Reisebericht: Modern Drummer Festival New York 2010

  • Hallo werte Trommlergemeinde,


    ich habe schon seit einiger Zeit nichts mehr geschrieben hier im DF.
    Deshalb dachte ich, es wäre mal wieder an der Zeit... :)


    Ich bin gerade von einem Kurztrip aus New York zurückgekehrt.
    Wie vielleicht der ein oder andere mitbekommen hat, wurde Benny Greb dieses Jahr die Ehre zuteil, beim Modern Drummer Festival auftreten zu dürfen.
    Ich hatte Benny schon vor einigen Jahren zum Montreal Drum Fest begleitet (vielleicht kennen einige das Video davon bei Youtube), und hatte ihm damals schon versprochen, dass ich auch dabei wäre, sollte er jemals beim Modern Drummer Festival in New York auftreten.
    Dieses Jahr war es nun also soweit...


    Ich bin mit Benny und Norbert Saemann (Artist Relation Manager bei MEINL) nach New York geflogen. Dort wurden wir vom Shuttle am Flughafen abgeholt und nach Montclair, New Jersey (ca. 1 Stunde ausserhalb von New York) gebracht, wo dieses Jahr das MDF stattfand.
    Die letzten Jahre wurde das Festival in relativ großen Locations in New York veranstaltet. Dieses Jahr ging es sozusagen "back to the roots" in die Montclair State University. Eine etwas kleinere Location (ca. 1200 Leute Kapazität) und auch nur 1 Tag Programm (statt 2).


    War ein tolles Erlebnis, alle Drummer, Veranstalter, Sponsoren und Freunde kennenzulernen bzw. wiederzutreffen.


    Ein paar persönliche Eindrücke zu den Drummern, die dieses Jahr aufgetreten sind:


    Daniel Glass:
    Ein hervorragender Swing-Shuffle Drummer, der sich vollständig diesem Stil verschrieben hat und den auch sehr authentisch zu leben scheint (inkl. Frisur und Outfit).
    Er gab einen 50 minütigen Workshop zum Thema Shuffle und man merkte sofort, dass er das Zeug richtig ausgecheckt hatte. Ein geschmackvolles, grooviges Solo rundete den gelungenen Workshop ab.


    Chris Coleman:
    Auch er gab einen 50 minütigen Workshop. Sein Thema war Spielen zum Clicktrack und Solieren über einen Vamp.
    Er hat sehr viel erzählt aus dem "Profi-leben". Immerhin hat er schon mit diversen großen Namen zusammen gespielt. Aktuell probt er gerade mit Prince für dessen neue Tour und Album.
    Als er dann anfing zu spielen, wusste man sofort wo der Hammer hängt. Eine unfassbare Power, Finesse, Geschwindigkeit und Tightness, dass man teilweise nur in Ehrfurcht den Kopf schütteln kann.
    Er ist nicht nur in der Lage, jegliche "gospel-chops" in aberwitziger Geschwindigkeit über das Set zu verteilen, sondern tut dies immer mit einer großen Portion Groove und Geschmack.
    Also, wäre ich ein großer Popact - ich würde ihn buchen... ;)


    Criss Penny:
    der Drummer von "Coheed & Cambria" vertrat dieses Jahr die Heavy-Fraktion. Technisch durchaus beeindruckend. Sehr tight gespielt mit schnellen Doublebass-einlagen.
    Allerdings nicht der typische Blastbeat-drummer, sondern teilweise sehr kompliziertes Odd-time-Zeugs (7 über 5 über 4 etc...).
    Für meinen Geschmack war aber alles zu laut und brutal gespielt. Er hat auf seine Crash-becken und das gesamte Set durchgängig eingeprügelt, dass sich überhaupt keine Dynamik entwickeln konnte.


    Shannon Forrest:
    Ein angesagter Studio-drummer aus der Nashville-Country Szene. Er trat mit einem Orgel Spieler und Bassisten auf und erklärte verschiedene Standard-Grooves (Half-time Shuffle, Blues, Country etc...).
    Sehr solide gespielt, allerdings für das Publikum zum Teil wohl etwas zu unspektakulär.


    Shawn Pelton:
    Der Drummer der "Saturday Night Live" Show aus New York. Er trat 2005 bereits beim MDF auf mit seiner Band "House of Diablo". So auch dieses Jahr.
    Er war vermutlich der Drummer mit der wenigsten Technik, aber sein Stil und seine Art die Sticks zu halten und sich zu bewegen sind so einzigartig, dass man ihn sofort nach wenigen Takten erkennt. Das soll erst mal jemand nachmachen.
    Mir hat der Auftritt jedenfalls sehr gut gefallen. Vor allem der Keyboard und Akkordion Spieler seiner Band war hervorragend. Sein Drumset klang allerdings sehr bescheiden. Das Standtom war komplett tot und verstimmt.


    Adam Deitch:
    Auf ihn war ich ganz besonders gespannt. Ein relativer Junger Typ aus New York, der vor allem moderne Beats wie Hiphop, Dub, Elektro, Techno, House, Dancefloor etc ausgecheckt hat.
    Er trat mit einem Keyboarder auf, der verschiedene Backing-tracks von seinem Laptop abspielte.
    Der Auftritt hat mir sehr gut gefallen. Adam ist ein hervorragender Drummer, tighter Groove, frischer Style, guter Sound (seiner Snare war der Killer!).
    Er hatte zwei Kits aufgebaut. Ein "normales Set" und ein kleines Bebop-Kit, auf dem er ein 2nd Line-Stil Solo gespielt hat. Auch sehr, sehr geschmackvoll, dynamisch, tolle Ideen... einfach grossartig !


