Reflexion Filter / Mic Screen - selbst ist der Drummer :)

  • Nachdem ich in meinem kleinen Studio immer noch ein wenig "Probleme" mit meinen Vocals bei Live-Aufnahmen hatte, musste ein, besser zwei Reflexion Filter her.
    Für die weniger kundigen Mitleser: Dieser Filter schirmt das Mikrofon gegen Nebengeräusche ab und kann auch als kleine mobile Gesangskabine dienen. Der Effekt ist selbst in einem normalen Zimmer schon zu merken.
    Bei mir funktioniert mein DIY wunderbar, das Schlagzeug, obwohl nur max. 1m Luftlinie vom Sänger entfernt ist auf den Vocalaufnahmen nur noch schwach zu hören. Das ist bei einer Live-Aufnahme (wo also alle Musiker der Band zusammen am Stück einen Song einspielen) dann absolut ausreichend! Zumal ich hier nur begrenzten Platz zur Verfügung habe.
    Ich möchte noch anmerken, dass ich weder Tontechnik studiert habe, noch in irgend einer anderen Form beruflich mit Akustik zu tun habe! Ich habe mir ausschließlich selbst Kentnisse angeeignet. Nicht dass hier ein Vollprofi auf die Idee kommt zu sagen, das funktioniert nicht oder das stimmt nicht wenn ich gleich meine Gedanken reflektiere... :D


    Zur Veranschaulichung, hier zwei Beispiele aus dem Angebot des großen Online-Anbieters:


    SE Electronics Reflexion Filter Pro:
    http://www.thomann.de/de/se_electronics_reflexion_filter.htm

    Das Profiteil von den Erfindern des Reflexion Filters.



    Ein anderes Beispiel, an dem ich mich als Grundidee für meinen Eigenbau orientiert habe ist der Vicoustic Flexi Screen Ultra
    http://www.thomann.de/de/vicoustic_flexi_screen_ultra.htm



    Der SE schlägt mit 219,- €, der Vicoustic mit immerhin 169,- € zu Buche.
    Es ist bekannt, dass sich ein derartiger Filter aber ohne wahnsinnigen Aufwand auch selbst herstellen lässt. Und das i.d.R. zu einem Bruchteil der Kosten.


    Gesagt, Getan!


    Zunächst als Trägermaterial war die Frage, nehme ich (Hasen-)Gitter wie viele in Youtube oder anderen Foren - oder nehme ich Holz? Mit erschien Holz (entgegen der Erfinder SE Electronics) ein besseres Material.
    Es ist stabiler und der Filter kann nicht verbogen werden und es hat eine gewisse Masse, schirmt also theoretisch nochmal selbst auch ein wenig ab.


    Das Ausgangsmaterial war relativ schnell gefunden. Man nehme ein 16" Standtom (oder auch Hängetom, egal). Schon hat man einen wunderbar rund geformten Holzkessel zur verfügung.
    Ich habe meines innerhalb kurzester Zeit hier übers Forum bekommen. An dieser Stelle geht mein Dank nochmal an den User R2D2. :thumbup:


    Hardware war schon gar nicht mehr dran, die Folie war schnell abgezogen.


    Vom Schreiner (besser gesagt Messebauer) meines Vertrauens wurde vom Tom jeweils die Gratung abgeschnitten (war einfach nicht mehr schön) und das ganze dann in zwei Hälften geteilt.


    Die letzten verbliebenen Metallteile (Schallloch z.B.) habe ich noch gewaltsam entfernt


    Dann gings darum, ensprechend dem Vorbild von Vicoustic ein paar Schlitze hineinzubekommen, damit der Sound (Stimme) nicht getötet wird und dann mumpfig klingt und den von hinten eintreffenden Schall zu diffundieren. Soweit zumindest meine Theorie, warum andere Gitter verwenden oder anderes, poröses Material mit Löchern.
    Ab hier beginnt nun der Laienhafte Pfusch. Optisch vielleicht nicht gerade herausragend, aber das ist mir auch ziemlich egal gewesen. Etwas gerader oder schiefer... in grob immer demselben Abstand habe ich die Handkreissäge laufenderweise ins Material gedrückt.


    Mittig habe ich die Schlitze nur ca. zur Hälfte geschnitten, um später die Halter auch noch irgendwo befestigen zu können! Danach gibs auch daran, das ganze nun abzuschleifen. Innen, Außen, Kanten und Schlitze habe ich größtenteils per Hand geschliffen!


