Umsatzsteuerbefreiung für Musikschulen in Gefahr!

  • Um hier mal was klarzustellen:
    es geht hier nicht um dubiose Subventionen oder Kultur für alle billiger.


    Bisher waren alle privaten Musikstunden und auch private Musikschulen grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig sofern die Umsatzgrenze von 17500 Euro überschritten wurde.


    Für die Umsatzsteuerbefreiung musste man eine bestimmte Qualifikation und Qualität des Unterrichts nachweisen.
    Diese Befreiung haben sich alle, die Sie haben also erarbeitet und verdient!


    Und nun soll das extrem kurzfristig alles nichtig werden.... 8|

  • hmm, einerseits werden Institutionen wie - nur als Beispiel - die Popakademie von Land und Stadt gepusht - bringen immer mehr "Nachwuchs" wahrscheinlich auch Lehrer (oder können die alle vom Hit-schreiben leben? - ich kenne mich da nicht so aus) - andererseits wird den privaten eine Gewinnerzielungsabsicht unterstellt. Ich denke als Musiker (Lehrer) schaut man doch eher überhautpt mal in die Region des Gehaltes eines mittleren Angestellten (ohne dessen Vorteile der Soz.Vers. Rente etc.). Naja, aber man wird sehen. Scheinbar triffts die Lehrer ja doch nicht - dürfen halt nur noch Profis ausbilden. Vielleicht hats auch was gutes und so manch ungebetener Drumstudent fällte weg? Kenn mich da nich so aus ;)

  • Das Einkommen einer Honorarkraft im Musikbereich liegt eher im Sozialhilfebereich.
    Das der KSK gemeldete durchschnittliche JAHRESeinkommen lag bei knapp über 11.000 Euro letztes Jahr.
    Stundensätze von 16 Euro brutto sind normal. Davon darf man dann Krankenversicherung, Fahrtkosten, Materialkosten, Literatur und natürlich Steuer etc. selber bestreiten.
    Meist kommt dabei ein Nettolohn von 4-5 Euro in der Std. raus.


    Und die Lehrer an privaten Schulen trifft es voll, denn die müssen den Schulen in Zukunft jeden Monat eine Rechnung mit 19% Umst stellen wenn das kommt.


    An Musikschulen wird man im Normalfall nämlich nicht angestellt.


    Gut läuft es für Lehrende an gemeinnützigen Instituten und für reine Privatlehrer,
    wobei man allerdings als reiner Privatlehrer selten auf Schülerzahlen kommt, von denen man leben könnte.

  • Momentan würde es wohl eher so laufen, das aus den 4-5 durch die Besteuerung ca. 3,50 würden und DAS würde dann viele endgültig über die Klippe
    springen lassen.


    Leider sind diese niedrigen Stundensätze nicht nur in privaten Musikschulen üblich,
    sondern auch Honorarkräfte an MusikHOCHschulen werden nicht viel besser bezahlt.
    (Leipzig 17,50 brutto, EWF Nürnberg 22,50 z.B. und da als Hochschullehrkraft...)

  • Hallo,


    ich sehe mich in meiner Ansicht trotz der Lektüre der Erklärung des Kollegen Werner und der MdB Krumwiede eher bestärkt als widerlegt.
    Eine etwas klarere Formulierung wäre zwar für den Laien sinnvoll, vermutlich wollte man politisch aber signalisieren, dass man - praktisch nicht bzw. kaum vorhandene -
    Luxus-Pseudo-Bildungseinrichtungen ("Seidiges Töpfern bei ayurvedischen Klängen mit Rollatortanz bei Kaffee, Kuchen, Eierlikör und Schampus") nicht mag.


    Egal wie, die 19 % scheinen tatsächlich das kleinere Problem zu sein.
    Man kann den werdenden Musikanten nur raten, es mal bei McDoof zu versuchen, da braucht man wenigstens kein Intrument, wenig Kenntnisse und hat irgendwann auch mal Feierabend.


    Grüße
    Jürgen


    PS
    Ich heule auch nicht mehr über die Umsatzsteuerpflicht der Betreuertätigkeit, versprochen.

  • Verstehe nach der Lektüre auf der Website des dtkv die Aufregung dennoch nicht so ganz . Man muss natürlich ehrlicherweise sagen, dass viele Musiklehrer nicht nur lehren, sondern auch mucken... (keine Ahnung ob mit oder ohne Mwst.) Meinem Lehrer scheint es nicht gar so schlecht zu gehen - darauf deuten zumindest die Lebensumstände hin... aber egal. Scheinbar wird doch nicht alles so heiß gegessen wie´s gekocht wird. Da waren einfach wieder mal Lobbyisten am Werk... und es wurde mal wieder verschlimmbessert. Erstaunlicherweise gibt es hier ja auch viele Befürworter... naja, man darf nicht vergessen - ein Musiklehrer ist ja nicht komplett Steuerbefreit - er zahlt ja auch all seine Soz. Abgaben - muss sich privat Krankenversichern. Wenn er die 19% nicht aufschlagen kann (die Kunden kündigen) dann ist das in etwas so, als würde man dem BWLer monatlich einfach mal so 19% extra vom Brutto zusätzlich abziehen... da würden dann doch einige mehr heulen...

