Fehlende "Power" auf der Aufnahme trotz kraftvollen Spielens?

  • Ich möchte auch noch einen Gedanken einwerfen.


    Es liegt vielleicht an der art und weise wie bestimmte Musik abgemischt wird. Heutzutage bei dicken fetten gitarren und einem Bass das einem die hose flattert macht man die drums so, dass sie sich noch durchsetzen also klackern sie mehr oder weniger schlapp vor sich hin. Bei aufnahmen mit dynamischeren Instrumenten als Melodie und Harmonieinstrumente belibt mehr Raum für das Schlagzeug und man kann es so mischen, das es Fetter klingt.


    Es heisst ja nicht umsonst abmischen, man verteilt die Pegel und Frequenzen so, dass alles zueinander passt und wenn man sich entscheidet gitarren und bass sehr dick zu machen muss das schlagzeug etwas dünner werden, bzw etwas leiser. Bei einer Aufnahme klingen die Instrumente Fett, die in den laut in den Vordergrund gemischt sind und das hat nicht unbedingt was mit heavy hitter oder nicht zu tun. Allerdings denke ich schon, dass man einen Unterschied hört wenn man sich 2mal die gleich Aufnahme einmal mit voll reinkloppen und einmal mit trommeln streicheln anhört.


    Das das an der Technik liegt die zu den Aufnahmen benutzt wird wage ich zu bezweifeln, denn mike bordin steht bei seinen Aufnahmen wahrscheinlich alles was es gibt zur Verfügung wenn er will (inklusive grosse teure Studios)


    Die Psychoakustik ist ein sehr interessantes und komplexes Feld und es gibt nicht sehr viele, die sie kontrolliert für sich arbeiten lassen können.

    Einmal editiert, zuletzt von wittekka ()

  • Psychoakustik, hm...hab ich noch nichts von gehört. Schreib mal mehr dazu oder eröffne vielleicht sogar einen neuen Thread, falls das zu weit vom Thema wegführt.
    Ich finde die Musik von Faith No More übrigens sehr dynamisch und die Instrumentierung übersichtlich: 1 Gitarre, überschaubare Keyboard-Flächen, Bass, Schlagzeug & Gesang. Da bleibt ne Menge Raum, um die Drums ordentlich fett abzumischen. Die klingen ja auch immer gut auf deren Platten, aber die Power, die der Mann (zumindest live) in die Trommeln reinsteckt, hört man meiner Meinung nach einfach nicht. Ich kann auch nicht exakt beschreiben, woran das liegt, dazu kenne ich mich zu wenig mit den akustischen Fachbegriffen aus. Ich würde einfach sagen, da fehlt der "Druck". Bei Live-/Konzert-Aufnahmen ist diese Power komischerweise wieder da.


    Flo

  • Studio und Live sind auch zwei gänzlich unterschiedliche Baustellen. Alleine, was das Adrenalin auf der Bühne bewirken kann!
    Ich bin ganz anders getaktet, wenn die Stimmung im Saal zu brodeln beginnt und ich vom Publikum eine direkte Rückmeldung bekomme, als wenn ich im Studio mit Kopfhörern auf den Ohren vor einer Glasscheibe sitze und versuche, das Beste für die CD rauszuholen.

    "If you don't feel it, don't play it." James Jamerson

  • Psychakustik beschreibt einfach die Tatsache, dass einem durch bestimmte Abmischstrategien ein Eindruck vermittelt wird der nicht unbedingt wirklich zu hören ist.


    Beispielsweise hört man, wenn zu Beginn eines Liedes das Schlagzeug alleine spielt, es in in seinem Raum. Das Gehirn merkt sich dann den Raum und denkt auch für den den Rest des Stückes das der Raum noch da ist, obwohl dieser vielleicht von anderen Instrumenten überlagert wird und nicht mehr wirklich zu hören ist. Wenn man das gleiche Stück zum ersten mal von der Mitte aus hört, wo das Schlagzeugvorspiel schon vorbei ist, dann kommt es dem Gehirn so vor als klänge das Schlagzeug trockener, weil es sich den Raum vom Anfang nicht gemerkt hat.


    Da gibt es aber viele Beispiele, wo die Psychoakustik eine Rolle spielt.


