Audio-Vergleich Standtomfüße: Vollgummi gegen Air-Suspension

  • Seit eingigen Jahren haben die Standtoms (zumindest ab der Mittelklasse) sogenannte Air-Suspension-Füße - das sind Gummipuffer am Ende der Tombeine, die durch eine "Lufttasche" eine elastische Entkopplung vom Fußboden ermöglichen und damit zu einem freieren Schwingverhalten des Standtoms führen sollen. Da ich solche Füße an meinem 16x16 Standtom (Pearl MLX, Emperor über Amba) gerade nachgerüstet habe, wollte ich natürlich wissen: was davon ist Werbe-Hype und was ist realer Vorteil für das (Drummer-)Leben? Hier die Ergebnisse meiner Tests:


    Das folgende Bild zeigt zwei Sätze Standtombeine - eines von meinem Pearl MLX mit den neuen Air-Suspension-Füßen, das andere von meinem BLX mit den damals serienmäßigen Vollgummi-Füßen. Beide Sätze Standtombeine sind exakt baugleich und mit Stoplocks versehen, die ich so genau es eben ging gleich eingestellt habe. Dadurch konnte ich sie schnell und einfach wechseln, ohne die Position des Standtoms im Raum und relativ zu den Mikrofonen zu verändern.



    wie man auf dem Bild erkennen kann, sind die neuen Gummis etwas länger im montierten Zustand - ich habe die Beine so eingestellt, dass sie oben exakt gleich ausgerichtet sind, weil die Stahlmasse der Beine bei anderer Einspannung an den Böckchen das Resonanzverhalten verändern würde - diesen Effekt wollte ich ausschließen. Dadurch kam das Standtom aufgestellt ca. 1cm höher als mit den anderen Beinen - bei dem Mikrofonabstand von ca. 60cm ein vernachlässigbar kleiner Unterschied.


    Das Standtom wurde wie im folgenden Bild zu sehen aufgebaut und mikrofoniert - zum Einsatz kamen zwei AKG C414B-ULS in einer ORTF-Anordnung, die direkt über ein Tascam DM24-Pult ohne weitere Bearbeitung mit 24 Bit in Samplitude aufgenommen wurden.




    Die beiden Großmembraner waren in elastischen Aufhängungen montiert, um Einflüsse der Tritschallübertragung über den Laminat-Fußboden auszublenden.


    Soviel zum Aufbau und zur Vorgehensweise - hier nun endlich die Ergebnisse als hochauflösende MP3-Files - ich empfehle mit guten Monitoren oder Kopfhörern abzuhören - der subtile Unterschied ist auf PC-Speakern oder den Notebook-Quäken nicht zu hören!


    Einzelner Schlag - erst Vollgummi-, dann Air-Suspension-Füße
    kurzer Roll- erst Vollgummi-, dann Air-Suspension-Füße
    längere Rolls - erst Vollgummi-, dann Air-Suspension-Füße


    Diese Audio-Files sind absolut unbearbeitet belassen worden - also kein EQ, kein Limiter, kein Kompressor - nichts!


    Bei dem folgenden File sind die obigen Einzeldateien zusammengefasst und gleichzeitig mit einem Limiter und einem Kompressor bearbeitet worden - so wie es zumindest im Studio der Standard wäre. Bei diesem File hört man den Unterschied übrigens sehr viel deutlicher, da die harten Attacks im Vergleich zu dem folgenden Ton etwas heruntergeregelt sind - der "Körper" der Trommel also besser in dern Vordergrund tritt. Auch hier ist immer zuerst das Vollgummi, dann die Luft-Version zu hören:


    Alle Einzelaufnahmen zusammen - mit Limiter und Kompression


    Mit einer eigenen Bewertung halte ich mich erstmal zurück und lasse euch den Vortritt! Viel Spaß beim Hören!

  • Ich finde es fantastisch, dass sich "jemand" so viel Mühe macht. Wieder einmal Beleg, was das Drummerforum alles bieten kann, wenn jemand Herzblut und Engagement investiert.


    Über meine PC-Speaker Marke "Billiger gab es nicht" die supermies klingen und leiser sind als das Rauschen meines PC-Ventilators höre ich nichts an Unterschied!


