Mitunter gibt es Fehler, gar haarsträubende Fehler die uns erfahreneren unmöglich erscheinen, die aber doch gemacht werden. Gerade bei den Rookies oder ganz jungen. Bis man diese Fehler selbst vor Augen hat, klopft man im Gepräch oder am Telefon oft die einem selbst viel logischer erscheinenden Fehlerquellen ab und gibt mitunter Ferndiagnosen die womöglich völlig falsch sind...
Analog dem Arzt, der auf die telefonische Patienten-Anfrage "ich glaube ich habe eine Magendarmgrippe, ich muß dauernd würgen und der Bauch tut sehr weh" stilles Wasser zum Ausgleich des Flüssigkeitsverlusts empfiehlt, nicht ahnend das jener Patient vorher in suizidal-Stimmung 300 Stahlnägel gefressen hat, das aber (die wesentliche Info) leider nicht erwähnte.
In loser Reihenfolge hier ein paar No-No´s die in Sachen Drumsound, Falschanwendung von Drumequipment, suboptimaler Drumaufbau etc. recht fatale Konsequenzen haben können. Diese Rubrik gehört mitnichten zu (Sch)lachzeug, da es hier keinesfalls darum geht, sich über andere lustig zu machen. Sondern darzustellen, welche Fehler menschlich sind, wenn man noch nicht so viele Jahre dabei ist... und das auch wir erfahreneren manchmal erklärungstechnisch vorbeischrammen. Weil für uns die Rookie-Phase schon so (nahezu unerinnerbar) weit zurückliegt. Und doch haben wir mit Sicherheit ähnliche Fehler gemacht.
Es geht hier somit allenfalls sekundär um spaßige Dinge.
Primär aber um das effektivere! Ausschließen von Fehlern - zum Wohle besseren Sounds oder effektiverer Problemlösungen.
Es zeigt auch meine Fehler - insbesondere die Tagesformschwankungen. Auch daraus kann man vielleicht profitieren - und sei es nur in der Erkenntnis "das hätte ich nicht gemacht".
Um dem interessierten Leser etwas die Spannung zu erhalten, beschreibt die Überschrift zunächst nur den IST-Zustand. Die PROBLEMURSACHE und -Lösung ist dann unten im Abschluß dickgedruckt.
"Die schlechteste Snare der Welt"
Netter, junger Drumschüler berichtet immer wieder mal (in sporadischen Abständen), vom Snare-Sound seiner XXXX Snare, den er nicht mehr mag. Dazu auch die Vermutung ob der Kessel beschädigt sein könnte und diese eventuell Auswirkung auf den Sound haben könnte. Als Beleg nennt er auch einen stark verbogenen Snare Strainer, den er seit dem letzten Gig entdeckte.
Bei solchen Themen mit hohem "Unzufriedenheitsfaktor" des Besitzers empfehle ich immer, das Zeug sofort bei mir vorbeizubringen. Mitunter lassen sich aber Schüler und Kollegen dann doch Wochenlang Zeit und werkeln lieber selbst daran herum...
Eines Tages (da eine wichtige Aufnahme ansteht) verirrt sich jene Snare doch zu mir. Eine 14" Holzsnare Snare eines namhaften japanischen Herstellers, die einer Serie der (gehobenen) Einstiegsklasse entstammt. Da die Snare vom Schüler von ihm noch für Aufnahmen benötigt wird und kaum Zeit ist aufgrund diverser Terminverpflichtungen meinerseits (er sie aber auch nicht hier lassen kann) soll alles recht schnell gehen.
Erster Check:
Die Snare hat ein doppellagiges am Rand verklebtes Fell mit Coating und ist auch noch mit viel!!! Gaffa und Tempos auf Schlagfellseite ausgerüstet. Dieses ist noch dazu recht lasch "gestimmt". Auf Resofellseite hat der Schüler noch ein doppelt oder dreifach gefaltetes Papierstück (bzw. sehr dünne Pappe) unter den Teppich geschoben um das Teppich-Nachrascheln zu reduzieren (da gibt es viel bessere Methoden). Das Resonanzfell sieht aus wie neu. Es ist auch offensichtlich höher gestimmt als das Schlagfell. Es hat keine Beschädigung und ist deutlich besser erhalten als das Schlagfell, dass schon einige Spielspuren aufweist.
