Drum Ratgeber

  • Darf ich die Kontrahenten noch mal aufeinander hetzen? So wie ich das HIER verstanden habe, klingen tiefe Kessel länger, müssen aber auch wegen der größeren Masse stärker geprügelt werden. Wenn ich diesen Thread hier lese scheint man sich über das Gegentum einig zu sein, was denn nun???


    Subjektivität gegen Physik? Wer knotet das jetzt mal richtig auf? Denn auch der Herr Stegner sagt in seinem Artikel im Drummermagazin :

    Zitat

    Die Tonhöhe wird deutlich mehr vom Durchmesser als von der Tiefe beeinflusst. Je tiefer die Trommel ist, umso schlechter wird die Projektion und das Ansprechverhalten, jedoch weist sie ein längeres Sustain auf.


    Also:
    Kurzer Kessel langer Nachklang?
    Langer Kessel langer Nachklang?
    WAS DENN NUN?
    Subjektiv langer Nachklang?
    Objektiv langer Nachklang?


    Kann das hier mal jemand sowohl physikalisch als auch unter Realbedingungen aufbröseln? Ich denke, Meister Nils mit seinem Physik-Stimm- und Erfahrungsbackground wäre hier der richtige Antwortgeber.


    Mein kleiner Input zu dieser Diskussion: Ein Becken klingt noch enorm lange im Tieftonbereich nach, wenn der hörbare Sound bereits seit einiger Zeit verklungen ist. Davon kann sich jeder überzeugen, wenn er/sie sein/ihr Ohr nah an den Beckenrand hält.
    Das könnte auch bedeuten:
    Kurzer Kessel, lang HÖRBARER Nachklang (weil Obertonreich)
    Langer Kessel, PHYSIKALISCH längerer Nachklang (weil mehr Masse und Tieftonbereich)


    ???


    Rein von der Logik her, wage ich zu behaupten (ohne Daten und ohne Erfahrungswerte), dass man bei identischer Schlagenergie und identischer Fellspannung bei einem kürzerem Tom einen kürzeren Ausklang haben MUSS. Oder habe ich in Physik nur aus dem Fenster geschaut? SUBJEKTIV kann dies anders wahrgenommen werden, weil die tieferen Geräte auch Nachklang haben, der unsere Ohren nicht mehr anspricht.


    Bitte um wissenschaftliche Unterstützung !



    <>< Daniel

  • Hall GrafDaniel,


    meiner Meinung nach ist das gar nicht so einfach zu beantworten. Physikalisch gesehen spricht eigentlich alles dafür, dass längere Trommeln (ich beschränke mich hierbei jetzt nur mal auf TomToms!) ein etwas längeres Sustain und Decay haben müssten (gleiche Bauweise, Fell, Stimmung usw.). Die größere Luftsäule und die größere Masse des Kessels sollten eigentlich dazu führen, dass ein lauterer und längerer Ton entsteht.


    In der Realität habe ich persönlich genau das Gegenteil feststellen können, ebenfalls nur bezogen auf Toms gleicher Bauart, Befellung und Stimmung, vorallem im direkten Vergleich. Kurze Toms hatten einen längeres Sustain und klangen länger aus, waren leicht offener (obertonreicher?!) als Toms, welche 2 oder mehr Zoll tiefer waren. Das ganze konnte ich bei unterschiedlichsten Marken mit unterschiedlichen Kesselkonstruktionen feststellen, seien es Drumsets von Kollegen gewesen, oder im Shop, im Proberaum als auch in Studios. Desweiteren war das im gesamten Bandsound, als auch einzeln gespielt, hörbar. Ich rede hierbei aber nicht von Unterschieden wie Tag und Nacht, sondern über deutlich hörbare Nuancen.


    Das Problem dabei ist die fehlende Möglichkeit, das meßtechnisch zu beweisen oder auch zu widerlegen!!! Dieser Eindruck ist tatsächlich rein subjektiv - das Sustain konnte ich nicht in Sekunden oder Zehntelsekunden definieren, noch war ein Frequenzspektrometer zur Hand, nur ein oder mehrere paar Ohren, die das ebenfalls bestätigten, was meine Wahrnehmung mich und andere hören ließ.
    Daher möchte ich das auf keinen Fall für allgemein gültig erklären!!!
    Am besten testet man das selbst aus und vergleicht mal 10ner, 12er oder 14er Toms mit verschiedenen Tiefen, aber gleicher Kesselkonstruktion. Auf das Ergebniss wäre ich sehr gespannt!


