Eine kurze Diskussion in einem anderen Thread hat mich zu diesem Thema geführt. Bisweilen wird an manchen Posts bemängelt, dass man nicht erkennen kann, ob sie ernst gemeint sind. Das irritiert mich immer, weil ich zwischen Spaß und Ernst keine scharfe Grenze ziehen kann. Steckt nicht in jedem Thema beides? Haben nicht selbst schlimme Ereignisse wie z.B. Fukushima auch Aspekte, die bei allem Schrecken ein Körnchen Lustiges in sich tragen? (Ich finde es tatsächlich lustig, dass man in einem chronisch von Erdbeben und Tsunamis geplagten Land Atomkraftwerke in Küstennähe baut und sich dann wundert, wenn mal eins davon kaputt geht.) Das heißt natürlich nicht, dass ich die Gefühle von trauernden Menschen durch spaßige Kommentare zu Katastrophen verletzen würde. Und selbstverständlich vergeht auch mir das Lachen angesichts solcher Tragödien, aber trotzdem sind die lustigen Aspekte ja da und können mit etwas Abstand dazu beitragen, den Schrecken erträglicher zu machen. So hat beispielsweise ein Bekannter von mir bei einem Unfall ein Bein verloren. Im Strandurlaub auf Malle kommt er dann gerne mal aus dem Wasser, hält sich den Stumpf fest und schreit aus Leibeskräften "HAIE! HAIE!" Der hätte auch lieber sein Bein behalten, aber noch trauriger wäre der Verlust doch, wenn er gar keine Späße darüber machen könnte.
Glücklicher Weise sind aber die meisten Themen nicht so emotional aufgeladen wie eine Reaktorkatastrophe oder eine Amputation. Muss daher nicht, wer sich wirklich ernsthaft mit einer Sache auseinandersetzt, zwangsläufig auch den Humor dieser Sache erspüren? Zeugt es nicht von Oberflächlichkeit, wenn man etwas nur zum Lachen oder ausschließlich zum Weinen findet?
Dann kommt noch etwas anderes hinzu: Ich finde es beleidigend, jemandem zu unterstellen, er würde offensichtlichen Schwachsinn ernst meinen. Der Aggressor ist dann nicht etwa der Sarkast, sondern der Dümpel, der ihm weder Intelligenz noch Humor zutraut. Ein Beispiel: Im Dream-Theater-Thread schrieb jemand zum Thema "Neuer Schlagzeuger", die Hauptsache sei, dass der Neue kein Jude ist. Das wurde dann kritisiert. Für mich ist diese Kritik aggressiv, weil sie impliziert, der Beitragsersteller könnte tatsächlich ein Antisemit sein. Sowas darf man einem Forumskollegen meiner Meinung nach nicht unterstellen. Abseits des Gesagten muss klar sein, dass er so eine Aussage nie und nimmer ernsthaft tätigen würde. Streiten kann man sich dann über die Qualität eines solchen Witzes, muss man aber nicht. Ich hab jedenfalls gelacht.
Zu dem Thema fällt mir ein Interview mit dem israelischen Sänger Aviv Geffen ein, der erzählte, dass er nach einem Konzert in Bonn vom Tourmanager Handtücher gereicht bekam, zusammen mit der Auskunft, die Duschen seien um die Ecke links. Geffens Antwort: "Ihr glaubt doch nicht, dass wir auf die Scheiße noch mal reinfallen, oder?" Ich hab gebrüllt, als ich das gelesen habe, aber dem Tourmanager ist laut Geffen sämtliche Farbe aus dem Gesicht gewichen. Dabei sind tatsächlich Verwandte des Sängers in deutschen Lagern ermordet worden. Trotzdem konnte er an dem Witz nicht einfach vorbei.
Wie haltet Ihr das so? Legt Ihr einen Schalter um von Spaß auf Ernst? Oder könnt Ihr meine Differenzierungsprobleme nachvollziehen?
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