"Der gute Koch fängt mit etwas Neutralem an" - Mikrofon Seminar von Jörg Wuttke

  • Ich halte diese Aussage auf jeden Fall wenn sie pauschal getroffen wird eher für Quatsch. Das ist doch stark davon abhängig, was ich für eine Stilrichtung bearbeite.

    pbu: Ja, bei mir wurde bereits in früher Kindheit ein sog. Sixpack-Bauch diagnostiziert.
    Aber ich habe gelernt, damit umzugehen und komme mir inzwischen gar nicht mehr so anders vor.
    Dazu beigetragen hat auch, dass ich mir über die Muskeln eine Fettschicht wachsen lassen habe.

  • für einen Nichtphysiker überwiegend kaum verständlich, allerdings ein paar interessante Stellungnahmen. Dass Klassik (und dafür arbeitet Schoeps wohl überwiegend) und Pop andere Baustellen sind, kommt dabei ein wenig kurz.


    Bei Musik ist es vielleicht Klassik, aber vergiss nicht Funk und Fernsehen (Studio (Radio/Fernsehen) aber auch Tonangel* etc.) und die zahlreichen Sprecher (alter Bundestag, zahlreiche Landtage und auch Parlamente im Ausland...).


    *Standard-Mikro in der Tonangel ist meist ein Sennheiser MKH, Schoeps gibt's da aber auch


    Bei den Großmembranen fällt mir eine Frage ein: einige Leute schwören ja auf eine richtige Großmembran, um einen "subkick" zu erzeugen. Wer hat da nun Recht?
    Ich weiß es wirklich nicht und für mich wird es wohl auch aus praktikablen Gründen weniger relevant sein, aber interessieren würde es mich schon.


    Es ist so wie er im Video sagte, für tiefe Frequenzen braucht man keine große Membran. Schau dir Messmikros an (BKSV/Brüel&Kjaer, GRAS), es gibt welche die gehen problemlos bis zu 0,5 Hz runter. Das macht aber weder Live noch im Studio Sinn diese Frequenzen aufzunehmen, weder hört der Mensch sie, noch kann man sie vernünftig wiedergeben. Man hätte dadurch nur sehr große Ausschläge bis zur Vollaussteuerung wenn eine Tür geöffnet wird oder jemand durch den Raum geht.
    Und das geht aber am besten mit Kugelcharakteristik (Druckempfänger), eine Niere hat auch einen hinteren Schalleinlass. Betrachtet man also den Fall von 0 Hz/Gleichdruck, so wirkt sich der z.B. bei Niere vor der Membran genauso aus wie hinter der Membran. Anders gesagt: Die Niere interessieren tiefe Frequenzen nicht so sehr.


    Etwas anderes ist ein Subkick (Lautsprecher als Mikrofon), da wird gezielt der schmale Frequenzumfang und das träge Ein- und Ausschwingverhalten des Lautsprechers als Klang genutzt. Hat aber mit dem echten akustischen Ereignis nicht mehr viel zu tun.

    Ich hätte auch so gern ein Hobby...

  • P.S. Du hättest fragen müssen, mit welchen Messmikros sie bei sich messen wenn sie mal messen müssen... :D


    Das hätte mich auch mal interessiert. Mal ganz doof gefragt: Wie klingen eigentlich Messmikros?

    musique: LLLL
    Suche Optimount-Halterungen in verschiedensten Tiefen, einfach alles anbieten

  • Ist der einzige Nachteil tatsächlich, dass sie Kugelcharakteristik haben?


    Oder anders gefragt: Der optimale Druckempfänger existiert schon seit Jahren? Und die Industrie müht sich "nur" noch um tolle Nieren usw.?

    musique: LLLL
    Suche Optimount-Halterungen in verschiedensten Tiefen, einfach alles anbieten

  • Hallo,


    Zitat

    Subkick ... Hat ... mit dem echten akustischen Ereignis nicht mehr viel zu tun.


    Wenn das das Fazit ist, dann könnte man wieder die Frage stellen, ob es nicht ein "normales" Mikrofon mit ein bisschen Schrauberei an der Peripherie getan hätte.
    Ich habe ein bisschen den Verdacht, dass man so ein modisches Ding vielleicht gar nicht wirklich braucht. Vielleicht ist das aber auch nur Wunschdenken, weil mir die Dinger ästhetisch im Wege stünden.


    Grüße
    Jürgen


    natürlich - neutral - normal

  • Vermutlich wäre dass Ergebnis nicht dasselbe, da der Subkick länger nachschwingt als das Original-Schallereignis. Da werden wohl tiefe Frequenzen eher "künstlich erzeugt" als abgebildet. Vielleicht kann man nen Subkick durch einen Algorithmus simulieren, nur EQ tuts wahrscheinlich nicht.

    musique: LLLL
    Suche Optimount-Halterungen in verschiedensten Tiefen, einfach alles anbieten

  • Ist der einzige Nachteil tatsächlich, dass sie Kugelcharakteristik haben?