    2-3 vorsichtige Anmerkungen generell (da auch gergenwärtig eine Menge Drumkits auf dem Markt sind, beid enen das 14" oder 16" Standtom in Sachen "Nachklang" bzw. "unhemmter Kesselresonanz" im Vergleich zu den mitgelieferten Hängetoms radikal abfällt):


    Wer "gehemmten" (Nach)Klang am Standtom vermutet, bzw. unzufrieden mit dem Klang ist und dessen Standard-Beine als Mitursache vermutet, dem würde ich immer empfehlen, selbiges mit einer Hand am oberen Spannreifen in der Luft zu halten es mit der anderen Hand mit einem Stick anzuschlagen. Alternativ (wenn man fürchtet es womöglich fallenzulassen) kann man es auch auf einem Bein am Boden belassen, hält es also so "halb" in die Luft, dass 2 Beine in der Luft sind und schlägt dann an.


    Wenn hier eine deutliche hörbare Klangverbesserung eintritt (vor einigen Monaten RADIKAL! bei einem alten Rogers-Standtom eines Schülers hörbar, dass am Boden stehend einfach "Blopp" machte... aber in der Luft wirklich fein resonierte und zig Sekunden länger, "vitaler" und resonanter Ausklang).


    ... dann würde ich für Floortoms eine Umrüstung auf RIMS favorisieren.


    Ich hatte bislang den Eindruck, dass manche Spezial-Standtombeine (z.B. die eines Herstellers aus Taiwan) zwar auch einen ungehemmteren Klang ermöglichen können! - aber nicht jede der diversen Hersteller mit "Luftpolster" bzw. "Loch im Gummi".


    Möglicherweise hat aber auch die Starrheit/Härte des Untergrunds auf dem das Standtom steht mit der Wirkung oder Nichtwirkung der Beine zu tun.


    Auch nicht ganz unbeteiligt (also ob man eine Verlängerung des Ausschwingens wahrnimmt) ist meiner Meinung nach mitunter auch die Stimmung.

  • über PC-Speaker kann man den Unterschied nicht hören - vielleicht hörst Du später nochmal über gute Boxen oder Kopfhörer ab. Auch dann ist der Unterschied noch subtil...


    Ansonsten hast Du natürlich völlig recht - die Parameter, die das Resonanzverhalten eines Standtoms beinflussen, sind fast nicht zählbar - Felle, Stimmung, Kesselbauweise, Holz, verbaute Hardware, Beindurchmesser-, länge und -masse, Raum, Boden, Stick, Spieler usw. usw.
    Weil es so viele Einflüsse und gegenseitige Beeinflussungen bei schwingenden Systemen geben kann, ist mein Test keinesfalls allgemeingülitg oder repräsentativ - bestenfalls für die konkreten Testbedingungen führt er zu vergleichbaren Ergebnissen.


    Deine Erfahrung mit dem "am Rim halten" oder "auf ein Bein kippen" kann ich zu 100% bestätigen - bei dem MLX im Übungsraum war das ein Unterschied wie Tag und Nacht! Danach hatte ich Schaum unter den Füssen - das hat es verbessert. Wie sich das jetzt in Relation zu den Air-Suspension-Füßen auswirkt, werde ich nochmal im Ü-Raum dokumentieren...


    Ausgehend von der Frage: "was kann man tun, um das Standtom freier schwingen zu lassen?" ist das simple und billige Auswechseln der Gummipuffer eine schnelle und lebenstaugliche Maßnahme (im Gegensatz zu meinen Schaumstückchen, die ich natürlich nicht auf die Bühne mitnehme).


    Rims (sei es klassisch oben am Schlagfell oder auch so ein Standtom-System unten) sind sicher auch gut, aber deutlich teurer und auch viel aufwendiger zu montieren. Ich habe auch noch ein 16er Rims hier, aber bisher nie angebaut, weil ich kein Stativ habe, an dem ich ein schweres 16x16 FT aufhängen könnte... werde es aber trotzdem nochmal testen demnächst.