    Als nächstes, ausgehend vom Zustand des Holzes, kam Farbe ins Spiel. Ganz ursprünglich war der Gedanke, es mit Öl oder einer natürlichen Lasur einzulassen um dann ein schönes Ergebnis hinzubekommen das dem Vicoustic nahe kommt. Naja, die Idee verlor sich sehr schnell.
    Der Kessel, bzw. dessen Material und meine zugegeben optisch nicht ansprechende Sägearbeit brachten mich dazu, einen Schwarze Spraydose einzusetzen. Letztendlich passt das gut zum Studio, es passt gut zum später als Bezugsstoff verwendeten schwarzen Molton und es deckt unschöne Stellen ab. Außerdem kaschiert es die unschönen Schlitze ;)


    Natürlich auch von innen, um die Schlitze und die Löcher der ehemaligen Hardware auch wirklich schwarz zu bekommen...


    Dann ging es an die Füllung.
    Hier bieten sich nun mehrere Varianten. Die meisten billigen Kauf-Filter haben eine mehr oder weniger dicke bzw. dichte Schicht Schaumstoff, gerne mit Noppen oder vgl. und das wars.
    Die hochwertigen Filter haben wenigstens zwei oder drei Verschiedene Schichten Material.
    SE Electronics hat zum Aufbau ihrer Filter ein ansehnliches Video veröffentlicht.
    [video]

    Externer Inhalt vimeo.com
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    [/video]


    Zusehen, lernen, verstehen. Compressed whool. Ok. Air Gap. Nicht ok. Schlecht selbst zu realisieren. Alufolie. Ok.
    Andere Filter studieren. Viele, auch teure, verwenden Schaumstoff. Ok. Weitere Recherchen im Internet bringen wenig neues, fast alle kleben einfach Noppenschaum auf Hasengitter. Hm, naja.


    Mein Vorgehen war folgendes:
    Eine dünne Schicht dichter Schaumstoff. Weniger dicht heißt, starrer als der Noppenschaum. Ich hatte davon noch zwei große Platten übrig, die mal als Versandverpackung für was anderes gedient haben. Der Vorteil lag klar auf der Hand, es war gratis.
    Weniger Dichte heißt aber gleichzeitig, dass andere Frequenzen absorbiert und diffundiert werden. Warum also nicht?


    Passend in Form geschnitten und danach direkt aufs Holz geklebt


    Der Gitarrist meiner Band ist ein alter Schrauber und Bastler und macht viel mit Metall und Elektronik. Er hat mir diese wunderschönen Halter geschnitten, gebogen und gebohrt und lackiert. Prinzipiell ist es ein 3mm Flacheisen. Das große Loch wird dann einfach auf den Mikrofonständer gesteckt und der ganze Filter wird mittels der Mikrofonklemme verschraubt. Hält einwandfrei.
    Aufgrund der Tatsache dass so ein Standtom keine 3cm Wandstärke hat, musste ich innen noch ein kleines Stück Holz zurechtsägen und schleifen, damit ich dann wenigstens 3x16 Schrauben verwenden konnte!


    Nachdem der weiße Schaumstoff nun erfolgreich an seinen Platz geklebt wurde kam eine Schicht Alufolie. Ich habe lange überlegt, ob ich sie überhaupt verwenden soll oder nicht. Letztendlich war der Gedanke der: Wenn die von SE das machen hat es sicher einen Grund. Auch wenn der Grund vermutlich vor allem darin besteht, deren Air gap aufrechtzuerhalten. Für mich war die Entscheidung die: Die Folie reflektiert den Schall. Nicht viel, aber sie tut. Und diese dünne Schicht kostet mich weder Platz noch ernsthaft Geld (Alsufolie hat ja wohl jeder zu Hause).
    Also... was solls. Rein damit. Schaden wirds nichts und wenns nichts bringt ist es auch egal :thumbup:
    [Bei der Gelegenheit: Der Adam Hall Sprühkleber, zu beziehen über Musicstore Köln, ist der mit großem Abstand geilste Sprühkleber den ich je für irgendwas verwendet habe! Und der billigste noch dazu!!!]


    So weit nun das Ergebnis:


    Danach kam der eklige, nervige und unangenehme Teil. SE sprach von Compressed Whool. Aber auch schon bevor ich mir das Video angesehen hatte stand für mich aus persönlicher Überzeugung fest: Da muss verschiedenes Material in den Filter. Und ein Material, dass immer sehr gut funktioniert hat bei mir ist und bleibt Rockwhool. Die 4,5cm Platte (Reste vom Bau der Bassfallen im Studio) habe ich zunächst etwas größer als nötig zurechtgeschnitten und dann in der Mitte geteilt. Naja, so weit es eben möglich war. Ich habe somit auf einen Filter Material in der Stärke von ca. 2-2,5cm.
    Dann habe ich es rundrum abgeschrägt, um es danach besser beziehen zu können.


