Stop! Listen to music.

  • Nabend,


    die Aktion der Washingtoner Post ist zwar schon älter, aber ich konnte vor Ort nichts finden, passt aber wunderbar in unseren hektischen Alltag.
    Der Stargeiger Joshua Bell spielt 6 Bachstücke in einem Washingtoner U- Bahnhof, zur Rush- Hour.
    Der Stundenlohn ist in Ordnung, aber kaum einer begreift, was da gerade geschieht.


    http://www.youtube.com/watch?v=hnOPu0_YWhw



    Trauriger Alltag. Auch hier gibt es zum Beispiel eine Vielzahl ausgebildeter Sänger(meist aus Rußland), die sich als Straßenmusiker verdingen.
    Wie oft habe ich schon mit Tränen in den Augen(ob des schönen Gesanges wegen), den Inhalt meines schmalen Geldbeutels in Hüte geschüttet...

    Ich bin nicht intolerant, ich hasse jeden!

  • Tja, so ist das - und vielleicht war es auch immer schon so. Wir entkoppeln uns heute zusehends von uns selbst und unseren eigenen Maßstäben. Wenn uns jemand nicht sagt dass etwas gut ist empfinden wir es auch nicht so. Wir messen uns häufig an dem, was andere tun, sagen oder machen. Jeder von uns kann das im Kleinen beobachten. Diese Becken spielt xy, also nehm ich die auch, diese CD finden alle meine Freunde schei..., ich also auch. Es geht somit immer weniger um die Dinge an sich sondern um deren vermeintlichen Wert bzw. deren öffentlichen Wertschätzung. Wenn ich in eine Restaurant gehe, in dem das Menü 300 Euro kostet MUSS es gut sein (und wahrscheinlich schmeckt es mir sogar wirklich besser, allein, weil ich darum weiß, was es kostet). Und wahrscheinlich gefällt mir die Musik eines Künstlers wirklich besser, wenn ich für die Karte 150 Euro ausgegeben habe als wenn ich es kostenlos in der U-Bahn erlebe.


    Und - auch wenn das vielleicht esoterisch klingt - wir sind oft weder im hier noch im jetzt. Sondern eben meist im gestern oder morgen. Im Gegensatz zu Kindern verlieren wir die Fähigkeit, uns wirklich auf DInge einzulassen, die JETZT passieren. Stattdessen denken wir an den EInkauf, den wir noch machen müssen, die E-Mail die noch geschrieben und die Rechnung, die noch überwiesen werden muss. Und deswegen nehmen wir Dinge, die um uns herum passieren seltener wahr.

  • Bach ist einfach mal nichts, was man im Vorübergehen hört. Wenn noch meine Bahn kriegen muss, kann ich mich nicht hinstellen, die musikalische Darbietung verfolgen und mich dabei so darauf einlassen, dass ich einen emotionalen Bezug dazu finde.

  • Und - auch wenn das vielleicht esoterisch klingt - wir sind oft weder im hier noch im jetzt. Sondern eben meist im gestern oder morgen. Im Gegensatz zu Kindern verlieren wir die Fähigkeit, uns wirklich auf DInge einzulassen, die JETZT passieren. Stattdessen denken wir an den EInkauf, den wir noch machen müssen, die E-Mail die noch geschrieben und die Rechnung, die noch überwiesen werden muss. Und deswegen nehmen wir Dinge, die um uns herum passieren seltener wahr.


    Das trifft sicher meist zu. ABER: wir wissen ja darum, deswegen können wir das auch bewusst durchbrechen. ich hab Straßenmusikern schon 20min zugesehen, weil sie einfach sehr gut waren. Oder einfach mal stehenbleiben und irgendein tier beobachten. Wenn man für solche Kleinigkeiten des Alltags den Blick verliert rennt man nur noch dem Leben hinterher....just my 2 cents. :love:


    Achja: Die Violine klingt übrigens supi :love:

    [url='http://www.drummerforum.de/forum/thread.php?postid=382638#post382638']Mein Saturn

  • Auf jeden Fall interessantes Experiment! Es zeigt mal wieder wie sehr unsere Wahrnehmung vom Kontext beeinflusst wird. Und das sogar bei der wohl allgemeinverständlichsten Kommunikationsform der Welt. Ich finde eh das Kunst oft nur durch den Kontext funktioniert. Das würde mit Bildern eines genialen Malers bestimmt genauso funktionieren. Auf einer Vernissage präsentiert wird dem Kunstliebhaber eine Ahhhh und Ohhh entlockt, dasselbe Bild auf einer verschmutzten Häuserwand würde warscheinlich als Vandalismus eingestuft. Bekloppt eigentlich...

  • Die U-Bahn ist vielleicht auch nicht genz der richtige Ort, um Aufmerksamkeit zu erheischen - ansonsten stimme ich zu, dass die wenigsten Menschen im Jetzt leben, geschweige denn sich selbst und ihrer Handlungen im Entferntesten bewusst sind. Die meisten Menschen führen ein fremdbestimmtes funktionelles Leben und benötigen einschneidende Grenzerfahrungen, um sich selber im Lebens-Kontext überhaupt wahrzunehmen oder gar zu reflektieren.


    Das mit dem Kontext stimmt auch 100%, Jesus würde heute nicht an der Schweizer Garde vorbeikommen und wahrscheinlich Hartz 4 beziehen oder in Guantanamo sitzen und Einstein bekäme sicher keine Uni-Zulassung... und die meisten berühmten 70er Bands würden heute nicht mal nen Produktionsübernahmevertrag bekommen... und ganz viele lebende Drum-Legenden keinen Job ("was, du bist nicht klickfest?!?")

    “If you end up with a boring miserable life because you listened to your mom, your dad, your teacher, your priest, or some guy on television telling you how to do your shit, then you deserve it.”
    Frank Zappa (1940-1993)

  • ... Ich finde eh das Kunst oft nur durch den Kontext funktioniert. Das würde mit Bildern eines genialen Malers bestimmt genauso funktionieren. Auf einer Vernissage präsentiert wird dem Kunstliebhaber eine Ahhhh und Ohhh entlockt, dasselbe Bild auf einer verschmutzten Häuserwand würde warscheinlich als Vandalismus eingestuft. Bekloppt eigentlich...


    Da stimme ich dir vollkommen zu.
    Hier ist der komplette Artikel der Washington Post dazu: http://www.washingtonpost.com/…4/04/AR2007040401721.html


    Hier wird zu dem Thema u.a. ein Kunstexperte befragt, Mark Leithauser, Kurator der National Gallery. Der sagt folgendes:
    "Let's say I took one of our more abstract masterpieces, say an Ellsworth Kelly, and removed it from its frame, marched it down the 52 steps that people walk up to get to the National Gallery, past the giant columns, and brought it into a restaurant. It's a $5 million painting. And it's one of those restaurants where there are pieces of original art for sale, by some industrious kids from the Corcoran School, and I hang that Kelly on the wall with a price tag of $150. No one is going to notice it. An art curator might look up and say: 'Hey, that looks a little like an Ellsworth Kelly. Please pass the salt.'"


    Wobei ich zugeben muss Ellsworth Kelly gerade gegoogelt zu haben... Mir würde niemals in den Sinn kommen, dass das so wertvolle Kunst sein könnte, aber das ist ja ein anderes Thema.... ;)

    Freizeit Moderations-Arschloch

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