    Ich glaube ich muss nochmal kurz sagen was ich mit dynamik meine.
    Dynamik meint, den Unterschied zwischen Laut und leise. Ist viel Unterschied ist es eine grosse Dynamik ist wenig Unterschied ist eine kleine Dynamik vorhanden. Ein Schlagzeug ist ein eher dynamisches Istrument. Eine Snare besonders. Man schlag auf die snare und sehr kurze Zeit danach ist auch schon wieder ruhe. Eine verzerrte E-Gitarre ist eher wenig dynamisch, man schlägt einen Ton an und der bleibt je nach Verzerreung mehr oder weniger lange stehen, eine Akustikgitarre ist da schon wesentlich dynamischer, der Ton schwingt schneller aus.
    Die Auswahl der Instrumente bei Faith no more ist eher wenig dynamisch. Keyboardflächen machen ähnliche dynamik wie eine egitarre mit verzerrer (nicht falsch verstehen ein keyboard kann natürlich jede art von dynamik produzieren nur wird es meist für weniger dynamische klänge benutzt) Bass ist auch eher wenig dynamisch, da der ton lange stehenbleibt. Es kommt natürlich dabei auch auf die Spielweise an. Bei Faith no more würde ich alles in allem aber eher wenig dynamik bescheinigen. Das gilt im Übrigen für fast alles Bands, die diese Art Instrumente einsetzen.


    Durch die wenig dynamischen Klänge gibt es starke überlagerungs effekte, so dass die tiefen Frequenzen einer bassdrum vom Bass überlagert werden, die tiefen mitten der Bassdrum werden dann von den E gitarren überlagert. Das führt dazu, dass man für eine genauso fette Bassdrum wahrnehmung die Bässe der Bassdrum lauter machen muss, als man es müsste wenn das schlagzeug alleine spielte. Das macht man aber nicht, sondern begnügt sich damit, dass die hochfrequenten Anteile der Bassdrum zu hören sind. Dadurch gewinnt das Ohr den Eindruck die Bassdrum ist da und klingt so wie eine Bassdrum klingen soll also man denkt sich die Bässe dazu. Wenn man aber genau hinhört klingt es auf einmal eher dünn.


    Die anderen Effekte wie der Unterschied zwischen Studio und live usw. kommen natürlich auch noch hinzu. Ausserdem hört man die Aufnahmen selten in Konzertlautstärke wenn man sich eine CD anhört. Das macht dass es anders klingt wenn es leiser ist. einfach mal nach fletcher munsen kurve googeln.


    Es gibt viele Effekte die wahrscheinlich geminsam für das von dir beschriebene Phänomen verantwortlich sind.

    Einmal editiert, zuletzt von wittekka ()

  • Ich glaube trotzdem nicht, dass der Raum für eine modernen, kompakten Rockproduktion sonderlich wichtig ist, OHs hin oder her. V. a. wenn man diese primär als Beckenmiks einsetzt und untenrum filtert. [...]


    Zu der Vermutung, dass Overheads bei einer Schlagzeugaufnahme generell mit einem Hochpass versehen werden, kann ich nur sagen das Du das natürlich machen kannst, wenn Du, Deine Kunden, Kollegen oder wer auch immer das gerne mögen.


    Ich habe es allerdings anders gelernt und nach meiner Erfahrung praktizieren auch andere Studios folgendes: allein die Aufnahme welche Overheads liefern, sollte schon möglichst vollständig klingen. Filter kommen hier deswegen nur in gewissen Grenzen zum Einsatz und ein Hochpass wäre kontraproduktiv. Das die Overhead Mikrofone nur Becken aufnehmen sollten, ist zwar ein verbreiteter Irrtum unter Musikern, aber in Wirklichkeit sind Overhead Mikrofone für die Stereoaufnahme des kompletten Instruments zuständig. Diese sollte logischerweise so vollständig wie möglich klingen. Mikrofone an einzelnen Trommeln oder Becken dienen als Stützen und bilden das jeweilige Instrument mono ab. Deshalb ist die Stereoaufnahme mit Overheads von entscheidender Bedeutung. Filter kommen dagegen, nicht selten in erheblichem Umfang, bei den Signalen der Stützmikrofone zum Zug.


