das hat nun aber mal gar nix mit Tap-Speed (Minimalbewegungen) zu tun. Außer nat. wenn du das Handgelenk beim Tappen bis zur Bewegungsgrenze anwinkelst. :P


    Vergleich doch mal (rein interessehalber) die Amplitude, wenn deine Freundin maxtappt, mit deiner.


  • Vielleicht, weil die ohne "Druck" an die Sache rangehen und "einfach machen" - die machen sich nämlich keine Gedanken über perfekte Technik.
    Passiert mir auch ständig.


    Ich übe seit Jahren für Speed (200 - 240 bpm) und der größte Fehler, den ich mache ist, daran zu denken, dass es verdammt schnell ist... Ich muss mich regelmäßig zwingen, um mir keinen Kopf zu machen und dann gehts auch. Den Körper einfach machen lassen und den Kopf "aus" lassen.


    Wie mein Lehrer sagte: Versuche bei den Übungen einzuschlafen (und den Körper machen lassen)
    Einfach entspannt ran gehen... bla und so.

  • Hallo,


    meiner Meinung nach ist das die falsche Herangehensweise
    und ehrlich gesagt, kann ich es auch nicht so ganz glauben.


    Es ist ja seit einigen Jahren Sport, Mengen an Einschlägen
    in einer sehr kurzen Zeit zu messen.
    Das hat mit Musik nichts zu tun und selbst wenn jemand
    schnell ist, muss der noch lange nicht kontrolliert sein,
    ja, es kann durchaus sein, dass der auch mit mehr Kontrolle
    durch Üben nicht schneller, sondern vielleicht kontrollierter
    und am Ende gar schöner wird. Aber das weiß man erst, wenn
    man es ausprobiert.


    Letztendlich ist Geschwindigkeit eigentlich eher ein
    Nebenprodukt des Übens, denn wir wollen ja nicht rein
    schnell, sondern eben schön und zielführend passend
    (= musikalisch) werden.
    Im Zweifel spiele ich da lieber mal Viertele, die knallen
    als dahingewürgte Achtelchen, und zwar solange, bis
    die Achtele von alleine ihren Weg zur Schönheit finden.


    Grüße
    Jürgen


    PS
    Anständig Essen und Trinken sowie Ausschlafen hilft
    auch. Mir jedenfalls.

  • Nur kurz, bevor das noch ausartet: Das soll bitte bitte keine Debatte zum Thema Geschwindigkeit vs Musikalität werden!!!! :whistling:


    Mir ist völlig bewusst, dass das eine nicht zwingend mit dem anderen zusammenhängt bzw. das Geschwindigkeit eine absolut untergeordnete Rolle in Bezug auf Musik spielt.
    (Nichtsdestotrotz kann auch Geschwindigkeit eine musikalische Bedeutung erhalten, wenn man einen Up-Tempo-Jazz Groove oder einen Fast Bossa Nova spielt, ist auch hier eine gewisse Geschwinidkeit nötig!)

  • Hallo,


    ich mache Krafttrainng seit 1,5 Jahren. (Nur Ausdauer - keine schweren Gewichte.)


    Aber ich bin KEIN Prügler, Ich habe ein Quantum Technik.


    Ich kann nur für meine Situation sprechen: Es bringt (deutlich) ein paar beats mehr. ;)
    Ich habe das Gefühl, mich nicht so anstrengen zu müssen.


    Bei den Pedalen ist zusätzlich mehr "Wumms dahinter" - wenn ich möchte.

  • Keine Ahnung, ob das genetisch bedingt sein könnte.
    Ich weiß nur, dass ich als Rechtshänder mit der rechten Hand schneller bin als mit der linken.
    Das ist mit Sicherheit genetisch bedingt.
    Warum also das andere nicht auch?


    Immerhin kann ich Deine Bedenken nachvollziehen, denn ich selber übe immer wieder, mit der linken Hand so schnell zu werden wie mit der rechten.
    Leider gelingt mir das bis jetzt nicht, was mich immer wieder fuchsig macht.
    Wenn jetzt Deine Freundin schneller ist als Du (wenn auch nicht so sauber), dann verstehe ich Deine Gedanken sehr gut.
    Aber letztendlich kommt es natürlich auf den Groove an, und nicht wie schnell man mit einer Hand ist, aber das wurde ja schon erwähnt.


    Grüße!
    Tom

  • Klar ist das genetisch bedingt. Dein Körper hat einen Bauplan und darin steht auch wie gut deine Nerven isoliert sind und wie hoch die Nervenleitgeschwindigkeit ist.
    Dementsprechend kann jeder Mensch leicht unterschiedlich schnell Bewegungen ausführen, Zusammenhänge erfassen, sich den hintern abputzen und was auch immer.
    An deinen Biologischen Grenzen kannst Du gar nichts ändern. Du kannst Deine Fertigkeiten nur soweit modifizieren wie es deine biologischen Grenzen zulassen.
    Da Dir aber niemand sagen kann wo genau deine biologische Grenze im Bezug auf Singlestrokes ist, loht es sich doch zu üben, denn es könnte ja sein, dass Du noch etwas schneller wirst...

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!