Wie sehen Musiker den Mainstream ?

  • Wieso Studiert man Musik, legt sich ein riesiges repertuare an Techniken an, wenn man dann doch nur den 4/4 bringen soll ?
    Wenn man sein Können nicht ausleben kann und man auf das Wesentliche reduziert wird, kann man dann Musiker noch einen Traumberuf nennen ?


    Ich hatte ganz zu Beginn des Threads schon einen Beitrag geschrieben
    und ihn nicht abgeschickt, aber jetzt will ich doch mal. :)


    Ich erkenne mich in Deiner Position wieder. Mit 18 dachte ich
    ähnlich. Meine Einstellung hat sich gewandelt und für mich
    war das gut. Ich möchte das gar nicht weiter bewerten.


    Das obige Zitat läßt für mich zwei Schlüsse zu:
    Entweder bist Du ein sehr guter Trommler, der das
    beherrscht, was z. B. auf professionellem Level
    im Mainstream erforderlich ist, nämlich z. B. im
    Studio tight, mit gutem Sound und Feel eine Nummer
    zu Playback und Click einspielen zu können. Und was
    musikaliscch Sinnvolles sollte einem auch noch dazu
    einfallen.


    Oder Du hast überhaupt keine Ahnung, auf welchem
    Level man sich bewegen muß, um das eben Beschriebene
    zu leisten. Das ist alles andere als einfach und das
    kann noch lange nicht jeder.


    Wenn Du die Gelegenheit hast, dann schaue Dir mal
    John Robinson auf einem Workshop oder einer Messe-
    performance an. Mehr Mainstream als JR geht eigentlich
    gar nicht. Das ist jetzt ein extremes Beispiel, ich weiß.
    Aber es hat seinen Grund, warum sich bei ihm in die
    Soundkabine gestandene Profis ebenso reinquetschen wie
    das trommleriscche Fußvolk.


    Mainstream kann schrecklich sein, muß aber nicht.
    Mainsteam professionell bedienen, kann alles
    Mögliche sein, nur nicht eins: einfach.


    fwdrums

    nontoxic: kurze lange CD-Pause

  • Zitat

    Und wie kann man als Musiker zu Leuten aufsehen, die nicht zwangsläufig besser sind als man selbst, sondern einfach nur aus Glück den Weg auf die großen Bühnen gefunden haben ?


    Auf jeden Fall mehr, als zu einem, der aufgrund eines Lottogewinnes sein Leben nicht mehr arbeiten muss. Völlig egal, welches Level einer hat, das Instrument so gut zu erlernen, dass man auch in den grossen Stadien der Welt gut dasteht, dauert auf alle Fälle länger als nen Lottoschein auszufüllen.


    Ausserdem: Es gehört VIEL mehr dazu, als nur sein Instrument gut zu beherrschen: Find mal ne Band, wo alle an einem Strang ziehen, wo sich alle verstehen, wo man mit Problemen vernünftig umgeht. WENN einem das überhaupt mal vergönnt ist, dann reche mal, wie lange das dauert... Jahre... Ich habe auch schon paar "Kapellen" durch. Richtig schlimm war es nie, herrje, nein, ich hab auch aus allen was mitgenommen, aber aktuell passt alles, wie das sein muss. Is die 5. Band, ich mach, mit Unterbrechungen seit 18 Jahren Musik, und das ist die Erste, wo ALLES passt. Wenn ich also das Glück hätte, damit was zu reissen, dann denk ich schon, dass das "In Ordnung" ginge, auch wenn ich in diesem Leben nicht der Trommler vor dem Herrn bin... bei Weitem nicht...;-)

    Wer beim Üben gut klingt, wird nicht besser. - Sinngemäß nach Jojo Mayer



    Meine Spielsachen

  • Zitat von Reed311

    Ich fasse das auch nicht böse auf, Silvio, aber ich denke, da besteht noch ein Unterschied. Gerade Nichtmusiker "fühlen" Musik eher, wir neigen sofort zum Analysieren. Das hat aber nix mit Gefühlen zu tun.