    Wenn 'maxPhil' richtig liegt wenn er glaubt der Raum spiele kaum eine Rolle wäre es gut möglich das er diesen Glauben ausgerechnet dann einbüßt, wenn er sein Schlagzeug mal in einer mittelgroßen Kirche aufnimmt. Was ein bestechender Beweis für die These wäre, dass man den Glauben am ehesten in der Kirche los wird. Die Idee, dass der Raum nicht wichtig ist und sich prima durch Simulation ersetzen lässt, ist also in meinen Augen (und Ohren) Unfug. Ich weiss nicht, auf welche Erfahrungen und Theorien sich die These gründet, aber mir persönlich gelingt es mit einem Lexicon PCM-96 als Haupthall und zehntausenden von Impulsantworten auf dem SpaceDesigner in meinem Studio nicht, einen guten echten Raum so zu ersetzen, dass dieser überflüssig würde. Wie gesagt, ich scheue keinen Aufwand, sample Impulsantworten der Aufnahmeräume und habe mich mit dem PCM-96 und auch mit dem Yardstick 2402 ausgiebig befasst. Ich bin quasi ein Fan von künstlichem Raum, aber Idee er sei ein vollwertiger Ersatz für echte Räume käme mir nicht in den Sinn. Nur weil sich heute weniger Studios einen großen Aufnahmeraum leisten, ist ein solcher noch lange nicht passé.


    Ich finde an den Aspekten, die 'wittekka' angesprochen hat einiges sehr zutreffend. Die Frage stellt sich, was eigentlich für den Höreindruck verantwortlich ist, der hier als 'großer Klang' bezeichnet wird. Ich bin ebenfalls ziemlich überzeugt davon, dass die Abbildung der Dynamik eines Instruments hier eine entscheidende Rolle spielt. Um die Größe einer Trommel akustisch ermessen zu können, muss ich sinnvollerweise die Hüllkurve des Klangs wahrnehmen. Wie groß ein Instrument ist höre ich nicht ausschließlich an der Höhe des Tons, sondern auch indem dessen Dynamikumfang und Textur erfassbar wird. Durch übermäßige und falsche Kompression und durch den exzessiven Einsatz von Limitern werden genau diese Klanginformationen verfälscht oder häufig auch komplett ruiniert. Das Ergebnis ist ein Klangbild, dass an Lautstärke gewonnen, aber wichtige Klanginformationen verloren hat, die über Dynamik identifiziert werden.


    Ein schöner Beleg dafür ist die Mischung des letzten Films der Coen Brüder, 'Burn After Reading'. Einer der leisesten Filme der letzten Jahre und ein gutes Beispiel dafür, wie sich ein großer Dynamikumfang in Wohlklang umsetzen lässt.


    [edit] Rechtschreibung auf konsumierbares Niveau gebracht. [/edit]

  • Sorry, aber du hast einfach nicht richtig gelesen, was ich geschrieben habe. Ich habe nichts davon geschrieben, dass ich so im Allgemeinen arbeite und einen gutklingenden Raum nicht für wichtig halte. Ganz im Gegenteil: ICH halte OHs im eigentlichen Sinne für durchaus sinnvoll, ICH halte den Raum klang für sehr wichtig, ICH liebe Raummiks. Aber wenn MAN eben eine moderne, kompakte Rockproduktion will, geht das auch anders; das geht eben auch in einem kleinen, trockenen Raum mit Lowcut auf den OHs. Damit wollte ich sagen: Fett ist eine Definitionssache, es geht auch "ohne" Raum. ICH mag das nicht, aber es geht und kann keine Ausrede sein, dass eine Aufnahme NICHT kraftvoll klingt.


    Ganz ehrlich spielst du mit deinem Fachwissen in einer GANZ anderen Liga als ich, aber dieses ungefragte Schwadronieren nervt manchmal. Und das obwohl ich selber dazu tendiere ;) ...


    Grüße, Philip

  • [...] Aber wenn MAN eben eine moderne, kompakte Rockproduktion will, geht das auch anders; das geht eben auch in einem kleinen, trockenen Raum mit Lowcut auf den OHs. Damit wollte ich sagen: Fett ist eine Definitionssache, es geht auch "ohne" Raum. [...] dieses ungefragte Schwadronieren nervt manchmal. [...]


    Da würden Dir jetzt aber Studiobetreiber widersprechen, die einen großen Aufnahmeraum gebaut haben oder betreiben und viel Zeit damit verbringen Produzenten und Musikern zu erklären, dass sie in ihren Kellerstudios nie den großen Rocksound kriegen werden, den sie sich wünschen. Weswegen es eine gute Idee ist ein paar Euro für die Aufnahme auszugeben, wenn man diesen Klang möchte.


    Das "Schwadronieren" lasse ich mal unkommentiert und bedanke mich für die Blumen. Wenn es nervt, nehme ich das in Kauf um den einen oder anderen Irrtum zu korrigieren, entschuldige mich bei den Genervten und gratuliere den Lernwilligen.

