Gestern war es soweit: Der Meister rief und viele kamen.
Die Billy Cobham Band gastierte im Colos-Saal in AB. Billy
war schon öfter im schönen Aschaffenburg, das letzte mal
2012 mit dem Projekt "HR-Bigband plays Mahavishnu". Die
Bühne war angerichtet und inmitten selbiger glitzerte
das fette Doublebass-Yamaha in gold(?)-sparkle mit vielen
Toms in der Billy-typischen, unorthodoxen Anordnung, drei
großen Crashes, Ride & China nebst einer Latin-Abteilung
links des Fahrersitzes, die aber von mir nicht einzusehen war.
Auf jeden Fall dabei waren Timbale(s) und Cowbells. Der
Durchschnittsbesucher war männlich, Ü50, grau und Trommler
oder zumindest Trommel-affin. Die restlichen 20 % wurden
vom Rest der gesellschaftlichen Schichten abgedeckt, sprich:
Frauen, junge Menschen, Gitarristen und anderes Gesocks.
Der Colos-Saal war gut besucht, aber nicht knackevoll. Das war
mir ganz lieb. Die Band trat mit folgender Aufstellung an:
Jean-Marie Ecay - Gitarre, Michael Mondesir - Bass, Camelia Ben
Naceur - keyboards, Steve Hamilton - Keyboards. Und die Band
war eine richtige Band und keine Ansammlung seelenloser hired
guns. Prima. Geboten wurde das, was alle erwarteten: Fusion.
Es klang schwer nach 70er und 80er, als Fusion noch Jazzrock
hieß. Das kann man als altbacken bemängeln oder als authentisch loben,
je nach Standpunkt. Billy ist nach wie vor ein grandioser Trommler. Er
hat richtig Zug am Seil, spielt technisch brillant und immer noch
kreativ. Seine Handscchrift ist unverkennbar und er klingt immer nach
sich selbst. Man merkt auch wunderbar, welchen Einfluß der Herr auf die
Trommlerwelt ausgeübt hat. Bei Simon Phillips (Quadrant 4 -
Space Boogie) oder Rod Morgenstein kann man die Vorlagen ziemlich
klar zuordnen. Billy hat eine unglaubliche Dynamik und er setzt
sie sehr effektvoll und musikalisch ein. Bei leisen Buzzrolls spricht
nicht mal der Teppich an. Ja richtig, man konnte das hören und
zwar weil zum einen wohl kein Gate verwendet wurde und zum
anderen der Drum- und der Gesamtsound sehr gut waren. Das
Set war auch super gestimmt, insgesamt eher hoch und sehr klar
mit vielen Obertönen. Es war ein sehr natürlicher Drumsound.
Die gute Stimmung hörte man insbesondere bei Billys Spiel mit
vier Sticks auf den Toms. Das hat ordentich gerummst und es klang
sehr rund und in sich stimmig. Ansonsten sparte er nicht mit den
gewohnten Zutaten wie Cross-Stickings, halsbrecherischen Unisonoparts
in allen möglichen Metren und als das Trademark schlechthin die
super knackigen Single Stroke Rolls in Lichtgeschwindigkeit - oder
zumindest nahe dran. Ich weiß nicht wie er das macht, aber sein
Snarespiel ist unglaublich sauber und akkurat, egal ob Singles, Doubles,
Buzzes und was weiß ich... Es klingt fast schon aseptisch. Das ist ja
auch so ein Cobham-typisches Erkennungsmerkmal. Wer wollte, konnte
also eine 1a Drumming-Lehrstunde mit nach Hause nehmen.
Ein bißchen Meckern muß aber auch sein. Manchmal beschlich mich
das Gefühl, daß Cobham darunter leidet, daß er Cobham ist. Soll
heißen: Er muß ständig etwas anbieten. Auch wenn die Solisten
mal nichts weiter brauchen, als einen steady Groove ohne alles, bei
Billy bleibt es selten dabei. Da wird variiert, er geht von der Hihat
aufs Ride, er dreht mal was rum, flickt ein paar leise, "subtile" (?) Breaks
ein, bei denen er von hinten durch die Brust wieder auf die Eins kommt.
Alles prima, aber es hätte auch nur der nackte Groove getan. Imho
sogar besser und.... was jetz käme wäre Blasphemie. Das geht hier nicht.
Und außerdem ist das ein Billy Cobham-Gig. Bei Steve Vai müssen auch
die Gitarren-Stunts dabei sein. Sonst könnte man ja gleich zu Ricky King
gehen. Oder so ähnlich. Billys Restmusiker können spielen wie Hölle,
wobei die Grooveabteilung aus dem Bassisten und der Dame an den Keys
besteht. Sie bestach mit unglaublich groovigen, plakativen Soli, die
technisch natürlich brilliant waren. Ebenso eindrucksvoll fand ich den
Saitenquäler, der von richtig clean jazzy über typische
Fusion-Manierismen souverän eine weite Bandbreite präsentierte. Guter Mann. Mein
persönliches Highlight des ersten Sets war natürlich Stratus. Das Tempo
war recht hoch und Cobham und Co. wagten sich recht weit von der
Studiofassung weg. Das gefiel mir sehr gut, einzig die Double Time beim
Gitarrensolo hat mich etwas verschreckt. Das zweite Set kam mir
homogener vor und kam noch bandmäßiger über die Rampe. Billy kam bei
seinen vier, fünf Ansagen sehr sympathisch und warmherzig rüber. Das
habe ich auch schoin viel kühler erlebt. Prima. Ich weiß gar nicht, wie
lange der Gig dauerte. Für mich war nach der Zugabe das Klassenziel erreicht.
Unterm Strich: klasse Band mit einer Legende am Set, cooler old school
Fusion und 1a Sound.
Billy rlz!
fwdrums