  • Ich meinte das eigentlich ernst und hatte deswegen auch Buecher, die Konzertkarten und Kunst als analoge Beispiele fuer Kulturfoerderung angefuehrt.

    Ich sehe als Ausgangslage folgende: Die Sekundarstufe II soll auf ein Hochschulstudium vorbereiten, mit Erlangen der Allgemeinen Hochschulreife soll der Schüler zur Aufnahme eines Hochschulstudiums befähigt sein. Dies ist aber insbesondere im Bereich der musikalischen Bildung nicht gewährleistet.
    Es wird wohl niemand behaupten, die gymnasiale Oberstufe hätte ihn/sie zum Bestehen einer Aufnahmeprüfung für ein Musikstudium befähigt. Das geht nur über private Anstrengungen mit Lern- und Kostenaufwand. Letzteren gering zu halten, halte ich nicht für allgemeine Kulturförderung, sondern für pflichtgemäßes Entgegenkommen in Bereichen, in denen staatliche Bildungsenrichtungen ihr Ziel nicht erreichen.


    Eine steuerliche Privilegierung von Werkzeugen zum Erreichen eines Bildungsziels - wie Papier, Stiften und Instrumenten - wäre möglicherweise ebenfalls wünschenswert, geht aber in eine andere Richtung.


    Eine etwas klarere Formulierung wäre zwar für den Laien sinnvoll, vermutlich wollte man politisch aber signalisieren, dass man - praktisch nicht bzw. kaum vorhandene - Luxus-Pseudo-Bildungseinrichtungen ("Seidiges Töpfern bei ayurvedischen Klängen mit Rollatortanz bei Kaffee, Kuchen, Eierlikör und Schampus") nicht mag.

    So habe ich es aus dem Wortlaut und der Begründung auch herausgelesen. Die Formulierung "Erbringt eine (andere) Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung Leistungen …, die auch der Freizeitgestaltung dienen können, sind diese nur dann befreit, wenn die Einrichtung keine systematische Gewinnerzielung anstrebt ..." steht allerdings offenbar doch im logischen Widerspruch zur Senioren-Flirtkurs-Regelung "Nicht befreit sind Leistungen, die der reinen Freizeitgestaltung dienen":
    Laut Werner erbringen Musikschulen grundsätzlich unstreitig Leistungen, die auch der Freizeitgestaltung dienen können, dies scheint steuerrechtlich herrschende Meinung zu sein. Wollen wir ihm mal nicht unterstellen, es ginge ihm vorrangig um den Wegfall von Beratungen in Sachen landesbehördlicher Bescheinigungen* (es stellt sich tatsächlich die Frage, ob künftig ein Thread im DF "Mit welchen Lährbuch kann ich guht Unterricht erteilen?" ausreicht). Wenn eine Abgrenzung von potenziell hochschulvorbereitendem Unterricht von reiner Beschäftigungstherapie gewollt ist, sollte dies klargestellt werden.


    Wünschenswert wäre, dass die entsprechenden Petitions-Bemühungen zu einer solchen Klarstellung führen, bevor alle Musikschul-Mieten um ein Fünftel angehoben werden, während die Kinder trabbimäßig bereits pränatal auf Wartelisten preisdiktierender öffentlicher Musikschulen geschubst werden.


    *Edit: Dagegen wendet er sich ja auch nicht in seinem Ersuchen.

    -
    Gesendet von meinen Babyphone mit Papatalk

    Einmal editiert, zuletzt von pbu ()

  • Das Problem an der Sache ist vor allem auch die Kurzfristigkeit!
    Wenn im November erst sicher ist ob diese Regelung ab 1.1.2013 gilt, können viele Schulen ihre Kosten schon gar nicht mehr fristgerecht zum
    1.1.13 anpassen.


    Wenn man dann aber nichts macht, und wartet bis in der Rechtsprechung dann geklärt ist ob und wieweit eine private Schule dann Umst-pflichtig wird kann es
    einfach zu spät sein, bzw. die bis dahin aufgelaufene Steuerschuld reicht um die Schule in die Insolvenz zu schicken.

  • Hallo,


    wie ich bereits ausführte, ist das wenig überraschend.


    Überrascht bin ich eher davon, dass man zum Interpretieren von Gesetzen bzw. Gesetzentwürfen alle möglichen Politiker und Lobbyisten loslässt, aber augenscheinlich nie einen neutralen Rechtswissenschaftler fragt.
    Wenig überrascht, aber immer wieder verärgert bin ich darüber, dass man als Gesetzgeber trotz hochkarätiger Fachkräfte sowohl juristischer als auch germanistischer Herkunft an der Hand immer wieder politische Kindergarteninteressen in Gesetze gießen will, was naturgemäß zum Verdruss beim normalen Bürger führen muss. Warum kann man nicht klare Regeln klar formulieren? Die alberne Regel für "reine" Freizeitgestaltung hätte man sich schenken können, dann wäre das Thema gegessen. Nur um den Seniorentanz und die Seidenmalerei abzukanzeln war der Quatsch gut.
    Und als Nebenwirkung verunsichert und verärgert man die zahlreichen Bildungseinrichtungen nebst deren angeschlossenem Personal. Wer die Politik berät, ist entweder doof oder wird nicht gehört.
    Ganz ehrlich: ich glaube Letzteres. Beratungsresitenz ist extrem weit verbreitet.