    Grüße
    NoStyle

  • Meine physikalische Einschätzung ist diese hier:

    Allgemein Sustain: Die Abklingdauer bei der gedämpften Schwinung ist nur von Masse und Reibungskoeffizient (des gesamten Resonanzsystems!) abhängig. D.h. ein tieferes Tom müsste länger klingen. Punkt.


    Das ist mit Nils Aussage im Einklang.


    Es gilt also die Randbedingungen zu suchen, d.h. ob es wirklich nur Randbedingungen sind oder ob sich in der Praxis schon grundlegende Faktoren doch nicht so gleichen. Oder ob einfach unsere Hörgewohnheiten nicht ausreichend sind.

    Ich hätte auch so gern ein Hobby...

  • Meine physikalische Einschätzung ist diese hier:


    Das ist mit Nils Aussage im Einklang.

    Aber nicht mit den Beobachtungen der Realität. Tiefe Toms klingen nun mal kürzer. Oder meine ich mit kurzem Klang jetzt wieder was anderes? :wacko: Ob das wohl noch jemand mit der passenden Formel aufklären kann? Hätte nicht gedacht, dass die Physik dahinter so kompliziert ist...


    .

  • Noch eine Theorie:


    Tiefe Toms klingen lauter als flache (können wir uns darauf einigen?).
    Wir nehmen jetzt mal an, daß unsere beiden Testkandidaten gleich lange ausklingen (=gleiches Sustain).
    Angenommen, der Lautstärkeabfall des tiefen Kessels erfolgt schneller, als beim flachen, so
    wird man das Sustain des tiefen Toms als kürzer empfinden.


    Oder hatten wir das auch schon?


    fwdrums

    nontoxic: kurze lange CD-Pause

  • Aber nicht mit den Beobachtungen der Realität. Tiefe Toms klingen nun mal kürzer. Oder meine ich mit kurzem Klang jetzt wieder was anderes? :wacko: Ob das wohl noch jemand mit der passenden Formel aufklären kann? Hätte nicht gedacht, dass die Physik dahinter so kompliziert ist...

    Die Frage dabei ist, war bei dir in der Praxis die Situation wirklich vergleichbar oder spielten Stimmung, Fellart, Raum, Umgebungslärm doch mit rein?


    Man muss sich auch erstmal über die Bedinungen einig werden. Es gilt imho die Frage zu beantworten, was die Fellspannung und somit Tonhöhe im Gesamtresonanzsystem ändert. Reicht es beide Felle in Resonanz zu stimmen, oder ändert sich das Sustain vom Gesamtsystem mit der Tonhöhe.



    Wir nehmen jetzt mal an, daß unsere beiden Testkandidaten gleich lange ausklingen (=gleiches Sustain).
    Angenommen, der Lautstärkeabfall des tiefen Kessels erfolgt schneller, als beim flachen, so
    wird man das Sustain des tiefen Toms als kürzer empfinden.

    Der Lautstärkeabfall ist aber doch das Sustain. Entweder ist das gleich, oder nicht. Wenn eins schneller abfällt bei gleichem Sustain heißt das es war lauter. Der Betrag um den es in der gleichen Zeit gefallen ist größer, die Zeit muss aber gleich sein da sie sich auf ein Verhältnis bezieht. Ist die Zeit nicht gleich ist das Sustain verschieden. Oder?

    Ich hätte auch so gern ein Hobby...

  • Sustain ist die Länge des Ausklingens.
    Ich meinte die Dauer ist gleich, aber beim tiefen Kessel beginnt der Ton
    auf einem höheren Level und fällt schneller ab


    Beispiel
    tief: von Level 10 auf 0 in 1,5 s
    flach: von Level 8 auf 0 in 1,5 s


    fwdrums

    nontoxic: kurze lange CD-Pause

  • Ja, da sind wir uns einig, hab zu schnell geschossen. Ich überlege nur, wie es sein kann dass bei gleicher Stimmung und Anregung eins lauter sein kann.


    Die Feder der Luft bei mehr Tiefe vom Tom ist weicher, also Federkonstante kleiner und somit die Amplitude in Resonsanz höher?

    Ich hätte auch so gern ein Hobby...