    Wir meinen beide das Gleiche. Ich bin nur nicht auf "analysieren" gekommen und habs daher falsch umschrieben ;)

    Aber ich möchte fliegen.
    Ganz weit oben, überm Meer.
    Und dann seh' ich all die Scheiße,
    all die Scheiße hier unten gar nicht mehr.


  • Zum Thema: "Wie sehen Musiker den Mainstream"? Ich bitte Dich....


    Ja, ich höre?


    Allein schon deshalb, weil es keinen Mainstream gibt, zumindest nicht nach allgemein gültigem Verständnis.


    Das da wäre? Steht das wo?



    Richtig, dass siehst du so, aber nicht jeder. Tut mir leid.Warn Versuch wert.

    (19:45:39) _kaotical_: ich wollte schon immermal in irgendwessen signatur
    (01:13:44) seppel: unglücklich sein hat eine ganz besondere qualität. hält länger an als glücklich sein. das muss man auch mal positiv sehen.
    (21:32:33) Drummingguitaris: gube, hast du brüste? wenn ja, hoffe ich dass du ein mann bist

  • ich kann zunge gut verstehen. mir ging es als jungmetaller von der fraktion, die wolle zu seinem avatar inspiriert hat, genauso. der grund für diese einschätzung hatte nur wenig mit geschmack zu tun, sondern ganz einfach mit mangelnder musikalität, mangelndem verständnis für die aspekte, die die qualität eines musikstücks bestimmen, und mit einem noch unterentwickelten gehör. keinesfalls mangelhaft war allerdings das bewusstsein für meine allen anderen turmhoch überlegene intelligenz und wahrnehmungsschärfe samt der daraus resultierenden gewissheit, immer mit allem recht zu haben und der maßstab aller dinge zu sein. zunges aussagen legen die vermutung nahe, dass er gerade ein ähnliches stadium in seiner entwicklung durchläuft.


    es wird also vorbei gehen. er wird lernen zu hören und zu verstehen, was geräusche zu guter musik macht. ihm wird aufgehen, dass das selbe notenmaterial in der interpretation von steve gadd göttlich und in seiner eigenen scheiße klingt - egal, ob es sich um 13 über 7 oder 4/4-bummtschack handelt.


    er wird sich mit der hand vor die stirn schlagen, wenn ihm eines tages klar wird, dass musiker ja letztendlich trotzdem nur interpreten einer komposition sind, und dass die die qualität eines stücks in erster linie von den fähigkeiten des komponisten und nicht denen der interpreten abhängt. (wem das nicht einleuchtet, der möge sich vorstellen, was wohl besser klänge: wenn ich mit meiner amateur-band ein stück von monstermagnet nachspiele, oder wenn monstermagnet ein stück von uns covern. [wir können zumindest so gut spielen, dass wir die nummer nicht kaputt machen würden; das ist schon wichtig im hinblick auf die fähigkeiten der interpreten.])


    ihm wird bewusst werden, was eine gute komposition ausmacht, und dass eine komplizierte anordnung von einer großen anzahl noten kein kriterium für hohe qualität ist. dafür lässt sich vielleicht jetzt schon auf der rationalen ebene ein auch für zunge verständliches argument anführen: nach seiner taktverschiebungslogik müssten wir uns auf tabla-soli als höchste form der tonkunst einigen können, weil die sachen, die zehnjährige jungs auf den straßen in kalkutta in der mittagspause spielen, jedes meshuggah-stück wie musikkindergarten aussehen lassen. ich neige aber zu der vermutung, dass auch zunge weiterhin lieber tomas haake als zakir hussein trommeln hört...

    Einmal editiert, zuletzt von Zaungästin ()

  • Als ich ein Kind war, fand ich "The Sweet" unheimlich cool. Das Wort "Mainstream" gab es in dieser Zeit noch nicht.
    Dass man das Ganze "Glamrock" nennt, habe ich viel Jahre später erfahren. So, so, ein Unterstrom im Hauptstrom.
    Das ich anders bin, merkte ich nicht daran, dass ich als Sweet-Fan die neueste Single von den
    "Bay City Rollers" kaufte, sondern daran, dass ich mich in keinster Weise für diese Todsünde schämte
    (für die junge Generation: ein BVB-Fan mag Schalke, HSV-Fan mag Bremen oder umgekehrt - Motörhead-Fan mag
    Flippers würde wiederum zu weit führen).