    Ja und nein.
    Es gibt noch ein paar Dinge in denen sich Messmikros von Studiomikros unterscheiden. Die meisten Messmikros haben aufgrund der kleinen Membran ein recht hohes Grundrauschen. Das gilt selbst fürs 450€-teure Haun MBNM 550 E-L, das Rode NT5 für 150€ ist da über 15 dB besser (soweit die Datenblattangaben stimmen...), und auch für Messmikros über 1000€. Dieses hohe Rauschen kann im Studio tatsächlich schnell stören. Um Messmikros technisch auszureizen braucht es zudem auch ein gutes Netzteil, denn je besser die Versorgungsspannung ist (d.h. im Falle von Gleichspannung "glatter"), desto genauer ist es. Da geht es zum einen um die höhe der Spannung die die maximale Aussteuerung beeinflusst (Messmikros haben da bis zu 200V), und auf der anderen Seite die Restwelligkeit (die nur im µV-Bereich liegen darf) die das Grundrauschen bestimmt. Da sowas mit einer sehr aufwendigen Fertigung verbunden ist, kosten gute Messmikros ein paar Tausend Euros (ich meine damit Industrie-/Hersteller-Anwendungen, um ne PA-Anlage einzumessen reicht ein einfaches).


    Aber wer will schon zu jedem Mikro einen eigenen Vorverstärker dazu? D.h. dickeres Kabel, extra Strom für den Vorverstärker, man muss aufpassen dass man immer den richtigen Vorverstärker ans jeweilige Mikro anschließt. Da ist die 48V Phantomspeisung um Welten praktikabler.


    Wer will kann sich die DPA Mikros anschauen (Brüel&Kjaer), die kann man im Endeffekt als Studiomikros mit Messmikrofontechnik sehen. Da gibt es auch Modelle die nicht mit 48V, sondern mit 130V arbeiten wodurch ein noch hörerer SNR erzielt wird.


    Zusammenfassend: Ein Studiomikrofon mit Kugelcharakteristik ist fürs Studio auch praktische und nicht schlechter als ein Messmikrofon (außer der Preis und Handlich sind einem egal).


    Ein Druckempfänger hat immer Kugelcharakteristik, und das ist meist nicht gewünscht bei Aufnahmen, besonders bei Nahabnahme. Richtmikros (d.h. alles außer Kugel) sind Druckgradientenempfänger (Schnellemikrofone), sie reagieren nicht auf den Schalldruck sondern auf den Druckgradienten bzw. die Schnelle. Der Druckgradient gibt die Änderungsrate und die Richtung des steilsten Anstiegs des Skalarfeldes an einem Punkt im Raum an. Ich versuchs in einfachen Worten: Der Druckgradient hat eine Richtung, und da das Richtmikro auf die Richtung reagiert, interessiert es sich für den frontaleinfallenden Schall mehr als für den von der Seite (im Falle der Niere). Die Schnelle ist die Geschwindigkeit mit der die Luftmolekühle schwingen, die ist direkt mit dem Druckgradienten verknüpft. Druck dagegen hat keine Richtung. Reagiert ein Mikro auf den Druck, ist die Richtung vom Schall irrelevant.


    Die Richtcharakteristik ist aber gewünscht und notwendig, weil man nur den Schall aus einer bestimmten Richtung haben will. Besonders live, wenn da 20 Mikros alles aufnehmen hast du den reinsten klanglichen Müll. Das zu "sortieren" (im Mischpult) geht kwasi nicht.


    Deshalb: Richtmikros für Musiker: sinnvoll.


    Oder anders gefragt: Der optimale Druckempfänger existiert schon seit Jahren? Und die Industrie müht sich "nur" noch um tolle Nieren usw.?


    Ja, aber das "nur" ist wie du bereits andeutest eben gar nicht so einfach.


    Das Problem ist die Richtcharakteristik weitestgehend unabhängig von der Frequenz zu bekommen (sofern man das will). Und das ist sozusagen die Königsdisziplin, da steckt enormer technischer Aufwand und Know-How dahinter. Deshalb gibt es Mikros für 100€ und für 1000€.


    Aber man ist schon länger technisch in der Lage, Kleinmembranmikros so zu bauen dass sie ebenbürtige wenn nicht bessere Daten haben als Großmembran. (Damit meine ich z.B. das Grundrauschen, bei hohen Freuquenzen kann die große Membran eh keine gute Richtcharakteristik mehr halten, da der Membranumfang im Bereich der Wellenlänge liegt, somit diesbezüglich kleine Membrane immer im Vorteil sind.)



    Wenn das das Fazit ist, dann könnte man wieder die Frage stellen, ob es nicht ein "normales" Mikrofon mit ein bisschen Schrauberei an der Peripherie getan hätte.