  • Ich gehe von unterschiedlichen Bedingungen aus. So wie sie in der Praxis oft vorkommen und im Ergebnis dazu führen,
    daß (manchmal?) kürzere Toms als länger klingend eingeschätzt werden. Die Beschaffenheit der Innenwände der Kessel
    kann z. B. eine Rolle spielen (die alten Tama Artstar haben ordentlich geknackt).


    Man müßte das wirklich mal im 1:1-Vergleich untersuchen. Doch fehlen mir die entsprechenden Trommeln. Die unterscheiden
    sich in zu vielen Parametern, als daß ein Vergleich sinnvoll wäre (z. B. 16*8 Ahorn Hängetom mit Optimount, 16*13 Eiche
    Standtom und 16*16 Birke Standtom - das bringt alles nix).


    fwdrums

    nontoxic: kurze lange CD-Pause

  • Die Rahmenbedingung bei meinen gehörten Erfahrungen waren gleich, d.h. bei einem 9000er Yamaha Recording Custom im Proberaum eines Freundes war ein 12x8 und ein 14x10 Tom länger vom Sustain als sein neu erworbenes 12x10 und 14x12er Tom. Gleiches Fell (Ambassador Clear), gleiche Stimmung, in verschiedenen Räumen (sein Proberaum und bei Drums Only). Das selbe habe ich bei meinem damaligen Signia auch erlebt, als ich mit einem Kauf-Tauschinteressenten 3 Stunden lang die Nachbarn genervt habe, als wir meine Powermaße gegen seine traditionellen Maße der Signias in meinem Wohnzimmer auf Herz und Nieren prüften. Auch hier gleiche Felle und Stimmung mit dem gleichen Ergebniss: Kürzere Toms -> längeres Sustain. Ich könnte noch mehr Beispiele aufführen, da Ende der 80er fast alle befreundeten Drummer Ihre traditionellen Toms gegen Powermaße tauschten - jedes mal der "Boah ey, viel fetter"-Effekt, aber auch die Einigkeit darüber, das die längeren Toms kürzer, bassiger und "komprimierter" klangen.
    Entscheidend ist der direkte Vergleich bei gleicher Serie, Bauart, Befellung und Stimmung! Der Raum ist dann weniger entscheidend und Lautstärkeunterschiede finde ich im direkten Vergleich deutlich schwerer herauszuhören. Da glaube ich mittlerweile, das die Holzart, die Wandstärke und die Bauart sehr viel mehr zur Lautstärke, Projektion und maximalen Dynamik beitragen als 1-2 Zoll Kessellänge!


    Grüße
    NoStyle

  • Die Frage dabei ist, war bei dir in der Praxis die Situation wirklich vergleichbar oder spielten Stimmung, Fellart, Raum, Umgebungslärm doch mit rein?

    Ich hab natürlich keine Tests unter wissenschaftlichen Bedingungen durchgeführt. Meine diesbezüglichen Erfahrungen stammen hauptsächlich aus meiner Zeit als Verkäufer im Music Store, wo ich Zugang zu Trommeln gleicher Serie in verschiedenen Tiefen hatte. Unterm Strich hatten da die flacheren Kessel immer das längere Sustain. Extra ausprobiert haben wir das nicht, weil sowieso nie jemand was anderes behauptet hat. Wir haben bloß immer alle Toms auf maximales Sustain gestimmt (wenn wir sie denn überhaupt gestimmt haben), und mit den flachen Kesseln gab es eben das längste. Vom Standpunkt intuitiver Alltagsphysik fand ich das auch nie überraschend. Ich bin immer davon ausgegangen, dass bei einer Trommel hauptsächlich die Felle schwingen. Mit weniger Luft dazwischen schwingen sie eben länger. Ist das denn falsch? Auf ner Musikmesse stand mal ein Rocketshells-Set mit überlangen Kesseln, das 10er-Tom war schätzungsweise 26 Zoll tief. Das hatte überhaupt kein Sustain mehr, machte nur noch "Plapp". Fand auch niemand verblüffend.


    .

