Vergangene Woche war ich das erste Mal seit 2004 oder 2005 wieder bei einem Händler, Becken testen. Ich habe nichts Konkretes gesucht, ich wollte mir bloß mal einen Überblick über die neuen bzw. neu aufgelegten Zildjian-Serien verschaffen. Dass die Qualität der meisten Zildjian-Becken in den vergangenen zehn Jahren teilweise drastisch abgenommen hat, obschon mit immer weiter steigenden Preisen der Dollarschwäche auf wundersame Weise ins Gesicht gelacht wird, ist hier sicher bereits verschiedentlich diskutiert worden. Was mir aber neu war: Ich kann meine Becken jetzt nicht mehr so kaufen wie früher.
Als ich Ende der 90er Jahre wieder mal mit dem Schlagzeugspielen begonnen hatte, lief es etwa so: Wollte ich zu, sagen wir, einem 16" A Custom Crash ein 18" A Custom Crash kaufen, bestellte mir der Händler vier bis sechs 18" A Custom Crashes zur Ansicht, unter denen ich dann eines auswählte. Oder aber der Händler gab mir Bescheid, an welchem Tag der Zildjian-Vertriebsmensch mit seinem Becken-Lkw vorbeikam, dann konnte ich sogar noch unter viel mehr Becken auswählen. Ich nahm an, bei damals schon teuren Produkten wie Becken gehöre das zum Standard-Service, zumindest in den teuren Serien. Vergangene Woche nur erklärte mir der Händler, dass dies nicht mehr möglich sei, seit Pearl Europe den Zildjian-Vertrieb für Deutschland und Österreich übernommen habe, also seit 2006. Seitdem ist es offenbar so, dass der Einzelhändler ein- oder zweimal pro Jahr zu Pearl Europe nach Venlo/Niederlande fährt und Becken einkauft, die er dann in seinem Laden anbietet. Will ein Kunde ein Becken haben, das er nicht vorrätig hat, kann der Händler es schon bei Pearl Europe bestellen; aber es gibt keine Auswahlmöglichkeit mehr unter mehreren Becken. Bestellt werden exakt so viele, wie dann auch gekauft werden. Es sei denn, man ist Endorser, aber wer ist das schon? Einen Beckensatz um ein weiteres Becken zu erweitern, wird so beinahe zur Unmöglichkeit, mindestens aber zum Va-banque-Spiel, zu einem teuren dazu.
Da Zildjian ja bei aller Bedeutung für die Branche immer noch ein mittelständisches, überdies familiengeführtes Unternehmen ist, wundert mich dieser Einschnitt gewissermaßen in die Kundenrechte kolossal. In Verbindung mit der immer weiter sinkenden Qualität (Z3, K, K Custom) wird meine kindliche Zildjian-Romantik stark erschüttert. Den Wechsel des Vertriebes mit den damit für den Kunden verbundenen Konsequenzen muss die Firmenzentrale in Massachusetts, zumal auf einem wichtigen weil großen Markt wie dem deutschen, bewusst betreiben. Was mich zu der Annahme verleitet, dass auch Firmen wie Zildjian in erster Linie Logistikunternehmen sind - und das in einer Branche, die so sehr vom Klang lebt, deren Produkte also im Gegensatz etwa zu Handytaschen oder Geigerzählern eine Seele haben (sollten!). Wenigstens, wie gesagt, in den hochpreisigen Serien.
Davon abgesehen: Wie kauft Ihr unter diesen Umständen Becken? Kauft Ihr auf gut Glück, oder fahrt Ihr mit Euren Beckensätzen die Händler ab und testet solange, bis Ihr das passende gefunden habt? Beschränkt Ihr Euch auf den Gebrauchtmarkt und nehmt das Risiko inkauf, dass ein Becken klanglich nicht gut passt, um es dann eventuell weiterzuverkaufen? Oder gibt es noch Händler, bei denen trotz allem noch ein anderes Einkaufen möglich ist?