  • Zitat

    Rims (sei es klassisch oben am Schlagfell oder auch so ein Standtom-System unten) sind sicher auch gut, aber deutlich teurer und auch viel aufwendiger zu montieren. Ich habe auch noch ein 16er Rims hier, aber bisher nie angebaut, weil ich kein Stativ habe, an dem ich ein schweres 16x16 FT aufhängen könnte... werde es aber trotzdem nochmal testen demnächst.


    Ja, der Hinweis mit dem Preis ist gerade für unsere Rookies (zur realistischeren Einordnung) ganz wichtig. Deswegen würde ich über eine Umrüstung auch nur ansatzweise anfangen nachzudenken, wenn der Sound beim in die Luft halten sooo viel besser ist. Deswegen habe ich die Methode beschrieben.


    Wer das so testet und den Sound aber garnicht als hörbar oder garnicht als besser wahrnimmt bzw. vielleicht sogar längeren "Floortom-Nachklang" als störend für Musik oder gar abdämpfwürdig empfindet, der kann sich eine derartige Investition wirklich sparen. Es gibt dann KEINEN Grund etwas für viel Geld (insbesondere RIMS/ bzw. "Rims mit Beinen") nachzurüsten.

  • Ein toller Thread! Vielen Dank für die große Mühe mit den Aufnahmen! :thumbup:


    Also unter meinen Kopfhörern (Ultrasone Proline 650) höre ich tatsächlich einen Unterschied - weniger in der Länge des Ausklangs, als in dessen Frequenzverlauf - mit Luftpolster erfährt der Sound hier einen kleinen Boost der tiefen Frequenzen. Am besten höre ich das beim Einzelschlag.


    Und tatsächlich mit Kompressor/Limiter wird der Effekt betont. Ist ja klar: Wenn das Gain-makeup des Limiters was holt, dann den Sustain.


    Bei RIMS habe ich denselben Effekt wahrgenommen (bei Hänge-Toms sogar viel extremer) als ich mein Set einst umgestellt hatte - Floortoms haben hier aber schon immer den Vorteil der gleichmäßigeren Gewichtsverteilung - da ist der Unterschied nicht so extrem.


    Alles in allem sind die Unterschiede aber hier sehr marginal - ich würde behaupten: Im musikalischen Kontext selten bis garnicht zu hören. Für eine Pop Produktion mit evtl. gedämpften und ohnehin stark gefilterten Tom-Sounds also wohl eher völlig ohne Nutzen. Für andere Produktionen allerdings möglicherweise schon eine Hilfe, ohne weitere Bearbeitung einen guten Drumsound zu erhalten.


    Und oft ist es ja die Summe der Detailverbesserungen hier und da, die dann wieder hörbar wird.


    Edit: Interpunktion etc. geändert :D

  • Hab nicht reingehört, wollte aber sagen, dass der Unterschied von normaler Standtom und eine mit Schaumstoff unter den Beinen mehr als deutlich ist.

    "Man muss das Grundgesetz vor seinen Vätern schützen und die Verfassung vor ihren Schützern."
    "Der Faschismus ist eine Spielart der freien Marktwirtschaft."
    Wolfgang Neuss

  • @ Der Kritische: so war es bei mir im Übungsraum auch - sehr deutlicher Unterschied mit oder ohne Schaum. Ich werde das jetzt mit den neuen Puschen nochmal austesten - ist ja ruck zuck gemacht - wenn Schaum + AirSuspension noch anders klingt, dann sind letztere nicht der letzte Schluss...

  • Also unter meinen Kopfhörern (Ultrasone Proline 650) höre ich tatsächlich einen Unterschied - weniger in der Länge des Ausklangs, als in dessen Frequenzverlauf - mit Luftpolster erfährt der Sound hier einen kleinen Boost der tiefen Frequenzen. Am besten höre ich das beim Einzelschlag.


    ...das, was Du hier beschreibst, war auch einer meiner Eindrücke - etwas mehr Body und ein runderer Klang. Zusätzlich höre ich im Ausklang auch ein deutlich saubereres Obertonspektrum - auf den Vollgummis klingt das Standtom immer wie verstimmt im Sustain - mit den Puffern ist der Oberton sauber und klingt harmonisch aus... Davon ab fühlt sich das Standtom besser an beim Spielen - ich kann aber schlecht erklären, was genau anders ist. Ich würde den Effekt am ehesten mit einem Drumset einmal auf einem normalen (Beton-) Boden und auf einem Drumriser (aus Bühnenelementen) beschreiben - ich mag es, wenn alles ein wenig wabert und schwingt und ich finde, mein Set klingt auf einem Podest immer besser als direkt auf dem Bühnenboden...