    Als ich um 15 war, stieß ich auf Supertramps "Crime of the Century". "Mainstream" existierte zwar immer noch nicht
    in meiner Welt, aber ich spürte, dass ich mich irgendwie musikalisch noch weiter abheben muss. Slade, Abba und
    Smokie ... plötzlich bä! Meine Wahl fiel auf Alan Parsons, Alex Harvey, Pink Floyd, Genesis, Patti Smith und Co.
    Was war ich frustriert, als ich zum ersten mal einen Song meines exklusiven und anspruchsvollen Musikgeschmacks
    im Radio hören musste.


    Über die Jahre, und durch neue Bekanntschaften und Freunde, bin ich nun wahrlich auch auf exklusivste
    Musik und Ausnahmekünstler - vor allem Live - gestoßen. Von Klassik über Jazz und Blues bis Hardrock.
    Einiges davon ist fester Bestandteil meiner inneren Musiksammlung geworden, vieles davon aber auch nicht.
    Von daher konnte ich kein großen Unterschied zum verhassten Mainstream finden. Gefällt, gefällt nicht - so einfach.


    Ich glaube, was viele eher mit "Mainstream" im negativen Sinne verbinden, ist der Hype auf bestimmte,
    medial gepuschte Strömungen. Ärgerlich, wenn die "Masse" millionenfach die CDs - sorry - MP3s von
    RTL und Co. gecasteten, substanzlosen Flitzpipen kaufen, während die wahre Kunstgewalt in Proberäumen
    oder in Kneipen als Aushilfskellner versauert oder vor fast leeren Minibühnen spielt, dessen Veranstalter
    wie immer kurz vor der Pleite steht. Statt weiter Künstler zu fördern, wird das fünfte Remix der selben Scheibe
    auf den Markt geworfen, und der Konsument frist es nicht nur wiederstandlos, sondern voller Begeisterung.
    Hätte ich damals bei "The Sweet" wohl auch gemacht ... oder nicht? Egal, jammern nutzt nichts.
    Ich habe nicht ein Remix-Xter-Aufguss- oder DSDS-Würg-Album zuhause, und Millionen andere auch nicht.
    Gute Musik wird sich immer durchsetzen, egal, ob über YouTube, dem Radio oder Mundpropaganda.
    Und mir ist es nahezu schnurz, ob der Song, den ich gerade so liebe nur von mir oder millionen Anderen
    gehört wird. Obwohl "Musik verbindet" wahrlich kein leerer Spruch ist.


    Seit ich selber Musik mache, hat sich meine Einstellung nochmal gewaltig verändert. Auf der einen Seite
    demütiger und respektvoller gegenüber Musikstile, die nicht so auf meine Wellenlänge liegen,
    auf der anderen Seite "kritischer". Während ich früher Songs - z.B. von "NEU!" - einfach so geniessen
    konnte, höre ich jetzt fast nur noch dieses immer gleiche "bum-bum-bum-tschak-bum-bum-bum-tschak".
    Vorher die harmonische Klangwelt genossen, jetzt über den technischen Millimalismus jammern?
    War ich vorher also "Mainstream"er und bin heute Kunstsachverständiger während ich selbst immer noch
    mit, nein, um saubere 16tel auf der HiHat kämpfe??? ... grübel ...

    2 Mal editiert, zuletzt von Albatross ()

  • er wird sich mit der hand vor die stirn schlagen, wenn ihm eines tages klar wird, dass musiker ja letztendlich trotzdem nur interpreten einer komposition sind, und dass die die qualität eines stücks in erster linie von den fähigkeiten des komponisten und nicht denen der interpreten abhängt.


