Frage der Wahrnehmung. Als ich anfing nahm ich nur Sonor und Lindberg wahr. Lindberg war mein erstes Drum und Sonor (modell Rocker 2000) war teurer. Das war 1974.
Dann erfuhr ich von meinem ersten Drum-Lehrer, dass Sonor jetzt endlich Drums baut, die sich mit den großen Amerikanern messen könnten (das war die erste Sonor-Phonic serie - und das wahr wohl die Meinung seines Drumlehrers) Das war 1975/76.
So erfuhr ich, dass es vier Amerikaner gibt - die warben auch immer fleißig im DownBeat-Magazine, das mein Vater mir immer mitbrachte, ich aber als Viertklässler nicht lesen konnte, weil's in Englisch geschrieben war. Die Welt war voll von Ludwig, Slingerland, Rogers und Gretsch! Und eben Sonor, dass nach Meinung meines zweiten Drumlehrers (Bodo Schopf) doch nicht soooo gut war, wie Gretsch (aber schon besser als sein Rogers - denn das ersetzte er letztendlich mit dem Gretsch (und nicht mit dem Sonor Phonic-Palisander, das in der engeren Wahl stand)?) Das war irgendwann zwischen 1979 und 1980 oder so. Achja: und Billy Cobham spielte Fibes - und dann komischerweise TAMA.
Dann kam ja auch das unsägliche Fachblatt und Manni von Bohr ins Spiel und die Welt war voller Sonor. So kamen Ende der 70er P'earl und Tama immer mehr ins Spiel und Curt Cress spielte Yamaha (die in meiner Wahrnehmung sonst nur Außenbordmotoren für Boote bauten).
Soviel dazu - dass heute in Taiwan Leute sitzen, die auch wissen, wie man Drums baut (und das obwohl sie keine Ahnung haben, wie man sie spielt), hat sich rumgesprochen. Arroganz und Rassismus sind ja in einer globalisierten Welt keine Überlebensstrategie.
Was die Messe angeht, kann ich den Schritt von Sonor aber nur zu gut nachempfinden. es sind nur noch die ganz großen Vertriebe, die auf der Messe groß Geschäfte machen. Diese haben meist eine Vertriebs-Politik, die mit Jahresboni und Messerabatten die ihre Kunden (Händler) dazu zwingt sich langfristig festzulegen. Wer so nicht verkauft, erfährt über das Jahr kontinuierlich verteilte Bestellungen - ein Saisongeschäft in dem Sinne gibt es nicht - nur eine Sommerflaute - Vorweihnachtszeit ist die Zeit nach den Sommerferien - da geht es los. Ich denke die größten Investitionen junger Musiker werden (neben Weihnachten) getätigt, wenn Jugendliche ihre Ferienjob-Gehälter erhalten haben. Um an diesen Umsätzen zu partizipieren ist die Messe in Ff/M aber unnötig.
Eine Messe hat ansonsten nur einen vom Gesetzgeber im Patentgesetz festgeschriebenen Sinn: Wer eine Neuheit zeigt, ohne sie schon zum Patent angemeldet zu haben, kann noch Rückwirkend das Datum der Messe als das Datum der Patenteinreichung erhalten (sog. Messepriorität). So kann ein Hersteller mal die Marktlage sondieren, bevor er Abertausende von Euronen in eine Patentanmeldung investiert. Aber das ist heutzutage blanke Theorie, nachdem mittels Digitalkameras, internet und 24h-Kurierdienst ein Plagiat aus China schon auf derselben Messe gezeigt werden kann und dann die Frage der Priorität (zu Deutsch: wer war zuerst da) vielleicht in den Gerichtssälen geklärt werden müsste.
Und sind wir ehrlich - patentfähige Neuheiten im Drumsektor sind ja selten.
Bleibt also eine große Publikums-Show als einziger Messezweck? Ich kenne da ein paar junge Taiwanesen, die das prima finden und sich an der großen Resonanz jugendlicher Trommelfreaks und -Stümper erfreuen, aber die ganze Messe eigentlich nur dazu nutzen mit Managern anderer Marken zu reden, für die sie ebenfalls die Drums bauen. In den Geschäftsbüchern schlägt sich das nicht wirklich wieder.
Wenn man bedenkt, dass für einen professionell gestalteten Messestand von ordentlicher Größe locker mal 250.000,-- bis 500.000,-- € draufgehen, kann man es sich an einer Hand abzählen, dass man soviele Drums soviel günstiger verkaufen könnte, wenn man sich diese Kosten spart, oder in andere Marketingaktivitäten investiert. Sonor ist da nur konsequent - andere Hersteller werden vielleicht sogar folgen.