  • @Crudpat
    Dann müsstest Du ja vielleicht auch noch das Set mit 22x18, 10x8, 12x10, 14x12 und 16x14 kennen, das machte nicht "plapp", sondern jeden naß untenrum der das mal angespielt hatte :thumbup:


    Über die physikalischen Gesetzmäßigkeiten habe ich mir da auch nie Gedanken gemacht. Ich fand und finde es immer wieder interessant, wenn man so eine Gelegenheit hat zu vergleichen. Bei meinen Situationen hatten teilweise die Mitmusiker, Mixer oder Produzenten die gleiche Wahrnehmung - als Zusatzmeinung sehr hilfreich bevor man glaubt, die Flöhe husten zu hören! Dennoch bin ich irgendwie immer noch vorsichtig und möchte das nicht verallgemeinern.


    Übrigens finde ich, das so ein Ratgeber sehr hilfreich sein kann, um mal auf den Anfang zu schliessen. Mir hätte es vermutlich eher dazu verholfen den passenden Sound zu finden - so muß ich mal wieder investieren ;( !


    Grüße
    NoStyle

  • Auf ner Musikmesse stand mal ein Rocketshells-Set mit überlangen Kesseln, das 10er-Tom war schätzungsweise 26 Zoll tief. Das hatte überhaupt kein Sustain mehr, machte nur noch "Plapp". Fand auch niemand verblüffend.

    Rocket Shells haben aber auch in normalen Größen kaum Ton, nur viel Attack, ich fand die immer sehr trocken. Und laut.


    Aber vielleicht neue Randbedingung bzw. neue Theorie: Bis zu einer gewissen Tiefe nimmt das Sutain zu, darüber verlässt man aber den "sinnvollen Bereich" der Stimmung, der Kessel kann sein Potential nicht mehr ausspielen. Viele Leute sagen ja auch dass quadratische Größen doof sind.


    Was sagt eigentlich Bob Gatzen zum Thema?!

    Ich hätte auch so gern ein Hobby...

  • Rocket Shells habe ich anders in Erinnerung - die Lautstärke war sicher das prägnanteste, den "Ton" fand ich aber ebenfalls sehr beeindruckend, gar nicht so trocken, ist aber schon lange her ;)


    Hmmm, die Theorie finde ich gar nicht mal schlecht. Ich glaube aber, das dann die Kesselkonstruktion und die Wandstärke ebenfalls eine Rolle spielen. Meiner Meinung nach können dünne Kessel (z.B. 4-5 mm ohne Verstärkungsringe) durchaus quadratische Maße haben, sie würden vermutlich noch ziemlich resonant sein. Bei relativ dicken Kesseln z.B. 9-12 mm müsste man vermutlich ziemlich hartes Holz nehmen und wahrscheinlich ist bei einer bestimmten Kesseltiefe Schluß mit resonantem Sound. Obwohl es da auch Gegenbeispiele gibt, siehe z.B. Sonor Signature. Fernab von aller Theorie sind Kesselmaße und Konstruktion aber auch modischen Zeiterscheinungen erlegen und allgemeine Soundvorstellungen ändern sich gerne mal in einer Dekade.


    Was der Bob sagt wäre echt interessant. Ich meine mal gelesen zu haben, dass er bei Bass-Drums eher zu einem kürzeren Maß tendiert, d.h. 22x17 oder sogar 22x15, aber das müßte ich nochmal recherchieren!

  • Ich war bis vor kurzem stolzer Besitzer eines Rocket Shells.
    So ein Set kann sehr wohl rund, voll, warm und sehr resonant klingen.
    Mit Amba coated und clear (als Reso) oder mit Emperor coated als
    Schlagfell erhält man diese Sounds sehr einfach, wie ich finde.
    Und das Oak Custom war auch nicht leiser als das Rocket Shells.


    fwdrums

    nontoxic: kurze lange CD-Pause

  • Rocket Shells haben aber auch in normalen Größen kaum Ton, nur viel Attack, ich fand die immer sehr trocken.

    Diese Bewertung deckt sich nun aber so gar nicht mit meinen (zugegebenermaßen leider viel zu spärlichen) Erfahrungen mit den Kohlefasertrommeln. Der im Folgenden beschriebene Effekt kommt mir eher bekannt vor:


    @Crudpat
    Dann müsstest Du ja vielleicht auch noch das Set mit 22x18, 10x8, 12x10, 14x12 und 16x14 kennen, das machte nicht "plapp", sondern jeden naß untenrum der das mal angespielt hatte :thumbup:


    Ich war bis vor kurzem stolzer Besitzer eines Rocket Shells.

    Ey FW, wieso denn "war"? Von sowas trennt sich doch keiner freiwillig?!


    .

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