  • Natürlich geht das auch in einem, schönen und großen Raum! Vermutlich, nein sicher, sogar besser! ICH stehe mittlerweile sowieso auf diesen offenen Sound. Aber MAN kann diesen fetten, direkten, penetranten :) Rock-/Metalsound auch anders erreichen und der klingt trotzdem kraftvoll (Thema des Freds). Vielleicht bist du nach wie vor anderer Meinung (dass nämlich dieser überproduziert Metalkram nicht gut klingt ;) ), aber deshalb betone ich auch, dass "fett" definiert werden will.

  • Ich verstehe schon was Du meinst, 'maxPhil'. Aber es ist ja gerade Diskussionsgegenstand, dass beim modernen, rockigen Klangbild die 'Größe' oft fehlt. Man kann alles irgendwie relativieren, aber wie ich schon sagte: auch wenn ein Schlagzeuger von sich aus schon komprimiert klingt, macht das die Spielräume eng. Mit Räumen ist das deshalb ähnlich, weil ja auch ein kleiner Raum einen eigenen Klang hervorbringt und nicht etwa neutral wirkt, so das man ihn einfach durch künstlichen Hall restlos ersetzen kann.


    Wie ich schon sagte, habe ich aber diesen 'großen Rocksound' selber nicht drauf und es gibt auch echt wenige Studios und Ingenieure, die das leisten. Eigentlich genau, wie einen gute Jazz-Sound. 'DAW-im-Kinderzimmer-Einheitsbrei' kann heute jeder. Wirklich exzellent klingen sehr wenige, dass ist nicht nur so, wenn es um den 'großen Klang' geht.


    Du hast es ja grade selbst geschrieben (Moment - ich antworte gleich persönlich): wir sind eigentlich sehr wahrscheinlich ziemlich einer Meinung.

  • Fett ist ein Gemisch verschiedener Fettsäuren und kommt in verschiedenen Menschlichen, tiereischen Geweben vor ausserdem auch in Pflanzen und wird auch in gewerblich vertriebenen Grosspackungen angeboten. :)


    Also bitte, Klangbeschreibende Wörter zu definieren ist so eine Sache...
    Der eine versteht unter Fett dass es gross klingt der andere versteht unter Gross, dass es fett klingt.
    Also wo ist das problem ;)

  • Die Frage ist tatsächlich ob ein fetter Sound einer ist, der jedem aufdringlich ins Gesicht springt oder ob etwas erst richtig fett klingt, wenn es der Konsument auch in der Nähe der Originallautstärke abspielt, beziehungsweise welchen Kompromiss die notwenige Signalverdichtung erlaubt.


    [edit] muss jetzt gehen - ich habe noch eine Verabredung mit ein paar äusserst fett klingenden Musikanten um von denen eine hoffentlich große Aufnahme zu machen [/edit]

  • Vielen Dank zwischendurch nochmals für all eure Anregungen! Ich bin tontechnisch nicht sehr bewandert, daher finde ich jegliche Schilderung von Erfahrungswerten sinnvoll und bin dankbar für jede Zeile, die maxphil, wittekka und intuitiv hier geschrieben haben! Nur wenn es zu technisch wird komme ich manchmal nicht mehr ganz mit, aber das lasse ich mir dann von befreundeten Musikern/Tontechnikern mal in Ruhe erklären ;)
    "Fetter/ großer/ punchiger (etc.) Sound" ist in der Tat eine Definitionssache. Darauf möchte ich auch gar nicht unbedingt weiter eingehen.
    Mir lag es nur daran, zu ergründen, woran es liegen kann, dass die "Power", die man spürt, wenn man mit einer spielenden Rockband im selben Raum steht (und die wird nicht zuletzt vom Drummer bestimmt), auf manchen Aufnahmen sehr gut eingefangen wird und auf manchen eben nicht - und dass diese Band und deren Trommler dann sogar etwas "kraftlos" klingen kann.
    Wahrscheinlich ist das wirklich von diversen Faktoren und vom subjektiven Hörempfinden abhängig. Aber wir haben ja schon einige sehr informative Beiträge bekommen!


    Flo

  • Hallo,


    vielleicht nochmal ein anderer Aspekt, der aber eigentlich in eine andere Richtung führt.


    Beim Vergleich zwischen live und Konserve ergibt sich ja meist das Problem, daß zu Hause einfach wesentlich weniger Membranfläche zur Verfügung steht. Ein E-Bass über 8*10" macht einfach viel mehr Spaß als über den heimischen 1*17cm Tieftöner. Da ist einfach mehr Luft in Bewegung...


    Das geht grundsätzlich auch daheim, ist nur meist mit leichten Verstimmungen im Haushalt verbunden. 8)


    Gruß


    Frank

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