Das exklusiv für Thomann hergestellte Haun MBP-660 L ist hier schon öfter positiv besprochen worden. Mich hat interessiert, wie deutlich die Unterschiede zu den teureren Mikrofonen aus Obrigheim hörbar sind. ich bin in diesem Fall speziell auf der Suche nach einem Kleinmembranmikrofon für die festinstallierte PA eines neuen Veranstaltungsortes in Berlin gewesen, dass nicht zu teuer sein darf, aber trotzdem für anspruchsvolle Aufgaben geeignet ist. Was die praxisrelevanten Unterschiede zwischen dem MBHO MBP 660 L, einem Mikrofon, das keine 200 Euro kostet und einer ungleich teureren Referenz sind, ist eine spannende Frage, dennoch - inklusive MwSt liegt ein MBP 603 mit der KA 200 Nierenkapsel bei ungefähr 550 Euro. Da sollte man keine Überraschungen erwarten.
Ausgepackt
Mein erster Eindruck vom billigen Haun ist ein vertrauter. So sieht hochwertige Handarbeit aus und die Metallverabeitung ist, wie bei allen Mikrofonen von MBHO, hochwertig und exakt. Bei einem der beiden Mikrofone ist an der obersten seitlichen Öffnung der Kapsel, ein kleines Stück des feinen Geflechts zu sehen, dass die Kapsel an der Oberseite abdeckt. Die Ungenauigkeit ist allerdings geringfügig - ohne Brille sehe ich das kaum. Nachdem ich die Mikrofone drei Tage im Studio hatte und sie ausserdem ein paar Stunden in einer Live Situation im Einsatz gewesen waren, sind winzige Kratzer in der Oberfläche sichtbar. Das die üblichen, recht weichen, K&M Mikrofonklemmen sichtbare Spuren hinterlassen, hätte ich nicht gedacht. Jahrelanger, täglicher Gebrauch, hat der Oberfläche meiner MBP 603 Vorverstärker kaum etwas anhaben können. Die Patina auf den MBP 660 wird in ein paar Jahren wahrscheinlich etwas anders aussehen. Mehr gibt es nicht zu meckern.
Aufnahmen
Das die MBP 660 nicht so schön auflösen wie die MPB 603, liegt auf der Hand. Andererseits neigen auch die preiswerten Haun nicht im geringsten dazu, Höhen dazu zu lügen. Das ist eine wertvolle Tugend, die man in dieser Preisregion nicht oft findet. Der Tieftonanteil des MBP 660 wirkt weniger vollständig und offen. Dafür schmiert der Bassanteil nicht im geringsten. Für mich ist klar, dass die MBP 660 eine gute Lösung sind, wenn zusätzliche Stützen gebraucht werden.
Auf der Bühne...
... verwischen die qualitativen Verschiedenheiten der Mikrofone schon sehr. Das die MPB 660 deutlich mehr rauschen, ist nicht zu hören gewesen, weil die PA selbst mehr rauschte, als jede Kleinmembrankapsel. Die auf den Studioaufnahmen abgebildeten Unterschiede, der feineren Auflösung des MPB 603, der genaueren Abbildung des Tieftonbereichs und der tiefen Mitten, war wenig zu hören. Sie liegen beinahe ausserhalb dessen, was eine PA zu übertragen imstande ist.
Ein sehr sinnvolles, um nicht zu sagen unerlässliches Zubehörteil für die Haun Kleinmembrane ist übrigens der MB 105 Popscreen. Damit ist auch live die Übertragung von Sprache und Gesang unkompliziert möglich und man hat somit für einen Aufpreis von 30 Euro ein Mikrofon, dass für die meisten Anwendungen auf der Bühne hervorragend geeignet ist, es sei denn für Sänger, die ein Mikrofon in die Hand nehmen wollen. Die Handgeräusche sind, wie bei solchen Vorverstärkerschäften zu erwarten, sehr gut zu hören. Aber wofür gibt es schließlich das KMS 105?
Fazit
Ich halte das MBP 660 für das beste Kleinmembranmikrofon unter 200 Euro, das ich je in Gebrauch hatte. Es gibt nur sehr wenige Mitbewerber, die ein so hervorragendes Preis-Leistungsverhältnis bieten und auch viele teuerere Konkurrenten gefallen mir nicht so gut. Nüchtern, brauchbar, billig - ein Mikrofon, dass nicht versucht besser zu klingen, als es ist und gerade deswegen ist es ein seriöses Werkzeug.
Ich werde für die Festinstallation jedenfalls weitere MBP 660 kaufen und ausserdem ein paar für´s Studio anschaffen.