Ein Effekt der mit Sicherheit beiträgt sind die aufs letzte ausgereizten Lautmach-Tools. Die erzeugen nämlich sogenanntes Intersample-Clipping, das bedeutet dass obwohl die digitalen Zahlenwerte das mögliche Maximum nicht überschreiten beim Abspielen bei der D/A-Wandlung Überschwinger enstehen, die gerne auch mal mehr als 6dB lauter als das digitale Maximum sind. Das ist schon mal generell ein Problem, weil es vom Headroom des D/A-Wandlers abhängt, wie gut das dann noch klingt. Der Superduperwandler im Masteringstudio macht das sicher völlig lässig mit, aber so mancher günstige Wandler hat halt nicht so viel Headroom und wird dann verzerren.
Danke
Aus diesem Grund gibt es aber auch "True-Peak Limiting" bzw. "Inter-Sample-Peak" Limiting. Oder man limitiert gleich analog, da wird man aber keinen Look-ahead haben bzw. muss diesen mit Delays herzaubern (wurde wirklich gemacht).
Die Superduperwandler im Masteringstudio machen nach dem analogen Mastering ja eine Analog zu Digital Wandlung. Die Abspielgeräte dann wiederrum eine Digital zu Analog Wandlung.
Es gibt übrigens sogar CDs, die selbst clippen. Beim "Sound City" Album von Dave Grohl ist mir das mal aufgefallen. In FLAC (verlustfrei) encodiert, in der DAW angeschaut und siehe da ... "normales" (kein ISP) Clipping. Das ist mir völlig unverständlich. Da sind ja Weltklasse Leute am Werk. Denn wie gesagt gibt es die nötigen Tools dafür und man könnte auch einfach 0,2dB mehr Headroom lassen.
ZitatEs gibt aber ein weiteres Problem und das ist dass das mit den Intersample-Clipping auseinanderfällt sobald man am Signal irgendetwas verändert, z.B. einen Tiefpassfilter der womöglich auch noch an der Phase dreht einsetzt. Dann enden nämlich die Samples die vorher noch schön auf digitalem Maximum sind plötzlich auf einem höheren Wert. Und da das natürlich nicht geht, werden sie abgeschnitten, was wunderschönes digitales Clipping erzeugt. Und solche Filter sind (Überraschung!) Teil eines jeden verlusftbehafteten Audiocodecs. Man beachte die Ironie: ein Tiefpassfilter entfernt ja sogar Energie aus dem Signal, dennoch wird aber die maximale digitale Amplitude erhöht.
So ein Tiefpassfilter bzw. in dem Fall der Anti-Aliasing Filter ist ja auch Bestandteil eines jeden Wandlers. So weit ich weiß kommt das Clipping in lossy Codecs weniger durch einen Tiefpassfilter (der auch nur bei niedrigen Bitraten signifikant was weg schneidet) und mehr durch das Verfahren selbst.
Der Effekt mit der höheren Amplitude, obwohl man etwas weg schneidet, tritt bei Highpass Filtern übrigens noch viel deutlicher auf.
Auch das ist m.E. kein Grund für Clippings. Mastering Menschen sind ja eigentlich hoch spezialisierte Techniker UND Künstler.
ZitatJetzt könnte man sich auf den Standpunkt stellen, Pech für die Streamingdienste, sollen die sich halt drum kümmern dass genügend Headroom im Signal eingefügt wird bevor codiert wird. Aber m.E. ist das falsch. Aufgabe des Masteringingenieurs ist, dass sich die Musik auf allen gängigen Wiedergabegeräten gut anhört. Und wenn der überwiegende Teil der Hörer Musik streamt, hat er in diesem Fall einen schlechten Job gemacht. Abgesehen davon, dass das Geschrei sicher groß wäre, wenn Streamingdienste mir der Rasenmähermethode alle Songs die Clippingprobleme haben leiser machen. Denn damit werden die tollen Lautmach-Tools, die das Clipping überhaupt verursachen wiederum ad absurdum geführt...
Dazu muss man allerdings sagen, dass lautere Tracks aufgrund der Normalisierung auch mit mehr Headroom encodiert werden. Spotify streamt ja mit -14 LUFS und ein Track mit -10 LUFS wird sage und schreibe 4dB leiser gemacht, bevor er encodiert wird. Insofern bringt Streaming hier sogar Vorteile.
Zitattl;dr: Die Verzerrung kommt m.E. durch handwerkliche Fehler des Masteringingenieurs zustande. Und wie m_tree schon sagt: der Loudnesswar ist over!!!
Leider noch nicht ganz, aber die Tendenz ist da. Ich bin da auch mit meinem Mastering Kollegen aus Berlin einig, der immer 1dB True-Peak Headroom lässt. Ich arbeite also definitiv dagegen.
Aber schade ist es wirklich ... das hätte einfach nicht sein müssen. Möglicherweise ist es TOOLs letztes LP Studio-Album.