    Ups- dem würde ich aber niemals zustimmen.
    Es gibt genügend Beispiele dafür, das so mancher Song erst durch die Interpretation des jeweiligen Sängers ein riesen Hit/etwas besonderes wurde.
    Denn der Interpret kann durchaus einer Komposition den richtigen Glanz, das gewisse etwas verleihen.
    Dies ist auch pemanent bei den unzähligen, teilweise unerträglichen Covers zu beobachten.
    Und wenn wir mal nur als Beispiel den allseits bekannten Song "I will always love you" nehmen - mitnichten komponiert von Whitney sondern von Dolly Parton.
    Die hat damit zwar auch einen Hit gehabt und der Song ist natürlich in seiner Grundkomposition einfach sehr gut - für nen alltime Welthit fehlte aber der Interpret, der der Komposition noch etwas besonderes hinzufügt.


    Und wenn wir mal als Beispiel Jazz nehmen, da macht es vor allem die Interpretation des Musikers aus.
    Es macht einen riesen Unterschied, ob so ein recht simpler Standard wie Autum Leaves vom Miles Davis Quintett oder von den Swinging Hot Five aus Buxtehude gespielt wird.


    Im besten Fall trifft grandiose Komposition auf grandiosen Musiker/Interpreten, aber auch die Kombi mässiger Song + grandioser Interpret (da fallen mir z.B. gewisse Titel von Tina Turner ein) oder grandioser Song mit eigentlich mäßigem Instrumentalisten/Interpreten funktioniert (gutes Beispiel z.B. die Beatles)

  • Ich würde die Beatles eigentlich nicht als mäßige Musiker bezeichnen, dafür haben sie bevor sie berühmt wurden einfach viel zu viel als Band gespielt.

    (19:45:39) _kaotical_: ich wollte schon immermal in irgendwessen signatur
    (01:13:44) seppel: unglücklich sein hat eine ganz besondere qualität. hält länger an als glücklich sein. das muss man auch mal positiv sehen.
    (21:32:33) Drummingguitaris: gube, hast du brüste? wenn ja, hoffe ich dass du ein mann bist

  • Mir ging es aber primär um die in meinen Augen falsche Aussage, das die Komposition einzig und allein das entscheidende sei. Das sehe ich überhaupt nicht so.
    Auch bei klassischen Einspielungen gibt es Interpretationen von grossartigen Kompositionen, die ich ganz fürchterlich finde und da geht es noch nicht mal darum, das es technische Mängel gäbe, sondern es geht einzig um die Interpretation, die emotionale Komponente. Gerade bei Einspielungen der asiatischen Hitech Virtuosen in der Klassik fehlt mir zuweilen jeglicher emotionaler Ausdruck der Komposition und dann klingt das Stück auch nicht so dolle, selbst wenn die Komposition grossartig ist.
    Was die Beatles angeht meine ich einzig Instrumentalfähigkeiten. Die sind alle sicherlich nicht gerade gute Intrumentalisten gewesen zur Hoch-Zeit der Beatles.

    3 Mal editiert, zuletzt von drumdidi ()

  • Und wenn wir mal als Beispiel Jazz nehmen, da macht es vor allem die Interpretation des Musikers aus.
    Es macht einen riesen Unterschied, ob so ein recht simpler Standard wie Autum Leaves vom Miles Davis Quintett oder von den Swinging Hot Five aus Buxtehude gespielt wird.


    das stimmt natürlich. im jazz spielen aber fast alle interpreten eine begrenzte anzahl von standardkompositionen. da macht dann die interpretation den unterschied. autumn leaves klingt aber von den kollegen aus buxtehude immer noch gut, wenn sie halbwegs spielen können. weil es eine gute komposition ist. manchmal kann auch eine mittelmäßige komposition von einem spitzeninterpreten zum glänzen gebracht werden - nur hört man das selten, weil die guten musiker sich natürlich auch gute stücke für ihr repertoire aussuchen.



    Mir ging es aber primär um die in meinen Augen falsche Aussage, das die Komposition einzig und allein das entscheidende sei.


    das hab ich auch nicht gesagt. ich schrieb "in erster linie".


    unterm strich sind gute interpreten natürlich schon sehr wichtig. aber nicht, weil sie virtuos unterwegs sind, sondern weil sie mit gefühl und musikalischem verständnis an die sache ran gehen.

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