    Grüße
    Jürgen

  • Jürgen, check mal Mails.


    Kollege Werner schreibt zu den Beruhigungen:


    Zitat

    Das Finanzministerium hat es geschafft, Ruhe zu erzeugen! Erzeugen Sie bitte wieder Unruhe. Die Unterscheidung zwischen reinen und unreinen Bildungsleistungen schafft keine Rechtsklarheit. Die verfassungsrechtlichen Bedenken sind nicht ausgeräumt! Privatlehrer mit Gewinnstreben sollen anders besteuert als private Einrichtungen mit Gewinnstreben!


    [...]


    Als Petent kann ich nur warnen, dass sich die Abgeordneten in dieser Phase beruhigen. Wenn bei einer umfangreichen Gesetzesreform im Nachgang Fallbeispiele gebildet werden müssen, um dem Rechtsanwender die Auslegung des Gesetzes näher zu bringen, ist folgender Grundsatz in Erinnerung zu rufen: Richtlinien und Erlasse setzten kein Recht. Sie sind zu gegebener Zeit von den Gerichten auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen!

    Die Unterscheidung zwischen Bildungsleistung im Sinne des Schulrechts lässt sich weder aus dem Wortlaut des geplanten § 4 Nr. 21 UStG entnehmen, noch aus den Gründen des Regierungsentwurfs selbst!


    Man kann ein Gesetz eindeutig formulieren und so Gerichten und Betroffenen Nerven, Zeit und Geld sparen. Wiederholt scheinen unsere Umsetzer von Unionsrecht dazu nicht in der Lage und widersprechen in ihren Beschwichtigungen den zuvor veröffentlichten Begründungen. Bereits an dieser Stelle dürften sich vergangene Vernachlässigungen im Bildungsbereich auswirken ;)

    Werners stichhaltige Petition:
    https://epetitionen.bundestag.…8/_01/Petition_26229.html


    Edit: Leider war der Text wohl zu lang und daher steht eine Teil der Begründung in den Kommentaren (1. - 7.).

    -
    Gesendet von meinen Babyphone mit Papatalk

    Einmal editiert, zuletzt von pbu ()

  • Was irgendwelche Sprecher des FM verlauten lassen, oder was Fraktionen als Presseerklärung schreiben, macht zwar Hoffnung,
    hilft aber nicht wirklich, solange im Gesetzestext etwas anderes oder unklares steht.


    Daher: unterzeichnen!


    Sollte der Unterricht in privaten Musikschulen umsatzsteuerpflichtig werden, und wenn auch nur aus versehen,
    bedeutet dies praktisch die umgehende Insolvenz der Schule, in der ich tätig bin, und dann umgehend auch meine.
    (Und das trotz guter Qualität und guter Auslastung!)


    Daran kann ich kein Interesse haben. Also: bitte unterschreiben!


  • Selbstzitat! Yes!


    Zu den Beschwichtigungen (Appeasement-Politik) steht oben was. Wer einer rechtssicheren Sprache nicht mächtig ist, sollte in sich gehen, die Gefahr erkennen und keine Gesetze erlassen. Der letzte Satz eignet sich auch für eine Petition.

    -
    Gesendet von meinen Babyphone mit Papatalk

  • So kann man auch eine ganze Berufsgruppe in die Knie zwingen! Niemand wird eine Preiserhöhung von 19% tollerieren! Die drohende Zwangsregelung bezgl. der Altervorsorge kommt erschwerend auch noch auf alle Freiberufler und Selbstständigen zu. Da haben unsere netten Politiker wieder ein nettes Paket geschnürt ohne sich auch nur annähernt der Folgen bewusst zu sein.
    Der Mittelstand war ja schon immer die Kuh die am meisten gemolken wurde aber was da auf uns zurollt wird das berufliche Aus für viele Selbständige darstellen.
    Eine eindeutige Stellungname der zuständigen Stellen ist längst überfällig! Aber darauf werden wir wohl lange warten können. Ich finde es immerwieder erstaunlich wie versucht wird hinter dem Rücken der Bürger Beschlüsse und Gesetze auf den weg gebracht werden. Gäbe es nicht die Möglichkeit sich informationen aus dem Netz zusammen zu suchen würden wir wahrscheinlich erst von alldem Erfahren wenn es zu spät ist. Hoffentlich bringt der öffentlich Protest einige Politiker zur Erkenntnis die ganze Sache noch einmal zu überdenken. Träumen wird ja wohl noch erlaubt sein.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!