Juhuu! Die neue Woche fing schon großartig an...
Montag: Tag des inoffiziellen Clarina-Freundeskreises
Also, das ist schon eine seltsame Sache, wie bestimmte Kundenwünsche manchmal zeitlich zusammen fallen. Es gibt wochenlang keine Nachfragen zu einem bestimmten Gerät, aber an einem einzelnen Tag, in einer einzelnen Stunde, kommen plötzlich pausenlos Leute, die genau DAS wollen - und zwar NUR das. Sicher spielt meine selektive Wahrnehmung da auch mit rein, aber zumindest für diesen Montag tat sie das ganz sicher nicht. Es wollten gleich mehrere Kunden unbedingt eine Clarina ( http://www.hohner.eu/index.php5?1054 ). Ein Instrument, nach dem seit meinem Dienstantritt in dem Laden noch niemand gefragt hatte - und zumindest Dienstag und Mittwoch auch keiner wieder gefragt hat.
Schön an diesen geballten Anfragen ist, dass man nur ein mal die nötigen Recherchen macht und allen weiteren Kunden dann sofort erzählen kann, dass z. B. die Clarina aktuelle EU-Richtlinien für Kinderkram nicht mehr erfüllt und deshalb aus dem Verkehr gezogen wurde...
Witzig ist aber, wie unterschiedlich die Kunden auf diese Nachricht reagieren.
Typ A: "So ein Quatsch!Mir hat es auch nicht geschadet! Die EU hat se nicht alle!"
Typ B: "Ach, wie schade! Gibt es Alternativen?"
Typ C: "Ohgott! Ich hab alle meine Kinder mit SOWAS (teuflischem) spielen lassen???"
Typ D: "Ok, dann bestell ich sie bei Amazon."
Typ A und D waren recht schnell wieder aus dem Laden raus (ich tippe auf "Fußballschuhe kaufen" ), bei Typ B und C hatte ich noch Gelegenheit, nach einer adäquaten Lösung suchen zu dürfen und auch da gab es doch drolliges Individualverhalten.
Der erste Vorschlag war die Triola ( http://de.wikipedia.org/wiki/Triola )
Einigen Kunden war dieses Instrument zu unsexy designed. Es sei "kantig", "sehe ja gar nicht aus, wie ein Instrument", da "wolle doch kein Kind drauf spielen", usw...
Da frag ich mich ernsthaft, ob es das Grauen an sich irgendwie verbessert, wenn das Teil eine Pseudo-Trötenform hat??? Eigentlich sind beide Instrumente in der Funktion identisch. Übrigens sieht man hier auch den Unterschied zwischen BRD und DDR, denn beides waren früher absolut alberne, musikpädagogisch eher zweifelhaft nutzbare Spielzeuge aus Plastik mit fürchterlichem Klang, nur eben jeweils auf einer Seite der Mauer...
Gut, die Triola gewinnt bei mir emotional, weil wir Verwandte in der DDR hatten und ich diesen als Kind dort sehr gerne und ausgiebig mit ihrer Ostblock-Tröte den letzten Nerv geraubt habe. Wir, im Westen, hatten immerhin Sonor-Glockenspiele, mit denen ich den diesseitigen Verwandten den letzten Nerv,... äh... ich schweife ab.
Andere Kunden bemängelten, dass die Triola aus Plastik sei. "Haben sie nicht was aus Holz?"
Was soll man denn da noch sagen? ...Die Clarina nicht?
Dienstag: "Eine Matallsaite für meine Yamaha-Gitarre, bitte!"
Schon wieder geballt. Zwei Kunden stellten nahezu die gleiche Aufgabe an mich, einer morgens gegen 10, der andere Nachmittags gegen 16 Uhr.
Beide hätten eine Yamaha-Gitarre und beide wollten einfach nur "eine Metallsaite".
Beim ersten hab ich, zugegeben, noch etwas naiv reagiert, gefragt welche Saite es denn genau wäre und dann bei den Saiten für Westerngitarren danach gewühlt. Als er dann nebenbei fragte, ob die Plastiksaiten auch irgendwann reißen würden, kam ich mir zwar etwas verarscht vor,... aber ok... Also doch keine Western, dann bekommt er also die Nylon A-Saite mit Metallumspinnung.
Beim 2. war es deutlich einfacher. Gleiche Ansage, aber
1. Indiz: "Es ist die dritte von den Dicken." - also eine D-Saite
2. Indiz: "Da sind drei Metallsaiten und drei Plastiksaiten drauf"
3. Indiz: "Ich bin ja noch Anfänger"
Ahja - das erste Indiz reicht eigentlich. Ich arbeite noch nicht so lange im Musikladen und bin absolut kein Gitarrist, aber man lernt hier schnell, dass die D-Saiten bei den Nylons schnell mal reißen, da sie im Verhältnis die höchste Zugkraft/Material haben.
(Um Das kurz ins Bewusstsein zu rücken: Als Einzelsaiten haben wir für Nylons die dreifache Menge an D-Saiten vorrätig, es gibt auch komplette Nylon-Saitensätze mit doppelter D-Saite. Der erste Kunde hatte mich mit seiner A-Saite etwas in die Irre geführt, aber auch die kann ja mal reißen...)
Zu 2.: Eine Belehrung in Sachen "das ist alles Nylon, aber bei den Basssaiten ist eine Metallumspinnung drumrum" kann ich mir bei solchen Kunden leider nicht verkneifen, die haben sie beide bekommen. Wenn ein Drummer nicht weiß, welches Fell zu seinem Wunschsound passt, ist das was Anderes, denn hier geht ja prinzipiell echt alles, aber bei "Gitarristen", die nicht wissen, was für einen Gitarrentyp sie spielen,... hmmm... Ey Leude, sucht euch doch bitte mal nen Lehrer!
Das dritte Indiz ist etwas schwammig, aber die meisten Anfänger sind auf ner Nylon-Gitarre unterwegs. Schwammig... also ich z. B. hab mit ner E-Gitarre angefangen, mein Bruder mit ner Western. Wir können aber beide nicht wirklich Gitarre spielen, also war das wohl falsch
Mittwoch: Tag des Akkordeon-Terrors
Der heutige Mittwoch war gespickt mit Akkordeon-Kunden. Glücklicherweise leiten wir solche Kunden direkt an den Chef in die obere Etage weiter, wo auch die meisten Akkordeen stehen. Unglücklicherweise sind die Dinger laut und es gibt keine schalldichte Trennung zwischen den Etagen. Ich hatte heute einen echt üblen Tag.