  • Zitat

    auf den Vollgummis klingt das Standtom immer wie verstimmt im Sustain

    Extrem gute Beschreibung. Die schlecht entkoppelten Standtoms entwickeln meist (sofern sie mehr Nachklang als "blobb" zulassen) sehr eigenwillige "dissonante" Frequenzen... man stimmt sich dann oftmals den Wolf... und doch hilft es nicht so wirklich.

  • Ich muß das hier mal wieder aufwärmen...
    Erstmal muß auch ich dem Threadstarter ein Kompliment für seine Mühe machen. Ich bin ja immer sehr interessiert an Threads über das MLX, da ich selbst eins besitze.
    Ich kann die Klangveränderung beim "in die Luft halten" absolut bestätigen, der Unterschied ist gewaltig. Gerade auf Bühnenpodesten merke ich immer, wie die Schwingungsenergie des Kessels über die Beine abgeleitet wird und ungenutzt verschwindet...
    Das Ausklingverhalten der Toms gefällt mir nach Umbau auf Optimount mittlerweile, aber am Standtom muß noch was getan werden. Ich habe zwar noch ein Rimsystem für das Standtom rumliegen, aber das lässt sich ohne größere Mühe leider nicht montieren, da die Superhoops zu breit sind, um die Beine anschrauben zu können.
    ich war am Montag bei einem Workshop von Udo Masshoff beim Dr. Drum in Wiesbaden, und er hat witzigerweise genau diese Air Suspension Füße vorgestellt und auch den Unterschied an einem alten Swingstar Standtom gezeigt. Der Unterschied war im Raum hörbar.
    Ich werde mir diese Füße also mal besorgen und dann hier über meine Erfahrungen berichten!


    Gruß,


    Bernold

  • Der vorsichtige Hinweis... das es diverse Wechselwirkungen bei Floortoms gibt.


    Kesselkonstruktion, Floortombrackets (insbesondere deren "Bauart" und Anbringungsort am Kessel etc.), Floortom-Beine... "starr" vs. "Luftloch" oder "gefedert" etc. etc.


    Die Entkopplung ist ist nicht immer "nur" durch neue "Beine" gegeben... und schon garnicht immer im selben Ausmaß. Skurriles aber auch spannendes Thema.

  • Schöner Thread vielen Dank dafür wirklich super interessant!

  • Floortoms sind da sehr eigenwillig, das stimmt...
    Aber ich erhoffe mir zumindest mal eine Verbesserung, die 9€ sind es mir wert!
    Wenn ich mal Zeit habe, werde ich mir etwas zum adaptieren bauen, um die Pearl-Beine und -Brackets an das Rim-System (Kopie von Worldmax) bauen zu können.

  • Schön dass der Thread wieder rausgekramt wurde. Ich finde der Unterschied ist deutlich zu hören, vollerer Body, schöneres Sustain. Könnte ich die Füße auch an den Beinen meiner Force 3007 Standtom bekommen, bzw. könnten die Beine passen?

    "I've got a fever, and the only prescription is more cowbell!" - Bruce Dickinson

  • Man kann doch so was auch selber basteln. Hier wimmelt es doch vor Kreativen.


    - Drei Tennisbälle aufbohren und über die Füße stülpen wäre eine Möglichkeit.
    - Drei Röhren (in der Größe wie die Pappe von Klopapierrollen) mit Druckfedern versehen und Drumfüße reinstellen.


    Wem fällt noch was ein?

    Schöne Grüße - Rainer K. aus B. an der W.

  • Bastelidee: paar streifen dickeren Mossgummi nehmen,zu einem U umklappen, und die beiden Enden an das Tom-Bein festmachen, vorzugsweise mit Gaffa-Tape. Müsste man eben bissl probieren, wie dick das sein muss.


    Falls das jetzt keiner versteht, müsste ich mal ne kurze Skizze machen. Ist bloß so ne fixe Idee.

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