DIese Snare klingt nicht schlecht - sie klingt super-schlecht und ist die schlechteste Snare die ich jemals gehört habe. Dies ist keine Übertreibung. Keine Obertöne, keine definierbare Tonhöhe. Kein hörbarer Kesselton-Anteil am Klangergebnis. Gerade letzteres ist verblüffend. Sie klingt tief-diffus, obertonarm und so als lege man 20 Blatt Papier auf eine Snare oder auf ein Standtom das verstimmt ist und haue dann auf diese 20 Seiten.
Aufgrund des Zeitdrucks schnell den kaputten Strainer inspiziert und Kesselaußen und Kesselinnenseite ge-checkt. Keine Beschädigung des Holzes/Kessels sichtbar. Nur der Strainer ist deutlich sichtbar beschädigt bzw. verbogen. Die müßte tief gefallen sein oder einen recht heftigen "Impuls" abbekommen haben. Insofern hat der Schüler nicht ganz unrecht. Der Snare ist etwas zugestoßen.
Da ich keine Zeit für das Entfernen von Gaffa verschwenden will und ich dieses super-dicke Fell für eine derartige Snare für völlig! ungeeignet halte, auch das Höherstimmen keine hörbare Klang-Verbesserung bewirkt und noch wichtiger: ich somit eine womöglich vorliegende nicht-sichtbare Beschädigung des Schlagfells nicht 100% ausschließen kann, ziehe ich nach Rücksprache ein einschichtiges Coated-Fell auf. Inspiziere hierbei den Kessel und die Gratung auf Schlagfellseite sehr deutlich. Keine Mängel.
Trotz des nun einschichtigen Coated-Fells aber immer noch grottenübler-Sound. Völlig egal ob Teppich in "ON"- oder "OFF"-Position.
Somit nun im nächsten Schritt das Schlag-Fell deutlich höher gestimmt - prinzipiell DIE narrensichere METHODE um Schrottsnares im Ton etwas besseren Snares anzunähern, da in höheren Tonlagen sich die Material- und Serienunterschiede klangtechnisch massiv annähern. Es wird nicht besser. Es wird nun aber immerhin offensichtlicher, dass mit den "Resonanzen" etwas nicht stimmt.
Snare herumgedreht. Kessel durch das Resonanzfell inspiziert. Ich hatte bei dem Aufziehen das Schlagfells ja schon genau geschaut - keine Beschädigung gefunden. Will nun beim Blick durch das Resonanzfell nochmal nach innen schauen, ob ich womöglich doch einen Kessel-TOTALSCHADEN übersehen habe... denke kurz "jetzt doch noch mal das Reso kontrollieren das wird doch nicht etwa womöglich ein Schlagfell.... ?"
Und genau in dem Moment!!!! wo ich das Reso inspiziere um zu schauen, welche Typenbezeichnung es hat sagt der Schüler "ich habe da mal vor einiger Zeit ein Tom-Schlagfell aufgezogen, aber das ist ja wurscht, ist ja nur für die Snare auf Resonanzfellseite"
Ein als "Batter"-Head gekennzeichnetes Fell "lacht mir entgegen"
Ich kläre den Schüler auf, dass Snare-Resofelle deutlich dünner sind/sein müssen und Schlagfelle auf Snare-Resonanzseite ein absolutes "NIEMALS" ist.
Ich ziehe ein offizielles Snare-Resofell auf. Stimme 45 Sekunden und erhalte (gemessen an der Preisklasse) einen tollen Snaresound.
"Die schlechteste Snare der Welt" Oder warum ein zu dickes (Schlag)Fell niemals auf die Resoseite der Snare gehört.
edits: only Rechtschreibung. Sonst nix verändert.