    Wer steht schon gern mit der Nase an offener Rockwhool? Ich jedenfalls nicht. Meine Bassfallen im Studio sind mit Molton bezogen (ohne Plastikmüllsäcke, Rockwhool staub nur wenn man daran zupft), das selbe sollte nun hier auch passieren!
    Molton zunächst grob in Form geschnitten, dann mittig angeklebt und Stück für Stück zum Rand verklebt. Oben wie unten wegen der Rundung eingeschnitten und Rundum die Kanten überklebt. Die Schlitze oben/unten lassen noch ein kleines Löchlein sichtbaren weißen Schaum und Steinwolle zu, daher habe ich sie hier völlig stümperhaft mit ebenfalls kleinen Stücken Molton extra verklebt.


    Man vergleiche die linke mit der rechten Bildhälfte.


    Zu guter Letzt kam dann (stinknormaler) Noppenschaum zum Einsatz. 4cm hoch. Die Platte 100x50 war ausreichend. Das Tom aht zwar ein Innenmaß von knapp über 60cm, aber der Radius wurde durch Schaum und Steinwolle kleiner, es blieben ca. 51cm.
    Damit konnte ich also gut leben, zwei Stücke aus der Platte geschnitten und angepasst, einkleben, fertig.


    (Ja, hier ist unten kein Molton über den Löchern... ich war etwas übereifrig... egal, das Bild dient ja nur der Veranschaulichung... inzwischen ist alles dicht ^^)


    So weit nun der Eigenbau von gleich zwei Filtern.
    Warum gleich zwei? Naja, die Materialkosten haben sich durch die Verdoppelung nicht ernsthaft erhöht. Rockwhool, der dünne dichte Schaum, Alufolie, schwarze Spraydose und Molton waren eh vorhanden. Das Standtom bot freiwillig gleich zwei Hälften an und die Platte Noppenschaum tat es dem Tom gleich.
    Und gekostet hat es mich:
    15€ das Standtom
    11€ der Schaumstoff und der Kleber
    ---------------
    36€ für zwei Filter. Die mindestens so gut sind wie ein günstiger vom Versandhandel, wovon einer (ein vernünftiger) nicht unter ca. 80-90 € zu haben ist.


    Also da kann ich mit der nicht ganz so perfekten DIY Optik leben!


    Wer gar kein Material hat muss zu den Kosten hinzurechnen, dass es Rockwhool nicht in einzelnen Platten gibt, eine Rolle Alufolie für nen Euro fuffzig, Spraydose für ca. 5-7€, Molton ein qm (kleiner gibts den wohl auch nicht) für um die 9€ und einen dichten Schaumstoff kann man im Fachhandel kaufen, dürfte bei der "Menge" auf vielleicht 5-10 € kommen. Je nach dem bei welcher Apotheke man halt einkauft.
    Und dennoch kommt man vielleicht auf 70€ oder um den Dreh. Hat dann aber auch ZWEI Filter. Evtl. braucht der Nachbar auch einen? :D


    Ich jedenfalls brauchte eh zwei. Und da ich wusste dass ich die Hälfte an Material daheim habe bin ich das ganze auch angegangen!


    Hier noch zwei Bilder aus dem Studio, einmal so:


    Und einmal im Einsatz:

    (Ja, dynamische Mikros. Das Kondensatormikro funktioniert trotz Filter nicht wie gewünscht, da ist außer Schlagzeug noch immer nicht viel drauf... ;( und der Kontrabass tut sein übriges dazu^^)



    Anregungen, Fragen, Nachbauideen, Beschimpfungen, Beleidigungen, Lob, Kaufangebote alles hier reinschreiben.
    Nein, ich verkauf keinen, ich brauch die Dinger wirklich.
    Ja, ich helf gerne, auch wenn ich glaube dass ich alles ziemlich ausführlich beschrieben habe und ein Hobby-Handwerker das locker nachbauen kann
    Nein, ich fertige keine Auftragsarbeiten an (da fehlt mir absolut die Zeit und wenn ich das mache dann kostet euch der Filter einen ähnlichen Preis wie die günstigen im Versandhandel, also... selber machen!)


    Und zu guter Letzt: Nein, ich habe aktuell keine Audiodatei mit Vorher/Nachher-Vergleich. Vertraut mir einfach, die Dinger funktionieren.
    Sonst hätte ich den Bau nämlich eh verschwiegen :rolleyes:


    Grüße

    21 is only half the truth!

  • Die schöne Trommel ;( ;( .
    Nee,quatsch, eine gute Idee. Wenns funktioniert und Spaß macht, hat sich die Arbeit ja gelohnt (und der Kessel hat ein zweites Leben).
    Gruss Ralf

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