    Benny Greb:
    Tja, was soll ich hier gross schreiben ? Ich habe Benny ja schon unzählige Male spiele sehen. Er war jedenfalls vor dem Auftritt sehr nervös und hatte großen Respekt vor dem MDF (und der Hudson DVD, die dort aufgenommen wurde).
    Er hatte sich lange auf den Gig vorbereitet und sich auch beim Soundcheck sehr viel Zeit zum Stimmen genommen. Das hatte sich dann auch bezahlt gemacht.
    Das Publikum war restlos begeistert und hat Benny mit 2 Standing Ovations gefeiert. Er hatte auf jeden Fall den besten Drumsound. Sehr transparentes und dynamisches, grooviges Drumming, wie man es von ihm kennt.
    Auch einige neue Elemente in seinem Solo. Insgesamt hat er zu 5 Songs gespielt. Dabei war auch ein "Stoppok" Song auf deutsch ! (Stoppok höchstpersönlich saß übrigens auch im Publikum). Vor allem das Solo über den Vamp beim 3ergezimmer Song "Sanka" hat mir besonders gut gefallen.


    Stanton Moore:
    Mister "2nd Line" persönlich!
    Er trat mit seiner Band auf und hat ein New Orleans Groove Feuerwerk abgefackelt. Grossartiger Drummer. Mehrere Soli über Vamps, die alle zum Tanzen anregten.
    Er hatte eine zweite 26 Zoll Bassdrum, die er bei einigen Stellen benutze und die ordentlich WUMMS erzeugte...


    Am Abend gab's dann noch 'ne Party mit allen Drummern im gemeinsamen Hotel, bei dem dann auf das erfolgreiche Festival angestoßen wurde.


    Den nächsten Tag habe ich dann mit Benny und Norbert in New York (Manhattan) verbracht mit ausgiebigem Sightseeing, leckerem Essen und guter Live Musik (z.B in der "55 Bar" in Greenwich Village!).
    NYC ist immer wieder faszinierend. Eine einmalige, pulsierende Stadt mit vielen Facetten.


    Auf der Website von Hudson Music gibt es übrigens schon die ersten Video-Ausschnitte von der bald erscheinenden DVD.
    http://www.hudsonmusic.com/hudson/feature-content/md2010/


    Hier noch ein paar Bilder:


    Benny beim Soundcheck




    Chris Coleman beim "Warm-up"




    Chris Coleman und ich




    Standing Ovations nach Bennys Auftritt



    Benny erleichtert und sprachlos nach seinem Auftritt



    Benny, Norbert und ich in NYC



    Sightseeing in NYC



    Times Square "Ameisenhaufen"



    die "Zigarre danach"...



    immer wieder eine Reise wert...



    Matthias

  • Super dein Reisebericht aus dem Big Apple, bin mal auf die DVD gespannt.


    Chris Coleman ist ja schon lange einer meiner Trommelhelden..


    Ich werde im November für 3 Wochen mal wieder nach New York Fahren, und dann unter anderen einige Stunden bei Dom Famularo nehmen..

    "Fills bring thrills but grooves pay bills"

  • Alter Schwede, Adam Deitch ist der Hammer! Der Mann ist ein Phänomen und bewegt sich bei der Adaption von Samplebeats auf höchstem Niveau. Wie der diese Timingfehler durch unsauberes Slicen imitiert, isr der Wahnsinn!


    Danke für den Bericht!


    lg
    max


    Ja, das stimmt. Du meinst vermutlich den Ausschnitt von Adam auf der Hudson Music Seite, richtig ?
    Adam hatte bei einem Song vorher erklärt, dass er total auf diese "unsauberen" Beats steht, die durch verschiedene, aneinandergeschittene Samples entstehen. Als Beispiel hat er dann bei einem Song absichtlich "unsauber" gespielt. Z.B die Snare mal zu früh, mal zu spät.
    Trotzdem hatte es gegroovt wie Sau... ;)

  • Ja, das ist es. Diese Versätze passieren, wenn Samples nicht exakt in ein Timingschema passen und dann z.B. am Ende eine "Lücke" bleibt. Das hörte man früher sehr oft bei den Anfängen der elektronischen Musik, mittlerweile ist es ein gern benutztes Zitat. Ich finde es klasse, mit sowas zu spielen.


    Adam Deitch hat ja auch schon mit John Scofield gespielt (und auf dessen Platte auch gerappt), ist aber in erster Linie Beat-Produzent. Ich finde diese interdisziplinären Musiker mittlerweile äußerst interessant.


    Ich finde Benny natürlich auch toll, allerdings kennt man die Stücke mittlerweile fast auswendig.


    lg
    max

  • Hi MAtthias,


    ein toller Bericht! Das MDf möchte ich auch irgendwann mal live sehen. Wenn man dann allerdings mit Benny Greb noch Backstage darf, ist das natürlich nochmal eine Ecke feiner!


    Auch das Wetter scheint ja beim Sightseeing schön gewesen zu sein!

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