    Genau das würde ich auch behaupten wollen, habe es aber nicht ausprobiert. Beliebiges Mikro das weit runter geht per EQ beschnitten und dazugemischt dürfte einen ähnlichen Booster-Effekt bringen. Einzige das träge Ein- und Ausschwingen ist nicht so einfach nachzubilden, wenn man nicht weiß wie man das geht (also es für Enduser kein Plug-In gibt dass das macht).

    Ich hätte auch so gern ein Hobby...

  • [...] kann die große Membran eh keine gute Richtcharakteristik mehr halten, da der Membranumfang im Bereich der Wellenlänge liegt, somit diesbezüglich kleine Membrane immer im Vorteil sind [..]

    hierfür sind doch eher der membran/kapseldurchmesser (bzw. die diagnonale[n] bei bändchen) als der umfang relevant oder?

  • Da bei Mikrofonen die Membranen in der Regel rund sind, können Umfang und Durchmesser einfach umgerechnet werden, die mathematische Gleichung unterscheidet sich nur durch eine Konstante. Daher eigentlich Hund wie Katze.


    Prinzipiell hast du recht, bei Mikrofonen nimmt man den Membrandurchmesser für die Betrachtung her. Aber: wenn die Wellenlänge genauso groß wie der Membrandurchmesser ist, dann gibt es bereits eine definierte Richtwirkung. Die Auswirkung ist also schon da und fängt nicht erst an.


    Bei Lautsprechern dagegen nimmt mal als Kriterium meist den Membranumfang als Grenze.

    Ich hätte auch so gern ein Hobby...

  • Ich kann aus der Praxiserfahrung sagen, die Subkick macht ihren eigenen Sound.
    Man bekommt mit einem Mic nicht das hin was eine Subkick macht.
    ABER bei einer Kick die genug Pfund hat ist das Subkick nicht von Vorteil, da ist ein Mic vor dem Frontfell sinnvoller.

    "Man muss das Grundgesetz vor seinen Vätern schützen und die Verfassung vor ihren Schützern."
    "Der Faschismus ist eine Spielart der freien Marktwirtschaft."
    Wolfgang Neuss

  • ... freue mich der Gemütlichkeit einer feinzeichnenden Übertragung durch ein Mikrofon mit einem für mich hervorragenden Preis-/Leistungsverhältnis. (...) In jedem Falle richtig ist, dass Design wichtiger als Klang ist.


    so ein fettes ksm in seiner spinne macht ja auch mehr her als so ein mikriger kleinmembranfingerling.
    man lässt sich ja gerne von seinen vorbildern inspirieren ... :Q

  • Naja, wenns unbedingt Subkick sein muss würde ich halt n tiefen Bass Sound per Midi noch dazu triggern, ist einfacher als son Mikro zu kaufen und das auch noch zusätzlich aufzunehmen... oder Waves RBass oder oder oder....

    sieg natur.

  • Nochmal zurück zum "Großmembran-Dogma" oder allgemein, der Standpunkt Wuttkes "was neutrales":


    Seine Gedankengänge kann man ja sehr gut nachvollziehen, er betont ja auch, dass er vom wissenschaftliche Standpunkt aus argumentiert, ABER: wenn mir ein Mikro, mitsamt seinem verbogenen Frequenzgang für eine spezielle Anwendung sehr gut gefällt, und ich nur noch wenig am EQ rumdrehen muss, dann spricht ja nix gegen dieses Mikro oder? Im Gegenteil, wenn ich das neutrale Mikro habe, muss ich ja auch lange am EQ rumbasteln, um etwa den verbogenen Frequenzgang des "gut" klingenden Mikros zu reproduzieren.


    Und eins noch: den EQ setzt man oder sollte man, nach Gehör einsetzen. Ist es da nicht irrelevant, wie der Frequenzgang ist? Ich will das ja nicht errechnen. Wenn bei 5000Hz was weg muss, dann dreh ich das halt weg. Gut wenn das Mikro all zu komische Verläufe hat is das auch scheiße.


    Also ich finde diese Vorlesung richtig gut, weil toll vorgetragen, aber hier und da muss man das ganze büschn differenzieren. Sonst kaufen ja alle nur noch Kleinmembrankondensator-Mikros. :D

  • Ich als Koch fang übrigens nicht mit was neutralem an!


    Ich fang mit einem hochwertigem Produkt an welches bereits hervorragende geschmackliche Eigenschaften hat.
    Ein gutes Stück Roastbeef brauch nur gegart zu werden und eventuell eine Priese Salz wenn es auf dem Teller ist.


    Wenn ich mit einem Nichtssagenden, neutral schmeckendes Stück Roastbeef verwende, kann cih gleich Tofu nehmen!


    Basta!

    "Man muss das Grundgesetz vor seinen Vätern schützen und die Verfassung vor ihren Schützern."
    "Der Faschismus ist eine Spielart der freien Marktwirtschaft."
    Wolfgang Neuss

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!